Fraunhofer erforscht Aluminium-Ionen-Batterie als potentiellen Nachfolger der Lithiumtechnologie

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Fraunhofer THM / Maximilian Wassner

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Die Prognosen sind sich einig: Sie alle sagen einen drastisch steigenden Bedarf an elektrischen Speichern für mobile und stationäre Anwendungen voraus. Um die Nachfrage zu decken, bedarf es erheblicher Anstrengungen bei der Weiterentwicklung etablierter Batteriesysteme. Gleichzeitig müssen verstärkt neuartige Materialsysteme, so genannte Post-Lithium-Systeme, in einem absehbaren Zeitraum zur Marktreife geführt werden, so das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in einer aktuellen Mitteilung.

Dabei bietet sich bei der Technologieentwicklung der große Vorteil, von Beginn an auf nachhaltige Zellkonzepte zu setzen. Diese berücksichtigen neben Sicherheits- und Kostenaspekten die Substitution kritischer Rohstoffe, ein recycling-gerechtes Design und weitere Anforderungen der Kreislaufwirtschaft. Eine vielversprechende Batterietechnologie dafür seien Aluminium-Ionen-Batterien, die am Fraunhofer-Technologiezentrum Hochleistungsmaterialien THM in Freiberg entwickelt werden.

Am THM erforscht die Arbeitsgruppe Batteriematerialien des Fraunhofer IISB seit etwa fünf Jahren eine Lithium-freie und Aluminium-basierte Zellchemie. Neben einer theoretisch vierfach höheren volumetrischen Energiedichte als metallisches Lithium biete das Batteriematerial Aluminium weitere handfeste Vorteile in der Praxis. In Lithium-Ionen-Zellen fungiert eine hochreine und beschichtete Aluminiumfolie als Stromsammler. In der Aluminium-Ionen-Batterie (AIB) übernimmt dagegen eine einfache Aluminiumfolie gleichzeitig die Funktion der Anode. Hierbei werden an das Aluminium keine besonderen Qualitätsanforderungen gestellt und marktübliche kostengünstige Folien reichen für den Zweck völlig aus. Ebenso bieten Aluminiumbatterien ein hohes Maß an Sicherheit, denn es gibt keine Brandgefährdung wie beim Einsatz von Lithium.

Eine Zellchemie mit Potential

Ulrike Wunderwald, Leiterin der Arbeitsgruppe Batteriematerialien des Fraunhofer IISB, berichtet über die vielversprechenden Entwicklungen: „In unseren Laborsystemen wurden mit Graphitpulver als Kathode bereits Energiedichten von 135Wh/kg in Bezug auf die Aktivmasse gezeigt. Die Batterie kann in einer Zeit von weniger als 30 Sekunden voll ge- und entladen werden. Der Prozess ist reversibel und wir haben mit den Laborzellen bereits mehr als 10.000 Zyklen mit einer Ladeeffizienz von mehr als 90 Prozent erreicht“. Die neuesten Ergebnisse der Forschenden zeigen, dass sogar noch mehr als doppelt so viele Ladezyklen möglich seien, was erheblich über dem liegt, was etablierte Lithium-Ionen-Batterien erreichen. „Unsere Zellen funktionieren dabei unter normalen Umgebungsbedingungen und wir arbeiten bereits mit anwendungs­relevanten Zellkonzepten wie Knopfzellen und Pouch-Zellen. Diese Zellchemie hat ein enormes Potential“, sagt Wunderwald.

Durch ihren vereinfachten Aufbau bieten Aluminium-Ionen-Batterien den Vorteil einer kostengünstigeren Fertigung mit reduziertem Prozessaufwand. Dabei ist Aluminium als Ressource unkritisch und muss als Batteriematerial noch nicht einmal von besonderer Qualität sein. Ebenso können in Aluminium-Ionen-Batterien günstige Elektrolyte auf der Basis von Harnstoff verwendet werden, wie aktuelle Forschungs­ergebnisse des Fraunhofer THM zeigen. Die nachgewiesene Schnellladefähigkeit bei hoher Zyklenstabilität und mit hoher Ladeeffizienz spricht für die elektrischen Eigenschaften dieser Zellchemie.

Die vergleichsweise geringen Gefährdungsrisiken, der Verzicht auf kritische Rohstoffe und nicht zuletzt der Kostenvorteil zeigen sehr deutlich das Potential der Aluminium-Ionen-Batterie als preiswerte und sichere Lösung für zukünftige elektrische Speicher. Eine realistische Anwendung, die schon in wenigen Jahren gelingen könnte, wären beispielsweise hochdynamische Netzspeicher in stationären Systemen, da hier in der Regel kostengünstige Zellen mit hoher Leistungsdichte benötigt werden. Derartige Speicher sind unverzichtbar für die breite Nutzung regenerativer Energiequellen und damit ein wesentlicher Baustein der Energiewende.

