Graphen kann Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit von Batterien verbessern

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Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 4 min

Eine neue Publikation, die sich mit dem Einsatz von Graphen bei Lithium-Ionen-Batterien befasst, deutet auf die Potenziale des Materials hin: Graphen könne die Leistungsfähigkeit von Batterien in Zukunft deutlich verbessern. Während aus technologischer Sicht große Fortschritte erzielt worden seien, bleibe der großflächige Einsatz von Graphen-basierten Batteriekomponenten herausfordernd, so das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in einer aktuellen Mitteilung.

Graphen gilt wegen seiner einzigartigen elektronischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften als vielversprechendes Material für die Weiterentwicklung von Lithium-Ionen-Batterien. Die nun veröffentlichte Publikation Graphene Roadmap Briefs (No. 4): innovation prospects for Li-ion batteries fasst dabei die wesentlichen Fortschritte und Herausforderungen in der Entwicklung und Kommerzialisierung von Lithium-Ionen-Batterien mit Graphen-Komponenten zusammen, wobei der Fokus auf Graphen-basierten Silizium-Anoden liegt. Die Publikation basiert auf zwei vom Fraunhofer ISI für die Graphene-Flagship-Initiative der EU ausgearbeiteten Technologie-Roadmaps, die aktuelle Entwicklungen und Trends für dieses Anwendungsfeld untersuchten.

Die Ergebnisse unterstreichen etwa, dass Graphen als Zusatzstoff in Silizium-Kohlenstoff-Kompositen eine bis zu 30 Prozent höhere Energiedichte bei Batterien ermögliche. Graphen könnte auch Vorteile für die Schnellladefähigkeit bieten und mithelfen, Ladezeiten zu verkürzen. Zudem ließe sich durch die Einarbeitung von Graphen in Siliziumanoden die Stabilität und damit die Lebensdauer und Nachhaltigkeit von Batterien weiter verbessern. Allerdings reiche die Stabilität von Siliziumanoden aktuell noch nicht an herkömmliche Graphitanoden heran.

Umgekehrt fehle es bislang an kosteneffizienten Herstellungsverfahren für eine breite Marktanwendung von Graphen-basierten Batterien, und die Preise von Graphen und verwandten Materialien blieben in der Vergangenheit unerwartet hoch. Parallel verbessert sich die Performance von Lithium-Ionen-Batterien stetig, der Anteil von Elektroautos wächst und der Aufbau europäischer Zellfertigungsanlagen schreitet weiter voran. Dies wiederum erhöhe die Chancen zur Einführung neuer Materialien wie Graphen, insbesondere bei leistungsoptimierten Anwendungen.

„Wir beobachten ein kontinuierliches Interesse an Graphen-basierten Lösungen in der Batteriebranche, sehen aber auch, dass Lithium-Ionen-Batterien effizienter und in puncto Kosten und Performance stetig optimiert werden. Entscheidend für den Einsatz von Graphen in Lithium-Ionen-Batterien ist, wie schnell sich Graphen-basierte Batteriekomponenten in industrielle Produktionsprozesse integrieren lassen und ob wir eine stabile und bedarfsgerechte Lieferkette aufbauen können“, erklärt Maximilian Stephan, Erstautor der Publikation. Und weiter: „Dafür braucht es koordinierte Strategien, um den wissenschaftlich belegten Nutzen auch industriell nutzbar zu machen.“

Mit Blick auf die Zukunft unterstreicht die Publikation, dass sich zahlreiche Start-ups und Unternehmen mit innovativen Ansätzen zur Graphen-Produktion beschäftigen, allerdings teilweise ganz unterschiedliche Strategien verfolgen: Manche setzen auf die Entwicklung kostengünstiger und großflächiger Produktionsmethoden für weniger reines Graphen. Andere Unternehmen zielen auf die Verwendung von hochreinem Graphen für spezifische Anwendungen, bei denen die Leistung den potenziell höheren Preis rechtfertigen kann. Was den zukünftigen Graphen-Preis anbelangt, sieht die Studie Potenzial für künftige Kostensenkungen durch Hochskalierung in der Produktion und verbesserte Herstellungsverfahren.

Zukunftsausblick und weitere Forschungsbedarfe

Trotz der vielen Herausforderungen schätzen die Autoren des Fraunhofer ISI eine künftige Marktdurchdringung von Graphen in der Batterietechnologie als möglich ein. Ein vielversprechendes Anwendungsfeld könnte sich in der Fertigung von Silizium-Graphen-Kompositen für Spezialbatterien ergeben, weil diese technologische Vorteile bieten und etwa die Leistung von Silizium-basierten Anoden verbessern können. Darüber hinaus wird Graphen als potenzieller Bestandteil für Lithium-Schwefel-Batterien erforscht, die langfristig eine Alternative zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien darstellen könnten.

Die weitere Entwicklung hänge stark von der Forschung und industriellen Kooperationen ab, so die Autoren. Zunächst gelte es, die Marktreife von Graphen-basierten Komponenten und die Kommerzialisierung voranzutreiben und die Leistungsfähigkeit von Graphen im Vergleich zu alternativen Hochleistungsmaterialien fortlaufend zu evaluieren. Um die Marktdurchdringung zu erhöhen, sei zudem eine enge Zusammenarbeit zwischen Materialherstellern, Batterieproduzenten, der Automobilindustrie sowie der Forschung erforderlich. Höhere Preise könnten sich durch einen hohen Zusatznutzen und die Konzentration auf Hochleistungs-Anwendungen rechtfertigen lassen.

Als Fazit lasse sich festhalten: Graphen bleibe ein vielversprechendes Material für die Batterieindustrie, auch wenn der breite Markteintritt noch aussteht. Fortschritte in der Materialforschung und beim Aufbau einer europäischen Batterieproduktion und Wertschöpfungskette könnten mittelfristig den Weg für eine stärkere Nutzung ebnen. Sollte es gelingen, die Skalierbarkeit weiter zu verbessern, könnte Graphen schon in einigen Jahren eine wichtige Rolle als Batteriematerial zukommen.

Quelle: Fraunhofer ISI – Pressemitteilung vom 07.04.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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pionierska:

Habe selber von 2008 bis 2018 auf dem Gebiet von Graphen-basierten Nanokompositen für eine industrielle Anwendung geforscht (nicht für Batterien) und soeben den verlinkten Artikel überflogen. Es ist pures Wunschdenken, ein skalierbares, ökonomisches Produkt auf Basis der zur Zeit bekannten Verfahren zur Herstellung von Graphen zu erhalten. Nicht zu reden von der in der Literatur uneinheitlich verwendeten Begrifflichkeit „Graphen“, das eigentlich nur eine Monolage aus der im Grafit gestackten Schichten darstellt, während viele Produkte in der Realität aus mehreren Lagen bestehen.

Frank2:

Graphen ist ein bisschen wie die Kernfusion – der Durchbruch kommt in 10 Jahren – egal wann man fragt :-)

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