Microlino: Das Zwischending für die Stadt im Test

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Elektroauto-News.net

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 18 min

Der Microlino gilt, für die Generation, die sich ganz der Elektromobilität verschrieben hat, als eine neue Interpretation des BMW Isetta. Das “Auto” der Fahrzeugklasse L7E wird von der Firma Micro Mobility Systems AG aus Küsnacht in der Schweiz hergestellt. Die Wiederbelebung des ikonischen Isetta soll vor allem im Rahmen der urbanen Mobilität zum Einsatz kommen. Darauf sind sowohl die Ausmaße als auch die Technik des Microlino ausgelegt. In einem zweiwöchigen Test, haben wir uns selbst davon überzeugt, wie sich der Microlino im Alltag schlägt.

Die europäische Produktion des Microlino läuft seit 2022 und es gab laut Angaben des Herstellers mindestens 16.000 Vorbestellungen des smarten City-Flitzers. Reservierungen sollten zeitweise über 35.000 vorgelegen haben. Verkauft wird der Microlino nicht nur in der Schweiz, sondern auch zum Beispiel nach Deutschland, Spanien oder Italien. Der Microlino, das Zwischending zwischen E-Auto und Elektro-Motorrad, hat es erstmalig im Frühjahr 2023 nach Deutschland geschafft. In Mainz, an der Alten Lokhalle, standen Microlino der Pioneer-Edition zum Kennenlernen bereit. Bereits damals konnten Eindrücke gesammelt werden. Eindrücke, welche in diesem Test- und Erfahrungsbericht des kompakten Stromers zusammengetragen werden.

Microlino: Für den urbanen Alltag erdacht

Für den urbanen Alltag erdacht, in charmantes Design gepackt und mit der Reduktion auf das Notwendigste präsentiert sich der Microlino auf den ersten Blick. Es haftet ihm ein wenig Premium-Feeling an. Welches für ein Elektrofahrzeug der Klasse L7E auch notwendig erscheint, wenn man sich bei Startpreisen ab 17.990 Euro für die Lite-Variante (45 km/h/ 93 km Reichweite / L6E) entscheidet. Bei der zuvor aufgeführten L6E-Variante handelt es sich um die derzeit günstigste Variante des Stromers, die mit entsprechenden Einschnitten daherkommt.

Möchte man mehr E-Fahrzeug auf der Straße, dann gilt es dafür zu zahlen. Die 90 km/h Version startet ab 19.490 Euro Listenpreis. Hierfür gibt es dann auch bis zu 228 km Reichweite, nach WMTC-Messverfahren (World Motorcycle Test Cyclus – europäische Norm). Preislich darüber setzt nur noch die Pioneer Series mit einem Preis ab 19.900 Euro an. Streng limitiert auf 999 Einheiten und in der Schweiz ausverkauft. Dort maximal noch über ein Abo-Modell zu erhalten. Dieser ist komplett vorkonfiguriert.

Die Standard-Edition lässt zumindest in einigen Punkten Anpassungen zu. Im Fall unseres Testfahrzeugs kam dies mit der aufpreispflichtigen Farbe Paris Mint (+ 799 Euro) daher. Ferner war das Premium Interieur & Komfort-Paket für 590 Euro sowie die große Batterie (228 km maximale Reichweite) für einen Aufpreis von 3000 Euro verbaut. Somit bekommt man für 23.879 Euro ein voll ausgestatteten Microlino, der sich in dieser Preisklasse mit einem Dacia Spring oder Citroën e-C3 messen lassen muss. Ein Vergleich, der zwei unterschiedliche Fahrzeug-/ Autoansprüche in die Waagschale wirft. Dazu später mehr.

