Hyundai: Droht das Schweizer Wasserstoff-Lkw-Projekt zu scheitern?

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Hyundai

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 2 min

Eigentlich wollte Hyundai bis 2025 in der Schweiz 1600 Wasserstoff-Lkw auf die Straße bringen. Das Projekt droht nun aufgrund der Energiekrise im schlimmsten Fall zu scheitern, heißt es. Doch hierzu gibt es unterschiedliche Berichte. Das Geschäftsmodell des eigens für das Vorhaben gegründeten Joint-Ventures Hyundai Hydrogen Mobility (HHM) gründete darauf, dass Kunden die Brennstoffzellen-Lkw auf Pay-per-Use-Basis leasen, also keine Erstinvestition tätigen müssen, was die Hemmschwelle für den Einstieg in die saubere Technologie senken sollte. Die ersten der bislang 47 ausgelieferten H2-Lkw wurden Ende 2020 übergeben.

Kunden haben Berichten zufolge nun beklagt, dass Hyundai zuletzt Verträge für kurz vor der Auslieferung stehende Wasserstoff-Lkw storniert haben soll. Der Grund dafür sei die nicht ausreichende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff, um die Brennstoffzellen-Lkw anzutreiben. Das Vorhaben sei ausschließlich auf die Verwendung von grünem Wasserstoff ausgelegt. Beat Hirschi, CEO von Hyundai Schweiz, hat der Zeitschrift Trans Aktuell mitgeteilt, dass der Hersteller „mit den äußerst stark schwankenden Energiepreisen wir keine acht Jahre fixe Konditionen anbieten“ könne und deshalb plane, die Auslieferung der Brennstoffzellen-Lkw auf Deutschland zu beschränken, wo es attraktive staatliche Förderungen auch für konventionell erzeugten Wasserstoff und den Kauf von H2-Lkw gibt.

Das Projekt in der Schweiz aber soll weiterlaufen, wie HHM nach Berichten um das komplette Aus des Schweizer H2-Lkw-Programms per Linkedin-Post klarstellte. „Hyundai Hydrogen Mobility wird sein Geschäftsmodell für den Schwerlasttransport mit Brennstoffzellen mit dem bestehenden Partnernetzwerk in der Schweiz weiterführen und entwickeln“, heißt es dort. Hyundai gehe weiterhin davon aus, dass Brennstoffzellen-Lkw bei der Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs eine wichtige Rolle spielen werden. Die bereits auf den Straßen befindlichen H2-Lkw sollen zusammengenommen bereits mehr als 5 Millionen Kilometer zurückgelegt haben.

Die „unvorhersehbaren Verwerfungen auf dem Energiemarkt“ seien laut HHM kein Grund dafür, das Projekt in der Schweiz komplett zu beenden. Alle Akteure im Schweizer Wasserstoff-Ökosystem seien „fest entschlossen, ihre Ziele weiter auszubauen und Lösungen zu entwickeln, um das Gesamtsystem an die neue Situation anzupassen.“ Derzeit sollen die Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff in der Schweiz erhöht werden, eine neue Anlage im Osten des Landes soll noch in diesem Jahr ihren Betrieb aufnehmen. Aktuell gebe es es elf H2-Wasserstofftankstellen, die grünes H2 anbieten, drei neue sollen demnächst eröffnen.

Quelle: Electrive – Verwirrung um Hyundais H2-Lkw-Projekt in der Schweiz / Eurotransport – Aus für Schweizer Vorzeigeprojekt: Hyundai stoppt grüne H2-Lkw / Lindedin – Post von HHM

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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rabo:

Geschätztes „H2 Vögelchen“ – als „rabolinchen“ (beides von Wolfbrecht G. – sehr nett!) schließe ich mich Fabian Uecker an: Toller Beitrag!

Da wir ja bezüglich BEV/FCEV eine – allerdings technologieoffene und tolerante – Forumsminderheit darstellen, sind solche Beiträge wichtig – wie natürlich auch die aufwändig recherchierten von Daniel W. von der anderen Seite.

