Barkaufquote bei E-Autos überraschend hoch, Rabatte weniger wichtig

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Alles anders auf dem E-Auto Markt: Neue Marken und Modelle, neue Technologie – und neue Kundenpräferenzen. Wurde ein Verbrenner oft erst nach zähen Preisverhandlungen erworben, wünschen sich Käuferinnen und Käufer von E-Autos häufiger einen Festpreis und richten ihr Augenmerk stärker auf verbrauchsabhängige Kosten. Elektroauto-Käufer bezahlen den Stromer bevorzugt bar, so eine aktuelle Studie von UScale. Das werde zur Herausforderung für Hersteller und Importeure, weil es die Markenbindung weiter schwäche. Hersteller und ihre Banken müssen sich demnach auf diese besondere Klientel in der aktuellen Marktphase einstellen, um erfolgreich agieren zu können.

Sie verfügen über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen, verhandeln weniger gern, kaufen ihr Fahrzeug deutlich häufiger aus eigenen Mitteln und haben ein stärkeres Augenmerk auf verbrauchsabhängige Kosten ihres Pkw: E-Auto-Käufer:innen seien in der aktuellen Übergangsphase vom Innovatorenmarkt hin zum Massenmarkt eine besondere Kundengruppe, auf die sich die Industrie einstellen müsse. Das bestätige die repräsentative EV-Finance-Studie 2024 (verlinkt als PDF), die 1700 E-Auto- und über 800 Hybrid- und Verbrenner-Käufer:innen befragt hat. Die Umfrage wurde von den Marktforschungsunternehmen MiiOS und UScale zum zweiten Mal in Folge durchgeführt.

Ein Drittel der E-Auto-Shopper bevorzugt demnach Festpreise, bei Verbrennern und Hybriden sind es nur rund 20 Prozent. E-Auto-Käufer unterstützen damit indirekt das Agenturmodell, mit dem viele Hersteller und Importeure derzeit den klassischen Autohandel ersetzen, um dem Feilschen ein Ende zu setzen. Beim Agenturmodell verkauft der Händler im Auftrag des Herstellers zu Festpreisen und verdient an der Vermittlung.

E-Auto-Käufer:innen schauen stärker auf die „wahren“, also die verbrauchsabhängigen Kosten. Der Kaufpreis selbst ist entsprechend weniger relevant für die Kaufentscheidung. Für jeden vierten (24 Prozent) E-Auto-Shopper sind die verbrauchsabhängigen Kosten das entscheidende
Kriterium für die Wahl des Modells. Zum Vergleich: Unter den Verbrenner-Kaufenden sind die verbrauchsabhängigen Kosten nur für 10 Prozent am wichtigsten. Hier entgeht Verbrenner-Fahrern viel Sparpotenzial, schließlich liegen die Kosten für Benzin und Diesel im Schnitt beinahe doppelt so hoch wie die Ausgaben für Strom fürs Elektroauto.

E-Auto-Fahrende kaufen ihr Auto demnach auch signifikant häufiger aus eigenen Mitteln (also „bar“, 44 Prozent) ) und binden sich weniger häufig an Kredit- (20 Prozent) oder Leasingverträge (32 Prozent). Auch wenn der Anteil langsam abnehme, liege er signifikant höher als bei Verbrenner-Kunden. Auto-Abos spielen mit 2 Prozent eine nur untergeordnete Rolle.

Die hohe Barzahler-Quote sei für Hersteller und Importeure ein Problem. Eine wichtige Aufgabe der Autobanken ist es, Kunden an die Marke zu binden. Dieser Aufgabe kommt angesichts der ohnehin geringen Markenbindung unter E-Auto-Käufern eine noch größere Bedeutung zu. Die hohe Barzahler-Quote verhindere aber, dass Autobanken diese Stärke ausspielen können. Autobanken müssen sich auf die spezifischen Bedürfnisse von E-Auto-Kaufenden einstellen, um sie zu loyalen Kunden zu machen, so UScale in seiner Mitteilung.

Eine weitere Erkenntnis aus der Studie: Autohändler verlieren bei der Entscheidungsfindung an Bedeutung. Trotz dem zunehmenden Online-Vertriebs spielen sie aber beim Kauf weiterhin eine zentrale Rolle. Eine Mehrheit von 54 Prozent unterschreibt beim Händler. Unter den Privatkäufern beträgt der Anteil sogar 57 Prozent. Jeweils 18 Prozent schließen ihren Kauf online entweder beim Händler oder beim Hersteller ab.