Kein günstiges Unterfangen, für den Einstieg in die E-Mobilität. Was teilweise auf die Situation in den Lieferketten, der Wertigkeit des Produktes, welches man anstrebt, sowie der fehlenden Förderung im Bereich der leichten Elektrofahrzeuge der Klasse L7e zurückzuführen ist. Und dennoch sei man sich bewusst, dass man selbst “Cost-Engineering” betreiben müsse, um die leichten E-Fahrzeuge preislich attraktiver zu gestalten. In Aussicht gestellt wurden Preise ab 13.000 bis 17.000 Euro, die dann aber erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erreichen seien. Im Fall des mittlerweile vorgestellten Microlino Lite ab 17.990 Euro, mit entsprechenden Einschnitten bei Leistung und Reichweite.

Reduktion auf das Wesentliche. Von Beginn an.

Ansonsten überzeugt der Microlino aber auch bei der technischen Basis und den Upgrade-Optionen durch die Konzentration auf Reduktion. Oder wie es aus dem Hause Micro Mobility heißt:

“Wie viel Auto braucht man wirklich für die tägliche Mobilität?” – Wim, Oliver und Merlin Ouboter

Mit einer einfachen Frage, die jedoch nicht so leicht zu beantworten ist, beginnt die Entwicklung des Microlino. Als Quereinsteiger in der Mobilitätsbranche errechneten die Menschen hinter dem Schweizer Familienunternehmen Micro, dass statistisch pro Tag 1.2 Personen ein Auto für eine Strecke von 30 Kilometern nutzen. Sie übertrugen das Profil des erfolgreichen Micro Tretrollers auf größere Fahrzeuge: Wendig, klein, wettergeschützt und trotzdem groß genug für alltägliche Erledigungen, also eine Kombination aus Auto und Motorrad, wäre dementsprechend ideal, schlussfolgerte man bei Micro.

Mit der Schweizer Fachhochschule ZHAW folgten anschließend die ersten Entwicklungsschritte, bis 2015 in China ein Prototyp des Microlino gebaut wird. Auf dem Genfer Automobilsalon im Jahr 2016 präsentierte Micro den Microlino das erste Mal der Öffentlichkeit. Das Unternehmen hat sich damit fest in dem Gedächtnis der Elektromobilitätssparte verankert.

Im April 2016 beginnt Micro zusammen mit dem auf Kleinstelektrofahrzeuge spezialisierten italienischen Autoproduzenten Tazzari damit, den Sprung vom Prototypen zum Microlino in Serie zu realisieren. 2018 werden erste Vorserien des Microlino präsentiert. Zwischendurch kommt es zum Zerwürfnis. Gemeinsam mit dem Partner CECOMP hat man dann eine neue Firma, Microlino Italia, gegründet, die für die Produktion in Turin zuständig ist. Spannend ist hierbei die Tatsache, dass das Familienunternehmen zu Beginn des Microlino Projekts nie Hersteller werden wollte. Man habe aber erkannt, dass dies die einzige Möglichkeit ist, die Qualität zu kontrollieren und gleichzeitig die Produktionskosten zu senken. Die Montagelinie befindet sich auf dem Gelände von CECOMP in La Loggia, Turin.

Alle Fakten zum Microlino

Während die Abmessungen und das Kofferraumvolumen bei jeder Edition des Microlino gleich sind, variieren die Farbauswahl, die Reichweite und die Batteriekapazitäten – je nachdem, für welches Modell man sich im Endeffekt entscheidet. Das sportliche und zugleich vollkommen emissionsfreie E-Fahrzeug wartet im Alltag mit einigen Annehmlichkeiten wie zum Beispiel einem Schiebedach auf. Extras, die es in einer Edition nicht gibt, erhältst du häufig in den anderen Editionen ohne einen zusätzlichen Aufpreis.

Farben und Abmessungen beim Microlino

Die Farbpalette, aus der du die individuelle Konfiguration deines Microlino vornehmen kannst, hängt stark von der jeweiligen Edition ab. Dabei reichen die Farben von Santorini White, Amsterdam Orange, Milano Red, Zurich Blue und Paris Mint bis hin zu London Grün, Gotham Schwarz, Berlin Anthrazit, Atlantis Blue sowie Torino Aluminium.

