Mobil in Deutschland: Pkw-Verkehr nimmt ab, Deutsche gehen mehr zu Fuß

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Es ist angesichts ihres Umfangs und der Zahl der Befragten eine der größten Umfragen überhaupt: Der Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Hartmut Höppner hat gemeinsam mit Studienautor Robert Follmer von Infas die ersten Ergebnisse der neuen Ausgabe der Verkehrserhebung Mobilität in Deutschland 2023 (MiD) vorgestellt. Zwischen Mai 2023 und Juni 2024 wurden dafür mehr als 218.000 Haushalte und rund 420.000 Personen in ganz Deutschland zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Die Ergebnisse bilden sowohl national als auch regional eine zentrale Grundlage für die Verkehrsplanung vor Ort. Die Befragung soll u.a. Politik und Verwaltung bei verkehrspolitischen Entscheidungen unterstützen.

„Wir wollen Mobilitätsangebote, die sich an den Bedürfnissen und Wünschen unserer Bürgerinnen und Bürger orientieren. Das geht nur, wenn wir das Mobilitätsverhalten und die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen im Alltag besser verstehen. Die umfangreichen Daten der neuen MiD helfen uns dabei“, sagte Hartmut Höppner, Staatssekretär im BMDV, anlässlich der Vorstellung des Kurzreports. Der Langreport mit mehreren Hundert Seiten an Datenmaterial soll später folgen. Die MiD stelle nicht nur eine elementare Datengrundlage für Wissenschaft und Forschung dar, so Höppner weiter, „sondern auch eine wichtige Entscheidungshilfe auf dem Weg in eine attraktive, klimafreundliche Mobilität der Zukunft.“

Die MiD 2023 stellt die erste bundesweit repräsentative Positionsbestimmung zur Alltagsmobilität in Deutschland nach den außergewöhnlich dynamischen, teils von Brüchen geprägten letzten Jahren dar:

  • nach Verabschiedung der Klimaschutzgesetze und den damit verbundenen ambitionierten Zielen für eine Mobilität der Zukunft,
  • nach der Corona-Pandemie, in der der öffentliche Verkehr gemieden wurde und die Fahrgastzahlen einbrachen,
  • nach der durch den russischen Angriffskrieg beschleunigten Energiewende und den Impulsen für eine beschleunigte Antriebswende sowie
  • nach Einführung des Deutschland-Tickets.

Pkw-Verkehr nimmt ab, Fußgänger auf dem Vormarsch

Der Verkehr liegt im Befragungszeitraum 2023/2024 niedriger als zum Zeitpunkt der Vorgängerstudie im Jahr 2017. Aktuell werden von der Bevölkerung in Deutschland täglich bundesweit rund 250 Millionen Wege (-3 Prozent) und 3000 Millionen Kilometer Wegstrecke (-7 Prozent) zurückgelegt. Ausschlaggebend hierfür ist der Rückgang des motorisierten Individualverkehrs (MIV) mit dem Auto bzw. Motorrädern und Mopeds.

In der Folge zeigt auch die Entwicklung der Verkehrsmittelanteile an den zurückgelegten Wegen (der sogenannte Modal-Split) einen leichten Bedeutungsrückgang beim MIV und leichte Steigerungen beim Wegeanteil des öffentlichen Verkehrs (10 Prozent der Wege in 2017 auf 11 Prozent in 2023) sowie Stabilität im Radverkehr (11 Prozent). Der Fußverkehr erlebt eine Renaissance und hat die höchsten Zuwächse (22 Prozent in 2017 auf 26 Prozent in 2023) – die Zu- und Abwege zu anderen Verkehrsmitteln sind hier nicht eingerechnet.

Der Anteil der Wege, die als Fahrer hinter dem Lenkrad zurückgelegt werden, liegt bei 40 Prozent. Die Mitfahrt im MIV erreicht 13 Prozent. 2017 lagen diese Anteile des motorisierten Individualverkehrs noch höher. Auto & Co. behalten aufgrund ihres hohen Wegeanteils dennoch eine dominante Bedeutung. Noch deutlicher wird dies bei der zurückgelegten Wegstrecke: Bürgerinnen und Bürger in Deutschland legen knapp drei Viertel aller Kilometer hiermit zurück. Im ländlichen Raum bleibt das Auto für nahezu alle Verkehrsteilnehmer unverzichtbar. Mehr als 60 Prozent der Wege entfallen auf den MIV.

In Städten hingegen nimmt die Nutzung von Fahrrädern und Fußwegen zu, während die Dominanz des Autos abnimmt. 31 Prozent der Wege legen die Bewohner der großen Metropolen zu Fuß zurück – fast so viele wie mit dem MIV (33 Prozent). Das Fahrrad erreicht in den Metropolen einen Wegeanteil von 15 Prozent, Bus und Bahn von 21 Prozent.

