KGM Torres EVX: Viel E-Auto fürs Geld – mit Abstrichen

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Elektroauto-News

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 10 min

Mehrere hundert Kilometer rund um Heidelberg – Stadtverkehr, Landstraße, Autobahn, bei Sonne, Regen und Nacht. Der KGM Torres EVX musste zeigen, was er jenseits der Prospekte wirklich kann. Dabei stand nicht allein Effizienz im Vordergrund, sondern vor allem die Frage, ob das vollelektrische SUV mit seinem robusten Auftritt und der Botschaft eines „elektrisierenden Abenteurers“ auch in der Realität überzeugt.

Der Torres EVX ist das erste Elektroauto von KG Mobility, dem Hersteller, der früher als SsangYong bekannt war. Mit dem neuen Namen und modernisierter Modellpalette will das Unternehmen den Neuanfang schaffen – weg vom reinen Nischenanbieter hin zu einem Hersteller, der auch in Europa ernst genommen wird. Der Torres EVX spielt dabei eine Schlüsselrolle: Er soll zeigen, dass koreanische Ingenieurskunst, chinesische Batterietechnik und europäische Erwartungen zusammenpassen können.

KGM Torres EVX: Technik mit solidem Fundament

Technisch bringt das SUV solide Voraussetzungen mit: Ein 73,4 kWh großer Lithium-Eisenphosphat-Akku (LFP) von BYD verspricht eine hohe Zyklenfestigkeit und Sicherheit. Der Elektromotor an der Vorderachse liefert 152 kW (207 PS) und 339 Nm Drehmoment. Laut WLTP soll der Torres EVX bis zu 462 Kilometer weit kommen und an Schnellladesäulen mit bis zu 120 kW laden können – soweit die Angaben auf dem Papier.

Preislich startet der Torres EVX in Deutschland bei 41.990 Euro für die Basisversion „Core“, während die Topausstattung „Lux“ mit rund 48.990 Euro zu Buche schlägt. Damit positioniert sich KGM deutlich unter vielen etablierten Marktbegleiter, die bei ähnlicher Größe teils über 10.000 Euro mehr kosten. Das macht den Torres EVX besonders für preisbewusste Kund:innen interessant, die ein großes Elektro-SUV suchen, aber keinen Aufpreis für ein Premiumnamen zahlen möchten.

Doch die entscheidende Frage bleibt: Kann der Torres EVX halten, was Datenblatt und Marketing versprechen?

Schon beim ersten Kontakt macht der Torres EVX klar, dass er kein weiteres urbanes Elektro-SUV im Einheitslook sein möchte. Er wirkt massiver, kantiger und selbstbewusster als viele der Marktbegleiter. Die bullige Front mit dem geschlossenen Kühlergrill und den schmalen LED-Scheinwerfern erinnert eher an klassische Geländewagen als an ein modernes Familienauto. Besonders markant: das angedeutete Reserverad-Design am Heck, das optisch an Offroader der 90er-Jahre anknüpft, obwohl sich dahinter in Wahrheit nur die Heckklappe verbirgt.

Mit 4,72 Metern Länge, 1,89 Metern Breite und 1,72 Metern Höhe steht der Torres EVX sehr präsent auf der Straße. Die Bodenfreiheit von 169 Millimetern unterstreicht den SUV-Charakter, ohne das Einsteigen unpraktisch zu machen. Insgesamt wirkt das Design in sich geschlossen. Das horizontale LED-Lichtband an der Front zieht sich über die gesamte Breite und verbindet die Leuchten zu einer durchgehenden Lichtsignatur. Schwarze Kunststoffelemente rund um die Radhäuser, ein angedeuteter Unterfahrschutz und die kantige Motorhaube sorgen für eine visuelle Robustheit, die im Straßenbild auffällt. Gerade im städtischen Umfeld zieht der KGM Blicke auf sich – nicht, weil er elegant, sondern weil er bewusst anders aussieht.

