CO2-Vorgaben der EU: Das Gebaren des ACEA ist nur noch peinlich

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Mercedes-Benz

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Ein Kommentar von Michael Neißendorfer

Der europäische Automobilherstellerverband ACEA (für Association des Constructeurs Européens d’Automobiles) wird nicht müde, auf eine Lockerung der Klimaschutzregeln für Neuwagen in der Europäischen Union (EU) hinzuwirken. War es im vergangenen Jahr noch Renault-Chef Luca de Meo in seiner Funktion als Präsident des Lobbyverbands, der Horrorszenarien vom Untergang der europäischen Automobilindustrie an die Wand malte, sollte die EU an den seit Jahresbeginn geltenden, strengeren CO2-Grenzwerten festhalten, ist es nun sein Nachfolger als ACEA-Präsident, der CEO von Mercedes-Benz Ola Källenius, der gebetsmühlenartig die selben Sprüche wiederholt. Und ganz ehrlich: Wir können es nicht mehr hören.

„Wir brauchen einen realistischen Pfad zur Dekarbonisierung der europäischen Autoindustrie – einen, der marktgetrieben ist und nicht von Strafen“, fordert Källenius in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an die Europäische Kommission. Die Branche halte am Ziel einer emissionsfreien Mobilität fest, gibt er sich immerhin einsichtig, dass Klimaschutz wichtig ist. Doch das Tempo des Umschwungs hänge vom Kunden ab, und das gehe zu langsam, behauptet er. Doch damit schiebt er Verantwortung nur ab, statt sie zu übernehmen.

Dabei gibt es diesen „realistischen Pfad“, auf den Källenius pocht, bereits seit 2009, nunmehr also 16 Jahren, als die EU erstmals festgelegt hat, dass Autos klimafreundlicher werden müssen. Wesentlich geändert wurde die EU-Vorgabe seitdem nicht mehr, 2019 wurde final bestätigt, wie viel CO2 Neuwagen ab 2025 noch ausstoßen dürfen. Wer es als Autohersteller versäumt hat, sich darauf einzustellen, hat in dieser Hinsicht schlicht und einfach und auf ganzer Linie versagt.

Es hätte viele Wege gegeben, Flotten und Portfolios so umzubauen, dass sie für 2025 auf Kurs kommen. Das müssten auch nicht nur Elektroautos sein, wie Källenius es suggeriert, wenn er auf den in Europa stagnierenden Absatz der in der Bilanz klimafreundlichsten Modelle hinweist – als doch recht billige Ausrede, die CO2-Vorgaben nicht einhalten zu können. Denn es gäbe aber auch viele andere Wege: auch Plug-in-Hybride, sparsamere Mildhybride und vor allem kleinere und leichtere Autos mit kleineren und sparsameren Motoren kämen in Frage. Ein ausgewogener Mix davon und der Käse wäre gegessen. Doch auch hier haben viele Hersteller geschlafen – statt kleiner, leichter und sparsamer wurden Autos in den vergangenen Jahrzehnten immer größer, schwerer und leistungsstärker.

Dass es auch anders geht, zeigt der Neuwagenmarkt in China eindrucksvoll. Es ist der mit Abstand größte Automarkt der Welt, 40 Prozent aller Neuwagen werden dort zugelassen. Über die CO2-Vorgaben in Europa dürften Chinesen nur müde lächeln. In der EU müssen Hersteller grob überschlagen etwa 20 Prozent E-Autos und 10 Prozent Plug-in-Hybride an die Frau und den Mann bringen, um ihr Klimaziel einhalten zu können. Das wurde in China schon im Vorjahr erreicht, mehr als 50 Prozent aller Neuzulassungen dort haben Batterie und Stecker verbaut.

Was uns besonders sauer aufstößt, ist die unlautere Argumentation des ACEA. 15 Milliarden Euro an Strafzahlungen und „irreparable Schäden“ sollen den Herstellern drohen, wenn sie ihre CO2-Ziele verfehlen. Diese Behauptung hat zuletzt die NGO Transport & Environment zerpflückt und kam zu dem Schluss, dass es am Ende nicht mehr als eine Milliarde Euro sein dürfte. Und selbst wenn es 15 Milliarden wären: Für die satte und allzu oft recht selbstgefällige Autoindustrie, die sich gern wichtiger nimmt, als sie ist, wäre das zu verschmerzen.

Für wen spricht der ACEA überhaupt?

