Viel Kritik am Expertenforum zu klimafreundlicher Mobilität

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
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Das von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) ins Leben gerufene „Expertenforum klimafreundliche Mobilität und Infrastruktur“ (EKMI) hat seinen Arbeitsbericht vorgelegt und darin unter anderem Stellung bezogen, wie die Elektromobilität künftig gefördert werden sollte. Daraus sollen nun Sofortmaßnahmen abgeleitet werden. Doch der Bericht bleibt an vielen Stellen vage und enttäuscht zahlreiche nicht beteiligte Experten in der Branche – auch weil synthetische Kraftstoffe wie E-Fuels und Biokraftstoffe wie HVO darin eine größere Rolle spielen.

Im Bericht des mit 27 Personen besetzten Gremiums wird die Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs als zentraler Hebel für die Reduktion des CO2-Ausstoßes im diesbezüglichen Problemsektor Verkehr gesehen. Die von der Regierung angestoßene Sonderabschreibung bei der Anschaffung von Elektroautos für Unternehmen sowie die Erhöhung der Schwelle für steuerlich günstigere Dienstfahrzeuge von 70.000 auf 100.000 Euro Listenpreis bewertet die Runde zwar als positiv, aber noch nicht ausreichend.

Auf eine Kaufprämie auf Elektroautos, wie es sie in der Vergangenheit gab, konnte sich die Runde nicht einigen. Zu groß ist dabei unter anderem die Sorge, dass der Gebrauchtwagenmarkt durch eine Prämie auf Neufahrzeuge zu sehr unter Druck gesetzt werden könnte. Falls es doch eine neue Prämie gäbe, sollte diese an den Kauf und nicht wie zuvor an die Zulassung gekoppelt sein. Die mehrheitliche Meinung des Gremiums ist jedoch, dass von einer solchen Förderung Menschen mit geringerem Einkommen kaum profitieren würden.

Ein Sozialleasing, wie es die SPD vorgeschlagen hat, soll zwar geprüft werden. Generell besteht aber offenbar bei Fördermaßnahmen vorwiegend für günstigere Elektroautos die Befürchtung, dass die deutschen Hersteller mit ihren oft eher hochpreisigen Fahrzeugen wenig profitieren könnten.

Kein Konsens bei E-Fuels und HVO

Eine Verlängerung der Kfz-Steuer-Befreiung für Elektroautos von jetzt 2030 auf dann 2035 sei zwar grundsätzlich sinnvoll, da es sich allerdings um eher geringe Beträge handele, habe dies eher eine psychologische Bedeutung für potentielle Käufer. Mehr bringen würde aus Sicht der Experten, dass der Aufbau von Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern grundsätzlich erleichtert wird. Außerdem spricht sich das Gremium für das ohnehin notwendige aus, die EU-Vorgaben zum Aufbau von Mindestmengen an Ladepunkten für Gebäude aus der Gebäudeenergieeffizienz-Richtline auch ins deutsche Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) zu überführen. Hier wird beispielsweise auch der Aufbau von Ladepunkten in Bestandsgebäuden geregelt.

Bidirektionales Laden wird von den Experten grundsätzlich begrüßt, genauere Ideen, wie dies vorangetrieben werden kann, lassen sich im Bericht aber nicht finden. Ein staatliches Ladestromguthaben, wie es einst Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagen hatte, soll ebenfalls geprüft werden. Allerdings herrschte in der Gruppe offenbar Uneinigkeit darüber, ob dies etwas bringen würde.

Generell lässt sich in dem Papier viel Uneinigkeit innerhalb der Expertenrunde ablesen, was nicht zuletzt den gesellschaftlichen und medialen Kurs zum Thema widerspiegelt. So herrscht Uneinigkeit darüber, ob Plug-in-Hybride weiter gefördert werden sollten oder nicht. Und auch über die Verwendung von E-Fuels und HVO als im Kreislauf klimaneutrale Ergänzungen zur Elektromobilität, wie sie vor allem von der Fossil-Lobby aus Gründen der Existenzsicherung gefordert werden, konnte kein Konsens erzielt werden. Dennoch wird ausführlich beschrieben, wie die Arbeitsgruppe zu diesen alternativen Treibstoffen sich deren Einsatz vorstellen würde.

VCD und BBNM mit scharfer Kritik

Die Veröffentlichung des Papiers, das dem Verkehrsministerium als Entscheidungsgrundlage dienen soll, hat viel Kritik hervorgerufen. „Klimaschutz ja – aber nicht auf Kosten der fossilen Industrie: Das ist leider der Tenor, der sich durch den EKMI-Bericht zieht. Klimafreundliche Mobilität soll zwar gefördert werden, aber nicht zulasten der Verbrenner-Lobby“, stellt beispielsweise der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fest. Auch das Festhalten an Steuerprivilegien für Dienstwagen, Dieselkraftstoff und Entfernungspauschale sieht der VCD sehr kritisch. Zwar sei es gut, dass die Expertenrunde auch konkrete Vorschläge mache, doch das meiste davon liege bereits seit Jahren auf dem Tisch. Das Vorgehen sei halbherzig. Der VCD schreibt: „Was nutzt die Erkenntnis, dass Schiene, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr ausgebaut werden müssen, wenn der Bund lieber Luxusdienstwagen subventioniert, während die Kommunen mangels Geld das Bus- und Bahn-Angebot zusammenstreichen?“

Auch der Bundesverband Beratung neue Mobilität (BBNM) hatte sich bereits sehr kritisch über das EKMI geäußert. Vor allem die große Anzahl an Experten aus der fossilen Industrie sind dem Verband ein Dorn im Auge. „Durch das offenbar politisch gebilligte absehbare Scheitern von Herrn Schnieder in der Klimapolitik verliert Deutschland nicht nur wertvolle Jahre, die Folgen des Klimawandels zu mildern. Er ruiniert mit diesem Kurs die Kernindustrien Deutschlands“, ist Vorstandsmitglied Thomas Mertens überzeugt. Dabei verweist er auch auf einen Punkt, der beim Ringen um weniger CO2 oft vergessen wird: „Zehntausende Deutsche sterben jedes Jahr an den Folgen der Verbrenner-Abgase, Hunderttausende Deutsche leiden an chronischen Krankheiten. Durch E-Fuels, HVO100 und Co. soll dieses Sterben und Leiden für Millionen Deutsche Bürger offenbar immer weitergehen.“

Der Handelsverband ZDK hingegen ist unzufrieden damit, dass ein Sozialleasing zumindest in Betracht gezogen wird. Davon hatte der Verband bereits vor Bekanntgabe der Ergebnisse abgeraten. Allerdings räumte ZDK-Präsident Thomas Peckruhn ein, dass im Bericht insgesamt die Richtung stimme.

Quellen: BMV – Arbeitsbericht des EKMI; VCD und BBNM – Pressemitteilungen im Juli 2025

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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