Rechtsanwältin Lietz über rechtliche Hürden der E-Mobilität

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Dr. Franziska Lietz, eine erfahrene Rechtsanwältin im Bereich Energie- und Umweltrecht, war erneut zu Gast in unserem Podcast. Mit über 13 Jahren Erfahrung, insbesondere im Energierecht, und einer starken Verbindung zur E-Mobilität, brachte sie spannende Einblicke in die aktuellen rechtlichen Herausforderungen und Entwicklungen in der Branche mit. Besonders interessant war ihr Blick auf die Dynamik der Gesetzgebung und ihre Auswirkungen auf die Elektromobilität – ein Bereich, in dem sie mit ihrer Expertise regelmäßig auch Unternehmen berät.

Ein Schwerpunkt des Gesprächs lag auf der neuen AFIR-Verordnung (Alternative Fuels Infrastructure Regulation), die seit April 2024 in Kraft ist. Diese EU-Verordnung ersetzt die bisherige Richtlinie und die deutsche Ladesäulenverordnung, indem sie einheitliche, unmittelbar geltende Regeln für öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur schafft. Franziska erläuterte, dass die AFIR nicht nur Ladepunkte für Elektroautos betrifft, sondern auch alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff und sogar Landstromversorgung für Schiffe einbezieht.

Besonders relevant ist die Pflicht, öffentlich zugängliche Ladepunkte ab Oktober 2024 digital zu vernetzen und steuerbar zu machen – ein Thema, das viele Betreiber vor neue Herausforderungen stellt. Sie betonte auch, dass die Definition von „öffentlich zugänglich“ in der AFIR teils von der Ladesäulenverordnung abweicht, was in der Praxis zu Verwirrung führen kann, etwa bei Parkplätzen von Supermärkten oder Betriebsstätten.

GEIG treibt ab 2025 Ladeinfrastruktur-Ausbau

Auch über das Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastruktur-Gesetz (GEIG) haben wir gesprochen. Dieses bereits im März 2021 verabschiedete Gesetz fordert, dass Bestandsgebäude mit mehr als 20 Stellplätzen seit Januar 2025 mindestens einen Ladepunkt bereitstellen müssen. Franziska hob hervor, dass Unternehmen jetzt genau prüfen sollten, ob und wie sie diese Anforderungen umsetzen. Dabei wies sie darauf hin, dass ab 2026 durch die neue EU-Gebäuderichtlinie weitere Verpflichtungen hinzukommen könnten, wie die Ausstattung jedes zehnten Stellplatzes mit Ladeinfrastruktur oder zumindest einer Leerverrohrung. Ihre klare Botschaft: Wer Ladeinfrastruktur plant, sollte dies vorausschauend und flexibel tun, um zukünftige Anpassungen leichter umsetzen zu können.

Ein weiteres zentrales Thema war die geplante Novelle des Stromsteuerrechts, die vorerst aufgrund des politischen „Ampel-Aus“ gescheitert ist. Franziska erklärte, dass diese Novelle Betreiber von Ladeinfrastruktur, die selbst erzeugten Strom nutzen, erheblich entlastet hätte, indem sie bürokratische Hürden wie die sogenannte Versorgeranmeldung abgeschafft hätte. Sie zeigte sich jedoch optimistisch, dass diese Regelung – in welcher Form auch immer – zukünftig kommen wird, da sie breite Unterstützung genießt. Die Novelle hätte etwa die Nutzung von PV-Strom für Ladeinfrastruktur erleichtert, was in Zeiten steigender Anforderungen an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz ein wichtiger Schritt gewesen wäre.

Neben diesen Hauptthemen warfen wir auch einen Blick in die Zukunft. Franziska sprach über mögliche Änderungen im Energierecht, insbesondere im Bereich Netzanschlussbedingungen. Einheitliche technische Standards könnten künftig die Installation von Ladeinfrastruktur erleichtern und Planungssicherheit schaffen. Sie riet Unternehmen, nicht nur die aktuellen Pflichten zu beachten, sondern auch langfristige Entwicklungen im Blick zu behalten, um frühzeitig auf neue Vorgaben reagieren zu können. Nun aber genug der Vorrede – lasst uns direkt ins Gespräch eintauchen!

Gerne kannst du mir Fragen zur E-Mobilität, die dich im Alltag beschäftigen, per Mail zukommen lassen. Die Antwort darauf könnte für andere Hörer des Podcasts ebenfalls von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für etwaige Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung beim Podcast-Anbieter deiner Wahl freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Philipp:

Wenn dein Arbeitgeber 20 (bald 10) Stellplätze neben dem Gebäude hat, muss er einen Ladeplatz bereitstellen.
Musst mich nicht korrigieren, lese einfach die EU Regel.

Niklas Maurus:

Ladestationen mussten bis vor einiger Zeit auch nicht vom Eichamt geprüft werden.

Arbeitgeber können sie nicht verpflichten. Wie sie zur Arbeit kommen ist ihr privates Schicksal. Sie können auch Bus und Fahrer nehmen.

Manche Arbeitgeber haben nicht mal Parkplätze

Philipp:

Danke für das Interview. Das verpflichtet dann viele Arbeitgeber entsprechend eine Ladeinfrastruktur anzubieten. Sehe ich positiv.

Frage meinerseits wäre hier zu Art. 5 Abs. 3 AFIR: Diskriminierungsfreie Preise für das Adhoc-Laden.

„3) Die von den Betreibern öffentlich zugänglicher Ladepunkte berechneten Preise müssen angemessen, einfach und
eindeutig vergleichbar, transparent und nichtdiskriminierend sein. Die Betreiber öffentlich zugänglicher Ladepunkte dürfen
durch die berechneten Preise nicht zwischen Endnutzern und Mobilitätsdienstleistern oder zwischen verschiedenen
Mobilitätsdienstleistern diskriminieren. Eine Differenzierung des Preisniveaus darf allerdings stattfinden, jedoch nur, wenn
die Differenzierung verhältnismäßig und objektiv gerechtfertigt ist.“

Fragen:
– Wieso setzt das keiner durch?
– Habe ich als Kunde ein Klagerecht oder darf hier nur z.B. eine Verbrauchschutzorganisation das Recht einfordern?
– Könnte ich wegen Wucher/ungerechtfertigter Bereicherung/irgendwas anderes die zu hohen Kosten zurückfordern?

Diskriminierend ist es z.B., wenn die Adhoc-Preise deutlich höher sind, wie z.B. die Preise, wenn man mit einer App bezahlt. Eine App hat ja keine Kostenersparnis für den Anbieter, weil die Kreditkartengebühren immer noch anfallen. Also ist der höhere Preis nicht objektiv begründet.

z.B. EnBW: Mit Kreditkarte 79c/kWh an der EnBW Säule und mit der EnBW-App nur 59c/kWh. Es gibt keinen einzigen Grund hier die Kreditkartenpreise 33% teurer zu gestalten, außer man diskriminiert alle, die nur mit Kreditkarte zahlen wollen (dito mit Girokarte). Das machen nahezu alle Anbieter mit eigener App, EnBW ist ja nur der größte in Deutschland.

Niklas Maurus:

Vielleicht kann sie dann ja auch mal erläutern, warum auf Euro lautende Banknoten als einziges gesetzliches Zahlungsmittel nicht an öffentlichen Ladeparks von der Autobahngesellschaft oder Stadtwerken angenommen wird.

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