Porsche zieht bei Batterietochter Cellforce den Stecker

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Sebastian Henßler
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  —  Lesedauer 3 min

Porsche zieht bei seiner Batterietochter Cellforce die Reißleine. Das Unternehmen will den Großteil der Aktivitäten einstellen, knapp 200 Jobs sind bedroht. Nach Angaben der Arbeitsagentur in Reutlingen wurde eine Massenentlassung angezeigt. Am Standort Kirchentellinsfurt soll nur ein kleiner Bereich für Forschung und Entwicklung bestehen bleiben.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde von Porsche-Chef Oliver Blume persönlich über die Pläne informiert. Das Land hatte die Ansiedlung mit Fördergeldern unterstützt. Rund 60 Millionen Euro waren ursprünglich angekündigt. Ob die volle Summe tatsächlich geflossen ist, bleibt unklar. Von Seiten der Landesregierung gibt es keine Kommentare zu vertraulichen Gesprächen, Porsche selbst verweigert ebenfalls eine Stellungnahme.

Bereits im April hatte der Sportwagenbauer erklärt, dass Cellforce nicht eigenständig fortgeführt wird. Stattdessen suchte man nach Investoren, um den Betrieb doch noch zu sichern. Anfang August wurden in Kirchentellinsfurt Vertreter von BMW gesichtet. Auch Rüstungsunternehmen sollen Interesse gezeigt haben. Ihr Blick richtete sich laut Medien auf Batterietechnik für Drohnen.

Der Schritt markiert ein abruptes Ende einer hochfliegenden Ankündigung. Im Sommer 2021 hatte Porsche den Start von Cellforce mit großem politischen Beistand gefeiert. Damals stand die Vision im Raum, eigene Hochleistungszellen für kommende Elektroautos zu entwickeln. Eigentlich sollte die Fabrik in Tübingen gebaut werden. Juristische Hürden verhinderten jedoch den Plan. Zwischenzeitlich war auch eine weitaus größere Batterieproduktion im Gespräch, die sich aber nie realisierte.

Cellforce beschäftigt nach Unternehmensangaben insgesamt rund 280 Menschen. Nun steht ein Großteil von ihnen vor einer ungewissen Zukunft. Anders als im Mutterkonzern gibt es keine Beschäftigungsgarantie. Für Montag ist eine Betriebsversammlung angekündigt, bei der Entwicklungsvorstand Michael Steiner zu den Beschäftigten sprechen soll. Für Porsche bedeutet der Ausstieg einen tiefen Einschnitt. Vorstandschef Blume hatte die Batteriefertigung als Baustein für eine Vorreiterrolle in der Elektromobilität vorgesehen. Die Realität sieht anders aus. Der Übergang zu Elektroautos läuft schleppender als erwartet. Parallel investiert das Unternehmen wieder stärker in die Entwicklung klassischer Motoren. Mit der Aufgabe von Cellforce erhält Blumes Strategie einen empfindlichen Dämpfer.

Die wirtschaftlichen Folgen sind erheblich. Porsche muss laut Medienberichten rund 295 Millionen Euro auf die Anlagen der Tochtergesellschaft abschreiben. Damit geht nicht nur eine Vision verloren, sondern auch ein beträchtlicher Teil des eingesetzten Kapitals. Während die Zukunft der betroffenen Belegschaft unklar bleibt, dürfte auch die Glaubwürdigkeit des Herstellers Schaden nehmen. Der Plan, mit eigener Zellfertigung einen Vorsprung zu sichern, war ein Signal an die Konkurrenz und an die Politik. Nun zeigt sich, dass selbst ein finanzstarker Konzern wie Porsche Schwierigkeiten hat, den Umstieg auf Elektroautos in Eigenregie zu stemmen.

Quelle: kfz-betrieb – Porsche will Batterie-Tochter weitgehend abwickeln / Spiegel – Porsches Batteriedesaster

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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