Mercedes-Werk in Berlin integriert humanoide Roboter und KI

Cover Image for Mercedes-Werk in Berlin integriert humanoide Roboter und KI
Copyright ©

Mercedes-Benz

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Mercedes-Benz baut sein Motoren- und Komponenten-Werk in Berlin-Marienfelde mehr und mehr zum Innovationszentrum für digitale Produktionstechnologien aus, die nun zusätzlich mit Künstlicher Intelligenz (KI), humanoiden Robotern und weiteren Innovationen wie der Produktion von leistungsstarken elektrischen Axial-Fluss-Motoren kombiniert werden, so der Hersteller in einer aktuellen Mitteilung.

Bereits 2022 etablierte sich Berlin-Marienfelde mit dem Mercedes-Benz Digital Factory Campus (MBDFC) als globales Kompetenzzentrum für die Digitalisierung der Produktion, das die Entwicklung zukünftiger Softwareapplikationen in einer realen Produktionsumgebung vorantreiben soll. Zentrale Grundlage der Aktivitäten ist das digitale Produktions-Ökosystem Mercedes-Benz Cars Operations 360, kurz MO360, das alle wichtigen Softwareapplikationen und Daten des globalen Produktionsnetzwerks umfasst. Der MBDFC kombiniere die Entwicklung und Erprobung neuer Prozesse und Technologien mit der nahtlosen und schnellen globalen Implementierung fortschrittlicher MO360-Softwareapplikationen für die Automobilproduktion.

Mercedes-Benz hat sein digitales Produktions-Ökosystem MO360 nun mithilfe von KI-gestützten Funktionen wie dem Digital Factory Chatbot Ecosystem und der MO360LLM Suite sowie humanoiden Robotern des US-amerikanischen Unternehmens Apptronik erweitert. Dadurch soll der Status von Berlin-Marienfelde als Zentrum für globale Innovation weiter gestärkt werden.

Aktuell werden neue Produktionsprozesse und -funktionen getestet, die unter anderem durch das Mercedes-Benz Operating System (MB.OS) ermöglicht werden, bevor sie an Produktionslinien in anderen Montagewerken von Mercedes-Benz zum Einsatz kommen. So spielte Marienfelde etwa eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung auf den Anlauf des neuen Mercedes-Benz CLA im Werk Rastatt, dem ersten Fahrzeug mit MB.OS, das erst vor wenigen Tagen Weltpremiere feierte.

„Mit dem Standort Berlin-Marienfelde bleibt Mercedes-Benz ein Vorreiter in der Automobilproduktion und trägt dazu bei, dass Deutschland als globales Innovationszentrum wahrgenommen wird. Künstliche Intelligenz und humanoide Roboter eröffnen ein spannendes neues Feld, das die Automobilproduktion nachhaltiger, effizienter und intelligenter macht“, sagt Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, verantwortlich für Produktion, Qualität & Supply Chain Management

Prüfstand für hochautomatisierte Robotik in der Produktion

Mercedes-Benz ist laut eigener Aussage bestrebt, seine Mitarbeitenden mit modernsten Technologien auszustatten – und bringe mit Apollo einen der fortschrittlichsten kommerziellen humanoiden Roboter der Welt in seine Produktionsstätten. Um sein Engagement für den Einsatz humanoider Roboter in der Automobilproduktion zu unterstreichen, werde der Autohersteller einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag in Apptronik investieren. Das Unternehmen wurde 2016 im Human Centered Robotics Lab der University of Texas in Austin gegründet.

Mercedes-Benz setzt seit den 1970er-Jahren industrielle Robotertechnik für besonders monotone und körperlich anstrengende Aufgaben ein. Aktuell testet das Unternehmen die Integration humanoider Roboter in die Produktion, wobei der Schwerpunkt zunächst auf sich wiederholenden Aufgaben innerhalb der Intralogistik liege. Apptroniks Apollo kann verwendet werden, um Komponenten oder Module zur Produktionslinie zu transportieren, wo sie von menschlichen Mitarbeitenden zusammengebaut werden, und um erste Qualitätsprüfungen der Komponenten durchzuführen.

