Daimler Truck: Politik muss Ausbau von Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw forcieren

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Daimler Truck

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Karin Rådström, seit gut einem halben Jahr CEO von Daimler Truck, sprach mit Auto, Motor und Sport über die Herausforderungen der Antriebswende wie die noch kaum vorhandene Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw, und warum deren schleppender Ausbau für die Fahrzeughersteller zu einem größeren Problem werden könnte.

„In Europa kommen gerade vor allem drei Dinge zusammen“, so Rådström: „Die Nachfrage nach Lkw hat sich deutlich abgeschwächt, gleichzeitig nimmt der Wettbewerb zu – in den nächsten Jahren sicher auch durch Hersteller aus Fernost – und die historische Transformation unserer Branche zum emissionsfreien Transport fordert uns weiter.“ Zudem bestehen viele Unsicherheiten aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage, die sich derzeit rasant ändert und etablierte Gefüge durcheinanderwirbelt.

„Es sind also keine einfachen Zeiten und als Unternehmen muss man sich konsequent darauf einstellen. Genau das tun wir“, so Rådström. Dazu gehöre unter anderem, Kosten zu senken, gleichzeitig aber hohe Investitionen zu tätigen in neue Technologien, Produkte und Services. Ein schwieriger Spagat. Wichtiger denn je sei es, Kunden „genau die Lösungen anbieten zu können, die sie brauchen“, mit sowohl bei der Anschaffung als auch beim Betrieb reibungslosen Abläufen. Dafür baue Daimler Truck sein Netzwerk an Niederlassungen aus und errichte in Sachsen-Anhalt ein neues Logistikzentrum für die globale Ersatzteilversorgung.

„Aktuell verändern sich die Bedürfnisse von Nutzfahrzeugkunden auch durch die Transformation. Unsere Kunden erwarten, dass wir den Wechsel zu emissionsfreien Fahrzeugen für sie so einfach wie möglich machen“, so Rådström. „Das ist natürlich auch unser eigener Anspruch. Wir bieten deshalb nicht nur die richtigen emissionsfreien Fahrzeuge an, sondern auch die richtigen Services wie zum Beispiel optimale Ladelösungen.“

Aktuell liege der Fokus klar auf batterieelektrischen Lkw, diese sollen „mit etwas Zeitverzug um wasserstoffbasierte Antriebe“ ergänzt werden. Denn allein mit Batterien werde es bei Nutzfahrzeugen nicht funktionieren, so Rådström: „Heute sind in Europa sechs Millionen Lkw unterwegs und wir können unsere Hochspannungsnetze gar nicht schnell genug ausbauen – und schon gar nicht zu vertretbaren Kosten –, um all diese Trucks komplett auf Batterie-Antrieb umzustellen.“

Über den „richtigen Mix zwischen beiden Antriebstechnologien“ entscheide aber nicht der Hersteller, sondern die Kunden, sagt Rådström: „Je nach konkretem Anwendungsfall werden sie sich für die eine oder die andere Technologie entscheiden.“

Der Aufbau von Ladeinfrastruktur geht „viel zu langsam“

Ein Hemmschuh sei bislang die Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw, deren Aufbau „viel zu langsam“ vonstatten gehe: „Um die CO2-Ziele der EU zu erreichen, brauchen wir bis 2030 in Europa 35.000 Schnellladepunkte für elektrische Lkw und Reisebusse – heute gibt es nicht einmal 1000“, erklärt Rådström. Bei Wasserstoff sehe es „nicht besser aus. Das muss sich also dringend ändern.“

Zwar seien bei diesem Thema „vor allem Energiewirtschaft und Politik gefragt“, doch auch Daimler als Hersteller wolle einen Beitrag leisten und habe „deshalb gemeinsam mit Volvo und Traton das Gemeinschaftsunternehmen Milence gegründet, das sich zum Ziel gesetzt hat, in Europa 1700 öffentliche Ladepunkte zu errichten“, so Rådström. Ein wichtige Signal aus der Politik wäre auch, Unternehmen dabei zu unterstützen, „in ihren Depots eigene Lade-Infrastrukturen zu errichten.“

Für die Fahrzeughersteller stehen entscheidende Jahre bevor. Denn sie sind per EU-Verordnung verpflichtet, die CO2-Emissionen ihrer Neufahrzeugflotten zu senken. Gleichzeitig aber verlaufe der Aufbau von Ladeinfrastruktur zu langsam. „Wir haben es deshalb gar nicht selbst in der Hand, ob wir die CO2-Ziele der EU für 2030 erreichen“, moniert Rådström. „Aber falls wir sie verfehlen, müssen wir trotzdem hohe Strafen zahlen. Wir haben deshalb die Erwartung, dass die Politik die CO2-Ziele für Nutzfahrzeughersteller an den Ausbau der Infrastruktur koppelt.“

Quelle: Auto, Motor und Sport – „Wir wollen das beste Lkw- und Busunternehmen der Welt sein“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Musicman:

Schuld sind unter anderem die Netzbetreiber welche seit Jahrzehnten Milliarden verdienen aber nicht rechtzeitig in den Ausbau der Netze investiert haben. Zudem fehlt es dort auch an Personal um Netzanschlussanfragen schnell zu bearbeiten. Ich hoffe, dass deren garantierte Profite zukünftig etwas in die Knie gehen wenn die lokalen Großspeicher kommen. Aber um die existierenden Anfragen abzuarbeiten werden wohl auch wieder Jahre vergehen. Das Nadelöhr ist und bleibt der Netzbetreiber.

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