Social Leasing von E-Autos könnte 800.000 Haushalten in Deutschland nützen

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Michael Neißendorfer
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EU-weit könnten nationale Social Leasing-Programme für Elektroautos über Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel finanziert werden. Nach neuen Berechnungen würden in Deutschland am meisten Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen profitieren und trotz steigender Sprit-Preise mobil bleiben. Das zeigt eine neue Bedarfsanalyse von Transport & Environment (T&E), basierend auf Daten des Öko-Instituts.

In den fünf größten europäischen Ländern (Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und Polen) könnten bis 2032 demnach bis zu 3 Millionen Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen via Social Leasing auf E-Autos umsteigen. Die meisten Haushalte könnten in Deutschland profitieren (800.000).

Im Rahmen von Social Leasing-Programmen können E-Autos zu reduzierten Monatsraten (zwischen 130 Euro und 215 Euro) geleast werden. Das Programm wurde erstmals vor knapp eineinhalb Jahren in Frankreich umgesetzt und soll nach dortigen Erfolgen von anderen EU-Ländern übernommen werden.

„In Deutschland sind E-Autos für viele Menschen nach wie vor unbezahlbar. Besonders im ländlichen Raum sind viele Haushalte auf ein Auto angewiesen. Dort werden steigende Spritpreise mehr und mehr zur Belastung. Social Leasing bietet hier eine konkrete Lösung: Sie macht Menschen unabhängig von fossilen Brennstoffen, gleichzeitig profitiert unsere Autoindustrie und das Klima“, sagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland.

T&E hat eine Bedarfsanalyse für Social Leasing in den fünf größten EU-Ländern beauftragt, auf die 65 Prozent der EU-Bevölkerung entfallen. In den untersuchten Ländern gibt es rund 20 Millionen Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die in ländlichen Gebieten auf Verbrenner angewiesen sind. Davon leben allein 4,4 Millionen Menschen in Deutschland. Diese Abhängigkeit macht die betroffenen Haushalte anfällig für die steigenden Kraftstoffkosten.

Diese Haushalte könnten Unterstützung erhalten, indem die EU-Mitgliedstaaten Programme wie Social Leasing aus Einnahmen aus dem neuen EU-Emissionshandel für Straßenverkehr und Gebäude (ETS2) finanzieren. Allein Deutschland könnten bis 2032 laut T&E-Analyse Einnahmen aus dem ETS2 von rund 60 Milliarden Euro für Maßnahmen wie die Förderung aktiver Mobilität oder Social Leasing zur Verfügung stehen. T&E empfiehlt, bereits 2025 und 2026 einen Teil dieser Mittel vorzuziehen, um einkommensschwache Haushalte zu entlasten, bevor ab 2027 durch den ETS2 deutlich höhere Kraftstoffpreise erwartet werden.

Ausgehend von einer sechsjährigen Leasingdauer schätzt T&E, dass Social Leasing in den fünf untersuchten Ländern zwischen 1,5 und 3 Millionen Haushalten zugutekommen könnte, je nach Höhe der gewährten Subventionen. Dies könnte die Nachfrage nach E-Autos im Kleinwagensegment stärken, wovon die europäischen Hersteller profitieren, wenn nur in der EU hergestellte Fahrzeuge förderfähig wären.

T&E

Deutschland könnte beim Entwurf eines nationalen Social Leasing-Programms von den Erfahrungen in Frankreich profitieren. Zur optimalen Ausgestaltung eines deutschen Social-Leasing-Programms hat T&E eine Studie in Auftrag gegeben und empfiehlt auf deren Grundlage, neben dem begrenzten Einkommen auch die mangelnde Verfügbarkeit von öffentlichem Verkehr und das Abwracken eines alten Verbrenners zur Voraussetzung für die Teilnahme zu machen.

„In Deutschland fördern wir aktuell vor allem E-Mobilität für Besserverdienende“

Susanne Goetz sagt: „Fördern wir E-Mobilität, dann ist nicht nur entscheidend, was gefördert wird, sondern auch wer. In Deutschland fördern wir aktuell vor allem E-Mobilität für Besserverdienende. Menschen, die den steigenden Kraftstoffpreisen am meisten ausgeliefert sind, profitieren bisher kaum. Nach Jahren milliardenschwerer Steuergeschenke für SUVs und fossile Dienstwagen wäre Social Leasing die erste Förderung, die gleichermaßen gut für die Industrie, das Klima und Menschen ist, die auf das Auto angewiesen sind. Das wäre ein gelungener Politikwechsel zu Beginn dieser neuen Regierung.“

Verkehrsexperte Professor Stefan Bratzel schlägt vor, auch Gebrauchtwagen zu noch günstigeren Konditionen im Social Leasing zu berücksichtigen. Gerade Geringverdiener seien eher an Gebrauchtfahrzeugen interessiert, wie er dem Bayerischen Rundfunk (BR) sagte. Zudem verweist er auf den hohen administrativen Aufwand eines solchen Programms und darauf, dass die Mittel dafür womöglich an anderer Stelle sinnvoller verwendet werden könnten, etwa in den Ausbau der E-Auto-Ladeinfrastruktur oder in die Senkung der Strompreise.

Auch das Öko-Institut verweist darauf, dass eine grundlegende Voraussetzung für die Nutzung von Elektroautos verlässliche Lademöglichkeiten seien, so der BR weiter. Deshalb wird in der Studie vorgeschlagen, unter Umständen Gruppen mit geringen Einkommen auch beim Aufbau von Ladesäulen staatlich zu unterstützen.

Quelle: Transport & Environment – Pressemitteilung vom 26.05.2025 / Bayerischer Rundfunk – Social Leasing für Elektroautos: Experten sind skeptisch

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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