Warum die Farbbezeichnungen je nach Edition des Microlino entweder auf Englisch oder Deutsch sind, kann dir wahrscheinlich nur der Hersteller selbst beantworten. Dich erwartet jedenfalls eine große Auswahl von Schwarz und Weiß über Blau und Grün bis hin zu Orange oder Rot. Da findest du garantiert die passende Option für dich.

Beim Microlino deiner Wahl beträgt das Kofferraumvolumen jedoch immer 230 Liter, unabhängig von der Edition. Auf der Sitzbank können es sich bis zu zwei erwachsene Menschen gemütlich machen. Ähnlich sieht es bei den Abmessungen des Microlino aus. Der Microlino ist 2519 mm lang, 1473 mm breit und 1501 mm hoch.

Reichweite des Microlino und generelle elektrische Eigenschaften

Alle Editionen des Microlino sind mit einem 12.5 kW Motor ausgestattet und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde. Das Drehmoment beläuft sich auf 89 Nm und die Beschleunigung von 0 auf 50 Kilometer in der Stunde schafft der Microlino in 5 Sekunden. In Bezug auf die Reichweite, die Ladeleistung, die Kapazität und die Ladezeit gibt es jedoch wieder editionsabhängige Unterschiede. Bei den Angaben auf der Seite des Herstellers zur Reichweite sind, je nach Edition des Microlino, von 93 Kilometer bis 228 Kilometer, alles zu finden. Die Batteriekapazität beginnt bei minimal 5,5 kWh und erstreckt sich bis auf maximal 15 kWh, mit einer Zwischenstufe bei 10.5 kWh. Derzeit nicht klar ersichtlich, ob sämtliche Batteriegrößen zur Wahl stehen. Im Konfigurator werden diese angezeigt, ist aber nicht klar ersichtlich, ob diese auch ausgeliefert werden.

Die Ladeleistung beträgt bei einer Batterie mit 5,5 kWh 2.2 kW, zieht sich auch so entsprechend durch. Bei der Ladezeit ist zwischen zwei bis sechs Stunden alles drin, abhängig von der jeweiligen Batteriekapazität. Geladen wird hierbei von zehn auf 80 Prozent. In der Regel kannst du den Microlino an einer einfachen Steckdose in deinem Haushalt aufladen. Ein entsprechender Ladeadapter liegt dem Stromer bei. Hier gilt es nur darauf zu achten, die entsprechende Eingangsladeleistung richtig einzustellen. Sonst steht er bei euch, ebenso wie bei uns, erst einmal zwei Stunden am Stecker, ohne nur ein Prozent an Akkukapazität hinzuzugewinnen. Hier hilft es dann doch, die Anleitung zu lesen und nicht einfach auf gut Glück zu versuchen. Dann klappt es aber auch.

 

Macht übrigens auch den Charme aus, dass man selbst ohne eigene Wallbox, den kleinen Kompakt-Stromer, daheim laden kann. Bei uns konnte dieser in der Einfahrt sogar so hingestellt werden, dass sämtliche andere Autos, der anderen Eigentümer ihren Weg an diesem vorbei gefunden haben. Platz-Leistungssieger ist er damit auf jeden Fall geworden.

Ansonsten kombiniert der Microlino eine Vielzahl von unterschiedlichen Gadgets beziehungsweise Features bei Eigenschaften, die der Umwelt nicht nur nicht schaden, sondern ihr zugutekommen. Laut der Herstellerfirma benötigt der Microlino in der Produktion weniger Energieeinsatz als jedes andere Fahrzeug. Außerdem verwendet er 65 Prozent weniger Energie, um dich von A nach B zu transportieren. Dank 50 Prozent weniger Bauteile kannst du zusätzlich mit geringeren Wartungskosten rechnen.

