MG will Produktion nach Europa holen

Cover Image for MG will Produktion nach Europa holen
Copyright ©

Franchesko Mirroni / Shutterstock.com

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Die einst britische Automarke MG, die zur chinesischen SAIC-Gruppe gehört, prüft derzeit die Errichtung eines Werks in Europa. Eine Entscheidung über den Standort könnte noch vor Herbst fallen. Ziel ist es, künftig auch in Europa Autos zu bauen, um hohe Einfuhrabgaben auf Elektroautos aus China zu vermeiden. Seit November 2024 gelten zusätzliche Zölle auf chinesische Elektroautos. Diese betragen bei MG aktuell 35,3 Prozent und kommen zu den regulären zehn Prozent Einfuhrabgabe hinzu.

Die Europäische Union hatte diese Maßnahmen eingeführt, um ihre Industrie vor Preisverzerrungen zu schützen. Allerdings laufen derzeit neue Gespräche zwischen Brüssel und Peking über alternative Preisregelungen. Diese könnten mittelfristig die Zölle ablösen. In diesem Umfeld plant MG, mit einem eigenen Werk in Europa die wirtschaftlichen Nachteile zu verringern. Das Unternehmen sucht laut informierten Kreisen nach einem völlig neuen Standort. Bestehende Werke, wie sie von verschiedenen Ländern angeboten wurden, spielen offenbar keine Rolle, wie Automotive News Europe berichtet. Vorgesehen ist ein Werk mit einer Jahreskapazität von rund 100.000 Einheiten. Von Projektfreigabe bis Produktionsstart könnten etwa 12 bis 16 Monate vergehen. Ob und wann diese finale Genehmigung erteilt wird, ist noch offen.

Langfristig denkt MG über einen zweiten Standort nach. Auch dort wäre eine Kapazität von rund 100.000 Autos jährlich denkbar. Mit diesem Schritt würde sich das Unternehmen schrittweise unabhängiger vom Exportgeschäft aus China machen. Gleichzeitig reagiert es auf die sinkenden Verkaufszahlen von Elektroautos in Europa.

Im Jahr 2024 konnte MG insgesamt 243.395 Autos in Europa verkaufen – ein Plus von 5,1 Prozent. Der Absatz reiner Elektroautos sank jedoch deutlich. Mit 72.066 Einheiten lag der Rückgang bei etwa einem Drittel. Der Anteil an den gesamten Verkäufen schrumpfte von 47 auf 30 Prozent. Besonders stark war der Einbruch zu Jahresbeginn: Bis Ende Februar 2025 sanken die Verkaufszahlen von Elektroautos auf 5509 Einheiten. Damit machten sie nur noch 14 Prozent des Gesamtabsatzes aus. Im gleichen Zeitraum stiegen die Gesamtauslieferungen von MG jedoch um 21 Prozent.

Die Wahl des künftigen MG-Standorts dürfte auch von politischen Rahmenbedingungen abhängen. Länder wie Deutschland, Ungarn, die Slowakei und Slowenien hatten sich gegen die Zusatzzölle ausgesprochen. Auch Malta, das keine eigene Autoindustrie besitzt, lehnte die Maßnahme ab. In anderen Staaten könnte es MG schwerer haben, ein Projekt umzusetzen. Medienberichte deuten darauf hin, dass die chinesische Regierung heimische Hersteller davor warnt, in Ländern zu investieren, die die Zölle unterstützt oder sich enthalten haben.

Ein möglicher Ausweg wäre die Türkei. Das Land verfügt über ein Freihandelsabkommen mit der EU und wäre daher nicht direkt von den EU-Zöllen betroffen. Die Suche nach einem geeigneten Standort zeigt, wie stark geopolitische Entwicklungen die Mobilitätsbranche beeinflussen. Entscheidungen über Produktionsorte hängen zunehmend nicht nur von wirtschaftlichen, sondern auch von handelspolitischen Erwägungen ab.

Quelle: Automotive News Europe – China’s MG offers new details on plans for Europe factory to avoid EV tariffs

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Uwe Bosse:

Wenn MG dann in Europa ein neues Modell auf den Markt bringen würde, was wenigstens 2 Rücksitzplätze hätte (familientauglicher Sportwagen), das könnte für mich interessant sein.

Strawinsky:

Britische Qualität bei Autos? Die war so unterirdisch, dass heute kein britischer Massenhersteller mehr existiert.

Und wenn MG weiter so minderwertige Produkte herstellt oder museales Zeug wie ein 3Gang Automatik im neuen MG3, dann können sie einpacken.

egon_meier:

Das wird ein spannendes Unterfangen: Europäische Fertigungskosten kombiniert mit MG-Qualität ..

Ähnliche Artikel

Cover Image for Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Neuen Klasse startet BMW ab Ende 2025 in eine neue Ära des rein elektrischen Fahrens. Eine entscheidende Komponente: die Batterien.

Cover Image for Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Michael Neißendorfer  —  

Der Ioniq 6 N soll den Erfolg des Ioniq 5 N fortsetzen und integriert Technologien aus dem Motorsport in ein alltagstaugliches E-Auto.

Cover Image for BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

Michael Neißendorfer  —  

Ohne das starke Absatzplus der elektrifizierten Fahrzeuge wäre das Minus bei BMW deutlich schmerzhafter ausgefallen.

Cover Image for Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Michael Neißendorfer  —  

Weltweit steigt der Anteil von E-Autos an Neuwagenverkäufen von 20 auf 25 Prozent, trotz Wachstumsschwäche in wichtigen Märkten.

Cover Image for Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Michael Neißendorfer  —  

Mit dem EV5 bringt Kia ein weiteres E-Auto in das beliebte Kompakt-SUV-Segment, die größte und am schnellsten wachsende Fahrzeugklasse in Europa.

Cover Image for Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Wolfgang Plank  —  

Erfreulich gegen den Trend ist der Mazda 6e in Sachen Karosserie unterwegs. Leider muss man sagen aber auch bei der Ladeleistung.