Mutmaßlicher Biodiesel-Betrug aus China kann nicht nachgewiesen werden

Cover Image for Mutmaßlicher Biodiesel-Betrug aus China kann nicht nachgewiesen werden
Copyright ©

Yogie Hizkia / Shutterstock / 1435122797

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Der Vorwurf wiegt schwer: In Biodiesel aus China sollen sich große Mengen an Palmöl befinden, was weder umwelt- noch klimafreundlich und noch dazu gesetzeswidrig wäre. Deutsche Behörden hatten deshalb Strafanzeige gegen chinesische Firmen gestellt – konnten jedoch kein Fehlverhalten nachweisen. Bereits seit Beginn des Jahres 2023 bestand der Verdacht, dass fälschlicherweise als „fortschrittlicher Biokraftstoff“ im Sinne der Erneuerbare-Energie-Richtlinie II (RED II) deklarierter Biodiesel in die EU importiert wurde.

Die Staatsanwaltschaft Bonn sah keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU. Allerdings hat es China den Kontrolleuren auch nicht leicht gemacht: „Für die Durchführung von Audits im Ausland in Form einer Begehung vor Ort ist grundsätzlich die Zustimmung der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes einzuholen. Diese Genehmigung wurde von der Volksrepublik China nicht gewährt“, heißt es in der Antwort.

Somit habe die für die Kontrollen zuständige Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bei in China anfallenden Audits lediglich sogenannte Fernbegutachtungen bei drei Biodieselanlagen durchführen können. Diese hätten „keine Anhaltspunkte für Betrug ergeben“. Darüber hinaus habe sich die BLE alle der Zertifizierung zugrundeliegenden Unterlagen der vorangegangenen zwei Jahre von der zuständigen Zertifizierungsstelle ISCC zur Prüfung vorlegen lassen, mit unzufriedenstellenden Ergebnissen. „Insbesondere die Angaben der Zertifizierungsstelle zu den Massenbilanzen wurden für allgemein und intransparent befunden und waren insgesamt wenig aussagekräftig“, heißt es hierzu in der Antwort der Bundesregierung.

Ergänzend wird in der Antwort darauf hingewiesen, „dass vor dem Hintergrund des fehlenden Instrumentariums von Vor-Ort-Kontrollen in Ländern, in denen die BLE keine Kontrollbefugnis hat, die BLE die technischen Voraussetzungen für die Herstellung von Biokraftstoffen in den chinesischen Herkunftsbetrieben nicht abschließend beurteilen“ könne. Im Rahmen der Sonderkontrollen seien keine Betriebsbesichtigungen durchgeführt worden, „auch Bildaufnahmen der Anlagen liegen der BLE nicht vor“. Darüber hinaus sei zu beachten, „dass das Vorliegen der technischen Voraussetzungen, um fortschrittliche Biokraftstoffe zu produzieren, kein Garant dafür ist, dass eine korrekte Deklaration der Ausgangsstoffe erfolgt“.

Fehlverhalten lässt sich chemisch-physikalisch nicht nachweisen

Erschwerend hinzu kommt, dass man ein Fehlverhalten der Produzenten nur direkt vor Ort bei der Herstellung des Biokraftstoffes nachweisen könnte, da an den chemisch-physikalischen Eigenschaften des fertigen Kraftstoffes nicht erkennbar sei, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitskriterien auch eingehalten wurden. Kurz: Man kann nicht nachweisen, ob der Kraftstoff aus altem Speisefett oder frischem Palmöl besteht.

Wie der NDR berichtet seien bei einer Umdeklarierung von frischem Palmöl-Biodiesel in alten Speisefett-Biodiesel im vergangenen Jahr laut Angaben des Preisinformationsdienstes Argus Media Gewinnmargen von bis zu 565 Dollar pro Tonne möglich. Recherchen von NDR Panorama zufolge müsse von möglichen Profiten in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar ausgegangen werden.

