Welche Maßnahmen die Kosten für das Stromnetz senken können

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Mit staatlichen Zuschüssen will die Bundesregierung Stromkosten für Haushalte und Unternehmen verringern – unter anderem über das Absenken der Netzentgelte. Eine aktuelle Studie des Thinktanks Agora Energiewende zeigt, wie die Kosten für das Stromnetz langfristig verringert werden können: Durch Einsparungen beim Ausbau und grundlegende Reformen für einen effizienteren Betrieb könne der Staat Milliarden einsparen und gleichzeitig das Stromnetz fit für die Zukunft machen.

Die geplanten staatlichen Zuschüsse zur Senkung der Netzentgelte könnten um bis zu 80 Prozent geringer ausfallen, wenn die Bundesregierung Einsparmöglichkeiten beim Ausbau der Stromnetze nutzt und Reformen für einen effizienteren Netzbetrieb umsetzt. Für den Bundeshaushalt bedeutet das bis zum Erreichen der Klimaneutralität 2045 eine Ersparnis von rund 160 Milliarden Euro, so die neue Studie von Agora Energiewende, die die Entwicklung der Stromnetzentgelte und Umlagen zur Netzfinanzierung für die kommenden 20 Jahre berechnet hat.

Um die notwendigen Zuschüsse bis 2045 von 197 Milliarden Euro auf 35 Milliarden Euro zu senken, sind laut dem Thinktank drei zentrale Maßnahmen erforderlich: Freileitungen statt Erdkabel beim Stromnetzausbau, Eigenkapitalbeteiligungen des Bundes zur Senkung der Investitionskosten für Netzbetreiber sowie die Einführung dynamischer Netzentgelte für flexible Verbraucher wie Elektroautos und Wärmepumpen zur Netzentlastung. Das würde sowohl die Ausbau- als auch die Betriebskosten der Stromnetze senken und damit die Netzentgelte – die die Netzkosten auf alle Stromverbraucherinnen und -verbraucher umlegen – dauerhaft stabilisieren.

„Attraktive Strompreise sind die Voraussetzung dafür, dass sich die Anschaffung von Elektroautos, Wärmepumpen oder strombasierten Industrieanlagen lohnt – und dass der CO2-Ausstoß dauerhaft sinkt“, sagt Markus Steigenberger, Geschäftsführer der Agora Thinktanks. „Ein kluges Maßnahmenpaket kann die Kosten für Bau und Betrieb des Stromnetzes erheblich reduzieren und damit Zuschüsse aus der Haushaltskasse langfristig überflüssig machen.“

Ohne eine grundlegende Reform und ohne die von der Regierung angekündigten Zuschüsse könnten die netzbezogenen Kosten für die Stromverbraucher laut Agora-Berechnungen schon innerhalb der nächsten zehn Jahre um bis zu 30 Prozent steigen – und damit den Umstieg auf klimafreundliche Technologien hemmen. Für einen vierköpfigen Haushalt würde das einen Anstieg von heute rund 13 Cent auf 15 Cent pro Kilowattstunde beziehungsweise Mehrkosten von 104 Euro jährlich bedeuten. Für Industriekunden, die nicht von Ausnahmeregelungen profitieren, würden die Kosten von rund 5 Cent auf 6 Cent pro Kilowattstunde steigen, was beispielsweise für einen Molkereibetrieb mit einem Jahresverbrauch von 900.000 Kilowattstunden 8500 Euro mehr im Jahr wären.

Mit den von Agora vorgeschlagenen Maßnahmen ließen sich die netzbezogenen Kosten auf der Stromrechnung langfristig auf dem heutigen Niveau von rund 13 Cent je Kilowattstunde für Haushalte und rund 5 Cent je Kilowattstunde für Industriekunden am Mittelspannungsnetz halten. Die Berechnung berücksichtigt dabei alle netzfinanzierenden Kostenanteile am Strompreis, was neben den eigentlichen Netzentgelten auch die Umlagen für besondere Netznutzung und Anschlüsse von Windanlagen auf See umfasst.

Eine Netzentgeltreform für mehr netzdienliches Verhalten und eine faire Kostenverteilung

Neben strukturellen Maßnahmen zur Senkung der Netzkosten schlägt Agora Energiewende weitergehende Reformen bei der Netzentgeltsystematik vor. Ziel ist laut der Studie eine möglichst unkomplizierte, transparente und gerechte Verteilung der Kosten. Damit knüpft die Denkfabrik an den aktuellen Prozess der Bundesnetzagentur zu einer Netzentgeltreform an, der sich derzeit in der Konsultationsphase befindet. Der Agora-Vorschlag stellt eine verursachungsgerechte Verteilung und die Belohnung von netzdienlichem Verhalten in den Mittelpunkt, zum Beispiel durch eine flexible Stromnutzung. Dazu gehört die Einführung dynamischer, aber auch bundesweit einheitlicher Netzentgelte und die Bündelung aller netzbezogenen Kosten – etwa auch die Umlage für die Anbindung von Windenergieanlagen auf See – in einem Posten. Dies würde für mehr Transparenz sorgen und die komplizierte Umlagenstruktur vereinfachen.

