Silizium als Material für Akkus gilt seit Jahren als vielversprechend – und ebenso herausfordernd. Nun meldet das US-Unternehmen Group14 Technologies einen bemerkenswerten Fortschritt: In realen Anwendungen mit dem Material SCC55 sollen regelmäßig mehr als 1500 Ladezyklen möglich sein, teilweise sogar doppelt so viele. Diese Zahl übertrifft das bisherige Ziel der Branche deutlich. Doch mit der Meldung allein sind noch nicht alle Zweifel ausgeräumt.
Lange galt das Ziel von 1000 Ladezyklen als Grenze für leistungsstarke Lithium-Ionen-Akkus. Wer darüber hinauswollte, stieß auf typische Probleme: Instabilität, Volumenschwankungen im Silizium, abnehmende Kapazität. Nun aber zeigen Daten von mehr als 20 Kunden von Group14, dass diese Hürden offenbar überwunden wurden – zumindest in bestimmten Anwendungen. In zahlreichen Tests habe sich SCC55 nicht nur als haltbar, sondern auch als leistungsfähig erwiesen.
Laut dem Unternehmen lassen sich die Vorteile kombinieren: höhere Energiedichte, schnellere Ladefähigkeit und nun auch längere Haltbarkeit. Das wäre ein bemerkenswerter Schritt – wenn er sich dauerhaft unter Alltagsbedingungen bestätigen lässt. Bisher fehlte es Silizium-basierten Akkus oft an dieser Kombination. Entweder war die Energiedichte hoch, aber die Lebensdauer gering – oder umgekehrt. Group14 sieht das nun anders.
Doch solche Aussagen bleiben ohne unabhängige Bestätigung schwer zu bewerten. Zwar wird das Material bereits in Millionen Produkten weltweit eingesetzt, so das Unternehmen. Welche Produkte das konkret sind, bleibt allerdings offen. Auch ist unklar, wie stark die Leistungsdaten zwischen den unterschiedlichen Anwendungen variieren – etwa in E-Autos, tragbaren Geräten oder stationären Speichern.
Silizium in der Akkuproduktion sehr komplex zu händeln
Kritiker verweisen regelmäßig auf die Komplexität von Silizium in der Akkuproduktion. Das Material neigt dazu, sich beim Laden stark auszudehnen und wieder zusammenzuziehen. Das belastet die Zellstruktur und kann langfristig zu Leistungsverlust führen. Ob SCC55 dieses Verhalten vollständig unter Kontrolle bringt, bleibt abzuwarten. Group14 betont, das Material sei mit verschiedenen Zellchemien kombinierbar – darunter LFP, LMFP und nickelreiche Varianten. Das schafft Spielraum, macht Vergleiche aber auch schwieriger.
Rick Luebbe, CEO und Mitgründer von Group14, sieht in der aktuellen Entwicklung einen Wendepunkt. Für ihn ist die Marke von 1500 Zyklen das neue Normal – und damit ein Signal für die gesamte Branche. Doch während sich die Formulierung gut anhört, bleibt offen, wie gleichmäßig sich dieser Wert tatsächlich erreichen lässt. Gerade in Autos mit hohen Ladeleistungen, extremen Temperaturwechseln oder dauerhafter Belastung zeigen Akkus oft ein anderes Verhalten als im Labor.
Auch die Auswirkungen auf die Gesamtkosten im Betrieb sind noch schwer einzuschätzen. Zwar verspricht eine höhere Haltbarkeit grundsätzlich geringere Betriebskosten, etwa durch weniger Akkuwechsel. Doch die eigentlichen Preise für SCC55 oder Zellen mit diesem Material wurden nicht genannt. Für Hersteller und Verbraucher dürfte entscheidend sein, ob sich die längere Lebensdauer tatsächlich wirtschaftlich auszahlt. Um das Ganze anschaulicher zu gestalten: 1500 Ladezyklen entsprechen bei einem E-Auto mit einem 60 kWh großen Akku einer Fahrleistung von mehr als 400.000 Kilometern
In der Theorie klingt vieles schlüssig: ein robusterer Akku, der schneller lädt, mehr Energie speichert und länger hält. Für E-Autos, Flugtaxis oder KI-Rechenzentren wären das wertvolle Fortschritte. Aber noch ist unklar, ob sich die Technologie auch in Großserie durchsetzen kann – und ob sie unter unterschiedlichsten Alltagsbedingungen stabil bleibt.
Quelle: Group14 – SCC55 Resets Benchmark for Silicon Battery Performance