Elektro-Lkw „dürfen höchstens 30 Prozent teurer sein“

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Daimler Truck

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Um die CO2-Vorgaben in Europa zur Abschwächung der Klimakrise zu erfüllen, muss der Anteil der neu verkauften Elektro-Lkw und solcher mit Brennstoffzelle von heute unter 2 Prozent im Jahr 2030 auf 40 Prozent steigen. Dafür müsste die aktuelle Kaufzurückhaltung der Logistik-Kunden überwunden werden. Bei entsprechendem Hochlauf könnte in einem bestmöglichen Szenario 2035 dann jeder zweite neue Lkw emissionsfrei fahren, so die Unternehmensberatung in einer aktuellen Mitteilung.

Die Branche steht vor einem fundamentalen Wandel: Das Geschäft mit Neufahrzeugen wird 2035 nur noch 7 Prozent des Gewinns ausmachen, der Aftermarket (38 Prozent) und neue datenbasierte Mobilitätangebote – von Ladelösungen bis hin zu Vernetzungsservices bis hin zu Versicherungen – dagegen 34 Prozent. Dies geht aus einer neuen Studie hervor, die McKinsey zur IAA Transportation in Hannover vorgestellt hat.

Um einen solch fundamentalen Wandel in der Industrie in dieser kurzen Zeit hinzubekommen, müssen sehr viele Faktoren zusammenkommen – von den Herstellern über die Zulieferer bis hin zu den Logistikunternehmen als Kunden und den Betreibern der Ladeinfrastruktur“, sagt Anna Herlt, Senior Partner im Münchner Büro von McKinsey und weltweite Leiterin der Nutzfahrzeugberatung.

Um den Hochlauf erfolgreich zu gestalten und zu ähnlichen Gesamtbetriebskosten wie bei Diesel-Lkw zu kommen, müssen etwa die Anschaffungskosten um bis zu 50 Prozent und die Ladekosten um 25 Prozent im Vergleich zu heute sinken. Philipp Radtke, Senior Partner von McKinsey: „Batterieelektrische Lkw dürfen unter den aktuellen Rahmenbedingungen in der Anschaffung höchstens 30 Prozent teurer sein, um für Kunden in den Gesamtbetriebskosten attraktiv zu sein“.

Die Lkw-Branche setzt voll auf Nullemissions-Lkw: Einige Hersteller haben bereits ein komplettes Elektro-Portfolio vorzuweisen, mehr als zehn Hersteller wollen in den kommenden zwei Jahren neue Modelle auf den Markt bringen, darunter einige Langstrecken-Lkw mit Reichweiten von mehr als 500 km.

Wir werden in der Industrie ein Austesten verschiedener Antriebe sehen – neben den dominierenden batterieelektrischen Lkw also auch solche mit Brennstoffzelle, Wasserstoff-Verbrenner und synthetische Kraftstoffe“, sagt Herlt. Allerdings: Aktuell üben sich die Kunden in Kaufzurückhaltung. Viele insbesondere kleinere Logistikunternehmen sind nicht in der Lage, die um 50 bis 250 Prozent höheren Anschaffungskosten für emissionsfreie Lkw zu stemmen.

Von mehr als 250 Flottenbetreibern, die für die Studie befragt wurden, nennen 34 Prozent Unsicherheiten über die Batterielebensdauer, 31 Prozent lange Ladedauer und 30 Prozent mangelnde Reichweite als Gründe gegen die Anschaffung eines batterieelektrischen Lkw. Diese Statistik zeigt allerdings auch: Umgekehrt scheinen zwei Drittel der Flottenbetreiber diese Bedenken nicht zu teilen.

90 Prozent der Logistiker stehen Truck-as-a-service interessiert gegenüber

Um nun den Hochlauf realisieren zu können, müssten bis 2035 bis zu 900.000 private Ladepunkte in Europa installiert werden – dafür seien rund 18 Milliarden Euro an Investitionen nötig. „Aktuell ist nur ein Bruchteil dieser Summe fest zugesagt“, so Herlt. Gründe dafür seien unter anderem die schleppenden Genehmigungsverfahren für Anschlüsse von Lkw-Ladeparks an das Stromnetz.

Neue, datenbasierte Angebote aus einer Hand wie Leasing und Finanzierung, Ersatzteile, Ladelösungen, digitale Services und Versicherungen unter dem Stichwort Truck-as-a-service (TaaS) könnten helfen, mögliche Risiken im Übergang zu einer Nullemissions-Nutzfahrzeugindustrie zu verringern. „Fast drei Viertel des Gewinns der Branche im Jahr 2035 entsteht aus diesen wiederkehrenden Services“, sagt Tobias Schneiderbauer, Co-Autor der Studie.