Wir fragen uns sogar, für wen der ACEA diese Forderungen überhaupt einbringt. Die ACEA-Mitglieder BMW, Hyundai und Volkswagen haben in den vergangenen Tagen und Wochen bereits verlauten lassen, dass sie davon ausgehen, die CO2-Ziele für 2025 aus eigener Kraft oder mittels Pooling einhalten zu können. Selbst Mercedes, das unter Källenius’ Verantwortung liegt, kann dies dank seinem Verbund mit dem chinesischen Geely-Konzern mit in der E-Mobilität überdurchschnittlich starken Marken wie Smart und Volvo schaffen. Der 14-Marken-Konzern Stellantis, der nicht Mitglied beim ACEA ist, ist ebenfalls zuversichtlich, die CO2-Vorgaben erfüllen zu können.

Damit wären wir auch an einem Punkt, den EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra als Argument aufgeführt hat, warum ein Aufweichen der Flottengrenzwerte nicht in Frage kommt. Neben der langen Vorlaufzeit von nunmehr 16 Jahren verweist er darauf, dass „mehrere große europäische Hersteller ihre Zuversicht zum Ausdruck gebracht haben, dass sie ihre Ziele erreichen werden, und sich entschieden gegen Änderungen des Rahmens für 2025 ausgesprochen“ hätten.

Die Kommission sei sich zwar bewusst, dass einige Autohersteller nun Bedenken hinsichtlich ihrer Fähigkeit geäußert hätten, „ihr Emissionsziel für 2025 vor dem Hintergrund eines verstärkten globalen Wettbewerbs und eines schrumpfenden Fahrzeugmarktes zu erreichen“. Allerdings würde eine kurzfristige Änderung der Regeln „die Wettbewerbsbedingungen verzerren“ und jene Hersteller, die ihre CO2-Ziele einhalten können, „in einen Wettbewerbsnachteil bringen“.

Und damit trifft es Hoekstra ziemlich genau: Wer in den vergangenen Jahren nicht fähig war, Verantwortung zu übernehmen, um für eine klimafreundlichere Neuwagenflotte zu sorgen, ist selbst schuld. Und sollte dann aber auch das Rückgrat haben, die Konsequenzen zu akzeptieren – anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen.

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Skodafahrer:

Es gibt LKW-Lader z.B. von Aral Pulse, aber die sind selten.
Heute sind die Führerscheine stark eingeschränkt. War das so stark wirklich nötig?
Mein alter 3er Schein, wurde umgeschrieben. Bei dem neuen Schein ist ein C1E enthalten, womit ich bis 12T schwere Gespanne fahren darf.

Klaus:

Die falsche Politik der EU ist dazu geeignet, Unternehmen wie Mercedes vom Markt zu drängen. Mercedes hat weder die Kunden noch das Know How um Fahrzeuge wie den VW E up als tragfähiges Geschäftsmodell zu betreiben. Selbst VW ist das nicht gelungen, dank Betriebsräten und Gewerkschaften.
Wenn es nicht gelingt, für die Decarbonisierung tragfähige Konzepte einzuführen, werden wir auf us Verhältnisse zusteuern.
Mit den veralteten auf Staatsdirigismus ausgelegten Konzepten der Grünen* wird das nicht gelingen.

[*Anm. d. Red.: Die CO2-Vorgaben der EU für Neuwagen wurden 2009 von der Schwarz-Rot-Gelben Kommission Barroso auf den Weg gebracht, später bestätigt und in Details weiter ausgearbeitet von der Schwarz-Rot-Gelben Kommission Juncker sowie der Schwarz-Rot-Gelben Kommission von der Leyen. Die Grünen, wie im Kommentar behauptet, waren daran nicht beteiligt.]

Monika:

Hallo,wir fahren jetzt schon 2 Jahre mit Wohnwagen und E- Auto in den Urlaub, 8000 km im Jahr quer durch Europa. Es klappt super. Natürlich muss man auch mal abhängen aber bekommt das immer schneller hin. Lest euch mal unsere Homepage zu dem Thema Eauto und wohnwagen durch. http://www.eauto-wohnwagen.de

Robert:

„internationalen Vergleich überzogenen Anforderungen“!!!!! vielleicht mal über den tellerrand schauen China hatte letztes Jahr neue und strengere Grenzwerte als EU7 schon eingeführt, in Kalifornien sind die Grenzwerte schon seit Jahren erheblich strenger als EU7 unsere Grenzwerte sind im vergleich nicht überzogen sondern deutlich schwächer und genau das ist das Problem von Europa.
Übrigens in Norwegen gilt seit 01.01.2025 ein Zulassungsverbot für neue Verbrenner, in Indien soll das scghon ab 2032 gelten in Äthiopien wurd auch schon ein inportverbot für Verbrenner beschlossen glaube das gilt schon ab diesem Jahr.
Nun rest von deinem Kommentar schreibe ich lieber nichts der enthält soviel Unsinn das ich kaum glauben kann das das von einer Einzelperson kommen kann

Tim Wolf:

Verschleppen oder Versagen hin oder her: wir schiessen uns mit im internationalen Vergleich überzogenen Anforderungen jeden Morgen erstmal selbst ins Knie, bevor wir versuchen im Wettbewerb zu bestehen.
Wird das Weltklima dadurch gerettet? Eher nicht…
Schaffen wir unsere Volkswirtschaft zugunsten derer der USA und Chinesen ab? Eher Ja….
Das wird nicht mehr lange gutgehen, Arbeitsplatzverluste sind der Gradmesser.
Mercedes Kunden sind nunmal keine e-Auto Fahrer und daher hat Mercedes da auch etwas gebremst in der Entwicklung. Nennt man Marktwirtschaft…
Die aktuelle Planwirtschaft überzieht und wird, wie immer, schlimme Schäden anrichten, bevor unnötige Bürokratie abgeschafft wird und Unternehmer wieder marktgerechte Entscheidungen treffen können.
Zur Erinnerung: Teslas Erfolg fußte nicht auf Vorschriften, sondern auf Ideen und Freiheit. Fair wäre es zuzuschauen, wie Mercedes von Tesla unter Druck gesetzt wird.
Unfair ist es, Mercedes zu zwingen Transferleistungen an Tesla zu bezahlen (Pooling). Beide Namen stellvertretend…

Highländer:

Da zeigt es sich doch deutlich, dass Källenius in Ägide der mittelmäßigen Manager sich nahtlos einzureihen versteht. Anstatt mit intelligenten Lösungen und Ideen in die Zukunft zu gehen, reitet dieser alte Narrative fortlaufend zu Tode. Wer war als Chefentwickler für die sich derzeit schlecht zu verkaufenden BEV verantwortlich ?! Dabei gilt es zu differenzieren, nicht das BEV verkauft sich weltweit schlecht, nein das schlechtgemachte BEV. Wer mit “ Das Beste sind nichts“ plakativ wirbt, darf sich bei mittelmäßigen BEV zum Premiumpreis über deren schlechten Absatz nicht wundern. Querbeweis, auch die ICE-Premiumprodukte, weisen einen deutlichen Abwärtstrend auf. Dumm nur, wenn zuvor die „Luxustrategie first“ ausgerufen wurde. Zum Glück existieren in den hiesigen Blechbiegerkonzernen in tieferen Ebenen Menschen, die die notwendige Intelligenz aufzubringen vermögen, denn die CEO und die Gewerkschaften in ihren angeborenen Kurzzeitdenken vermasseln zuviel.

I.R.:

Es ist hier hier die Rede davon das die Autos immer schwerer werden.
Natürlich werden Autos immer schwerer.
Ein Polo 1 mit 40 PS wog früher einmal
leer 680 kg.
Aber bei den heutigen Crash-Normen
würde ein solches Auto heute wohl als
fahrender Sarg bezeichnet.
Und gerade E Autos können gar nicht
leicht sein da ein Akku mit einer vernünftigen Reichweite ein Vielfaches
von einem vollen Benzintank wiegt und
nicht weit davon entfernt ist was ein Polo
1 als komplettes Auto leer wog.
Ich fahre hin und wieder mit einen Wohnwagen in Urlaub.
Mit einem E-Auto müsste ich ca. alle
200 Kilometer eine Ladestation anfahren.
Wo sind die Ladestationen die man mit
einem Gespann anfahren kann?
Die sollen erstmal eine vernünftige Infrastruktur aufbauen mit Ladesäulen
die man mit Gespannen , Sattelzügen
und Hängerzügen anfahren kann wie
bei heutigem Zapfsäulen auch , dann
wird das ganze vielleicht Interessant.
Und vor allem sollte man das zulässige
Gesamtgewicht für Pkw – Gespanne auf
4,25 Tonnen erhöhen das man in Zukunft mit
den schweren E-Autos überhaupt noch
etwas ziehen kann.

Harald S:

Vielen Dank für diesen tollen Kommentar!

Olivier:

Wir können es schon nicht mehr hören… Wenn die Normen so übertrieben hochgeschraubt werden, dass sie ptaktisch nicht zu erfüllen sind, dann ist es Logisch die immmer gleichen Sprüche zu hören. Diese Normen können nur noch in der Oberklasse erfüllt werden, da zu Teuer für Kleinwagen. Dort sind es dann nicht die Herseller, sondern die Kunden, die das nicht mehr bezahlen wollen.

hubert:

Diese Verhinderer bekommen auch immer wieder in den Talkshows die Möglichkeit ihre Thesen „seriös “ zu verbreiten und mit bezahlten „Sachverständigen“ zu untermauern.
Ohne dass die Moderatoren widersprechen. Diese Lobbyisten schaden der Zukunft der deutschen Wirtschaft mehr als die Grünen oder die SPD..

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