CO2-Emissionen des Verkehrssektors sind ein europaweites Problem

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

2030 wird der Verkehr fast die Hälfte aller Treibhausgasemissionen in Europa ausmachen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Analyse von Transport & Environment (T&E). Seit 1990 sind die verkehrsbedingten Emissionen in Europa um mehr als ein Viertel gestiegen. Sie werden nach der T&E-Analyse „State of European Transport“ weiter zunehmen, während die Emissionen der Gesamtwirtschaft bereits deutlich sinken. Europa müsse anfangen, das Problem der Verkehrsemissionen endlich ernst zu nehmen, wenn es bis 2050 Netto-Null-Emission erreichen will, so T&E.

Nachdem der Verkehrssektor seinen Höchststand an Emissionen 2007 erreicht hatte, dekarbonisiere sich der Sektor dreimal langsamer als der Rest der Wirtschaft. Unter den derzeitigen klimapolitischen Maßnahmen könnte der Anteil des Verkehrs an den Treibhausgasemissionen insgesamt von heute 29 Prozent auf 44 Prozent im Jahr 2030 steigen.

CO2-Verkehr-Europa-EU-Projektion
T&E

Die verkehrsbedingten Emissionen in der EU belaufen sich derzeit auf mehr als 1000 Millionen Tonnen CO2e, was der Summe aller Emissionen von Deutschland und den Niederlanden entspricht. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die verkehrsbedingten Emissionen ihren jüngsten Spitzenwert aus dem Jahr 2019 wieder erreichen, doch wenn keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden, wird es Europa nicht gelingen, 2050 netto null Emissionen zu erreichen.

„Deutschland sollte endlich wieder Führung zeigen und alles dafür tun, damit der Verkehrssektor möglichst schnell die Emissionen senkt“

Auf europäischer Ebene zeichnet sich das gleiche Bild ab, wie in Deutschland: der Verkehrssektor bleibt das Sorgenkind. Andere Sektoren schaffen es inzwischen, dreimal so schnell zu dekarbonisieren“, kommentiert Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland. 2030 werde fast die Hälfte von Europas Emissionen aus dem Mobilitätssektor stammen, daher fordert Bock die deutsche Politik auf: „Statt in Brüssel bereits vereinbarte Klimaschutzmaßnahmen zu sabotieren und blockieren, sollte Deutschland endlich wieder Führung zeigen und alles dafür tun, damit der Verkehrssektor möglichst schnell die Emissionen senkt.“

Mit Benzin und Diesel betriebene Autos sind für mehr als 40 Prozent aller Verkehrsemissionen verantwortlich. Die Abhängigkeit vom Auto hat seit den 1990er Jahren zugenommen, was die wachsende Fahrzeugflotte und der Bau von Autobahnen zeigt. Erst seit kurzem ist ein leichter Rückgang der durchschnittlichen Pkw-Emissionen zu verzeichnen, da mehr und mehr E-Autos auf den Markt kommen.

CO2-Europa-Verkehr
T&E

Die Emissionen des Luftverkehrs haben sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt – schneller als in jedem anderen Verkehrsbereich. Zusätzlich können Kondensstreifen die Klimaauswirkungen des Fliegens verdreifachen.

In der Analyse untersucht T&E die Auswirkungen der EU-Klimaregelungen auf die ausufernden Verkehrsemissionen und kommt zu dem Ergebnis, dass sie die Verkehrsemissionen 2040 um nur 25 Prozent und 2050 um 62 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 verringern werden. Autos, Lieferwagen und Lastwagen, die bis Mitte der 2030er Jahre gekauft werden, werden noch jahrelang auf den europäischen Straßen unterwegs sein und Benzin und Diesel verbrennen.

