Eigentlich wollte Hyundai bis 2025 in der Schweiz 1600 Wasserstoff-Lkw auf die Straße bringen. Das Projekt droht nun aufgrund der Energiekrise im schlimmsten Fall zu scheitern, heißt es. Doch hierzu gibt es unterschiedliche Berichte. Das Geschäftsmodell des eigens für das Vorhaben gegründeten Joint-Ventures Hyundai Hydrogen Mobility (HHM) gründete darauf, dass Kunden die Brennstoffzellen-Lkw auf Pay-per-Use-Basis leasen, also keine Erstinvestition tätigen müssen, was die Hemmschwelle für den Einstieg in die saubere Technologie senken sollte. Die ersten der bislang 47 ausgelieferten H2-Lkw wurden Ende 2020 übergeben.
Kunden haben Berichten zufolge nun beklagt, dass Hyundai zuletzt Verträge für kurz vor der Auslieferung stehende Wasserstoff-Lkw storniert haben soll. Der Grund dafür sei die nicht ausreichende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff, um die Brennstoffzellen-Lkw anzutreiben. Das Vorhaben sei ausschließlich auf die Verwendung von grünem Wasserstoff ausgelegt. Beat Hirschi, CEO von Hyundai Schweiz, hat der Zeitschrift Trans Aktuell mitgeteilt, dass der Hersteller „mit den äußerst stark schwankenden Energiepreisen wir keine acht Jahre fixe Konditionen anbieten“ könne und deshalb plane, die Auslieferung der Brennstoffzellen-Lkw auf Deutschland zu beschränken, wo es attraktive staatliche Förderungen auch für konventionell erzeugten Wasserstoff und den Kauf von H2-Lkw gibt.
Das Projekt in der Schweiz aber soll weiterlaufen, wie HHM nach Berichten um das komplette Aus des Schweizer H2-Lkw-Programms per Linkedin-Post klarstellte. „Hyundai Hydrogen Mobility wird sein Geschäftsmodell für den Schwerlasttransport mit Brennstoffzellen mit dem bestehenden Partnernetzwerk in der Schweiz weiterführen und entwickeln“, heißt es dort. Hyundai gehe weiterhin davon aus, dass Brennstoffzellen-Lkw bei der Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs eine wichtige Rolle spielen werden. Die bereits auf den Straßen befindlichen H2-Lkw sollen zusammengenommen bereits mehr als 5 Millionen Kilometer zurückgelegt haben.
Die „unvorhersehbaren Verwerfungen auf dem Energiemarkt“ seien laut HHM kein Grund dafür, das Projekt in der Schweiz komplett zu beenden. Alle Akteure im Schweizer Wasserstoff-Ökosystem seien „fest entschlossen, ihre Ziele weiter auszubauen und Lösungen zu entwickeln, um das Gesamtsystem an die neue Situation anzupassen.“ Derzeit sollen die Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff in der Schweiz erhöht werden, eine neue Anlage im Osten des Landes soll noch in diesem Jahr ihren Betrieb aufnehmen. Aktuell gebe es es elf H2-Wasserstofftankstellen, die grünes H2 anbieten, drei neue sollen demnächst eröffnen.
