Nissan Ariya Nismo im Test: Ein schickes, wildes Biest

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Daniel Krenzer

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Mit dem neuen Nissan Leaf will der japanische Hersteller wieder ein solides Elektroauto für eine breite Kundenschicht auf den Markt bringen, auch der Nissan Townstar ist mehr Praktiker als Spaßmobil. Das E-SUV Nissan Ariya ist schick und komfortabel, doch in der inzwischen verfügbaren sportlichen Nismo-Variante wird es zu einen biestig agilen Modell mit sportlichen optischen Reizen. Wir haben uns die Modellausführung mit 320 kW (435 PS) leistendem e-4orce-Allradantrieb nun zwei Wochen lang näher ansehen dürfen. Nismo steht für „Nissan Motorsport“, dementsprechend hoch waren unsere Erwartungen.

Der Ariya Nismo ist knapp 4,66 Meter lang, 1,85 Meter ohne Spiegel breit und 1,65 Meter hoch. In der sportlichen Linie fährt er zudem mit 20-Zoll-Reifen vor, in der Spitze sind 200 Stundenkilometer (und etwas mehr laut Tacho) möglich. Folgende Dinge sind uns während des Testzeitraums besonders aufgefallen:

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Die Pluspunkte des Nissan Ariya Nismo

Der Innenraum: Wir hatten es schon beim Test des „normalen“ Ariya angemerkt: Der Innenraum im japanischen E-SUV gehört zu den schönsten seiner Preisklasse. Der Materialmix fasst sich gut an und ist sehr ästhetisch, die in Holzoptik hinterlegte Steuerung der Klimaanlage ist ein echtes Highlight. Im Nismo kommen sportliche rote Akzente sowie ein Nismo-Schriftzug hinzu. Pfiffig ist die Rennsport-Adaption mit einem roten 12-Uhr-Streifen am angenehm griffigen Lenkrad.

Die Sitze sind ein guter Kompromiss aus sportlichem Seitenhalt und bequemem Langstreckensessel. Auch hinten sitzt es sich durchaus angenehm. Einzig in der Mittelkonsole wäre etwas mehr Stauraum schön, ansonsten gibt es genug Ablage- und Verstaumöglichkeiten. Auch der Kofferraum fällt mit 415 bis 1280 Litern noch akzeptabel aus – auch wenn es in der Klasse natürlich geräumigere Modelle gibt.

Der Fahrspaß: Mit den Nismo-Modellen will Nissan stets Rennsport-Feeling bieten, und das ist mit dem Ariya Nismo trotz der dafür untypischen Form als E-SUV durchaus gelungen. Bis zur Höchstgeschwindigkeit sprintet das Elektroauto dank 600 Newtonmeter maximalem Drehmoment entschlossen nach vorne, liegt auf der Autobahn satt auf der Straße, lässt sich aber auch auf kurvigen Landstraßen nicht aus der sportlich stabilen Straßenlage bringen, was auch dem knapp 90 kWh großen Akku geschuldet sein dürfte, der das E-SUV zusätzlich auf die Straße presst.

Zudem hat Nissan für den sportlichen Nismo-Fahrmodus einen Fahrsound konzipiert, der gut zum Fahrverhalten passt, ohne dabei aussterbende Verbrenner unnötig nachzuahmen. Die Geräusche beim Beschleunigen und Verzögern erinnern zwar entfernt an das Aufheulen von Motor und Getriebe, doch klingen dabei futuristisch und sind nah an jenem Säuseln, das man von modernen Elektroautos gewohnt ist. An sich bräuchten wir eine solche Geräuschkulisse nicht, aber im Nissan Ariya Nismo empfanden wir sie als gelungen und nicht störend oder gar albern, wie es uns schon in anderen sportlichen Elektroautos ergangen ist.

Die Optik: Der Ariya ist schon in der Standard-Ausführung für ein E-SUV im Rahmen der Möglichkeiten ansehnlich, doch beim Nismo kommen einige optische Reize hinzu, die ihn regelrecht zum schicken Sportler machen. Frontschürze, Seitenschweller, Heckdiffusor und -spoiler im Nismo-Look stehen dem Ariya ausgezeichnet, die zweifarbige Lackierung in Stahlgrau und Schwarz in Kombination mit einer roten Zierleiste rundum machen ebenfalls ordentlich was her. Diese Leiste wird auch im Innenraum wieder auf Höhe der Lüftungsschlitze aufgenommen. Auch das Lichtdesign ist stimmig und weiß zu gefallen.

Die Assistenzsysteme: Die Assistenzsysteme rund um das Sicherheitssystem Nissan Safety Shield funktionieren zuverlässig und sind intuitiv zu bedienen. Je nach Fahrmodus passt der Tempomat die Geschwindigkeit an, im Nismo-Modus entsprechend sportlich, aber immer noch für alle Insassen angenehm. Spurhalte- und Abstandassistent laufen ebenfalls geschmeidig, ein Lob verdient zudem die Verkehrszeichenerkennung, die zwar nicht fehlerfrei arbeitet, aber eine hohe Trefferquote aufweist. Schön gelöst ist zudem die Rückfrage an den Fahrer, ob die erkannte Geschwindigkeit auch tatsächlich übernommen werden soll. Nur ein bisschen weniger Bimmeln könnten die Systeme, was aber auf nahezu alle asiatischen Modelle zutrifft – und teils bekanntlich auch EU-Vorgaben geschuldet ist.