Berlin-Werk-Marienfelde-Mercedes-Benz-Roboter-Produktion
Mercedes-Benz

Die Apollo-Roboter haben in einer Produktionsumgebung Daten gesammelt, um für spezifische Anwendungsfälle innerhalb von MO360 zu trainieren. Mitarbeitende von Mercedes-Benz mit Praxiserfahrung in der Produktion haben ihr Wissen mithilfe von Teleoperations-Prozessen und Augmented Reality auf Apollo übertragen.

Nun vollzieht Mercedes-Benz im MBDFC in Berlin den nächsten entscheidenden Entwicklungsschritt: Die Apollo-Roboter lernen hier, autonom zu agieren – was einen technologischen Meilenstein darstelle auf dem Weg zu einem flexiblen, intelligenten Assistenzsystem für die Produktion.

Im Dezember gab das Unternehmen für KI-gestützte humanoide Robotik Apptronik bereits eine strategische Partnerschaft mit dem Robotikteam von Google DeepMind bekannt. So will es branchenführende KI mit moderner Hardware kombinieren und humanoide Roboter weiterentwickeln, die Menschen in dynamischen Umgebungen besser helfen können.

Künstliche Intelligenz für alle: smarte Assistenten im Produktionsalltag

KI verändert die Welt, und auch Mercedes-Benz gestaltet und entwickelt im MBDFC proaktiv neue smarte KI-Technologien für den Einsatz im globalen Produktionsnetzwerk. Mit der MO360 AI Factory werde KI direkt in die Produktion eingebunden. Das intern entwickelte Digital Factory Chatbot Ecosystem ermögliche Mitarbeitenden den Zugriff auf Produktionsdatenbanken: Fragen zur Maschinenwartung oder zu Best-Practice-Methoden für Fertigungsprozesse können einfach per Chat gestellt werden, die KI liefere sofort präzise Antworten in mehreren Sprachen.

„KI übernimmt für uns Aufgaben, die wir in der Regel weniger gerne erledigen. Sie verschafft uns Freiraum, den Fokus auf echte Innovationen, Kreativität und wertschöpfende Tätigkeiten zu legen. Ich bin davon überzeugt, dass KI einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet, wenn sie strategisch eingesetzt und pragmatisch umgesetzt wird. Bei Mercedes-Benz begreifen wir sie als Teil der Lösung für eine erfolgreiche Zukunft“, sagt Katrin Lehmann, Chief Information Officer Mercedes-Benz Group AG und Mercedes-Benz AG.

Mercedes-Benz Digital Factory Campus: Digitale Automobilproduktion made in Berlin
Mercedes-Benz

Ein weiteres Beispiel für den praktischen Einsatz von KI ist das virtuelle Multi-Agenten-System. KI-gestützte virtuelle Assistenten analysieren komplexe Daten in Echtzeit und können beispielsweise dabei helfen, die Ursachen plötzlicher Qualitätsabweichungen in der Produktion schnell zu identifizieren. Anstelle einer mühsamen, manuellen Ursachenanalyse können die Ingenieurinnen und Ingenieure auf KI-Agenten eines virtuellen Data-Science-Teams zurückgreifen. Diese KI-Agenten analysierten schnell und zuverlässig verfügbare Daten, identifizieren Muster und Anomalien und böten auf Knopfdruck fundierte Analysen und Lösungsvorschläge für echte Effizienzsteigerungen in der Produktion.

Axial-Fluss-Technologie: Transformation des Standorts Marienfelde

Neben der Entwicklung neuer Produktionsprozesse ist der Standort Marienfelde seit Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil des globalen Mercedes-Benz Powertrain-Produktionsverbunds. Hier werden verschiedene Komponenten des Antriebsstrangs hergestellt. Während sich die globale Automobilindustrie schrittweise von Verbrenner-Technologien hin zu einer rein elektrischen Zukunft wandelt, etabliert Mercedes-Benz seinen Berliner Standort als Kompetenzzentrum für die Herstellung von Elektromotoren.