„Die heutige Verteilung der Netzkosten und Umlagen ist historisch gewachsen, folgt komplizierten Regeln und enthält zahlreiche Ausnahmen – niemand weiß genau, welche Akteure welchen Anteil an den Netzentgelten tragen“, sagt Steigenberger. „Einfach gestaltete Netzentgelte, die zugleich volkswirtschaftlich sinnvolle Anreize zur Netzentlastung setzen, sollten das Ziel der laufenden Reform sein. Das spart Kosten, sichert langfristig attraktive Strompreise und ermöglicht eine moderne Netzinfrastruktur als Rückgrat eines klimaneutralen Energiesystems.“

Die 58-seitige Studie „Stromnetzentgelte – gut und günstig. Ausbaukosten reduzieren und Entgeltsystem zukunftssicher aufstellen“ (verlinkt als PDF) berechnet die Entwicklung der Stromnetzentgelte bis 2045 inklusive der für die Stabilisierung notwendigen staatlichen Zuschüsse und gibt Empfehlungen ab, wie die Kosten gesenkt werden können.

Quelle: Agora Energiewende – Pressemitteilung vom 30.06.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Philipp:

„Eigenkapitalbeteiligungen des Bundes zur Senkung der Investitionskosten für Netzbetreiber “
Wäre schön, genauer zu verstehen.

Die Gewinne der Netzbetreiber ergeben sich aus einem festen Prozentsatz der Investitionen. Das ist erst einmal korrekt für Monopolisten.

Wenn nun die Investitionen vom Bund getragen werden, verbleiben dann die Gewinne beim Netzbetreiber (Risiken sozialisieren, Gewinne privatisieren?) oder gehen sie anteilig an den Bund (was einer kompletten Beteiligung des Bunds an den Netzbetreibern bedeutet, was eigentlich keiner will – weil der Staat der schlechteste aller Unternehmer ist) oder sollen nur der Investitionsteil reduziert werden – da verbleiben die Risiken beim Netzbetreiber, ohne dass er entsprechende Gewinne später dafür erzielt?

Philipp:

Und welcher Bürokratieabbau hätte hier konkret geholfen?

Da meine Frau in einer (Bau-)Behörde mit viel viel Regeln arbeitet, weiß ich zum Teil, was die Ursache für solche Verzögerungen sind. Es sind aber nicht die Regeln selbst, sondern, dass keiner in den Behörden irgendeinen Fehler machen will, um seine Beförderungen zur Pension hin nicht zu gefährden (und da meine ich insbesondere das „Management“).

Mache nichts – dann machst du keine Fehler – und wer keine Fehler macht, der wird befördert.

Nehme in den Behörden das Beamtentum raus (ist in den meisten Amtsstuben nicht notwendig) und erlaube auch Management ohne Beamtenstatus im mittleren und oberen Management – die man dann auch feuern darf, bei Unfähigkeit/-tätigkeit.

Robert:

eventuell beides aber ja wenn sich diesen Irrsinn anschaut z.B. bei Nördlingen/Bayern haben die Behörden 7 in Worten SIEBEN Jahre gebraucht nur damit bei einer fertigen Stromtrasse die zweite Seite auch belegt werden darf sie wurde aufgebaut mit einseitiger Belegung es ging eigentlich nur darum die Kabel auf der anderen Seite aufhängen zu dürfen

Sascha:

Abbau würde ich nicht machen, sondern eher Optimierung und Entschlackung. Viele Prozesse sind sinnvoll kostet aber wegen fehlendem Personal und erst recht Digitalisierung enorm viel Zeit

Daniel W.:

Sorry – 50 Cent pro Woche.

Das entspräche in etwa der Differenz zwischen einem Glas Marken-Marmelade und der Marmelade der Eigenmarke, die genauso gut schmeckt.

Also die Erhöhung der „netzbezogenen Kosten“ lässt sich leicht beim Einkauf wieder einsparen, ohne dass auf Qualität verzichtet werden muss.

Robert:

Die wichtigtse Maßnahme wird aber gar nicht erwähnt und das wäre endlich mal ein echter Bürokratieabbau das würde die Kosten sofort massiv senken

Daniel W.:

Mal mit der Lupe ganz genau hingeschaut und nachgerechnet.

—–
…. könnten die netzbezogenen Kosten … innerhalb der nächsten zehn Jahre … vierköpfigen Haushalt … von heute rund 13 Cent auf 15 Cent pro Kilowattstunde …
—–

Also in 10 Jahren könnten die „netzbezogenen Kosten“ um 2 Cent / kWh steigen.

Das wären bei meinen Stromverbrauch von 1.300 kWh im Jahr ein Anstieg um 26 Euro pro Jahr oder 50 Cent pro Monat.

Da mache ich mir mehr Sorgen um die Gas-Lobbyistin mit ihrem LNG-Gas, mit der sie Deutschland beglücken will, und den hohen CO2-Abscheidekosten.

Johannes:

Ja so wirds gemacht!

Das wird aber Frau Reiche nicht interessieren. Die möchte lieber 20 GW Gaskraftwerke bauen und den „Markt mit LNG fluten“ und letzteres aus dem KTF subventionieren (Gasspeicherumlage). Ein Agd Politiker könnte es kaum „besser“ machen.

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