Quelle: Electrive – Verwirrung um Hyundais H2-Lkw-Projekt in der Schweiz / Eurotransport – Aus für Schweizer Vorzeigeprojekt: Hyundai stoppt grüne H2-Lkw / Lindedin – Post von HHM








Kommentare (36)
Robert
26.10.2022so so dazu habe ich was anderes gelesen nämlich das die H2-Trucks nur 300km statt der versprochenen 400km schaffen und deshalb die Kunden/Tester unzufrieden zu wenig Tankstellen die sehr teuer und wartungsaufwendig seien Baukosten 2 Millionen ohne die Wartungskosten was wohl auch der Grund ist das der Ausbau stockt und wie im bericht erwähnt zu wenig echter grüner Wasserstoff. Interessant dass im „Vorreiter-Land Deutschland“ nur den sehr schmutzigen und viel CO 2 Ausstoss hergestellten grauen Wasserstoff hat und der auch noch gefördert wird. Schande über Deutschland, da frage ich mich schon wo wohl der viele grüne Wasserstoff herkommen soll wen er derzeit schon ein Problem ist läppische 47 LKWs damit anzutreiben
Jakob Sperling
26.10.2022Gestern und vor 2 Wochen gingen gerade zwei weitere dieser unrentablen H2-Tankstellen in Betrieb. Wer weiss, wie man eine Infrastruktur aufbaut, weiss auch, dass man etwas Durchhaltewillen haben muss, bis es rentiert. Das wissen hier die Beteiligten.
Ein Problem könnte höchstens sein, dass man im Moment hier in der Schweiz keine FCEV-LKW mehr zu vernünftigen Konditionen erhält, weil in den USA, in D und in anderen Länder der Staat für jeden FCEV-LKW über 100’000.- Unterstützung aufwirft.
David
26.10.2022Absolut. Das scheitert gerade.
Weil ein Wasserstofftruck ist ein Elektrotruck plus Wasserstofftank plus Brennstoffzelle. Mehr Komplexität, mehr Ausfallrisiko.
Weil wenn man mit Strom fährt, braucht das nur einen Bruchteil des Stroms, den man zur Herstellung von Wasserstoff benötigt..
Läubli
26.10.2022David hat absolut Recht… da braucht es eigentlich keine zusätzlichen Worte!
Jakob Sperling
26.10.2022Zur Komplexität von FCEV
BEV ist dann weniger komplex, wenn man davon ausgeht, dass die Batterie eine graue, flache Kiste ist. Wie wir bei Tesla sehen, ist die Produktion einer solchen Batterie aber doch recht diffizil. Und im Betrieb darf eine Batterie nicht sehr viel einstecken, ohne dass man sie zur Sicherheit (-> Brand) komplett austauschen muss.
FCEV ist vielleicht komplexer als BEV, aber sicher weniger komplex als ein Dieselfahrzeug. Wie konnten wir also fast ein Jahrhundert mit der Komplexität von Diesel leben, wenn jetzt FCEV auf einmal zu komplex sein soll?
Also: Die Komplexität von FCEV werden wir problemlos meistern.
Patrick
28.10.2022Haben Sie schon mal eine Wasserstoff-Tankstelle besucht? Ich hatte die Gelegenheit einer solchen Besichtigung in der Schweiz. Sogar der eher positiv eingestellte Betreiber konnte die Komplexität und die Störanfälligkeit nicht klein reden. Seit jenem Tag weiss ich, dass sich FCEV im Strassenverkehr niemals durchsetzen wird.
Läubli
26.10.2022Weil Wasserstoff viel teurer, sprich komplizierter anzuwenden ist als Diesel und es niemand wirklich will oder braucht, da wir ja reine BEV haben, sieht man das und es geht auch – behaupte ich einfach mal – im LKW-Bereich sehr gut, damit das Sinn machen kann.
Wenn überall Ladesäulen stehen, wo auch die LKW’s stehen. Diese stehen oft und lange bei Umlad, über Nacht… dies reicht zum Aufladen jeweils schon aus. Die Akkubelastungen oder die Motoren stecken solche Lasten locker weg. Wenn man ein Auto mit 1000PS und über 1000NM herstellen kann, dann wäre dieselbe Leistung schon für ein LKW ausreichend… die meisten aktuellen Diesel LKW haben keine so hohe Leistungen.
Jakob Sperling
26.10.2022Die Hyundai-FCEV-LKW in der Schweiz führen mit H2 und Batterie etwa 850kWh Energie mit sich und geben ehrlicherweise eine Reichweite mit Vollast von ca. 400km an.
Frage 1: Was kostet eine 850kWh-Batterie in der LKW-Ausführung?