Trotz aller Umweltfreundlichkeit kommen beim Microlino weder die Sicherheit noch der Fahrspaß zu kurz. Die selbsttragende Karosserie des Microlino 2.0 gewährleistet im Vergleich zu anderen Fahrzeugen seiner Klasse nicht nur eine verbesserte Fahrsicherheit, sondern auch ein Fahrverhalten, das dir positiv im Gedächtnis bleibt. Wobei wir auf das Thema Sicherheit und fehlende Airbags und ESP zu einem späteren Zeitpunkt nochmals eingehen. Bleiben wir zunächst bei den einzigartigen Merkmalen des kompakten E-Fahrzeugs.

Die Assoziationen zum Sportwagen reißen noch längst nicht ab, wenn es nach Micro Mobility geht. Denn der Microlino besticht durch Einzelradaufhängungen an allen vier Rädern, eine verstärkte Stahltür und einer leichten Außenhaut aus Aluminium. Durch den Sportmodus in Kombination mit einem effizienten Motor erlebst du einen Performance Boost, der keine Emissionen verursacht. Wobei man hier keine Sprintstärke eines Porsche 911 erwarten sollte. Dennoch geht es spürbarer nach vorn, was gerade im regen Stadtverkehr durchaus von Vorteil sein kann.

Sicherheit: Fehlende Airbags und ESP im Microlino

In diesem Zusammenhang gilt es, den sprichwörtlichen Elefanten im Raum anzusprechen. Der den Microlino teils noch kleiner erscheinen lässt, als es die schieren Außenmaße vermuten lassen. Das Thema Sicherheit. Auf Airbags und ESP muss man verzichten. Will man das? Die Frage kann sich nur jeder selbst beantworten. Merlin Ouboter hatte beim letztjährigen Brand-Event mit Vertriebspartner Astara seine Antwort parat. 80 Prozent der Sicherheit eines Fahrzeugs komme durch die Struktur des selbigen. Und hier habe man seine Hausaufgaben gemacht. Die selbsttragende Karosserie aus Stahl und Aluminium gab es bis jetzt nicht bei einem Fahrzeug der Klasse L7e und bringe entsprechende Sicherheit für den kompakten Zweisitzer mit sich.

Auch das Umfallen, beim “Elchtest”, der für Fahrzeuge dieser Klasse nicht vorgeschrieben sei, sei kein Thema. Dem schweren Tiefpunkt durch die Batterie sei Dank, wie Oliver Ouboter, Gründer und COO des Unternehmens zu verstehen gab. Offizielle Tests gab es nicht, aber natürlich habe man selbst entsprechende Versuche gewagt und erfolgreich bestanden.

Kann man glauben, denn der Microlino liegt echt gut und sicher auf der Straße. Auch bei höheren Geschwindigkeiten, durch die er sich gekonnt navigieren lässt. Aber an sich ist er schon eher ein E-Fahrzeug, mit dem man cruisen will. Entspannt durch die Stadt, seine tägliche Pendelstrecke. Vielleicht noch zum Einkaufen. Drei Kästen Wasser bekommt man im 230 Liter großen Kofferraum auch untergebracht. Im Zweifelsfall muss der Beifahrer laufen. Dann hat man auch noch mal mehr Platz. Aber eben einen verstimmten Beifahrer.

Selbst bei höheren Geschwindigkeiten, wir haben an der 90 km/h-Marke gekratzt, kommt kein Gefühl der Unsicherheit auf, welches vom Microlino ausgelöst wird. Man hinterfragt eben nur bei sich selbst, ob man mit einem solchen kompakten Stromer ohne Airbags und ESP in diesem Geschwindigkeitsbereich unterwegs sein möchte. Vor allem dann, wenn es noch regnet oder ohnehin eher suboptimales Wetter hat.

Unterwegs im Alltag mit dem Microlino

Vorab. Was er mag: Enge Straßen, kaum Parkraum, niedrige bis mittlere Geschwindigkeiten, Menschen um sich herum, usw… Was er nicht mag: Hohe Geschwindigkeiten, schlechtes Wetter, Drängler, Menschen mit zu gutem Gehör. So die Kurzfassung. Nun ausführlicher.