Innenraum mit viel Raum und Ecken

Wer einsteigt, erlebt dann den zweiten Charakterzug des Torres EVX: Funktionalität statt Feinschliff. Das SUV bietet spürbar viel Raum – sowohl vorne als auch hinten. Die großen Türen erleichtern den Einstieg, die hohe Sitzposition sorgt für gute Übersicht, und die breiten Sitze vermitteln auf Anhieb ein Gefühl von Geräumigkeit. Im Fond genießen selbst Passagiere mit über 1,85 Meter Körpergröße ausreichend Kopf- und Beinfreiheit. Die Rückbank ist weich gepolstert, die Lehnen lassen sich neigen, und auch auf längeren Fahrten bleibt der Komfort solide. Der Kofferraum wartet mit 703 Litern Volumen auf. Wer die Rückbank umklappt, erhält bis zu 1662 Liter Stauraum.

Allerdings offenbart sich schnell, dass das großzügige Platzgefühl nicht mit Premium-Anmutung einhergeht. Im Innenraum dominiert Hartplastik – an den Türen, auf der Mittelkonsole, selbst im oberen Armaturenbereich. Die Oberflächen wirken robust und pflegeleicht, aber nicht hochwertig. Das ist kein Problem, solange man den Anspruch eines funktionalen SUV verfolgt. Wer jedoch ein modernes, feines Ambiente erwartet, wird enttäuscht. Die Verarbeitungsqualität ist solide, das Materialgefühl bleibt hinter dem optischen Anspruch zurück.

Das Bedienkonzept folgt einem konsequent digitalen Ansatz – vielleicht zu konsequent. Klassische Knöpfe oder Drehregler sind fast vollständig verschwunden. Nahezu alles läuft über den zentralen 12,3-Zoll-Touchscreen, der gleichzeitig Infotainment, Klima, Navigation und Fahrmodi steuert. Die Übersichtlichkeit ist grundsätzlich gegeben, doch im Alltag bedeutet das: viel Tippen, viel Ablenkung. Selbst einfache Funktionen wie Sitzheizung oder Fahrmodi liegen in Untermenüs verborgen. Besonders auffällig ist das beim Wechsel zwischen „Eco“, „Normal“ oder „Sport“ – ein Prozess, der mehrere Eingaben erfordert, statt mit einem Tastendruck zu funktionieren.

Die Software reagiert träge. Menüwechsel und Eingaben erfolgen mit spürbarer Verzögerung, besonders direkt nach dem Start. Diese Trägheit zieht sich durch viele Bereiche – vom Navigationsstart über das Umschalten zwischen Musik und Klima bis zur Anzeige des Energieverbrauchs. Eine dauerhafte Verbrauchsanzeige gibt es nicht; der Wert erscheint nur kurz, schwankt stark und verschwindet wieder. Auch eine nachträgliche Auswertung fehlt, was die Kontrolle über den tatsächlichen Verbrauch erschwert.

Bei der Smartphone-Integration bleibt der Torres EVX konservativ: Android Auto und Apple CarPlay funktionieren nur per Kabel, was im Jahr 2025 altmodisch wirkt. Im Zusammenspiel mit den sehr aktiven Fahrerassistenzsystemen und zahlreichen Warntönen wird das Fahrerlebnis schnell unruhig. Der Torres EVX warnt oft und laut – bei Spurwechseln, beim Rückwärtsfahren, beim Annähern an Hindernisse. Diese Sicherheitsbegleitung mag gut gemeint sein, wirkt aber übertrieben. Wer häufig in der Stadt unterwegs ist, empfindet sie eher als störend.