Quelle: Fraunhofer – Pressemitteilung vom 17.08.2021

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Michael:

Die Firma Graphene Manufacturing Group, GMG, aus Australien, hat eine ähnliche Batterie, wohlgemerkt in Zusammenarbeit mit der Universität Queensland, bereits im Prototypenstadium und ihre Kunden testen diese gerade. 3+ V, 3000 bestätigte Zyklen, 160Wh/kg. Das ist der zweite Prototyp. Der erste wies eine Zellspannung von 1,6 V auf.

Verschiedene Universitäten und Institute forschen an großartigen Projekten.
Manche sind da schneller als andere, aber insgesamt sollte es uns doch eher fröhlich stimmen, dass geforscht wird und Erfolge wie hier im letzten Jahr oder in Australien in diesem Jahr gefeiert werden.

Jakob Sperling:

Ja, und wenn alle diese Fahrzeuge versprechen, die zweite Jahreshälfte immer nur die Hälfte der normalen Reichweite zu fahren, dann könnten sie alle in 12 Jahren Lebenszeit 12 Mal die erwähnte Energiemenge vom Sommer in den Winter verschieben.
Sicher ein hochrentables Geschäft für alle Beteiligten – wenn man bei den Kosten 3-4 Nullen vergisst.

Daniel W.:

Nachtrag 3:

Bis Redox-Flow-Batterien oder eine andere Batterietechnik günstig genug sind vergehen noch einige Jahre, so dass sich bei sinkenden Strompreisen durch den wünschenswerten Wegfall der EEG-Umlage eher eine Erdwärmepumpe lohnen dürfte.

Der günstige Strom könnte von Wind- und Solaranlagen kommen, die nicht mehr politisch behindert werden und mit etwa 4 – 8 Cent pro kWh Gestehungskosten sowie den E-Autos als Pufferspeicher, die in Zukunft zunehmend die Haushalte versorgen.

Es gibt viele Universitäten, Techniker und Programmierer, die das Ganze mal durchplanen und entsprechende Lösungen zur Stromverteilung erstellen könnten, damit zumindest die Bürger ihre Häuser und Wohnungen nicht mehr mit fossilen Brennstoffen heizen müssten.

Mittlerweise ist eine Erdwärmepumpenheizung trotz 20.000 Euro (geteilt durch 20 (25) Jahre = 1.000 (800) Euro pro Jahr) Kosten derzeit günstiger als Gas oder Heizöl. Und wenn in Zukunft mehr Ökostrom dafür zur Verfügung steht, dann sinkt CO2-Anteil.

1 Liter Heizöl – Heizwert ca. 9,8 kWh (2.920 g CO2) ca. 300 g CO2 pro kWh.

Da moderne Gaskraftwerke mit ca. 350 Gramm je Kilowattstunde Stromerzeugung…

(Quelle: dvgw.de)

Wenn wir 50%, 70% oder mehr Ökostrom haben und den Rest mit flexiblen Gaskraftwerken auffüllen, dann haben wir mit strombetriebenen Erdwärmepumpen weniger als die Hälfte des CO2 im Vergleich zur Öl-/Gasheizung.

Diese CO2-Einsparungen dürften auch für Gasheizungen zutreffen. Dazu noch viele E-Autos und es gibt sehr viel weniger CO2. Auch ohne Autarkie wird es viel sauberer.

Damit beende ich diese Thema hier. Fortsetzung gerne bei sinkenden Batteriepreisen.

Daniel W.:

Nachtrag 2:

Ich rechne jetzt mal mit diesen Daten für einen Batteriespeicher.

1) Erdwärmepumpe 5.750 kWh (berechnet aus Gasheizung mit 4:1) – 12 Monate
2) Strom Haushalt 4.250 kWh – 5 Monate ca. 1.770 kWh
3) E-Auto 2.400 kWh im Jahr – 5 Monate sind 1.000 kWh

Ergibt 5.750 + 1.770 + 1.000 = 8.520 (kWh).

Den Solarertrag während der dunkleren 5 Monate rechne ich mal als Ladeverluste.

Nicht berücksichtigt werden KfW-Effizienzhäusern, um Durchschnittwerte zu erhalten.

Redox-Flow-Batterien in einigen Jahre geschätzt ca. 20 – 25 Euro pro kWh.

8.520 kWh x 25 (20) Euro = 213.000 ( 170.400) Euro,
plus 35.000 Euro für PV und WP = 248.000 (205.400) Euro,
geteilt durch 25 Jahre = 9.920 (8.216) Euro.

Jetzt müssten die Redox-Flow-Batterien bis 2030 noch günstiger werden, dann wären wir bei heutigen Strom- und Brennstoffpreisen, hätten aber eine autarke Versorgung.

Daniel W.:

Nachtrag:

Im HPS-Datenblatt steht 3.000 kWh als Wärme und 300 kWh elektrisch pro Flaschenbündel.

