US-Autobauer Mullen „schlimmstes aller E-Luftschlösser“?

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Mullen

Iris Martinz
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  —  Lesedauer 3 min

Der amerikanische Elektroautobauer Mullen schickte sich an, innerhalb von nur zwei Jahren die Entwicklung einer Feststoffbatterie abzuschließen, die alle anderen in den Schatten stellen sollte. Erst kürzlich wurden optimistische Testergebnisse veröffentlicht, die den Aktienwert schlagartig um 145 Prozent in die Höhe schnellen ließen. Jetzt mehren sich hingegen Zweifel, ob an der Entwicklung überhaupt etwas dran ist. Das auf börsennotierte Unternehmen spezialisiertes Rechercheunternehmen Hindenburg Research hat schier Unglaubliches aufgedeckt.

Mullens Aktienkurs hatte in den letzten Monaten um rund 316 Prozent zugelegt, obwohl bisher offenbar noch kein Auto ausgeliefert wurde. Hindenburg Research deckte auf, dass jetzt veröffentlichten Testergebnisse der Feststoffbatterie eigentlich bereits aus dem Jahr 2020 stammen. Damals wurde ein Joint Venture für die Produktion der Feststoffbatterie angekündigt, welches es laut einem Insider aber „nie gegeben“ hat. Jener mit dem Projekt vertraute Insider nannte Mullens CEO David Michery sogar einen „Dampfplauderer“ und „Gauner„. Die Technologie basierte auf einer Lizenz eines chinesischen Unternehmens. Nachdem Mullen die Wichtigkeit dieser Partnerschaft mehrfach betont hatte, wurde diese nach einer einzigen Zahlung aber wieder beendet. Das chinesische Unternehmen ist unterdessen im Web nicht mehr auffindbar.

Nicht nur die Batterieentwicklung scheint mehr Schein als Sein zu sein, bei der Autoproduktion wird ebenfalls gemogelt. Hatte Mullen kürzlich noch angekündigt, unmittelbar mit der Produktion von zwei E-Van-Modellen beginnen zu wollen, stellte sich schnell heraus, dass es sich bei den vorgestellten Modellen um chinesische E-Autos handelte, die mit einem Mullen Logo versehen wurden. Importdokumente sollen beweisen, dass Mullen gerade erst zwei Fahrzeuge aus China importiert hatte.

Bereits 2019 stellte Mullen den „DragonFly“ vor, ein Supercar, das vom chinesischen Hersteller Qiantu Motors gebaut und unter der Mullen-Marke ab 2020 in den USA verkauft werden sollte. Gezahlt hat Mullen jedoch nie, weshalb die Kooperation gleich wieder beendet wurde. Das hielt Mullen jedoch nicht davon ab, das Auto weiterhin zu vermarkten, was Qiantu als „unentschuldbaren Missbrauch von Qiantus Rechten“ bezeichnete. Der DragonFly ist immer noch auf Mullens Website, angeblich gäbe es bereits 1.000 Reservierungen. In den USA soll Mullen darüber hinaus nicht einmal über ein EPA Zertifikat verfügen, eine Voraussetzung dafür, in den USA Autos verkaufen zu dürfen. Für das Produktionswerk in Tunica, Mississippi, werden kaum Stellen ausgeschrieben. Das angeblich „hochmodern ausgestattete“ Werk soll in Wirklichkeit nur spärlich bestückt sein. Das Foto auf der Website stamme von Adobe Stock Images, so Hindenburg Research. Der Vorbesitzer wollte in der Fabrik ein Pizzazustellauto bauen, hat aber kein einziges jemals verkauft.

Es kommt noch dicker: die medial präsentierten, 60 Millionen Dollar werten Bestellungen von 1.200 Klasse 2 E-Vans für den gewerblichen Gebrauch sollen von einem kleinen Cannabis-Geschäft mit einem einzigen Standort sowie einem Online Shop stammen, der jedoch seine Waren laut Website mit der US-Post verschickt. Die 500 Millionen Dollar werte Bestellung von 10.000 Stück eines anderen Modells würden von einem Unternehmen in Florida stammen, das jedoch aktuell nur über elf Fahrzeuge verfügt, davon keines elektrisch angetrieben.

Mullens Gründer und CEO David Michery soll bereits fünf Unternehmen in den Sand gesetzt haben. Mehrere Geschäftspartner und Investoren bei Mullen sitzen wegen Betrugs im Gefängnis. Michery selbst hat keinen Engineering- oder Produktionshintergrund, sondern wurde in der Unterhaltungsindustrie groß. Die ganze Geschichte erinnert stark an Uniti One, dessen Blase Anfang diesen Jahres geplatzt ist. Nach Nikola, Lordstown, Kandi und Ideanomics bezeichnet Hindenburg Research Mullen jedoch als „schlimmstes aller E-Luftschlösser„.