Fahrkomfort statt Dynamik im Fokus

Der Fahreindruck des Torres EVX lässt sich am treffendsten mit „komfortabel, aber zurückhaltend“ beschreiben. Schon nach den ersten Kilometern wird deutlich, dass KGM den Fokus klar auf Bequemlichkeit und Ruhe gelegt hat – nicht auf Dynamik. Der Elektromotor mit 152 kW (207 PS) und 339 Nm Drehmoment bietet für den Alltag ausreichend Kraft. Beim Anfahren setzt das Drehmoment direkt ein, und das SUV beschleunigt gleichmäßig, ohne spürbare Anfahrschwäche. Der Sprint von null auf hundert gelingt in gut acht Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 175 km/h.

Das Fahrgefühl ist insgesamt weich und gelassen. Das Fahrwerk wurde auf Komfort abgestimmt und verarbeitet Unebenheiten zufriedenstellend. Schlaglöcher, Querfugen und Kopfsteinpflaster absorbiert das E-SUV gut, was besonders auf schlechten Landstraßen positiv auffällt. Selbst bei grobem Asphalt bleibt der Innenraum angenehm ruhig, auch weil die Geräuschdämmung solide arbeitet.

Im Stadtverkehr punktet der Torres EVX mit guter Übersicht. Die erhöhte Sitzposition vermittelt Sicherheit, und der Wendekreis von 10,8 Metern erleichtert das Rangieren. Das SUV lässt sich trotz seiner Größe präzise manövrieren, was gerade in engen Parkhäusern und Altstadtstraßen von Vorteil ist. Die Lenkung bietet dabei solide Unterstützung, ist aber klar auf Leichtgängigkeit statt Rückmeldung ausgelegt. Sie vermittelt nur wenig Gefühl für die Fahrbahn, arbeitet dafür angenehm gleichmäßig.

Ein Detail, das im Alltag auffällt: Die Frontkamera schaltet sich beim Einparken nicht automatisch zu. Sie muss manuell aktiviert werden, obwohl sie beim Rückwärtsfahren ohnehin aktiv ist. Das kostet Zeit und ist umso ärgerlicher, weil die Kameraqualität eigentlich ordentlich ist. Hier verschenkt der Hersteller Komfortpotenzial.

Die Bremsanlage arbeitet unauffällig, die Rekuperation lässt sich über das Menü in mehreren Stufen regeln. Eine echte One-Pedal-Funktion gibt es nicht – der Wagen rollt nach dem Lupfen des Fahrpedals weiter, statt aktiv zu verzögern. Das mag manchen Fahrern entgegenkommen, führt aber dazu, dass man im Stadtverkehr häufiger zur Bremse greifen muss.

Reichweite, Laden und Preis-Leistung des KGM Torres EVX

Im Praxistest bewegte sich der Verbrauch zwischen 16,4 und 24,9 kWh pro 100 Kilometer – ein breites Spektrum, das den Einfluss der Fahrweise deutlich zeigt. Wer in der Stadt unterwegs ist, kann den unteren Wert problemlos erreichen. Auf der Landstraße pendelt sich der Verbrauch um 19 kWh ein, während auf der Autobahn bei konstant 130 km/h Werte jenseits der 23 kWh realistisch sind. Der WLTP-Wert von 18,6 kWh bleibt somit in den meisten Fällen eine theoretische Größe.

Die real erzielbare Reichweite liegt bei gemischtem Fahrprofil zwischen 340 und 370 Kilometern – ein solider, aber kein überragender Wert. Wer häufig auf der Autobahn fährt, muss spätestens nach 300 Kilometern mit dem nächsten Ladestopp rechnen. Im Stadtverkehr sind dagegen über 400 Kilometer möglich, was der Effizienz des Antriebs bei niedrigen Geschwindigkeiten zu verdanken ist – vorausgesetzt man geht dosiert mit dem Strompedal um.

Positiv fällt die gleichmäßige Leistungsabgabe des Motors auf. Selbst bei niedrigen Akkuständen liefert der Antrieb konstant Kraft, ohne spürbaren Leistungsabfall. Das macht das Fahren angenehm vorhersehbar. Gleichzeitig zeigt sich aber auch: Der Torres EVX nutzt seine technischen Möglichkeiten beim Laden nur eingeschränkt.