In und um unseren Lebensmittelpunkt konnte die Standard-Edition des Microlino mit großer Batterie von uns getestet werden. Damit mitten im natürlichen Lebensraum des Microlino. Der Stadt. Eins lässt sich vorab festhalten, in puncto Design punktet der Kleine auf ganzer Linie. Denn strahlende Gesichter und Rückfragen zum E-Fahrzeug der Klasse L7e gab es noch und nöcher. Unabhängig des Geschlechts, des Alters oder des bisherigen Antriebs des eigenen Autos.

Lag sicherlich auch am auffälligen Farbton Paris Mint, welcher das ohnehin schon nicht unauffällige E-Fahrzeug in den Mittelpunkt der Betrachter rückt. Eingestiegen wird über die Front. Was das 2,52 Meter lange und 1,47 Meter breite Gefährt auch so unglaublich praktisch macht. Denn die Parkplatz-Suche erledigt sich damit bin Sekunden. Statt große Parklücken suchen, wird einfach quer geparkt. Das geht. Und erhöht gleichzeitig die Chance, in größeren Städten einen solchen zu finden. Dennoch sollte man genau daran beim Parken auch denken. Mehr als einmal sind wir mit der Front zu nah an den Zaun herangefahren. Aussteigen war dann nur nach Umparken möglich.

Mit einer Leistung von 12,5 kW/ 17 PS, angetrieben durch einen E-Motor im Heck, bei einem Drehmoment von 89 Nm, kommt man auch in der Stadt zügig voran. Außerhalb lässt es sich dann bis 90 km/h beschleunigen. Sprinten kann er auch, im Sportmodus, zu aktivieren über einen Button linksseitig vom Fahrer, geht es von 0 auf 50 km/h in fünf Sekunden. Doch man darf kein “Vorwärts schießen” erwarten, sondern eher eine schnellere Fahrt aufnehmen. Was bedingt durch die überschaubare Größe des Fahrzeugs dann doch recht performant wirkt.

Für die Geräuschkulisse ist das nicht gänzlich zuträglich, denn in puncto Dämmung setzt der Microlino nur auf das Notwendigste. Nachvollziehbarerweise wollte man den Preis nicht noch höher steigen lassen. Aber wem das elektrische Surren seines E-Autos gefällt, der bekommt eben ein wenig mehr davon im Microlino. Uns war es nach einiger Zeit zu Viel des Guten. Ein wenig mehr Investment in Dämmung wäre hier von Vorteil gewesen.

Übertönen lässt sich dies durch einen in integrierten, portablen Bluetooth-Lautsprecher, der seinen festen Platz auf der rechten Seite hat. Das eigene Smartphone, als Navi-Lösung, lässt sich indessen in der mittig platzierten Smartphone-Halterung unterbringen. Auch hier sind zwei USB-Anschlüsse in greifbarer Nähe, um es zu laden. Vier davon sind insgesamt im Microlino vorzufinden.

Ansonsten gibt es im Inneren des Fahrzeugs nicht viel zu sehen. Eine minimalistische Touch-Leiste mit Steuerung der dreistufigen Innenraum-Heizung, des Belüftungssystems sowie Zugriff auf Front- und Heckscheibenheizung gepaart mit anderen Einstellungsmöglichkeiten ist dort vorzufinden. Links vom Lenkrad dann noch der Wahlschalter für Rückwärts, Neutral und Vorwärtsfahren mit Push-Funktion des Buttons für den Sport-Modus gepaart. Dieser zeigt sich im spürbar performanteren Vortrieb des E-Fahrzeugs und wird auch über das Display hinter dem Lenkrad visualisiert. So ist dort der Microlino dann mit einer kleinen Flamme aus dem Heck heraus zu sehen.