Die chinesische Botschaft äußerte sich demnach nicht zu den Vorwürfen. Die Bundesregierung schreibt zwar, diesbezüglich Gespräche mit chinesischen Behörden zu führen, verweist aber darauf, dass diese vertraulich seien.

Vor dem Hintergrund der weiterhin vermuteten Betrugsfälle bei der Biokraftstoffdeklaration sollen nun Möglichkeiten geprüft werden, das nationale Zertifizierungs- und Nachhaltigkeitsnachweisverfahren im Hinblick auf eine verbesserte Betrugsprävention auszugestalten. Dabei sollen die relevanten Stakeholder einbezogen werden. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass bei anderen alternativen Kraftstoffen und Energieträgern künftig ähnliche Vorwürfe im Raum stehen könnten, etwa bei E-Fuels oder Wasserstoff.

Quelle: Bundestag – Drucksache 20/10099 / NDR – Biodiesel-Skandal bleibt offenbar folgenlos

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Hans-Martin:

Endlich plappert hier jemand nicht nur dummes Zeug nach, sondern bildet sich eine eigene Meinung basierend auf einer einfachen Berechnung. Sehr cool, Daniel W.!

alchemist:

Ja, wenn dem so wäre mit einem Reformationsprozess, dann wird es natürlich schwieriger mit einem analytischen Nachweis. Dafür bedarf es keine Tipps, die Methoden sind Bestandteil eines Chemiestudiums.

Bei neuerlichem Lesen des Artikels wurde mir klar, dass ich dem von mir zitierten Satz einer sprachlich laxen Formulierung aufgesessen bin, die möglicherweise nicht die Realität widerspiegelt und suggeriert, dass der Kraftstoff gänzlich entweder aus Palmöl oder gebrauchtem Speisefett bestehe. Ich ging bislang davon aus, dass man einem Dieselmotor fast alles an nicht raffiniertem Kohlenwasserstoff zur Verbrennung zumuten kann, z.B. Schweröl in Schiffsdieseln.

Danke für Ihren Hinweis.

Wolfgang M.:

Dann wäre dem Chemiker anzuraten, diese Tipps umgehend den Chemikern des BLE zu verraten Wer!!
Ich denke aber auch, dass im fertigen Biokraftstoff eben diese Abbauprodukte nicht mehr nachweisbar sein dürften, da já die Ausgangssubstanzen einem Reformationsprozess unterworfen werden müssen, der diese Abbauprodukte verändert oder zerstört.
Wer möchte schon in seinem neumodischen Biodiesel Abbauprodukte von Frittierfett verbrennen?

Tom 1:

1+, da wurde was ins Rollen gebracht und dann wieder zurückgerudert weil die Chinesen ja so ehrlich sind, armes Deutschland.

Daniel W.:

Biodiesel ist sowieso ein Betrug – entweder wird frisches Palmöl für Biodiesel verwendet, dann muss Regenwald gerodet werden für den Palmölbedarf der Menschen oder es wird altes Fittieröl verwendet, aber davon gibt es garnicht genug, als dass damit in nennenwertem Umfang Biodiesel produziert werden könnte.

In meinem Kreis gibt es 635 Pkw auf 1.000 Einwohner, d.h. in meinem Wohnort mit rund 4.500 Einwohnern müsste es rechnerisch etwa 2.857 Pkws geben, die durchschnittlich ca. 34,7 km am Tag fahren, also zusammen rund 99.138 km pro Tag. Bei 7 Liter auf 100 km wären das rund 6.940 Liter Kraftstoff am Tag.

Es gibt in meinem Wohnort ein Hotel mit 27 Zimmern, Kegelbahn mit Gaststätte, 2 Gaststätten am Ortsrand, eine Kneipe und einen Dönerladen. Da dürfte nicht soviel altes Fittieröl zusammenkommen, um davon auch nur 1% des benötigten Diesel zu produzieren. Das dürfte auch auf die vielen Friteusen in China zutreffen.

