Die politische Debatte über die Ausrichtung der Klimapolitik erhält neuen Schwung, weil Fragen nach sozialer Balance und staatlicher Unterstützung stärker in den Vordergrund rücken. Umweltminister Carsten Schneider (SPD) stellt in Aussicht, Zuschüsse für E-Autos und neue Heizsysteme nur noch jenen zu gewähren, die sie tatsächlich benötigen. Im Gespräch mit der Redaktion der Augsburger Allgemeinen erklärte er, es sei wichtig, Förderprogramme „zielgenauer“ auszurichten. Damit verbunden ist seine Erwartung, dass Prämien oder steuerliche Vorteile künftig stärker an der finanziellen Lage der Haushalte bemessen werden.
Schneider verweist darauf, dass bereits heute Ausgleichsmechanismen existieren, die jedoch kaum bekannt seien. Ein Beispiel seien unsanierte oder schlecht gedämmte Gebäude, bei denen Vermieter nahezu sämtliche CO₂-Kosten tragen. Aus seiner Sicht zeigt dieser Ansatz, dass soziale Abfederungen möglich sind und in einzelnen Bereichen bereits genutzt werden. Gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche sieht er deshalb Spielraum, bestehende Regelungen weiterzuentwickeln und Förderstrukturen präziser auszurichten.
Auch die Grünen sprechen sich für eine stärkere Belastung von Menschen mit hohen Einkommen aus. Parteichef Felix Banaszak betonte auf dem Parteitag in Hannover, dass die Finanzierung notwendiger Klimaschutzmaßnahmen vor allem jenen zugemutet werden müsse, die sich das leisten könnten. Er begründete diese Haltung mit dem Hinweis, dass bestimmte Lebensgewohnheiten deutlich mehr Emissionen verursachten als andere.
Parallel dazu sorgt ein Beschluss der schwarz-roten Koalition für Diskussionen. Die Regierung hat entschieden, die Ticketsteuer im Luftverkehr zum 1. Juli 2026 zu senken. Dadurch soll die Branche um 350 Millionen Euro jährlich entlastet werden. Diese Maßnahme macht eine Erhöhung rückgängig, die erst im Jahr 2024 von der damaligen Ampel-Koalition eingeführt worden war. Zusätzlich verzichtet die Regierung im kommenden Jahr auf geplante Anhebungen der Gebühren für die Flugsicherung und plant stattdessen eine erste Senkung. Umweltverbände kritisierten diese Entscheidungen scharf, weil sie darin einen Widerspruch zu klimapolitischen Zielen sehen.
Schneider sieht im Klimaschutz keinen Standortnachteil. Nach seiner Einschätzung ergeben sich die wirtschaftlichen Herausforderungen derzeit aus anderen Ursachen: abgeschotteten Märkten, Zöllen, Energiekosten infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine sowie dem stärkeren Wettbewerb mit China. Eine verlässliche Klima- und Umweltpolitik könne dagegen neue Märkte entstehen lassen. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass Unternehmen von Maßnahmen wie niedrigeren Strompreisen und steuerlichen Sonderabschreibungen profitieren könnten. Schneider äußerte die Hoffnung, dass diese Rahmenbedingungen zu neuer Zuversicht führen. Ein klimapolitischer „Schlingerkurs“ würde seiner Ansicht nach dagegen die nötige Planungssicherheit beeinträchtigen.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz griff das Thema bei der Klimakonferenz im brasilianischen Belem auf. Er betonte, eine leistungsfähige Wirtschaft sei entscheidend, um Fortschritte beim Klimaschutz zu erreichen. In seiner Einschätzung sei die Wirtschaft nicht der Auslöser der Probleme, sondern ein zentraler Bestandteil der Lösung. Gleichzeitig müsse gewährleistet sein, dass Energie langfristig günstig, sicher und verlässlich bereitgestellt werde. Ohne diese Grundlage seien Investitionen in klimafreundliche Technologien schwer möglich.
Quelle: Augsburger Allgemeine – Koalition will Klima-Prämien sozial staffeln








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