Herwig:

…daher ist ja auch eine Solaranlage CO2 neutral…“
Eine Solaranlage ist tasächlich nicht CO2-neutral, denn sie spielt das durch die eigene Produktion entstandene CO2 während der ersten beiden Betriebsjahre herein – ab dann spart sie nur mehr CO2 ein, hat also eine sehr eindeutige (rein technisch gesehen „negative“, für die Umwelt natürlich höchst positive) CO2-Bilanz!!!

Patrick:

Haben Sie schon mal eine Wasserstoff-Tankstelle besucht? Ich hatte die Gelegenheit einer solchen Besichtigung in der Schweiz. Sogar der eher positiv eingestellte Betreiber konnte die Komplexität und die Störanfälligkeit nicht klein reden. Seit jenem Tag weiss ich, dass sich FCEV im Strassenverkehr niemals durchsetzen wird.

Läubli:

Danke Daniel, aber die meisten Befürworter für FCEV wollen das einfach nicht begreifen und halten stur an FCEV fest oder noch schlimmer – wollen es noch fördern. Das Argument, ein Zuviel an Strom durch Wasserstoffherstellung speichern zu können, gilt nur sehr beschränkt. Überschüssige Energie in Form von Strom kann man an vielen Orten in Stauseen speichern, ein gutes Beispiel dazu ist bei uns in der Schweiz der Grimselpass. Da hat man Stauseen als „Treppen“ angeordnet, wo das Wasser vom tiefer gelegenen See mit dem Stromüberfluss in den oberen See gepumpt werden kann, so kann die Energie mit geringstem Verlust gespeichert werden. Klar kann man das nicht überall so machen… es gibt aber noch an vielen Orten eine solche Möglichkeit. Ein künstlich angelegter See verschandelt die Natur in der Regel viel weniger als Wind oder Solaranlagen, und wenn dies wie am Grimsel angelegt wird, hat man sofort einen sehr effizienten und schlauen Speicher.

Daniel W.:

Korrektur:

Bei B) die kWh-Zahl korrigiert, der Euro-Betrag bleibt gleich.

BEV:

B) 0,30 Euro pro kWh (Hausstrompreis) x 22.000 44.000 kWh sind 13.200 Euro – 8.800 Euro gespart.

Daniel W.:

Nachtrag:

Mercedes Trucks testet eEconic für die Müllabfuhr

„Der hohe Anteil an Stop-and-go Verkehr, gut planbare Tagestouren von durchschnittlich 100 Kilometern und das Aufladen der Batterien auf den Betriebshöfen der Kunden bilden einen idealen Rahmen für das Einsatzprofil des batterie-elektrischen Niederflur-Lkw„, sagt Dr. Ralf Forcher, Leiter Mercedes-Benz Special Trucks.

Im Anschluss an die Tagestouren können die Batterien des E-Lkw mit bis zu 160 kW auf den Betriebshöfen der Kunden aufgeladen werden.

(Quelle: elektroauto-news.net – 31. Jul 2021)

Also die 145 km Reichweite genügen bei „Tagestouren von durchschnittlich 100 Kilometern“.
Bei bis zu 160 kW wären die Akkus real (mit 80 kW) in rund 4 Stunden wieder geladen.

Mit Megawatt-Lader, 1 MW sind real rund 0,5 MW, umgerechnet 500 kW.
Akkuladung 300 kWh (280 kWh netto plus Ladeverluste) mit 500 kW ca. 36 Minuten Ladezeit.

Die 315 kWh im BEV-Müllwagen wären als Akkupacks (Akasol 2023) rund 1.800 kg schwer.

Bei günstigen Akkupackpreisen dürften sich Akkuwechsel-Systeme lohnen, bei denen die 2. Akkupacks tagsüber günstig über PV-Anlagen aufgeladen werden, siehe Beispielrechnung:

220 Tage á 100 km x 200 kWh (190 kWh plus Ladeverluste) sind 44.000 kWh im Jahr.

BEV:

A) 0,10 Euro pro kWh (selbsterzeugter Ökostrom) x 44.000 kWh sind 4.400 Euro im Jahr.

