GAC: Einblicke in die chinesische E-Auto-Entwicklung und Fertigung

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Elektroauto-News | Blick auf Research- & Development Center GAC

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 5 min

Mitten in Guangzhou, China, hat Elektroauto-News gemeinsam mit anderen internationalen Medien die Möglichkeit erhalten, das Forschungs- und Entwicklungszentrum sowie Produktionsstätten (Fertigung der Marke Aion) der Guangzhou Automobile Group (GAC Group) zu besuchen. Nachfolgend möchten wir einige dieser Eindrücke aus der chinesischen Elektroauto-Entwicklung und Fertigung aufgreifen. Dabei war es vor allem die Geschwindigkeit, mit der man dort agiert, die einen staunend zurückgelassen hat.

Der vielseitige Automobilkonzern hat sich seit seiner Gründung 1997 zu einem wichtigen Akteur der chinesischen Automobilindustrie entwickelt. Im Jahr 2023 erzielte GAC eine Produktions- und Verkaufsmenge von mehr als 2,5 Millionen Einheiten, womit das Unternehmen etablierte Marken wie Audi und BMW in der Stückzahl übertraf. Besonders bemerkenswert ist der Exportzuwachs: Mit einem Anstieg um 130 Prozent wurden 75.800 Autos in internationale Märkte geliefert – wobei die genannten Zahlen sowohl Verbrenner als auch E-Autos, Plug-in-Hybride und Hybride betreffen. Ferner setzt GAC mit seinen Submarken mittlerweile auch verstärkt auf E-Autos mit Range-Extender.

Forschung und Entwicklung: Daten, Tests und Design

Das 2006 gegründete Forschungs- und Entwicklungszentrum in Guangzhou ist ein zentraler Bestandteil der Strategie von GAC. Mit einem Investment von 40 Milliarden Yuan (ca. 5,4 Milliarden Euro) und rund 6000 Beschäftigten widmet sich das Zentrum der Weiterentwicklung von Technologien im Bereich Elektromobilität, autonomes Fahren sowie anderen Antriebsarten. Besonders hervorzuheben ist das Intelligent Driving Data Simulation Lab, in dem autonome Fahrfunktionen getestet werden. Hier können bis zu 1000 Fahrzeuge parallel simuliert werden, wodurch bisher über 100 Millionen Testkilometer gesammelt wurden​.

Autonom fahrendes Fahrzeug von GAC

Das Design Center zeigt, wie GAC den Entwicklungsprozess von Autos strukturiert. Vom ersten Konzept bis zum fertigen Prototyp durchläuft jedes Modell mehrere Phasen, darunter die Erstellung von Tonmodellen und digitalen Simulationen. Konzeptfahrzeuge wie der Enverge aus 2017 veranschaulichen den Fokus auf Technologie und Design. Im Outdoor Review Room wurden diese Konzepte aus dem Indoor Review Room mit Serienmodellen verknüpft, um die technische Entwicklung direkt erlebbar zu machen. Hier konnte man aus nächster Nähe betrachten, wie stark sich Protoypen und spätere Serienfahrzeuge dann doch unterscheiden können.

Batterien und Antriebe: Lösungen für die Zukunft

Die eigens entwickelten Batterietechnologien wurden als ein wesentlicher Schwerpunkt von GAC vor Ort betont. Das Unternehmen verfolgt drei Ansätze: NMC-Batterien für Reichweitenstärke, LFP-Batterien für kostengünstige Modelle und kobaltfreie Batterien zur weiteren Verringerung der Produktionskosten. Besonders innovativ ist die Entwicklung von Festkörperbatterien, die ab 2026 verfügbar sein sollen – wohlgemerkt vorerst nur in China. Diese Batterien sollen bei gleicher Größe Reichweiten von bis zu 1500 Kilometern ermöglichen​. Wie man zu verstehen gab, treibt man auch die Zusammenarbeit mit Nio (Batteriewechseltechnologie) voran. Bestehende Modelle könnten durch geringfügige Anpassungen damit ausgestattet werden.