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Die Minuspunkte des Nissan Ariya Nismo

Die Reisetauglichkeit: Mit Allradanrieb, starkem Elektromotoren-Paket und sportlichen Tugenden, die nicht gerade zu 100 km/h auf der Autobahn einladen, gönnt sich der Ariya Nismo einiges an Strom. Auf der Autobahn werden bei flotterer Fahrt schnell 30 kWh und mehr pro 100 Kilometer aus dem Akku gezogen, womit die Reichweite auf realistische 250 Kilometer zusammenschrumpft. Nissan macht da keinen Hehl draus, schon im Datenblatt ist ein kombinierter WLTP-Verbrauch von 24,5 kWh angekündigt. Die gute Nachricht: Auf Landstraßen oder auf dicht befahrenen oder temporegulierten Autobahnen lässt sich der Ariya Nismo mitunter deutlich unterhalb dieses Wertes bewegen. Wir haben laut Bordcomputer immer wieder Werte zwischen 18 und 22 kWh für längere Teilabschnitte angezeigt bekommen. Kombiniert kamen wir ziemlich genau auf den von Nissan angegebenen Wert.

Wer aber lange Strecken fährt, der muss früher oder später auch mal nachladen. Und das ist nicht gerade die große Stärke des Ariya Nismo. 130 kW maximale DC-Ladeleistung sind angesichts der Akkugröße nicht allzu viel. Etwas relativiert wird dies jedoch dadurch, dass die Ladekurve recht flach ist. So sollen von 10 bis 80 Prozent im Schnitt 110 kW Ladeleistung möglich sein, was wir im Test jedoch nicht ganz erreichten. Im Optimalfall soll die Ladung bis 80 Prozent 35 Minuten dauern, in der Realität dürften es trotz Vorkonditionierung bei kühlen Temperaturen eher 45 bis 50 Minuten sein. Einen Vorteil gibt es aber für AC-Lader: Wie die meisten E-Autos aus der Renault-Gruppe, zu der auch Nissan gehört, sind 22 kW Ladeleistung dort Standard. In vier Stunden ist der fast leere Akku also wieder voll, ehe die Blockiergebühr greift.

Das Infotainment: Was leider schon ein wenig im Auge und im Herzen wehtut, ist das Infotainment. Der Ariya Nismo ist so ein sportliches und modernes Elektroauto, doch beim Blick auf die Bildschirme wähnt man sich in vergangenen Jahrzehnten. Das 12-Zoll-Display und seine Inhalte wirken von der Auflösung und der Darstellung her deutlich aus der Zeit gefallen, auch wenn die Bedienbarkeit in Ordnung geht. Die Navigation erfolgt über TomTom, die Ladeplanung und Routenanpassung ist dementsprechend schrecklich. Hat sich das System beispielsweise für eine Ladestation entschieden, so hält es an dieser konsequent fest, selbst wenn der Fahrer entscheidet, doch lieber bis nach Hause zu fahren, weil dort auch 9 Prozent Restakku noch in Ordnung sind. Bis zu 80 Kilometer Umweg mit drei Ladestopps – der kürzeste davon eine Minute – plante die Navigation dafür zwischenzeitlich ein. Am Ende kamen wir aber mit 12 Prozent Restakku ohne einen einzigen Ladestopp am Ziel an. Wer sich da an TomTom hält, wird E-Autos anschließend hassen.

Daniel Krenzer

Fazit

Wer einen Kompromiss aus Spaßmobil und einigermaßen geräumigem Alltagsbegleiter sucht, für den könnte der Nissan Ariya Nismo eine spannende Variante sein. Für das gebotene Gesamtpaket kommt unser Testwagen mit einem akzeptablen Preis von knapp 64.000 Euro daher, bringt dafür aber neben dem sportlichen Look und entsprechender Abstimmung auch die Vorteile des normalen E-SUV mit sich. Wer es nicht so rasant braucht und auch mit einem kleineren Akku (bei dann entsprechend niedrigerem Verbrauch) gut zurechtkommt, für den könnte aber auch der Einstiegs-Ariya ab 43.490 Euro etwas sein. Abstriche müssen jedoch bislang noch beim Infotainment gemacht werden, auch wenn die Funktionalität mal abgesehen von der Ladeplanung durchaus in Ordnung ist. Dafür ist der Innenraum mit einem besonders hohen Wohlfühlfaktor versehen.

Disclaimer: Das Testfahrzeug wurde uns für zwei Wochen kostenlos von Nissan zur Verfügung gestellt. Unsere hier dargelegte ehrliche Meinung beeinflusst dies nicht.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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