B) 0,30 Euro pro kWh (Hausstrompreis) x 22.000 kWh sind 13.200 Euro – 8.800 Euro gespart.

In 10 Jahren 88.000 Euro gespart und damit das 2. Akkupack sozusagen umsonst bekommen.

Zum Vergleich:

Als FCEV-Müllwagen geschätzt 15 kg H2 in H2-Tanks ca. 200 kg plus 2x BZ rund 490 kg plus 72-kWh-Akku rund 410 kg (Akasol 2023) – zusammen rund 1.100 kg – nur 700 kg leichter als BEV.

FCEV:

A) Bei 50 kWh pro kg H2 und 0,10 Euro pro kWh (selbsterzeugter Ökostrom) sind es 110.000 kWh bzw. 11.000 Euro im Jahr (ohne Kosten von Elektrolyseur und teurer H2-Tankstelle).

B) Geschätzt rund 10 kg H2 pro 100 km bzw. am Tag, das sind 2.200 kg H2 im Jahr.
Zurzeit an den H2-Tankstellen 12,85 €/kg (brutto), 2.200 kg H2 also 28.270 Euro im Jahr.

Mein Fazit: Die BEV-Müllwagen-Vorteile sind überdeutlich. Wer da noch FCEV-Müllwagen kauft, dem ist nicht zu helfen – auch nicht durch die hohen staatlichen Subventionen.

Daniel W.:

E-Müllwagen mit Presse – beides braucht Strom – daher 190 kWh statt 150 kWh pro 100 km.

315 kWh brutto, ca. 280 kWh netto, bei 190 kWh pro 100 km rund 145 km Reichweite.

145 km im Stop-and-go-Müllsammelbetrieb bei 8 Stunden wären durchschnittlich ca. 18 km/h.

In der Stadt genügen 145 km, auf dem Land kann der E-Müllwagen in der Pause nachladen.

Läubli:

Ja das stimmt, Sie haben Recht, nur interessiert das meistens niemanden, wenn von lokal die Rede ist… das ist ja leider oft bei CO2-Ausweisungen nicht berücksichtigt – ist im Marketing um „lokal“ die Sprache, sind alle diese Punkte nicht berücksichtigt, daher ist ja auch eine Solaranlage CO2 neutral… die Bäume wo alle versprochen werden, sollen etwas wo gepflanzt werden – am Nordpol? …oder wo hat es Platz dafür? Sicherlich wird das je nachdem auch sehr gerne in politischen Anliegen so berechnet, dass es eben sehr schnell gut wirkt und aussieht. Den Meisten, die mit CO2 neutral werben, ist die Umwelt ja eh egal… spätestens dann, wenn es um Gewinneinbußen geht.
Auch wir, die wir Elektroautos fahren, sind noch lange keine grünen Gutmenschen. Die echten Grünen von heute sind Menschen, die nicht Fliegen, nicht Autofahren, keine Kreuzfahrten machen und in den Ferien Velofahren (kein E-Bike) oder wandern gehen. CO2 neutral kann aber kein Mensch sein… es sei denn, er hat niemals Darmdruck oder ein Aufstoßen! ;)

Djebasch:

Aber beim Bau und vor allem beim Abbau hat man 100000 Jahre Zeit das Zeug einzulagern.
Ach alleine der Abbau geht mal nicht eben so sondern dauert 12-15 Jahre und kostet Millionen.
Und vor allem billiger Strom, die KW Atomstrom kostet 31 ct während die Windkraft mit 9 Abgespeist wird also nix billiger Strom.
Mit den 15 Milliarden was ein Atomkraftwerk aktuell kostet könnte man ohne Probleme 15% Wind und Solarkraft mit Speicher bauen…
Ich frage mich eigentlich immer welche Lobby hier bedient werden möchte bestimmt nicht die Windlobby denn wenn wir 2012 angefangen hätten wie die EU es wollte wären wir schon fertig!

Läubli:

Frank schreibt ja auch „lokal“… und das stimmt, weil vor Ort bei der Stromproduktion keine CO2 Emissionen anfallen.

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