Das Lenkrad selbst ist wie der Rest des Stromers minimalistisch gehalten. Minimalismus, den man beim Fahren und Umgang mit dem Fahrzeug spürt. Statt Keyless-Go, gibt’s einen klassischen Autoschlüssel, ein wenig gepimpt durch einen Mini-Microlino als Emblem. Beim Fahren dann kaum Federung und gerade auf Pflastersteinen bekommt man das Gefühl, dass der Microlino eine Massagefunktion im Einsatz hat. Dem ist nicht so. Also besser auch gleich den Zustand des Untergrundes deiner Stadt beachten, wenn du dich für den Schweizer Stromer entscheidest.

Durften wir selbst erleben, als wir über Umwege das Heidelberger Schloss für ein Event besucht haben und dort das ein oder andere Schlagloch, unfreiwillig hinnehmen mussten. Fühlt sich nicht gerade gut an. Lässt man sich dann aber auf das Abenteuer E-Fahrzeug ein, dann hat man einen treuen Begleiter an seiner Seite.

Einen Begleiter, an, den man sich am besten herantastet. Denn gerade die Bremse erfordert ein wenig Feingefühl. Bremst sie erst kaum, dann entsprechend stark. An der Dosierung der eigenen Kraft gilt es zu feilen. Zum Stand kommt er natürlich dennoch. Lässiges One-Pedal-Driving vermisst man hier. Ebenso gilt es aufgrund mangelnder Servo im Stand kräftiger am Lenkrad zu kurbeln. Alles kein Hindernis, aber eben auch nicht das Premium-Feeling, welches man bei einem L7E-Fahrzeug dieser Preisklasse erwartet.

Zum Verbrauch, der mit 6,6 bis 5,9 kWh/ 100 km angegeben wird, lässt sich nicht viel sagen, aufgrund fehlender Anzeigemöglichkeiten. Erscheint aufgrund der Fahrzeug-Fakten durchaus erreichbar. Rechnerisch sind bei 100 Prozent vollem Akku bis zu 228 km Reichweite drin – mit der 15 kWh/ Batterie. Hier bereits der Verweis von Micro Mobility selbst auf die Variabilität im Verbrauch: „In der Praxis liegt die Reichweite zwischen 60 Prozent im Winter und 85 Prozent im Sommer.“ Nach klassischem Dreisatz rechnen und aufgrund der Anzeige im Display des Stromers, sind wir bei einem Verbrauch zwischen 6,2 bis 10,4 kWh/ 100 km gelandet. Man muss dazu sagen, dass hierbei auch Strecken mit 50 km/h bis hin zu 85 km/h vorhanden waren, die entsprechend Energie gezogen haben.

Microlino: Kaufen, leasen oder abonnieren. Oder ganz bleiben lassen?

„Keiner braucht ihn, jeder will ihn“, das gilt bereits bei Porsche. Lässt sich wohl auch auf den Microlino übertragen. Ein Vernunftsfahrzeug ist er nicht. Er eines für Liebhaber oder diejenigen, die eine Ergänzung zu ihrem Erst- und/ oder Zweitwagen benötigen. Dies spiegelt sich in einer aktuellen Auswertung des Herstellers wider.

Bislang wurden in Deutschland rund 500 Einheiten des Microlino verkauft. Stefan Krause, der Deutschlandchef des Unternehmens, rechnet bis zum Ende des Jahres mit einem Anstieg auf 1500 bis 2000 Fahrzeuge. Vor allem die sogenannten Early Adopter, in der Regel Personen über 50 Jahre mit einem hohen Einkommen, zeigen großes Interesse an dem Elektroauto und nutzen es häufig als Zweit- oder Drittauto. Der Deutschlandchef ist sich sicher, dass der Microlino in den kommenden Jahren noch stärker gefragt sein wird. Dies begründet er mit dem Wandel der Mobilität, besonders in urbanen Räumen, von dem der Microlino profitieren könnte.