Der Radverkehr profitiert außerdem von einer immer größeren Zahl an elektrisch unterstützten Rädern (Pedelecs und E-Bikes). Deren Anteil hat zugenommen und macht bundesweit mittlerweile ein Drittel der Fahrrad-Kilometer aus. Die Fahrradflotte wächst von 75 Millionen Rädern in 2017 auf 80 Millionen Räder in 2023, davon mittlerweile ein Viertel mit Elektromotor.

Deutschlandticket vor allem in Metropolen beliebt

Gleichzeitig hat das 2023 von Bund und Ländern eingeführte Deutschlandticket den öffentlichen Nahverkehr wesentlich dabei unterstützt, seine coronabedingten Nachfrageeinbußen zu überwinden. Die MiD 2023 zeigt die Beliebtheit des Deutschlandtickets, dessen Einführung die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel deutlich erhöht hat. In den Metropolen nutzen 40 Prozent, in den ländlichen Räumen immerhin noch ein Viertel der zumindest gelegentlichen ÖPNV-Nutzer das Deutschlandticket. Diese positiven Auswirkungen bestätigen die Bedeutung des Deutschlandtickets für eine nachhaltigere und effizientere Mobilität in Deutschland.

Die Studie „Mobilität in Deutschland (MiD)“ basiert auf einer bundesweiten Befragung von Haushalten zu ihrem alltäglichen Verkehrsverhalten im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Sie wurde bereits in den Jahren 2002, 2008 und 2017 erhoben. Mehr als 60 regionale Partner haben sich beteiligt. Für die MiD 2023 wurden bundesweit über 218.000 Haushalte und rund 420.000 Personen befragt. Die Auswahl erfolgte nach einem Zufallsverfahren überwiegend auf Basis der Einwohnermelderegister.

Den ersten Schritt bildete ein Haushaltsinterview, um Angaben zur Zusammensetzung der befragten Haushalte zu erhalten. Danach wurden alle Haushaltsmitglieder gebeten, an je einem zufällig vorgegebenen Berichtstag ihre Wege zu erfassen. Zusätzlich liefert die Befragung Ergebnisse zur Ausstattung mit Verkehrsmitteln, Akzeptanz neuer Mobilitätsangebote, der Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit den verfügbaren Verkehrsmitteln, der Wirkung des Deutschlandtickets und zum Zugang zu diesen Angeboten sowie dem Home-Office. Ebenso bietet sie Ergebnisse zum Reiseverkehr.

Quelle: BMDV – Pressemitteilung vom 25.03.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Wilf:

Wo sind die deutschen lokalen Politiker mit dem Mut Straßen ähnlich wie in Paris zu schließen? Vor über 50 Jahren war man schon weiter und hat die Stadtzentren zu Fußgängerzonen ausgebaut. Zurück die Zukunft! Ist doch gerade populär bei konservativen Parteien.

E. Wolf:

Auf zu neuen Ufern:
– Vorbild Paris: Umbau/Rückbau von Straßen
– Leute achtet wieder aufeinander
– Raus aus der Kiste, rauf auf die 2 Beine
– Fahrräder auf die Straße (para2 der StVO) !!
– Nehmt Euch Zeit und nicht das Leben

Jeff:

Dass manche mit singulären Einzelerfahrungen meinen, ihre Aussage hätte mehr Gewicht als in diesem Fall die Befragung von mehr als 400.000 Menschen, ist mit ein Grund dafür, dass es mit Deutschland bergab geht…

Silverbeard:

Was mit in solchen Diskussionen fehlt ist das Einkommen.
16% aller Beschäftigten arbeiten zum gesetzlichen Mindestlohn. Die können sich kein Auto mehr leisten. Schon zweimal nicht, wenn sie Familie haben. Der Reallohn ist übrigens immer noch 2% niedriger als vor der hohen Inflation. Das ist der Durchschnitt. Es gibt auch Berufe mit 0-2% Tarifsteigerung nach 8% Inflation…

Silverbeard:

Ich fahre sehr viel Rad und habe durchaus den Eindruck, dass der Radverkehr zunimmt.

Peter Bigge von Berlin:

Wenn ich mir so täglich anschauen muss, was vor unseren Schulen so am Tag an Hol- und Bringservice zwischen Schule und den so …. vielleicht tausend Metern zur Wohnung los ist, kann ich die Aussage „mehr zu Fuß“ kaum glauben.
Zu Ferienzeiten macht Laufen und Radfahren noch Spaß, ansonsten sind die Abgaswolken neben der Straße eher ein Gesundheitsrisiko.

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