Schifffahrtsunternehmen haben demnach kaum Anreize, ihre betriebliche Effizienz zu steigern, und die Nachfrage nach Flügen, die durch die wachsende Flughafenkapazität angekurbelt werde, mache in diesem Jahrzehnt alle Emissionseinsparungen durch umweltfreundlichere Kraftstoffe wieder zunichte.

Die Analyse von T&E zeigt, dass neben der vollständigen Umsetzung der wichtigsten Green-Deal-Maßnahmen zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um den Verkehr vollständig zu dekarbonisieren. Dazu gehören:

  • Neue und ständig wachsende Verkehrsnachfrage durch den Stopp des Ausbaus neuer Flughafen- und Autobahnkapazitäten verhindern.
  • Ehrgeizige und verbindliche Zielvorgaben für den Kauf von E-Autos für Unternehmen, die aufgrund ihrer großen Fahrzeugflotten den Übergang zur E-Mobilität beschleunigen können. Zusammen mit Maßnahmen für den aktuellen Fahrzeugbestand und zur Verhinderung von dessen Wachstum könnten bis 2040 Emissionen um weitere 213 Millionen Tonnen CO2e gesenkt werden.
  • Durch die Erschließung von Effizienzgewinnen im Schifffahrtssektor könnten bis 2030 weitere 93 Millionen Tonnen CO2e eingespart werden, was entscheidend ist, um Emissionsfreiheit bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen.
  • Die direkte Elektrifizierung des Straßenverkehrs über batteriebetriebene Fahrzeuge ist mehr als 2-mal effizienter als die Nutzung von Wasserstoff und 4-mal effizienter als die Nutzung von E-Fuels, und sei daher zu bevorzugen. Europa könne es sich nicht leisten, erneuerbare Elektronen zu verschwenden.
  • Vorläufige Daten zeigen, dass die Emissionen des Straßenverkehrs im vergangenen Jahr um 8 Millionen Tonnen CO2e und die des Schiffsverkehrs um 5 Millionen Tonnen CO2e gesunken sind. Dieser Rückgang wurde jedoch durch den anhaltenden Aufschwung im Luftverkehr zunichte gemacht. Hier stiegen die Emissionen um 15 Millionen Tonnen CO2e.

Sebastian Bock dazu: „Autos, Lastwagen und Lieferwagen können kostengünstig mit Batterien und erneuerbaren Energien elektrifiziert werden. Das ist eine der einfachsten Maßnahmen für den Klimaschutz. Flugzeuge und Schiffe stellen eine größere Herausforderung dar und erfordern große Anstrengungen seitens der Treibstofflieferanten, um grüne Treibstoffe wie E-Kerosin und Ammoniak bereitzustellen. Gleichzeitig brauchen wir für die Luftfahrt einen Plan, um klimaschädliche Kondensstreifen zu beseitigen. Wenn der Ausbau von Straßen und Flughäfen gestoppt wird, ist die Aufgabe der Dekarbonisierung sehr viel einfacher.

Quelle: Transport & Environment – Pressemitteilung vom 20.03.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Stefan:

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Stefan:

Besonders aber ein deutsches. Gründe: Der Verkehrssektor wurde auf Druck von Herrn Lindner aus den eigentlich verbindlichen CO2 Reduktionszielen für jeden Sektor herausgenommen. Ein anderer Minister “hilft“ mit seinen Einsparungen aus. Zusätzlich verhindert Herr Verkehrsminister Wissing ein Tempolimit auf BAB, weil Schilder fehlen. Zusätzlich verzögert die FDP das Verbrenner Aus wegen der Technologie Offenheit. Fahrlässigen Amtsmissbrauch, zulasten der Bevölkerung nennt man sowas eigentlich. Wer die Hintergründe zu dem Kafkaesken Drama zur globalen Selbstverbrennung wissen möchte, hier ein Buchtipp:

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Peter Bigge von Berlin:

CO2-Emissionen des Verkehrssektors sind ein europaweites Problem.
Nö, sind sie nicht.
Sie sind ein weltweites Problem.

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