Dies mag sicherlich der Fall sein. Dann muss aber auch mehr am Preis passieren. Oder zumindest günstige Leasing- oder Aboraten zur Wahl stehen. Dann kann das auch klappen. Ansonsten ist der preisliche Abstand zu Dacia und Citroën zu nah. Wird mit kommenden Einstiegsstromer von Cupra, Skoda und VW sicherlich nicht einfacher. Wenn dann eben doch aufs Geld geschaut wird, dann wird die Wahl auf die genannten Alternativen fallen, wo es eben doch mehr Gesamtpaket für vergleichbare Beträge gibt.

Dennoch, wenn Geld keine Rolle spielen würde, wäre der Microlino unsere erste Wahl in urbaner Umgebung. Mehr als ausreichend für den Alltag. Selbst mit Einkäufen und Erledigungsfahrten. Nur für größere Strecken oder Ausflüge ist er eben keine Option.


Disclaimer: Der Microlino wurde uns für diesen Testbericht kostenfrei, für den Zeitraum von zwei Wochen von Micro Mobility / Astara zur Verfügung gestellt. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Navj:

Bravo an Frank2 , bzw. an Sebastian Henßler .
Hatte die gleichen Gedanken beim Lesen. Endlich jemand der unaufgeregt und ehrlich die Schwächen dieses Fahrzeugs aufzeigt. Die mehrfachen Streitereien mit Konkurrenten oder ehemaligen Partnern oder wie auch immer diese Beziehungen waren, scheinen u.a. den Preis auch nicht günstiger gemacht zu haben. Ich schaue mir gerne die neuen „Würfel“ wie den OPEL ROCKS, den CITROËN AMI oder vorallem den FIAT TOPOLINO an, was die zu bieten haben und wie das preislich und ausstattungsmäßig aussieht.

Peter:

Der Microlino und der AMI/Rocks e, da haste natürlich Recht, darum ja nen Ari die sehen halt aus wie nen normales Auto.

Läubli:

Guten Nacht… die sehen ja wirklich wie „Invalidenfahrzeuge“ aus… sorry des Ausdruckes, aber anders kann man das nicht beschreiben.

Philipp:

Frontalkollision ist natürlich Ende der Geschichte.
Aber ein Streifschuß werde ich in normalen Autos überleben. Mal von der Fähigkeit einen Elchausweichtest zu bestehen, ganz zu schweigen. Oder die Fähigkeit ins Geländer auszuweichen, ohne schwere Verletzungen zu erleben.

Ich finde die in der Stadt sicher ganz gut, so für die Lastenradfraktion als wetterfestes 4. Rad, am Land aber…

Wolfbrecht Gösebert:

„Schon gar nicht auf dem Land. Da fährt dann des Nächtens irgendein Irrer wieder über die Landstrasse mit 120, überholt in der Kurve und du hast nur diesen Schuhkarton um dich herum[ ]…“

Mal abgesehen davon, dass ich Deine generelle Skepsis teile … aber die Frage sei erlaubt:
Wovon träumst Du eigentlich bei einer Frontalkollision, bei der schon *eines* der beiden Fahrzeuge 120 km/h schnell fährt?

Philipp:

Dieses Fahrzeug hat nunmal nichts auf dem Radweg zu suchen, weil es dafür zu breit ist. Sollen Kinder dann in den Graben hüpfen?

Man kann aber bei manchen Strecken eine explizit Ausnahme machen, wie mit „Mofas frei“ manchmal wegen der Breite des vorhandenen Radwegs erlaubt wird.

25km/h schnell auf dem Land? Nope, da sind die Strecken viel zu weit um „schnell“ dort zu sein.

Und einen 45km/h Amigo gibt es schon, will nur so gut wie keiner.

Schon gar nicht auf dem Land. Da fährt dann des Nächtens irgendein Irrer wieder über die Landstrasse mit 120, überholt in der Kurve und du hast nur diesen Schuhkarton um dich herum…

Das sind Stadtfahrzeuge oder wie schon geschrieben Drittfahrzeuge, Menschen also die genug Parkraum haben um sich ein 3. Spielzeug in die Auffahrt zum Anwesen zu stellen.