Elektroauto-Käufer schätzen antriebsspezifische Zusatzangebote

Elektroauto-Käufer buchen im Falle einer Finanzierung oder eines Leasingvertrags auch seltener einen Full-Service-Vertrag als Verbrenner-Käufer. E-Auto-Shopper bevorzugen demnach mehrheitlich, Services individuell zusammenzustellen. Noch nicht mal die Hälfte (41 Prozent) der befragten E-Auto-Shopper wünschte sich die Wartungs- und Versicherungspakete, die bei Verbrenner-Fahrenden mit 58 Prozent, bei Dienstwagen-Fahrenden mit 61 Prozent und bei Käufern von Hybridautos sogar mit 67 Prozent nachgefragt wurden.

Dafür sind E-Auto-Fahrer:innen sehr offen für Zusatzangebote, wenn sie einen Bezug zum elektrischen Fahren haben. Hier sind insbesondere ein integriertes Ladeguthaben für öffentliche Ladeinfrastruktur (66 Prozent) sowie eine Ladekarte der Marke (63 Prozent) von hohem und sehr hohem Interesse.

Für Finance-on-Demand gibt es derzeit mit zehn Prozent nur einen sehr kleinen Markt unter E-Auto-Interessenten. Bei Finance-on-Demand handelt es sich um Verträge, bei denen Kredit- bzw. Leasingkunden den Umfang und die Laufzeit ihres Vertrags während der Laufzeit online „mit einem Klick“ ändern können.

Die Studie wurde im Dezember 2023 in Deutschland, Österreich und der Schweiz online durchgeführt und im Januar 2024 ausgewertet. Insgesamt befragten die Marktforschungsunternehmen MiiOS und UScale 2442 Probanden nach dem Kauf ihres Neuwagens innerhalb der letzten 18 Monate. Davon hatten sich 1699 Befragte für ein elektrisch betriebenes, 324 für ein Hybrid- und 419 Befragte für ein Verbrenner-Fahrzeug entschieden.

Quelle: UScale – Pressemitteilung vom 21.02.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Wolfbrecht Gösebert:

“ [Betriebskosten Benziner] … Eine Zündkerze kostet fünf Euro und fünf Liter Öl 30 Euro.“

Wann hast Du zuletzt SOLCHE Vertragswerkstatt-Material-Preise gesehen? 2002, mit der Einführung des Euro ?-) Reality-check please!

Spiritogre:

„BEV rechnen sich langfristig übrigens aufgrund der massiv besseren Betriebskosten immer.“

Da ist mir zu viel Schönrednerei drin. Zunächst ist der Anschaffungspreis viel höher, alleine um den wieder durch eingesparte Benzinkosten (Strom ist auch nicht umsonst) rauszukriegen dürften im Schnitt drei bis fünf Jahre Minimum draufgehen, je nach Fahrprofil sogar mehr.
Dann, welche Betriebskosten haben Benziner, die BEVs nicht haben? Öl- und Zündkerzen, das war es. Eine Zündkerze kostet fünf Euro und fünf Liter Öl 30 Euro. Oh, wow, das sind also maximal 50 Euro im Jahr… WAHNSINN!!!

Spiritogre:

Bei modernen Beinzinern kann man kaum noch was selbst reparieren, bei E-Autos noch viel weniger. Außerdem braucht man spezielle Ausbildung für E-Autos. All das wird Reparaturen für die noch wieder teurer machen.

Motoren brauchen regelmäßig frisches Öl und Zündkerzen. Vernünftige Motoren halten dann auch 200.000 Km und mehr. So lange leben die meisten Autos insgesamt nicht.

Unterhaltskosten finde ich immer so relativ. Bremsen, Bremsflüssigkeit etc. brauchen E-Autos genauso. Und das sind Summen, die machen den Kohl nicht fett.

Was ihn fett macht sind initiale Mehrkosten, Elektroautos kosten gerne mal 10k bis 20k mehr in der Anschaffung und halt tatsächlich auch Akku Degeneration. D.h. die Reichweite sinkt. Je günstiger E-Autos allgemein und Jahr für Jahr werden, desto höher der Wertverlust für die Gebrauchten BEVs.

Philipp:

4-5 Jahre halte ich nicht für kurzfristig.

Insgesamt sind in der Kostenrechnung aber bei Autos über 4-5 Jahren dann nicht mehr der Wertverlust, sondern die Reperatur und Verschleiskosten relevant. Wenn man das dann selber machen kann oder für ein Kasten Bier vom Nachbar/Kumpel gemacht bekommt, sind diese Kosten natürlich überschaubar.

Es gibt einen guten Grund, warum die Abschreibedauer bzw. die übliche gewerbliche Haltedauer 4 Jahre ist: Das Auto wird mit Reperaturen im Schnitt teurer als der Wertverlust eines Neuwagens.