Frage 2: Wieviel Batterie hat der (virtuelle) Tesla Semi Truck dabei, um 800 km weit zu kommen?
Djebasch
26.10.2022Tja also heißt das, dass Hyundai gerne den gleichen Unsinn haben möchte wie in Japan wo man die letzten Monate den Grauen Wasserstoff teuer per Schiff aus Australien holt und jetzt an Atomkraftwerken teure Wandler aufbaut…
Ich glaube in den Management Etagen sitzen sehr viele Klimaleugner denen die Auswirkungen vollkommen egal sind…
Wasserstoff ist im Verkehr Unsinn.
Frank
26.10.2022Wir haben jetzt einen Vertrag mit Australien für die nächsten 16 Jahre abgeschlossen über LNG per Schiff nach Deutschland zu liefern um den Mehrbedarf an Strom durch den Verkehr und Wärmepumpen zu decken, der Wirkungsgrad ist auch nicht besser als beim Wasserstoff.
Sie haben natürlich recht, für das Klima ist die Herstellung lokal mit Atomkraftwerken CO² neutral und viel sinnvoller als mit fossile Energieträger. Wenn wir genügend Rohstoffe, Geld und Zeit haben, können wir auch 6 mal so viele Windräder, Solarstrom und Pumpspeicher aufbauen, die Energie im Sommer speichert und im Winter zu Verfügung stellt. Die Energieintensive Industrie müsste ins Ausland gehen, wie die Stahl, Aluminiumindustrie… schon vorgemacht haben, kann man ja wieder zum Verarbeiten einführen, hat ja die letzten zwei Jahre so gut funktioniert.
Wolfbrecht Gösebert
27.10.2022Das ist Unsinn! Quelle:
c&p–> umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/ist-atomstrom-wirklich-co2-frei
Läubli
27.10.2022Frank schreibt ja auch „lokal“… und das stimmt, weil vor Ort bei der Stromproduktion keine CO2 Emissionen anfallen.
Djebasch
27.10.2022Aber beim Bau und vor allem beim Abbau hat man 100000 Jahre Zeit das Zeug einzulagern.
Ach alleine der Abbau geht mal nicht eben so sondern dauert 12-15 Jahre und kostet Millionen.
Und vor allem billiger Strom, die KW Atomstrom kostet 31 ct während die Windkraft mit 9 Abgespeist wird also nix billiger Strom.
Mit den 15 Milliarden was ein Atomkraftwerk aktuell kostet könnte man ohne Probleme 15% Wind und Solarkraft mit Speicher bauen…
Ich frage mich eigentlich immer welche Lobby hier bedient werden möchte bestimmt nicht die Windlobby denn wenn wir 2012 angefangen hätten wie die EU es wollte wären wir schon fertig!
Djebasch
27.10.2022Sie wissen aber schon das der Wasserstoff aus Australien nicht auf Atomkraft basiert sondern Abfallstoff der dortigen Kohlekraftwerke ist …
Und genau wie Japan sind die Mengen überschaubar genau wie Australien jetzt auch anfängt umzudenken und immer mehr Kohlekraftwerke abschalten möchte und durch Wind und Sonnenkraft ersetzt…
Schon blöd wenn die Wähler keinen Bock mehr auf Schmutz in der Luft haben…
Ach und über kurz oder lang werden auch Atomkraftwerke nicht mehr arbeiten können wenn immer weniger Wasser zum Kühlen/Verdampfen in den Flüssen ist…
Jürgen Baumann
26.10.2022Einer der Gründe ist sicher, dass die Wasserstofferzeugung in der Schweiz nicht so läuft, wie geplant.