Daniel W.:

Ari Motors:

Ari 802 mit 80 km/h kostet 10.999 Euro netto plus MwSt, also 13.088,81 Euro – anderer Name, anderer Anbieter 11.990 Euro inkl. MwSt.
Ari 902 mit 90 km/h kostet 13.990 Euro netto und mit MwSt. 16,648,10 Euro – mit Extras über 20.000 Euro.
Ari Soleno 14.990 Euro netto und mit MwSt. 17.838,10 Euro – mit ein paar Extras locker über 20.000 Euro.

Zum Vergleich: Dacia Spring Electric mit 4 Sitzen schon ab 16,990 Euro inkl MwSt.

Einen E-Kabinenroller mit 45 km/h, 2 Sitzen hintereinander, 4 Rädern und Pressstahlkarosserie gibt es für 6.580 Euro inkl.MwSt.

Den E-Kabinenroller mit Pressstahlkarosserie könnte man etwas breiter und schneller machen, dann würde er vielleicht 10.000 Euro kosten.

Wenn der Gesetzgeber auch schmale E-Fahrzeuge „Made in China“ bis 90 cm Breite und bis 25 km/h auf Radwegen zulassen würde, so wie heute die Lastenräder und Pedelecs, dann wäre das eine günstige Alternative zu den teuren Pedelecs mit Dach für 12.000 bis 13.000 Euro.

Frank2:

Interessanter Artikel der ehrlich auf die Stärken und Schwächen des Autos eingeht.
Die passive Sicherheit ist sicherlich der Punkt an dem man entscheiden muss ob eine eVespa nicht doch die bessere Wahl ist – da hat man wenigstens einen Helm auf.

Der Vergleich mit Porsche („….keiner braucht Ihn …..“) ist ein interessanter Ansatz.

Wenn man allerdings einen Microlino als Zweit- oder gar Drittauto (so wie den Porsche) betreibt, ist dann das Konzept des Autos nicht komplett falsch?

Wäre es dann nicht doch besser, dass der Porsche Fahrer mit seinem Taycan zum Brötchenholen fährt als sich extra dafür ein zusätzliches Fahrzeug für 20.000.- Euro anzuschaffen?

Der Markterfolg wird zeigen wo die Reise hingeht – trotz der putzigen Verpackung bin ich sehr skeptisch ob das Auto ein Erfolg wird.

Peter:

Auch der Ami und Rocks e sind nicht nachgefragt und zu teuer max 5k oder auf 60kmh aufwerten…selbst wenn, ich persönlich würde ein Mini/Microauto von Ari Motors nehmen.

Daniel W.:

Könnte beim Twizy an der monatlichen Batteriemiete und den deutlich höheren Preisen nach Verlagerung der Produktion 2019 nach Korea gelegen haben.

—–
Im Mai 2022 wurden in Deutschland Preise ab 11.450 € (45-km/h-Version) bzw. ab 12.150 € zuzüglich Überführung aufgerufen, in der Version life, z. B. ohne Türen. Laut einer Webseite von Renault (Abruf am 6. August 2022) kommt eine Batteriemiete für 50 €/Monat bei einer Jahreslaufleistung von 7.500 km und 36 Monaten Laufzeit hinzu.

Insgesamt sind in den Jahren 2012 bis 2018 etwa 4800 Twizys in Deutschland zugelassen worden.
(Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Renault_Twizy)
—–

Bei rund 12.000 Euro Kaufpreis plus 600 Euro im Jahr (in 5 Jahren 3.000 Euro) für die Batterie war dann bei möglichen Kunden wohl „Schluß mit lustig“.

Zum Vergleich: Citroen Ami ab 7.000 Euro inkl. Batterie, also etwa zum halben Preis eines Twizy mit 5 Jahren Batteriemiete.

Bei autoscout24.de gibt es gebrauchte Twizys mit 80 km/h von rund 5.499 Euro (12/2012 – 12.000 km) bis 8.900 Euro (06/2019 – 7.958 km).

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