Wir können uns jetzt darüber zerstreiten ob das bei eAutos immer noch 4 Jahre sind (glaube ich auch nicht, weil der Verbrennungsmotor mehr Verschleisteile hat und komplexer aufgebaut ist), aber am Problem der hohen Reperaturkosten im Alter und der Kosten für einen Austauschwagen ändert das aber nichts Fundamentales.

Mal eine Lichtanlage austauschen, das Radio zickt oder ein 8-fach Satz Reifen gehen heutzutage sehr schnell 4-stellig ins Geld und die erste Zahl ist dann keine 1.
Und auch wenn du eine Batteriegarantie für 8 Jahre hast, wenn das Auto 2 Monate ausfällt hast du 2 Monate zusätzliche Kosten für einen Leihwagen bis die Batterie repariert wurde.

MMM:

Das ist ja der gleiche Quatsch, wie jedes Jahr ein neues Smartphone kaufen und hoffen, dass man für das alte noch was bekommt.
Wenn man so ein Teil 5 Jahre hält, kann das auch 1000,- Euro gekostet haben (muss es aber nicht), ohne dass das aus dem Ruder läuft.
Wer immer das Neueste braucht, zahlt mit Recht einen Aufschlag für seinen verschwenderischen Lebensstil.
Zum Glück sind nicht alle Menschen so.

BEV rechnen sich langfristig übrigens aufgrund der massiv besseren Betriebskosten immer. Aber das bedeutet natürlich, dass man sie nicht als 2-Jährige wieder auf den Markt wirft.

MMM:

Wertverlust interessiert mich nicht.
Ich habe mein Auto als Leasingrückläufer gekauft und werde es persönlich auf dem Schrottplatz beerdigen. Einen relevanten Marktwert hat es schon heute nicht mehr. Dann wird es (soweit das bisher absehbar ist) seine Dienste für’n Appel und ein Ei pro Monat absolviert haben. Einzige echte Kostenfaktoren (neben Sprit) sind tatsächlich Kfz.-Steuer und Versicherung, Service und Rep. halten sich im Vergleich dazu echt im Rahmen.

Ja, ich habe auch schon Autos verkauft. Aber zumindest privat tue ich mir das nicht mehr an, und „ich will immer das Neueste“ ist für mich eh keine Begründung für den Neukauf eines Gebrauchsgegenstandes, solange der alte einer Aufgabe gewachsen ist. Machen nicht mal meine Nachbarn so, es ist also auch niemand zu beeindrucken. Den Mustang-Fahrer zwei Häuser weiter ignorieren wir. ;-)

brainDotExe:

Ist doch größtenteils für Leute relevant, welche ihre Autos lediglich kurzfristig halten.

Bei einer geplanten Haltedauer von 7-10 Jahren mache ich mir keinen Kopf über Wertverlust.

Philipp:

„E-Auto-Käufer:innen schauen stärker auf die „wahren“, also die verbrauchsabhängigen Kosten.“

Ich kann es drehen und wenden wie ich will, aber im Vergleich werden die verbrauchsabhängigen Kosten gegenüber dem Wertverlust erst mit einer Haltedauer über 4 Jahren relevant und das ist unabhängig von der Antriebsform.

Nur durch die Marktüberhitzung mit Lieferzeiten über 6 Monaten waren die Gebrauchtwagenpreise im letzten Jahr so hoch, dass sich fast kein Wertverlust eingestellt hatte. Diese Blase ist aber jetzt vorbei und der Wertverlust und damit der Anschaffungspreis ist wieder der Kostentreiber Nummer 1.

alchemist:

Überraschend scheint in der Tat die signifikant niedrigere Quote für die verbrauchsabhängigen Kosten bei Käufern von Verbrennern (ICE). Aber dafür müsste man die genaue Formulierung der Fragestellung kennen. Wurde das als Kriterium für die Wahl zwischen EV oder ICE gefragt oder als Kriterium für die Wahl eines Modells der jeweiligen Kategorie?

Es überrascht leider nicht der Zeitgeist, der sowohl im Artikel als auch in den PDF-Folien die Lektüre verdirbt. Der Gipfel der Absurdität findet sich im Artikel: „E-Auto-Fahrende kaufen ihr Auto …“.

heinr:

ein E Fahrzeug muss man sich halt leisten können. Die das können brauchen keine Kredite und fahren inzwischen elektrisch. Alle die den Cent einmal mehr umdrehen müssen scheuen zu Recht noch den extremen Wertverlust, da hilft alles schönreden nichts.

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