Siehe dazu die Mitteilung von AXPO zum geplanten Projekt bei Glattfelden.
https://www.axpo.com/ch/de/ueber-uns/medien-und-politik/medienmitteilungen.detail.html/medienmitteilungen/2022/rekurse-verhindern-wichtiges-wasserstoffprojekt-von-axpo.html
Jakob Sperling
26.10.2022Zur Frage, ob es genügend grünen Wasserstoff gibt
Nein, zurzeit gibt es auf der Welt nicht genügend grünen Wasserstoff. Es gibt aber auf der Welt auch bei Weitem nicht genügend grünen Strom. Das heisst, so oder so sind wir daran, die CO2-freien Systeme hochzufahren und müssen dabei meist diverse Huhn-Ei-Probleme lösen.
Aktuell wird auf der Welt schon sehr viel Wasserstoff in der Industrie verbraucht. Fossil produzierter Wasserstoff. Über die Hälfte davon übrigens in China. Für die Dekarbonisierung der Industrie muss dieser gesamte graue Wasserstoff durch grün produzierten ersetzt werden. Das braucht dauernd ca. so viel Strom, wie heute die ganze EU produziert.
Das weiss man und man ist weltweit daran, riesige Projekt zur Produktion von grünem Wasserstoff zu planen und umzusetzen. Also Produktion von grünem Strom und Elektrolyse von H2. Es geht hier meist um Investitionen von 10-50 Milliarden und Dutzende von GW Stromproduktion. Es gibt riesige Projekte in Spanien, Marokko, Namibia, Chile und Australien, aber auch im Nahen Osten, den USA und in China. Die ganze ‚Projektpipeline‘ ist aktuell über 1’000 Milliarden Dollar ’schwer‘ und wächst noch rasant. In Nordamerika setzt man dafür auch auf CCS (fossil, aber C-Speicherung) und auf nuklearen Strom. Die meisten Projekte sind aber mit zusätzlich neu gebauter Fotovoltaik und Windenergie. Über die Hälfte des Problems stammt aus China und wird auch von China gelöst werden; die setzen voll auf H2, auch im Verkehr.
Einen Teil des Bedarfs wird jedes Land selber produzieren, einen Teil wird man importieren. Die grossen Exporteure werden Australien, Chile, Nordafrika und der Nahe Osten sein, die grossen Importeure Korea, Japan, Singapur und Westeuropa, halt eben die hochindustrialisierten Gebiete. In Europa importiert man heute 2/3 der benötigten Energie als fossile Energie aus meist problematischen Staaten, in Zukunft wird man mehr selber grün produzieren und noch etwa 1/3 als grüne Energie importieren, mehrheitlich aus weniger problematischen Staaten.
Die ersten dieser Produktionen laufen aktuell gerade an, die grösseren Produktionen laufen ab 2024. Spätestens ab dann wird der Verbrauch eines Teils des grünen H2 durch FCEV problemlos möglich, aber sowieso insgesamt von der Menge her nur marginal sein. Wichtig ist, dass alle Teile des Systems möglichst schnell hochgefahren werden. Dazu gehören auch die Abnehmer.
Also: Hört bitte auf, dauernd zu sagen, FCEV gehe nicht, nur BEV, weil es keinen grünen Wasserstoff gebe. BEV geht mit dem aktuellen Strommix eigentlich auch nicht, vielleicht mit Ausnahme von Norwegen und der Schweiz, die kaum fossilen Strom haben. Trotzdem sind sie sehr sinnvoll. Solche fundametalen Wenden brauchen ein paar Jahre für das Hochfahren.
rabo
28.10.2022Geschätztes „H2 Vögelchen“ – als „rabolinchen“ (beides von Wolfbrecht G. – sehr nett!) schließe ich mich Fabian Uecker an: Toller Beitrag!
Da wir ja bezüglich BEV/FCEV eine – allerdings technologieoffene und tolerante – Forumsminderheit darstellen, sind solche Beiträge wichtig – wie natürlich auch die aufwändig recherchierten von Daniel W. von der anderen Seite.
Alexey
27.10.2022Danke dafür, sehr aufschlussreich. Denn so oder so egal welcher Ansatz verfolgt wird, Milliardenschwere Infrastruktur muss so oder so aufgebaut werden und sowas dauert halt.
