Donald Trump hat am vergangenen Wochenende ein neues Ultimatum gestellt: Der US-Präsident kündigte die Einführung neuer Zölle in Höhe von 30 Prozent für Waren aus der Europäischen Union und Mexiko an, die am 1. August in Kraft treten sollen, sofern bis dahin keine besseren Bedingungen ausgehandelt werden können. Das gab der US-Präsident in zwei Schreiben bekannt, die am Samstag in den sozialen Medien veröffentlicht wurden.
Wie Bloomberg berichtet, hatte Trump die vergangene Woche damit zugebracht, Briefe an eine Reihe von Ländern zu verschicken, in denen er ankündigte, seine im April festgelegten Zollsätze anzupassen und in denen er die Handelspartner zu weiteren Verhandlungen einlud. Die EU hatte daraufhin gehofft, eine vorläufige Vereinbarung mit den USA schließen zu können, um höhere Zölle abzuwenden – diese Hoffnungen auf eine Einigung in letzter Minute haben sich aber nun zumindest vorläufig zerschlagen.
BMW-Chef Oliver Zipse hatte auf einen „Verrechnungsmechanismus“ gehofft
Auch BMW-Chef Oliver Zipse hatte noch am Freitag zu diesen hoffnungsvollen Stimmen gehört. Gegenüber Journalisten erklärte Zipse bei einer Unternehmensveranstaltung: „Ich bin optimistisch, dass es zu einem tragbaren Ausgang kommen wird, aber wir müssen das Ergebnis abwarten“. Zipse erklärte weiter, dass ein möglicher „Verrechnungsmechanismus“ Teil der Vereinbarung sein könnte, der es ermöglichen würde, Exporte aus den USA mit Importen in die USA zu verrechnen.
BMW hätte von einer solchen Regelung profitieren können: „Wir haben einen wichtigen Punkt, weil wir der größte Autoexporteur in den USA sind”, erklärte Zipse und verwies auf die 225.000 Fahrzeuge, die das Unternehmen 2024 aus den USA exportiert hat. Die BMW Group betreibt in Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina ihr weltweit größtes Werk mit rund 9000 Beschäftigten. In dem Werk laufen täglich rund 1400 Exemplare der Modellreihen X3, X4, X5 und X6 vom Band.
Gleichzeitig ging Zipse hart mit der EU-Zollpolitik ins Gericht: „Der höchste Zollsatz in unserer Branche kommt aus Brüssel, nicht aus dem Weißen Haus“, so Zipse mit Verweis auf die Strafzölle in Höhe von 31 Prozent, die die EU gegen Importe aus China verhängt. Diese Zölle träfen auch Autos, die BMW in China fertigt und nach Europa exportiere, so der BMW-Chef weiter. „Manchmal haben wir den Eindruck, dass die Politiker in Europa vergessen, dass europäische Unternehmen weltweit tätig sind“. Die EU müsse bedenken, dass die Wirtschaft in vielen Bereichen von China abhängig sei.
Als größter US-Autoexporteur hat BMW eine besondere Verhandlungsposition
Schon in den vergangenen Wochen hatte BMW sich mit Blick auf die US-Zölle betont optimistisch gezeigt. Zwar warnte der Münchener Autobauer, dass die von Trump verhängten Zölle „erhebliche” Auswirkungen auf seine Ergebnisse im zweiten Quartal haben würden. BMW erklärte jedoch, dass das Unternehmen mehrstufige Gespräche mit US-Politikern führe und dass seine Argumente für eine Lockerung der Zölle anerkannt würden. „Wir stellen fest, dass sich die Dinge überall bewegen, entwickeln und verhandelt werden”, so Finanzchef Walter Mertl. „Dementsprechend gehen wir aufgrund aller uns zur Verfügung stehenden Informationen davon aus, dass sich im Juli etwas ändern wird.”
BMW-Chef Zipse sagte indes, dass die Aktivitäten des Autoherstellers in South Carolina rund 43.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze sichere und einen wirtschaftlichen Beitrag von mehr als 26 Milliarden Dollar pro Jahr leiste. „Da wir wissen, dass wir der größte Exporteur sind, sind wir überzeugt, dass dies in den kommenden Wochen in angemessener Form in den Verhandlungen eine Rolle spielen wird“, so Zipse. BMW könne bereits sehen, dass die Präsenz des Unternehmens auf dem US-Markt nicht ignoriert werde, so der BMW-CEO weiter.