Mercedes-Benz-Axial-Fluss-Motor-Elektroauto
Mercedes-Benz

Ab 2026 soll in Marienfelde der innovative Axial-Fluss-Motor vom Band laufen, dessen Herstellung rund 100 Produktionsprozesse umfasst. Rund 65 dieser Prozesse sind für Mercedes-Benz neu, 35 davon stellen eine Weltneuheit dar. So wurden unter anderem neue Formen der Lasertechnologie mit innovativen Fügeprozessen und künstlicher Intelligenz kombiniert. Diese neuen Produktionsprozesse wurden bei Mercedes-Benz größtenteils intern entwickelt, die Innovationen führten zu mehr als 30 Patentanmeldungen. All dies unterstreiche die für Mercedes wichtige Rolle Marienfeldes bei Innovationen im Produktionsprozess.

Quelle: Mercedes-Benz – Pressemitteilung vom 18.03.2025

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


MMM:

Roboter sind wirklich ein alter Hut im Autobau. Angefangen hat das mit den bekannten Schweißrobotern, die diese schweren Schweißzangen, mit denen sich davor Generationen von Arbeitern den Rücken versaut hatten, ersetzten. Dann kamen die Roboter zum Einsetzen der Frontscheiben dazu, und 50 andere. Dazwischen fahren Fluförderzeuge auf definierten Strecken rum um versorgen andere Bereiche mit Teilen. Heute sieht man in manchen Bereichen kaum noch Menschen arbeiten. Die laufen ab und zu mal noch dazuwischen rum und kontrollieren die Roboter…
Das ist beileibe keine Erfindung eines gewissen „Genies“, sondern technische Evolution. Neu ist halt der Ansatz „humanoid, der stellenweise vorteilhaft ist, an anderen Orten aber uninteressant. „Apollo“ ist da ein Beispiel für den aktuellen Stand. Es gibt noch andere, und weitere Schritte und Wettbewerber werden folgen, wie schon „immer“.

Ähnliche Artikel

Cover Image for So fährt sich das Concept AMG GT XX mit 960 kW Ladeleistung

So fährt sich das Concept AMG GT XX mit 960 kW Ladeleistung

Sebastian Henßler  —  

Wir sind den Concept AMG GT XX exklusiv gefahren: Erste Eindrücke von 1000 kW Power, 600 kW Rekuperation und 960 kW Ladeleistung im Extremtest.

Cover Image for VDA: „Das Auto bleibt die tragende Säule der IAA Mobility“

VDA: „Das Auto bleibt die tragende Säule der IAA Mobility“

Sebastian Henßler  —  

Exklusiv: VDA-Chef Mindel erklärt, warum die IAA Mobility heute mehr ist als eine Autoshow – und welche Rolle München im globalen Dialog spielt.

Cover Image for Messe München: Wächst die IAA der Stadt schon über den Kopf?

Messe München: Wächst die IAA der Stadt schon über den Kopf?

Sebastian Henßler  —  

Exklusiv: Christian Vorländer erklärt, warum die Messe München die IAA langfristig halten will – und welche Strategie dahintersteckt.

Cover Image for Schäfer, Mercedes: China fehlt Formel-1-Technologietransfer

Schäfer, Mercedes: China fehlt Formel-1-Technologietransfer

Sebastian Henßler  —  

Die Rekordfahrt in Süditalien war für Mercedes-AMG mehr als Show. Schäfer sieht darin den Beweis, dass Formel-1-Technik den Unterschied zu China ausmacht.

Cover Image for Deep Dive Concept AMG GT XX – Wir waren in Nardò dabei

Deep Dive Concept AMG GT XX – Wir waren in Nardò dabei

Sebastian Henßler  —  

EAN war bei der Rekordjagd in Nardò vor Ort: Das Concept AMG GT XX setzte 25 Rekorde, wir durften die Technik, das Team und die Abläufe exklusiv kennenlernen.

Cover Image for Zeekr: „Sind ein junges Unternehmen mit europäischer Seele“

Zeekr: „Sind ein junges Unternehmen mit europäischer Seele“

Sebastian Henßler  —  

Zeekr baut Europa zum Kernmarkt aus – mit lokaler Entwicklung, eigenen Teams in Göteborg und Amsterdam sowie klarer Ausrichtung auf Substanz.