Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, Prof. Moritz Schularick, gab den Kieler Nachrichten gegenüber eine ernüchternde Prognose ab. Er hält den Vorsprung Chinas bei der Produktion von Elektroauto-Akkus für nicht einholbar, da dort bereits in großen Massen zu günstigen Preisen produziert werden kann. Einzig, wenn der Westen bereit wäre, eine Massenproduktion durch gewaltige Subventionen aufzubauen, sei diese Entwicklung abwendbar.
China hat bei der Entwicklung von Elektroautos sowie Batterietechnologien die Nase deutlich vorn. Dieser Trend zeichnet sich bereits seit einigen Jahren immer stärker ab, während sich andere, traditionelle Hersteller in der Automobilindustrie mit der Elektrifizierung ihres Fahrzeugportfolios schwer tun. Auch deutsche Hersteller geraten dadurch immer weiter ins Hintertreffen.
„Was die Konkurrenzfähigkeit Europas, aber auch der USA angeht, muss man sehen: Der Zug ist abgefahren“, sagte Schularick gegenüber den Kieler Nachrichten. Im Massengeschäft werde Europa nicht mehr hinterherkommen, was unter anderem an den Größenvorteilen, aber auch an besseren Technologien in China liege. Außerdem ist die europäische Batterieproduktion hinsichtlich wichtiger Rohstoffe wie seltenen Erden und Lithium hochgradig von Importen abhängig, vor allem aus China.
Das Ende von Northvolt
Mit dem schwedischen Unternehmen Northvolt sollte ursprünglich eine von China unabhängige Massenproduktion von Batterien in Europa aufgebaut werden. Darunter war auch das deutsche Werk Heide in Schleswig-Holstein. Inzwischen ist das Unternehmen allerdings insolvent, die Werke sollen verkauft und unter anderer Regie betrieben werden.
Europäische Batterieproduktion für den Massenmarkt – diese Idee sei mit Northvolt gestorben, findet Schularick. Nachdem für den geplanten Fabrikbau bei Heide eine Anleihe bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Höhe von knapp 600 Millionen Euro aufgenommen wurde, bleiben von Northvolt nur noch Bürgschaften und Steuerlasten.
Für die Anleihen hatten Bund und Land jeweils zur Hälfte gebürgt. Hinzu kamen, so die Kieler Nachrichten, 20 Millionen Euro für Zinsen und Verfahrenskosten. Außerdem habe die EU-Kommission Anfang 2024 direkte Fördermittel in Höhe von rund 700 Millionen Euro genehmigt, 137 Millionen Euro vom Land und 564 vom Bund, die aber noch nicht ausgezahlt wurden. Schätzungen zufolge sind insgesamt 300 Millionen Euro Steuern aus Schleswig-Holstein verloren.
Politik setzt falsche Signale
Expert:innen kritisieren die deutsche Politik hinsichtlich der Weichenstellung für Elektromobilität und Nachhaltigkeit. So äußerte sich auch Schularick kritisch zur Energiepolitik. Am Rande des Sommerempfangs des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) in Kiel sagte er, dass viele Signale rückwärtsgewandt seien. Bei Strombedarf und Stromkosten sei der Fokus auf Industrien wie Stahl und Chemie gerichtet, während der Strombedarf von Datenzentren und KI-Anwendungen nicht ausreichend berücksichtigt werde. Diese seien aber von Bedeutung, wenn Deutschland Hochtechnologieland sein oder werden will.
Auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt von den Grünen sagte, dass Marktsignale vom Bund nicht transformationsförderlich seien. Angebot, Ausbau und Nachfrage von Windkraft und Batteriespeichern in Schleswig-Holstein sind groß. Es gebe aber Zweifel, ob die aktuelle Bundesregierung ein verlässlicher Partner der Energiewende bleibt, da bestimmte Entscheidungen anderes vermuten lassen. Beispielsweise bremse der geplante Bau von Gaskraftwerken den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Zudem wurde erst kürzlich Kritik an der Bundesregierung laut, die den Rohstofffonds der KfW gekürzt hat, was ernsthafte Bemühungen um eine deutsche und europäische Versorgungsunabhängigkeit zumindest zweifelhaft macht.
Entsprechend werden Stimmen laut, wie die von LEE-Geschäftsführer Marcus Hrach, die Planungssicherheit, Verlässlichkeit und klare politische Vorgaben fordern. Die Zukunft gehöre den Erneuerbaren, so Hrach. Nur sieht es so aus, als würden Produktion und Innovation in diesem Bereich nicht mehr in europäischen Händen liegen.
Quellen: Zeit – Ökonom Schularick zu Batterieproduktion: „Zug abgefahren“ / Kieler Nachrichten – IfW-Chef Schularick gibt europäischer Batterieproduktion in Heide keine Chance mehr