Quelle: hindenburgresearch.com – Mullen Automotive: Yet Another Fast Talking EV Hustle

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Iris Martinz

Iris Martinz

Iris Martinz ist Unternehmens- und E-Mobilitätsberaterin in Österreich, mit langjähriger Erfahrung im Recycling und Second Life von E-Mobilitätsbatterien. Fährt sowohl rein elektrisch, als auch V8, und möchte die beiden Welten etwas näher zusammenbringen. Nachzulesen unter www.mustangsontour.com.

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Carlson:

Frau Martinz schreibt in einem ihrer ersten Sätze „Das auf börsennotierte Unternehmen spezialisiertes Rechercheunternehmen Hindenburg Research…“. Da es im weiteren Text nicht genauer erläutert wird, möchte ich ergänzen, dass Hindenburg Research kein neutrales, interessenunabhängiges Wirtschaftsprüfungsunternehmen ist, sondern ein großer amerikanischer Hedgefonds. Der Hedgefonds Hindenburg Research hat seit Monaten auf den Misserfolg Mullens gewettet. Sollte sich Mullen im April von den massiven Shortangriffen Hindenburgs erholen, käme Hindenburg in größte finanzielle Schwierigkeiten. Es stellt sich die Frage, ob eine Analyse von Hindenburg, auf die sich Frau Martinz bezieht, und die erst 10 Tage alt ist, objektiv sein kann?

Carlson:

Nico, ich hatte hier in ganz wenigen Sätzen darauf hingewiesen, dass die Autorin nur das Wiedergegeben hat, was der Hedgefonds Hindenburg behauptet hat… ohne Kritik oder Gegendarstellung oder Hinweis, dass Hindenburg ein ganz aggressiver Hedgefonds ist.

Carlson:

Lieber Daniel, die Domain hat nichts mit dem Inhalt und der sachlichen Qualität der beiden Quellen zu tun.

panib:

Genau so wird doch ‚Börse‘ gemacht. Ob der Fedchef oder Elon Musk flatulieren- blitzschnell sind zig Millionen Börsianer ein Stück reicher oder ärmer. Wobei die Flatulierer natürlich zu den Ersteren zählen. 300+ % wie in diesem Fall, das ist doch schon was.

VestersNico:

Sehr gut. Wollte eigentlich nix weiter kommentieren. Aber: in diesem Forum werden Beiträge und Meinungen äußerst fair freigeschaltet. So. Großes Lob. Ehrlich.

KleinFritzchen:

… das „schlimmste aller E-Luftschlösser“ ist wohl eher in Bayern gebaut worden, und zwar von Sono Motors.

Klar, wenn du das sagst!

Sebastian Henßler:

Carlson, nochmal zu einem haben wir Hausrecht. Weswegen ich mich über diesen Kommentar hinaus nicht rechtfertige was ich freischalte oder nicht. Aber Stammtisch-Niveau muss nicht sein. Und Danke auch für dein Verständnis, dass wir dieses Portal nebenberuflich betreiben, kostenfrei wohlgemerkt und nicht jede Minute Zeit haben Kommentare zu checken. Werde dazu auch nicht weiter öffentlich diskutieren. Nutze gerne das Kontaktformular, wenn hierzu Bedarf besteht.

David:

Wie auch immer das hier zu bewerten ist, das „schlimmste aller E-Luftschlösser“ ist wohl eher in Bayern gebaut worden, und zwar von Sono Motors.

Daniel W.:

Die verlinkte Quellen hindenburgresearch.com (Autorin) und eletric-vehicles.com (in User-Kommentaren) kann ich nicht einschätzen, zumal beide Websites anonym registrierte Domains verwenden und es bei vielen amerikanischen Websites wohl nur selten Infos zum Betreiber gibt.

Wenn hier großen Investoren ihre Millionen verpulvern ist mir das egal, denn ob die Millionäre und Millardäre jetzt riskante Aktien oder Villen, Yachten, Schmuck, Kunstwerke usw. kaufen, was soll´s.

Carlson:
  1. Es hat hier fast 4 Stunden bis zur Freischaltung gedauert. Zwischen dem Verfassen der Beitrage und dem Freischalten waren die Beitrage schon nach wenigen Minuten nicht mehr sichtbar. Es wirkt dann von außen betrachtet wie „nach Überprüfung abgelehnt“.
  2. Ich besitze keine ominöse, sondern eine von „web.de“ vorgegebene/vorgeschlagene Mailadresse.
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