Bei Biodiesel gibt es die gleichen Abgas- und Lärmprobleme wie beim normalen Diesel aus Erdöl, also nur ein Greenwashing und ein teueres noch dazu.

alchemist:

„Man kann nicht nachweisen, ob der Kraftstoff aus altem Speisefett oder frischem Palmöl besteht.“

Ich kenne zwar nicht genau den Prozess der Herstellung des hier beschriebenen Biokraftstoffs. Aber wenn es tatsächlich um die Unterscheidung der beiden hier zitierten Rohstoffe gehen sollte wirft diese Aussage ein schlechtes Licht auf die analytischen Fähigkeiten der BLE. Dem Chemiker fallen hier einige etablierte Methoden ein, um chemische Prozesse (Abbauprodukte während der Nutzung als Speisefett) und physikalische Veränderungen (Verfärbung, evtl auch Viskosität) qualitativ und teils auch quantitativ nachweisen zu können.

Philipp:

Man nehme eine Tonne Palmfett, erhitze sie auf 70%, werfe ein einzige Ei rein und koche es in 20min hart und schon ist das ganze Palmöl zu Altfett korrekt umdeklarierbar. Sagt doch keiner, dass Altfett aus zigmal verwendetes Kochfett besteht…

Das Aufheizen ist sicher günstiger als die genannten 565$ Gewinnspanne.

Frank:

Es könnte so einfach sein: Nachweis kann nicht erbracht werden = Importe aus China sind kein Biodiesel!
Warum müssen wir nachweisen, das es ein Fehlverhalten gibt! China soll nachweisen, das alles korrekt ist!
Dies gilt für alle Länder und Firmen Weltweit so.

peter m:

…ist mir unbegreiflich, dass dies so durchgeht und keine Kosequenzen hat.
Ich wurde mit der Stellungnahme des Bundesamtes für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) jegliche Einfuhr aus nicht EU Länder wie z.B.: China, wo der verdacht besteht und die Herkunft nicht nachgewiesen wird, mit sofortiger Wirkung ausgesetzt.

MMM:

Es ist wie immer: mit fossilen Kraftstoffen, und fossilem Kraftstoff ähnlichen Produkten kann man sehr viel Geld verdienen. Dass man sich bei der Gewinnoptimierung nicht über die Schulter blicken lässt, ist da doch nachvollziehbar.
Einziger Ausweg: statt des fertigen Biodiesels das alte Speisefett importieren und den Rest selbst machen.
Und den Bedarf natürlich langfristig begrenzen: aktuell nur als Beimischung, in einigen Jahren dann mit stetig steigendem Volumenanteil, bei gleichzeitig fallender Gesamtmenge.
Sonst wird nie ein Schuh daraus.

Ähnliche Artikel

Cover Image for Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Neuen Klasse startet BMW ab Ende 2025 in eine neue Ära des rein elektrischen Fahrens. Eine entscheidende Komponente: die Batterien.

Cover Image for Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Michael Neißendorfer  —  

Der Ioniq 6 N soll den Erfolg des Ioniq 5 N fortsetzen und integriert Technologien aus dem Motorsport in ein alltagstaugliches E-Auto.

Cover Image for BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

Michael Neißendorfer  —  

Ohne das starke Absatzplus der elektrifizierten Fahrzeuge wäre das Minus bei BMW deutlich schmerzhafter ausgefallen.

Cover Image for Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Michael Neißendorfer  —  

Weltweit steigt der Anteil von E-Autos an Neuwagenverkäufen von 20 auf 25 Prozent, trotz Wachstumsschwäche in wichtigen Märkten.

Cover Image for Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Michael Neißendorfer  —  

Mit dem EV5 bringt Kia ein weiteres E-Auto in das beliebte Kompakt-SUV-Segment, die größte und am schnellsten wachsende Fahrzeugklasse in Europa.

Cover Image for Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Wolfgang Plank  —  

Erfreulich gegen den Trend ist der Mazda 6e in Sachen Karosserie unterwegs. Leider muss man sagen aber auch bei der Ladeleistung.