90 Prozent der befragten Logistiker stehen TaaS interessiert gegenüber. „Für Hersteller und Zulieferer aus der Truckbranche werden neue Kompetenzen, beispielsweise im Softwarebereich, aber auch Kooperationen und Partnerschaften mit Tech-Playern zunehmend wichtig, um an den zukünftigen Wertsteigerungen der Branche zu partizipieren.

Quelle: McKinsey – Pressemitteilung vom 11.09.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Symbrio:

Viel zu viel. Auch bedenken wieviele LKWs an der Raststätte rasten, man bräuchte 15-20 MW Schnelllader pro Raststätte. Mit erneuerbaren kann man diesen Vedarf nicht decken!

Ulrich Sancken:

Danke für die vielen interessanten Informationen. Das hat bei Ihnen ja richtig in Arbeit ausgeartet. Wie leicht es dagegen ist, einen Daumen nach unten anzuklicken. Meiner ging jedenfalls nach oben.

Daniel W.:

Korrektur:

Es sind nicht rund 33%, sondern nur rund 23% Mehrpreis – die Aussage im Ganzen:

Bei 300.000 Euro netto Diesel-Müllwagen-Preis und 70.000 Euro netto für das Akkupack wäre es ein rund 23% höherer E-Müllwagen-Preis.

Daniel W.:

A) Erst mal einige Infos.

—–
Der Verbrauch eines Elektro-LKW ist abhängig von der Tonnage und dem Anwendungsfall. Unsere Erfahrungswerte zeigen beispielsweise einen Verbrauch von 120 kWh auf 100 Kilometern im Fernverkehr mit Planenaufliegern. Elektrische Autotransporter liegen bei einem Verbrauch von 150 kWh auf 100 Kilometern und elektrifizierte Abfallsammelfahrzeuge bei bis zu 220 kWh auf 100 Kilometern.
(Quelle: designwerk.com))
—–
… Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES).

An einem Tag wird die Zehn-Tonnen-Trommel zweimal geleert, werden mithin 20 Tonnen Müll entsorgt. Dafür sind – wie Schäfer weiß – 90 Liter Diesel erforderlich. Macht, umgerechnet, 4,5 Liter je Tonne – bei nur 50 Kilometern pro Tag.
(Quelle: fnp.de – 27.10.2018)
—–
Ein herkömmliches Abfallsammelfahrzeug kostet um die 300.000 Euro.
(Quelle: ndr.de – 22.08.2023)
—–
Emissionsfreie Lkw werden bis Ende 2025 von der Maut befreit. Anschließend werden 25 Prozent des regulären Mautteilsatzes für die Infrastrukturkosten erhoben, zuzüglich der Mautteilsätze für Lärm und Luftverschmutzung.
(Quelle: ecomento.de – 26.06.2023)

B) Dann einige Überlegungen und Berechnungen.

In Frankfurt wären es demnach 50 km am Tag, bei bis zu 220 kWh auf 100 km wären das nur 110 kWh am Tag.

Hier könnte man einen 150-kWh-Akku verbauen, der bei geschätzt 200 Euro/kWh netto liegt, das macht 30.000 Euro netto.

Da die Müllwagen wegen der speziellen Aufbauten besonders teuer sind, machen die 30.000 Euro nur rund 10% des Kaufpreises ausmachen.

Muss der Müllwagen weitere Strecken bis zur Müllverbrennungsanlage fahren, kommt er vielleicht auf 150 km am Tag und 190 kWh auf 100 km.

150 km am Tag und ein Verbrauch von 190 kWh auf 100 km, das macht 285 kWh am Tag, also dürften 350 kWh als Akku reichen.

Bei 350 kWh und geschätzt 200 Euro/kWh netto wären es 70.000 Euro netto oder ein rund 33% höherer Kaufpreis.

In Frankfurt sind 90 Liter Diesel für 50 km erforderlich, macht bei 1,60 Euro/Liter also 171 Euro für 50 km.

Ein E-Müllwagen bis zu 220 kWh auf 100 km, bei 50 km 110 kWh, bei 39 Cent/kWh ca. 43 Euro für 50 km.

C) Fazit

Bei bedarfgerechter Akkuausstattung und bei speziellen Fahrzeugen mit teueren Aufbauten fällt der Akku-Preis kaum ins Gewicht.

Werden Einsparungen beim E-Motor gegenüber dem Diesel-Motor mit aufwendiger Abgasreinigung berücksichtigt, wird der Mehrpreis noch kleiner.

Der Strompreis wären im Vergleich zum Dieselpreis, wenn meine gefundenen Zahlen stimmen und vergleichbar sind, deutlich günstiger.

Zu Wartungskosten habe ich keine genauen Zahlen gefunden, aber diese dürften auch um einiges niedriger sein.

Zurzeit sind die Mautkosten bei E-Lkws gleich null und später deutlich niederiger, auch hier wird gespart.

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