KBA und Gerichte nehmen Tesla wegen Phantombremsungen ins Visier

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Michael Neißendorfer
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Teslas Autopilot gilt – gelinde ausgedrückt – nicht gerade als das sicherste Fahrerassistenzsystem auf dem Markt. In den USA gibt es Ermittlungen zu mittlerweile mehr als 50 Todesfällen im Straßenverkehr, die mit dem Autopilot von Tesla in Zusammenhang stehen sollen. Nun beschäftigen sich auch in Deutschland mehrere Behörden mit dem autonomen Fahrsystem: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sowie das Landgericht Traunstein, wie das Handelsblatt berichtet.

Das KBA bestätigte demnach dem Handelsblatt, dass es Untersuchungen zu den mutmaßlichen Phantombremsungen eingeleitet hat. Mehrere Tesla-Fahrer berichten, dass es immer wieder zu grundlosen und plötzlichen Bremsmanövern bei eingeschaltetem Autopiloten komme. „Das Kraftfahrt-Bundesamt untersucht den Sachverhalt derzeit“, teilte ein Sprecher dem Handelsblatt mit. Den Informationen zufolge laufen umfassende Tests mit den Notbrems- und weiteren Assistenzsystemen von Tesla-Autos. Tesla ließ demnach Anfragen zu der laufenden Untersuchung des KBA unbeantwortet.

Die mangelnde Sicherheit des Autopilot, vermarktet als „Full Self Driving“, ist schon seit Jahren Gegenstand negativer Berichterstattung über Tesla. Interne Dokumente hätten sogar aufgezeigt, dass sich Tesla der Probleme bewusst sei, sogar eigene Mitarbeiter seien von der Sicherheit des Systems nicht überzeugt.

Erst vor wenigen Tagen wurde Tesla zudem vom Landgericht Traunstein aufgrund des laut Gericht „mangelhaften“ Autopiloten abgewatscht. Das System sei nicht für „die gewöhnliche Verwendung geeignet“ und biete keine Funktionalität, „die ein Verbraucher eines Fahrzeugs dieser Preisklasse erwarten kann“, wie ebenfalls das Handelsblatt berichtet hat. Auch hier waren Phantombremsungen der Ausgangspunkt, ein Tesla-Käufer hatte den Autohersteller aufgrund des nicht ordnungsgemäß funktionierenden Systems verklagt.

Test „aus Sicherheitsgründen nicht mehr durchführbar“

Es ist dem Bericht zufolge das erste öffentlich bekannte Urteil in Deutschland, das die Phantombremsungen bestätigt. Ein vom Gericht beauftragter Gutachter, der im vergangenen Sommer mehrere Hundert Kilometer mit dem Tesla des Klägers vorrangig auf Autobahnen unterwegs war, brach die Tests nach mehreren Phantombremsungen nach gut 700 Kilometern sogar ab, „um sich nicht weiter zu gefährden“, so das Landgericht.

Der Ingenieur notierte in seinem Gutachten, aus dem das Handelsblatt zitiert, dass eine weitere Fahrt im öffentlichen Verkehrsraum „aus Sicherheitsgründen nicht mehr durchführbar“ sei. Das Fahrzeug, ein Model 3, habe beispielsweise bei 140 km/h auf der linken Spur einer dreispurigen Autobahn plötzlich auf 96 km/h abgebremst – ohne erkennbaren Anlass, so der Gutachter. Nachfolgende Fahrer:innen seien zu starken Ausweich- und Bremsmanövern gezwungen worden.

Tesla ließ auch Fragen zu dem Urteil unbeantwortet. Der Fall geht nun weiter an das Oberlandesgericht München. Wo man sicher auch mit großem Interesse darauf wartet, was das KBA in Sachen Phantombremsungen zu sagen hat.

Quelle: Handelsblatt – Kraftfahrt-Bundesamt untersucht Phantombremsungen / Handelsblatt – Autopilot laut Gericht nicht zur Nutzung geeignet / Teslaanwalt – Urteil Landgericht Traunstein Phantombremsungen

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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