Läubli
26.10.2022Guter Bericht, nur eine Frage: Wieso soll man mit Strom H2 herstellen und dadurch Wirkungsgrad verschenken, wenn man den Strom gleich direkt brauchen kann? Will man den Wasserstoff als Speichermedium anstelle von Akkus, oder was für ein Sinn kann das ganze mit H2 überhaupt haben?
Alexey
27.10.2022Das mit dem „direkt verbrauchen“ wird ja auch soweit es möglich ist gemacht. Problematisch wird es immer dann wenn wir mehr grünen Strom haben als wir genau in dem Moment verbrauchen können.
Dann muss man ihn weg regeln, also quasi verschwenden. Alternativ kann man versuchen ihn ins Ausland zu exportieren wenn dort Bedarf an Strom herrscht zu dem Zeitpunkt oder man kann ihn speichern. Letzteres ist natürlich je nach Speicherlösung mal mit mehr, mal mit weniger Verlusten behaftet.
Wir werden zukünftig also eine große Menge grüner Stromerzeuger brauchen aber auch eine nicht zu unterschätzende Menge an Speicher-Möglichkeiten, damit man die Schwankungen ausgleichen kann. Denn nur die wenigsten erneuerbaren bieten konstante Stromausbeute die kaum schwankt.
Spontan fallen mir da nur Gezeiten-/Wellen-Kraftwerke oder Geothermie ein wobei letztere bei uns nur an sehr wenigen Standorten rentabel ist bisher. Es soll ein neues Bohrverfahren geben mit dem man deutlich schneller und viel günstiger in große Tiefen bohren kann aber ich weiß nicht ob das schon serienreif ist.
Jakob Sperling
26.10.2022Die Probleme, die sich aus der Tatsache ergeben, dass sich bei Batterien – im Unterschied zu FCEV oder Verbrennern – Leistung (kW, PS) und Energie (kWh) nicht separat skalieren lassen, lässt sich auch grafisch sehr gut darstellen, wenn man das bevorzugt.
Schritt 1
Zeichne eine x/y-Koordinatensystem mit dem Nullpunkt unten links.
Schritt 2
Zeichne für die BEV-Lösung eine Gerade durch den Nullpunkt 45 Grad schräg nach oben.
Das ist die Entwicklung von Gewicht und Preis (y-Achse) der benötigten Batterie bei zusätzlicher Reichweite (x-Achse).
Schritt 3
Zeichne für die FCEV-Lösung eine Gerade, die auf einem Viertel Höhe der y-Achse beginnt und 30% steil ist.
Der erhöhte Y-Startpunkt (y-Offset) ergibt sich daraus, dass die FCEV-Lösung auf jeden Fall schon mal eine Brennstoffzelle und eine Puffer-Batterie braucht.
Die steigende Linie sind dann Gewicht und Preis des Wasserstoff-Speichers.
Wie man sieht, schneiden sich die beiden Linien irgendwo. Ab diesem Punkt (gerade unten auf der x-Achse) ist die FCEV-Lösung insgesamt die vorteilhaftere Lösung als die BEV-Lösung.
Machen Sie diese Grafik doch wenigstens einmal. Dauert 30 Sekunden und ist sehr aufschlussreich.
Man kann z.B. nicht darüber streiten, dass es diesen Schnittpunkt gibt, man kann höchstens darüber streiten, wo er sich befindet und ob das für eine bestimmte Anwendung (PKW, Bus, LKW, Zug, Schiff, Flugzeug) relevant ist.
Jakob Sperling
26.10.2022Vorbemerkung: Direkt verbrauchen kann man Strom nur, wenn man ein Kabel hinführen kann. Bei einer Batterie wird der Strom beim Laden auch in chemische Energie gewandelt und beim Entladen wieder von chemischer Energie in Strom.