An Schnellladesäulen soll der Akku laut Datenblatt mit bis zu 120 kW Leistung geladen werden können. In der Praxis erreicht der Torres diesen Wert jedoch selten. Häufig pendelte sich der Ladevorgang bei 70 bis 80 kW ein und fällt danach zügig ab. Zudem dauert es oft lange, bis das Fahrzeug und die Ladesäule die Kommunikation aufgebaut haben – teils musste ich zwei bis drei Minuten warten, bevor der Strom geflossen ist.

Mit Blick auf die Uhr hat er bei einem Akkustand von vier auf 100 Prozent an einer 50-kW-Säule eine Stunde 24 Minuten zum Laden gebraucht – ein realistischer Wert, der zeigt, dass der Torres EVX im Alltag Geduld erfordert. Zwar lädt er dreiphasig mit 11 kW an der heimischen Wallbox zuverlässig über Nacht, doch unterwegs muss man deutlich mehr Zeit einplanen, als die Anzeige im Stromer zunächst vermuten lässt.

Preislich positioniert sich der KGM Torres EVX klar als Alternative für Käufer:innen, die ein vollwertiges Elektro-SUV suchen, ohne den Aufpreis etablierter Marken zu zahlen. Der Einstiegspreis liegt bei 41.990 Euro für die Basisversion Core, während die mittlere Ausstattung Bliss mit 44.990 Euro zu Buche schlägt. Das Topmodell Lux kostet 48.990 Euro – jeweils inklusive Mehrwertsteuer, aber ohne Überführungskosten. Metalliclackierungen kosten 700 Euro Aufpreis, die optionale Wärmepumpe 1300 Euro. Damit bewegt sich der Torres EVX in einem Preisbereich, der ihn unterhalb fast aller direkten Konkurrenten positioniert.

KGM verfolgt damit eine klare Strategie: viel Auto fürs Geld, mit robustem Charakter und alltagstauglicher Reichweite. Das Preis-Leistungs-Verhältnis wirkt auf den ersten Blick attraktiv. Käufer:innen erhalten sieben Jahre Herstellergarantie oder 150.000 Kilometer, zusätzlich zehn Jahre bzw. eine Million Kilometer auf die Hochvoltbatterie. Dazu kommen sechs Jahre Durchrostungsgarantie und eine europaweite Mobilitätsgarantie über sieben Jahre.

Fazit: Viel E-Auto fürs Geld mit Abstrichen

Unterm Strich ist der KGM Torres EVX ein ehrliches Elektro-SUV, das mit praktischen Werten statt mit Prestige punkten will. Er bietet viel Platz, solide Reichweite und ein komfortables Fahrverhalten – alles zu einem Preis, der ihn deutlich unterhalb der meisten Wettbewerber positioniert. Die großzügigen Garantien – sieben Jahre auf das Fahrzeug, zehn Jahre beziehungsweise eine Million Kilometer auf die Batterie – unterstreichen den Anspruch, langlebige Technik zu liefern. Damit spricht KGM vor allem pragmatische Fahrer an, die Alltagstauglichkeit und Verlässlichkeit höher gewichten als Image oder digitale Perfektion.

Natürlich bleibt der Torres EVX in einigen Punkten hinter den Erwartungen zurück. Die Verarbeitung ist robust, aber nicht hochwertig. Die Software reagiert träge, die Bedienung erfordert Geduld, und auch das Ladeverhalten ist ausbaufähig. Wer ein modernes, dynamisches oder technisch ausgereiftes Elektroauto sucht, wird anderswo zufriedener sein.


Disclaimer: Der KGM Torres EVX wurde uns für diesen Testbericht kostenfrei für den Zeitraum von zwei Wochen von KGM zur Verfügung gestellt. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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