Zahlreiche Unternehmen der Automobilindustrie, darunter Mercedes-Benz, Ford und Stellantis, hatten ihre Geschäftsprognosen für 2025 angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten aufgrund der US-Handelspolitik bereits zurückgezogen. BMW erklärte Anfang Mai, dass seine im März vorgelegte Prognose für 2025, die alle bis dahin angekündigten Zölle berücksichtigte, weiterhin gültig sei. Das Unternehmen prognostiziert ein Vorsteuerergebnis auf dem Niveau von 2024 und eine operative Marge im Automobilgeschäft von 5 bis 7 Prozent. Damals hieß es aber auch: „Dies beruht zum Teil auf der Annahme, dass einige Zölle ab Juli wieder zurückgenommen werden – sodass Investoren ab dem Sommer beurteilen können, ob die aktuellen Prognosen weiterhin glaubwürdig sind.“
Von der Leyen: „Werden alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Interessen der EU zu wahren“
Trump verweist in seinen Schreiben darauf, dass die USA weiterhin offen für Verhandlungen seien. „Wenn Sie Ihren bisher für die Vereinigten Staaten geschlossenen Handelsmarkt öffnen und Ihre Zölle, Handelshemmnisse und Handelsbarrieren beseitigen möchten, werden wir möglicherweise eine Anpassung dieses Schreibens in Betracht ziehen“, heißt es in Trumps Schreiben weiter. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte daraufhin, die Europäische Union habe Trumps Schreiben „zur Kenntnis genommen“ und warnte, dass ein solcher Schritt beiden Volkswirtschaften schaden würde. „Wir sind weiterhin bereit, bis zum 1. August auf eine Einigung hinzuarbeiten“, so von der Leyen in einer Erklärung. „Gleichzeitig werden wir alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Interessen der EU zu wahren, einschließlich der Verabschiedung angemessener Gegenmaßnahmen, falls erforderlich.“
Gegenüber der EU hatte Trump zunächst bei seiner „Liberation Day“-Veranstaltung Anfang April einen Zoll in Höhe von 20 Prozent angekündigt, bevor er diesen im Rahmen einer 90-tägigen Verhandlungspause auf 10 Prozent senkte. Kurz darauf zeigte der US-Präsident sich frustriert über die ausbleibende Reaktion der EU und drohte mit einem Zollsatz von 50 Prozent, was zu weiteren Gesprächen führte.
EU-Handelskommissar Sefcovic will Gespräche fortsetzen
Anfang vergangener Woche erklärte die EU, dass sie sich nach einem Gespräch zwischen von der Leyen und Trump einer Rahmenvereinbarung mit den USA nähere. Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte, er lehne Trumps Ankündigung entschieden ab, während der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof in einem Beitrag auf der Kurznachrichtenplattform X erklärte, die EU müsse „geeint und entschlossen bleiben, um ein für beide Seiten vorteilhaftes Ergebnis mit den Vereinigten Staaten zu erzielen“.
Die Zölle hätten weitreichende Auswirkungen, würden nach aktuellem Kenntnisstand aber separat von sektoralen Zöllen des US-Präsidenten auf Produkte wie Autos, Autoteile, Stahl und Aluminium laufen. Auf importierte Fahrzeuge und Fahrzeugteile fällt allerdings schon jetzt ein Zollsatz von 25 Prozent an, bei Stahl und Aluminium sind es 50 Prozent.
In seinem Schreiben an die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum erklärte Trump, das Land habe ihm „geholfen, die Grenze zu sichern“, fügte jedoch hinzu, dass dies nicht ausreiche. Demnach würden die USA eine Anpassung der nun angekündigten Zölle in Betracht ziehen, wenn Mexiko „erfolgreich gegen die Kartelle vorgeht und den Fluss von Fentanyl stoppt“. „Diese Zölle können je nach unseren Beziehungen zu Ihrem Land nach oben oder unten angepasst werden“, so Trump.
EU-Handelskommissar Maros Sefcovic will am Montag Gespräche mit seinen Gegenüber in Washington durchführen. „Ich beabsichtige, im Laufe des Tages noch einmal mit meinen amerikanischen Gesprächspartnern zu sprechen“, so Sefcovic laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er habe trotz der letzten Zoll-Drohungen des US-Präsidenten das Gefühl, dass Washington bereit sei, „die Verhandlungen fortzuführen“. „Das Gefühl auf unserer Seite war, dass wir einer Einigung sehr nahe sind.“
Quellen: Bloomberg – Trump Threatens 30% Tariffs on EU and Mexico as Talks Continue / Reuters – BMW CEO hopeful for ‚manageable‘ deal on US auto import tariffs / Frankfurter Allgemeine Zeitung – EU-Handelskommissar kündigt Gespräch mit US-Unterhändlern an / Reuters – BMW expects car tariffs to fall from July in upbeat take on trade war / Welt – „Der höchste Zollsatz bei Autos kommt aus Brüssel, nicht aus dem Weißen Haus“