Wo für die Anwendung der Akku genügt, ist und bleibt das die bevorzugte Variante. Das ist je nach Anwendung bis zu einer bestimmten Energiemenge, bzw. Einsatzzeit der Fall; beim BEV ca. 200-300 km, bzw. 2-3 Stunden.
Wo liegt das Problem der Batterie?
Die Batterie hat gegenüber FCEV (und Verbrennern) kurz gesagt das Problem, dass sich Leistung (kW, PS) und Energie (kWh) nicht separat skalieren lassen, ich muss immer beides hinzufügen. Die Batterie besteht ja eigentlich aus einem Energieträger (Elektrolyt) und einem Generator (Anode, Kathode, Folie), die aber immer zusammen produziert werden. Das führt dazu, dass die Batterie ab einer bestimmten Menge Energie im Vergleich zu anderen Lösungen übermässig schwer und teuer wird. Bei einer FCEV-Lösung ist die Brennstoffzelle der Generator und der Wasserstoff, den ich separat hinzufügen kann, der Energieträger.
Die Konsequenz an einem Beispiel:
Angenommen, ich habe je ein BEV und ein FCEV, z.B. schwere LKW, die beide so ausgerüstet sind, dass sie 300 Kilometer weit kommen.
Nun möchte ich bei beiden 100 km Reichweite hinzufügen, was beispielsweise zusätzliche 200 kWh braucht.
Beim FCEV brauche ich dafür zusätzlich etwa 9 kg H2 mit Tank, was etwa 150 kg ergibt.
Beim BEV muss ich komplette Batterien für 200 kWh Energie hinzufügen (was mir auch zusätzliche Leistung gäbe, die ich aber gar nicht brauche). Die wiegen ca. 1’500 kg.
200 kWh LKW-Batterien kosten auch sehr viel mehr als ein zusätzlicher H2-Tank.
Einzig der Platzbedarf (Volumen) ist bei beiden Lösungen etwa gleich.
Der gleiche Effekt – Gewicht und Preis – spielt auch bei weiteren Erhöhungen der Reichweite, bzw. Energiemenge. Ab einem bestimmten Bedarf an Energie werden Gewicht und Preis der Batterie absurd hoch. So ein Beispiel wäre ein Jumbo Jet, bei dem die notwendigen Batterien für einen Langstreckenflug ein Mehrfaches des maximalen Startgewicht des ganzen Flugzeugs wiegen würden.
Bei einem schweren LKW würde ich aktuell sagen, dass bis 200 km sicher BEV vorteilhafter ist und ab 400 km sicher FCEV. Der Übergangs-Punkt kann sich mit der Entwicklung der beiden Technologien verschieben. Im Moment werden beide tendenziell billiger, bei der Batterie nicht so schnell, wie man gedacht hat.
Läubli
27.10.2022Ich bin auch trotz Ihrer wirklich aufschlussreichen Erläuterung in Ingenieursqualität immer noch nicht überzeugt, dass sich das auch bei großen Distanzen wirklich rechen wird. Es sind ja eben leider nicht nur die Fz. maßgebend, sondern die ganze Infrastruktur muss „wasserdicht“ und brauchbar sowie auch bezahlbar sein oder zügig werden. Genau daran sehe ich die absolut größten Probleme, was Rentabilität und Umsetzbarkeit anbelangt. Da ist und bleibt die Ladesäule mit Strom und das Auto oder der LKW mit Akku einfacher und günstiger. Ein LKW braucht auch keinen Akku für 800km Reichweite, die LKW Chauffeure sind zu relativ langen Pausen verpflichtet und können so recht einfach und günstig an jedem Stellplatz nachladen, am Ziel und Startort muss das zusätzlich sowieso möglich sein und es ist relativ einfach und schnell umzusetzen. Das ist ja bei den BEV heute schon fast möglich, zumindest bei uns in der Schweiz muss man keine Angst haben, nicht an fast jeder Tankstelle bald das Auto aufladen zu können. Am Autobahnnetz ist das bereits ziemlich flächendeckend der Fall.