Blick auf die Magazine Battery Safety-Technologie

Ein weiterer Fokus liegt auf der Sicherheit. Die selbst entwickelte Magazine Battery Safety-Technologie ermöglicht den Austausch einzelner Zellen und schützt die Batterie selbst unter extremen Bedingungen. „Bis heute gab es keine Zwischenfälle mit unseren Batterien – die Sicherheit steht für uns an erster Stelle“, betonte ein Sprecher von GAC während der Präsentation​.

Der performanteste Stromer von GAC: Hypertec SSR

Auch die Elektromotoren von GAC zeugen von technischer Weiterentwicklung. Die Motoren sind kompakter als herkömmliche Modelle, erreichen eine Effizienz von 98,5 Prozent und kommen unter anderem im Hyptec SSR zum Einsatz – dem performantesten Stromer der Marke. Ihre Bauweise sorgt zudem für geringeres Gewicht und höhere Leistungsfähigkeit​.

Technologie und nachhaltige Produktion

Das Three-in-One-Windkanallabor in Guangzhou unterstützt die Entwicklung von Autos durch präzise Tests in den Bereichen Aerodynamik, Aeroakustik und Thermodynamik. Mit einer Fläche von 4500 Quadratmetern und hochentwickelten Messtechnologien ermöglicht das Labor, den Energieverbrauch zu optimieren und das Fahrzeugdesign zu verbessern. Dabei können verschiedene Umweltbedingungen wie extreme Temperaturen oder Lichtverhältnisse simuliert werden, um die Fahrzeuge auf den Alltag vorzubereiten​.

Fortschrittliche Fertigung in der Aion-Produktion

Die Aion-Produktionsstätten in Guangzhou bilden die Grundlage für GACs Engagement im Bereich Elektromobilität. Ursprünglich als reine E-Auto-Fabrik konzipiert, wurde das Werk inzwischen erweitert, um auch Autos mit Range Extender herzustellen. Diese sollen für China bereits Ende des Jahres vom Band laufen.

Produktionsband in der Aion-Fertigung von GAC

Mit einer Fläche von 200.000 Quadratmetern und einem Investitionsvolumen in Höhe von mehreren Milliarden Yuan gehört es zu den modernsten Werken des Unternehmens. Hier werden täglich bis zu 1200 Fahrzeuge produziert – alle 53 Sekunden verlässt ein neues Auto die Fertigungslinie. Eine besondere Stärke der Produktion ist ihre Flexibilität: Bis zu sechs verschiedene Modelle, darunter Coupés und SUVs, können parallel gefertigt werden.

„Die Möglichkeit, mehrere Modellvarianten auf einer Linie zu produzieren, macht uns anpassungsfähig und effizient“, erklärte ein Sprecher von GAC während der Werksführung​. Von Bestellung zur Auslieferung vergehen laut dem chinesischen Hersteller gerade einmal 21 Tage.

Fertigung des Hypertec SSR in Handfertigung

Die Automatisierungsrate variiert je nach Produktionsschritt. Während die Schweiß- und Lackierwerkstätten vollständig automatisiert arbeiten, beträgt der Automatisierungsgrad in der Endmontage 40 Prozent. Besonders deutlich wird die Verbindung von Technologie und Handarbeit bei der Fertigung des Hypertec SSR. Dieses Modell wird ausschließlich in Handarbeit gefertigt, wobei die Produktionszeit pro Fahrzeug etwa zwei Monate beträgt. Im Jahr 2024 wurden nur 200 Exemplare dieses High-Performance-Fahrzeugs verkauft.


Disclaimer: GAC hat zum Kennenlernen der Marke nach Guangzhou, China, eingeladen und hierfür die Reisekosten übernommen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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DoDo:

Hallo Sebastian, sehr interessanter Beitrag! Ich werde mir den Podcast anhören, hoffe da wird etwas mehr über „Magazine Battery Safety-Technologie“ erzählt.

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