Bei 5 Flaschenbündeln wären es 1.500 kWh elektrisch und vermutlich 15.000 kWh Wärme, also 16.500 kWh dürften bei einem 1-Familienhaus eher hinkommen, aber der BZ-Wirkungsgrad wäre dann nur bei bescheidenen 9% – absichtlich so niedrig?

Bei 55 kWh PV-Strom zu 33,33 kWh H2 wären es über 27.000 kWh bzw. 27-30 kWp.

27-30 kWp wären rund 225 m² an PV-Fläche.

Wie schon geschrieben – ohne Praxisversuche gibt es keine belastbare Zahlen.

Daniel W.:

Bei HPS-System steht, dass bis zu 5 Flaschenbündel installiert werden können, also 1.500 kWh elektrisch und vermutlich noch 3.000 kWh als Wärme, das wären dann 66,7% Abwärme bei der Brennstoffzelle und insgesamt 4.500 kWh als Gesamtenergie.

Sollte das HPS-System wirklich mit so wenig Gesamtenergiebedarf auskommen?

Wenn eine Erdwärmepumpe 5.750 kWh (berechnet aus Gasheizung mit 4:1) an Strom braucht, das Meiste davon im Winter, und dazu noch sehr viel Energie aus dem Boden zieht.

Hier muss wohl eine Universität mal beide Systeme (HPS-System und PV/WP/Batterie) in der Praxis an vergleichbaren Einfamilienhäuser testen, damit es verlässliche Zahlen gibt.

Jakob Sperling:

Die Rechnung geht nicht auf, weil das mit den 900 kWh Speicher für die Autarkie eines Einfamilienhauses nicht stimmt. Bzw. nur unter der unrealistischen Annahme einer völlig überdimensionierten PV-Anlage stimmt, die auch im Winter im Durchschnitt noch fast so viel Energie produziert, wie ich verbrauche.
Ich habe Sie ja glaub auf das HPS Picea System hingewiesen. Ist eine Weile her aber der Firmeninhaber sagt ja irgendwo auch, dass die 3 Tanks die Minimalkonfiguration sind und unter normalen Bedingungen für eine Autarkie nicht reichen.
Wenn Sie tatsächlich Autarkie wollen, brauchen Sie viel mehr Speicher, so viel, dass es mit Batterien nie gehen wird. Aber, wie ich auch schon sagte, erachte ich Autarkie eines Anwesens als falsches Ziel, da man ja ein riesiges Netz hat und im grossen Verbund viel besser gemeinsam speichern und austauschen kann. Beispiel: Warum sollen Sie mit teuren Batterien für einen Zeitpunkt speichern, wo im Norden die Windkraftwerke auf Volltouren laufen.

Jakob Sperling:

Wenn Sie selbst Holz produzieren, wo vorher kein Holz wuchs und es nachher verbrennen, dann sind Sie auf jeden Fall – wie gesagt ‚im Prinzip‘ – CO2-neutral (ist aber nichts für Ungeduldige).
Ich bin aber einverstanden, dass man Holz besser nicht verbrennt. Verbauen können wir auch nicht alles, also werden wir es schon bald verlochen und wässern. Das ist eine der wenigen einigermassen effizienten Methoden, CO2 aus der Luft rauszunehmen.

Farnsworth:

Also ich finde es hochinteressant welche Materialien noch so für Batterien verwendet werden können und was da so der aktuelle Laborforschungsstand ist. Ob das ein Luftschloss ist oder nicht wird sich ja in 10 bis 15 Jahren zeigen. Ich denke dass sich die vielversprechendste Batterietechnik durchsetzen wird. Denn das Bessere ist des Guten Feind.

Farnsworth

Daniel W.:

Mal eine kleine Zukunftfantasie von einer Welt mit batterie-elektrischen Fahrzeugen.

20 Mio. E-Fahrzeuge mit 100 kWh Batteriekapazität geben die Hälfte als Speicher frei, weil sie meist Kurzstrecken fahren und tagsüber am Arbeitsplatz, zuhause oder im Supermarkt den überschüssigen Ökostrom aufnehmen können, dann wären das 1.000 GWh an Speicher – so ganz nebenbei und ohne nennenswerte Zusatzkosten, da ja fast jeder mehr Batteriespeicher im E-Auto will.

100 kWh kosten heute den Kunden ca. 20.000 Euro mal 20 Mio. E-Fahrzeuge gleich 400 Milliarden.

400 Milliarden sind etwa 4.800 Euro pro Kopf in Deutschland, ein gewaltiges Konjunktur- und Beschäftigungs-Programm oder 11 Mal die Kosten der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 in Deutschland – je nachdem, ob man das Ganze mehr von der Kosten- oder der Nutzenseite sehen will.

Wenn 1 Mio. E-Auto jeweils 10 kW abgeben, dann sind das 10 Mio. kW bzw. 10 GW Leistung.

Noch Fragen Herr Sperling? – Antworten von mir frühestens am Abend.

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