Fabian Uecker
26.10.2022Toller Beitrag.
Ben
26.10.2022Das Projekt ist schon gestoppt, die Auslieferung der Reste wurde an naive deutsche Unternehmer umgeleitet damit diese selbs die Erfahrung machen können das es nix taugt anstatt ihre Schweizer Kollegen zu fragen.
https://www.eurotransport.de/artikel/aus-fuer-schweizer-vorzeigeprojekt-hyundai-stoppt-gruene-h2-lkw-11214989.html
Läubli
26.10.2022Tiptop… wenn das dann wirklich so ist, haben die armen Deutschen mein Erbarmen. :)
Sven
26.10.2022Unsere Schweizer Kollegen wollten auch die H2-LKW testen und haben letzten Monat eine Absage bekommen. Grund: zu hohe Energiekosten. Daraufhin wollten wir in Deutschland einen dieser Hyundai H2-LKW kaufen. Aber die einzige in der Nähe befindliche H2-Tankstelle kann nur PKWs betanken. Aus der Traum.
Daniel W.
27.10.20221) Wasserstoff-Müllwagen
2,2 Mio. Euro Subvention für 3 H2-Müllwagen sind rund 733.333 Euro Subvention pro Müllwagen.
733.333 Euro Subvention pro H2-Müllwagen plus Preis 1 Diesel-Müllwagen sind rund 993.333 Euro.
2) Zum Vergleich BEV-Müllwagen:
315 kWh an Akkupacks dürften (315 kWh x 250 Euro pro kWh =) 78.750 Euro kosten.
Diesel-Müllwagen 260.000 Euro plus Umbau 200.000 Euro wären 460.000 Euro für 1 BEV.Müllwagen.
3) Preise:
A) Rund 1.000.000 Euro für einen Wasserstoff-Müllwagen – Mehrpreis 740.000 Euro gegenüber C)
B) Rund 460.000 Euro für einen BEV.Müllwagen – Mehrpreis 200.000 gegenüber C)
C) Rund 260.000 Euro für einen Diesel-Müllwagen.
Mit mehr als dreifacher Subvention rechnen sich die FCEV-Müllwagen für die Kommunen.
Wer andere Zahlen hat, der darf sie gerne nennen, aber bitte mit Quellenangabe.
Jakob Sperling
27.10.2022Frage: Wie lange läuft der Müllwagen mit 315 kWh Batterie am Stück?
Ich schätze, maximal 2.5 Stunden. Was geschieht dann?
Daniel W.
28.10.2022E-Müllwagen mit Presse – beides braucht Strom – daher 190 kWh statt 150 kWh pro 100 km.
315 kWh brutto, ca. 280 kWh netto, bei 190 kWh pro 100 km rund 145 km Reichweite.
145 km im Stop-and-go-Müllsammelbetrieb bei 8 Stunden wären durchschnittlich ca. 18 km/h.
In der Stadt genügen 145 km, auf dem Land kann der E-Müllwagen in der Pause nachladen.
Daniel W.
28.10.2022Nachtrag:
Also die 145 km Reichweite genügen bei „Tagestouren von durchschnittlich 100 Kilometern“.
Bei bis zu 160 kW wären die Akkus real (mit 80 kW) in rund 4 Stunden wieder geladen.
Mit Megawatt-Lader, 1 MW sind real rund 0,5 MW, umgerechnet 500 kW.
Akkuladung 300 kWh (280 kWh netto plus Ladeverluste) mit 500 kW ca. 36 Minuten Ladezeit.
Die 315 kWh im BEV-Müllwagen wären als Akkupacks (Akasol 2023) rund 1.800 kg schwer.
Bei günstigen Akkupackpreisen dürften sich Akkuwechsel-Systeme lohnen, bei denen die 2. Akkupacks tagsüber günstig über PV-Anlagen aufgeladen werden, siehe Beispielrechnung:
220 Tage á 100 km x 200 kWh (190 kWh plus Ladeverluste) sind 44.000 kWh im Jahr.
BEV:
A) 0,10 Euro pro kWh (selbsterzeugter Ökostrom) x 44.000 kWh sind 4.400 Euro im Jahr.
B) 0,30 Euro pro kWh (Hausstrompreis) x 22.000 kWh sind 13.200 Euro – 8.800 Euro gespart.
In 10 Jahren 88.000 Euro gespart und damit das 2. Akkupack sozusagen umsonst bekommen.
Zum Vergleich:
Als FCEV-Müllwagen geschätzt 15 kg H2 in H2-Tanks ca. 200 kg plus 2x BZ rund 490 kg plus 72-kWh-Akku rund 410 kg (Akasol 2023) – zusammen rund 1.100 kg – nur 700 kg leichter als BEV.
FCEV:
A) Bei 50 kWh pro kg H2 und 0,10 Euro pro kWh (selbsterzeugter Ökostrom) sind es 110.000 kWh bzw. 11.000 Euro im Jahr (ohne Kosten von Elektrolyseur und teurer H2-Tankstelle).
B) Geschätzt rund 10 kg H2 pro 100 km bzw. am Tag, das sind 2.200 kg H2 im Jahr.
Zurzeit an den H2-Tankstellen 12,85 €/kg (brutto), 2.200 kg H2 also 28.270 Euro im Jahr.
Mein Fazit: Die BEV-Müllwagen-Vorteile sind überdeutlich. Wer da noch FCEV-Müllwagen kauft, dem ist nicht zu helfen – auch nicht durch die hohen staatlichen Subventionen.
Läubli
28.10.2022Danke Daniel, aber die meisten Befürworter für FCEV wollen das einfach nicht begreifen und halten stur an FCEV fest oder noch schlimmer – wollen es noch fördern. Das Argument, ein Zuviel an Strom durch Wasserstoffherstellung speichern zu können, gilt nur sehr beschränkt. Überschüssige Energie in Form von Strom kann man an vielen Orten in Stauseen speichern, ein gutes Beispiel dazu ist bei uns in der Schweiz der Grimselpass. Da hat man Stauseen als „Treppen“ angeordnet, wo das Wasser vom tiefer gelegenen See mit dem Stromüberfluss in den oberen See gepumpt werden kann, so kann die Energie mit geringstem Verlust gespeichert werden. Klar kann man das nicht überall so machen… es gibt aber noch an vielen Orten eine solche Möglichkeit. Ein künstlich angelegter See verschandelt die Natur in der Regel viel weniger als Wind oder Solaranlagen, und wenn dies wie am Grimsel angelegt wird, hat man sofort einen sehr effizienten und schlauen Speicher.
Daniel W.
28.10.2022Korrektur:
Bei B) die kWh-Zahl korrigiert, der Euro-Betrag bleibt gleich.
BEV:
…
B) 0,30 Euro pro kWh (Hausstrompreis) x
22.00044.000 kWh sind 13.200 Euro – 8.800 Euro gespart.Läubli
27.10.2022Das ist ein guter Vergleich… was aber fehlt, wären die ganzen Infrastrukturkosten… vor allem die BEV gegenüber den FCEV. Ich schätze mal, die Tankstellen mit Ladesäulen auszurüsten ist relativ einfach, auch was Vorschriften und Bedingungen angeht. Bei Wasserstoff ist das sicherlich viel aufwändiger, Zulassungen, Prüfungen, Bewilligungen… und die Preise explodieren da wohl komplett. Wasserstoff scheint also das mit Abstand teuerste, aufwändigste und komplizierteste Projekt zu sein, wenn es um Alternative Antriebe geht. Ich denke, selbst Atomare Antriebe wären günstiger für LKW’s, wenn es jemandem wirklich um 1000km Reichweite geht, was ja auch bei LKW’s absolut nicht nötig wäre.