Fahrbericht: Polestar 3 fordert BMW iX heraus

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Polestar

Wolfgang Gomoll
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  —  Lesedauer 5 min

Der Polestar 3 ist der technische Zwilling des Volvo EX90. Der Elektro-Crossover soll nicht nur Premium-Ambiente bieten, sondern auch dynamisch ganz oben in der ersten Liga mitspielen.

An. Selbstbewusstsein mangelt es den Polestar-Männern definitiv nicht. Auf die Frage, welche Konkurrenten man mit dem Elektro-SUV im Visier hat, lautet die Antwort. „Porsche Cayenne, BMW iX, Audi Q8 e-tron und Mercedes EQE SUV!“ Die Tatsache, dass der Porsche Cayenne, den es aktuell nur als Plug-in-Hybrid gibt, in der Aufzählung dabei ist, zeigt, wie hoch die Schweden die Agilitäts-Messlatte legen.

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Damit diese Ankündigungen auch Substanz erhalten, haben die Techniker den 4,90 Meter langen Stromer an der Hinterachse mit zwei Kupplungen ausgestattet, die „echtes Torque Vectoring“ ermöglichen. Das bedeutet eine zielgerichtete Kraftverteilung auf ein Rad, anstelle von Bremseingriffen. So soll das Heck bei Kurvenfahrten mithelfen und trotzdem stabil bleiben. Das Fahrwerk mit einer Zwei-Kammer Luftfeder und adaptiven Dämpfern gehört bei einem Premium-SUV fast schon zum guten Ton. Wir haben uns für die Top-Version mit Performance Pack entschieden. Das bedeutet 380 kW / 517 PS und ein Drehmoment von 910 Newtonmetern, statt 360 kW / 489 PS und 840 Nm.

Die Zutaten des Dynamikmenüs passen und der Polestar 3 legt beim Kurventanz eine ziemlich flotte Sohle aufs Asphaltparkett. Beeindruckend ist vor allem die Ausgewogenheit des Fahrverhaltens. Der schwedisch-chinesische E-Crossover bleibt auch bei schnellen Richtungswechseln berechenbar, zieht gelassen seine Bahn und überrascht den Fahrer nicht mit einem auskeilenden Heck oder einem störrischen Vorderwagen am Kurveneingang. Also hat sich der Torque-Vectoring-Kunstgriff schon ausgezahlt. Zumal auch das Gewicht von immerhin 2670 Kilogramm eine ganze Weile kaschiert wird. In engen Kurven, die ambitioniert durchflogen werden, drängt der Polestar zum Fahrbahnrand und erreicht nicht ganz die Wedelkunst des Zuffenhausener Konkurrenten, schlägt sich aber wirklich ordentlich.

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Zumal das Fahrwerk gut abgestimmt ist, auch in der straffsten Einstellung nicht übermäßig hart ist und genug Komfort bietet. Wechselt man in den Standard oder in den Nimble-Modus (flink, mit vielen Dämpfungsregelungen), zeigt sich, dass der Polestar 3 bei allen Dynamikansprüchen auch für lange Strecken gemacht ist. Zumal man im Fond mehr als genug Platz hat. Lediglich die Lenkung könnte etwas mitteilsamer sein und die Brembo-Vier-Kolben-Bremse fühlt sich zunächst weich an, aber sobald man sich daran gewöhnt hat, lässt sich die Verzögerung gut definieren.

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Beim Sprint ist der Polestar 3 ebenfalls ziemlich zügig unterwegs: Aus dem Stand knackt das SUV nach 4,7 Sekunden die 100-km/h-Marke und dass die Elektronik erst bei 210 km/h den Anker wirf, muss man bei einem Fahrzeug aus dem Hause Volvo-Geely mittlerweile lobend erwähnen, unterstreicht aber die sportlichen Ambitionen der Marke. Wir waren auf einer kurvigen Bergstrecke meistens flott im Performance-Modus unterwegs, bei dem beide Motoren aktiv sind und kamen auf einen Verbrauch von 27,0 kWh/100 km. Das sind 3,9 kWh/100 km mehr als Polestar angibt.

Mehr als 500 km Reichweite sind drin

Schaltet man in den Long-Range-Modus übernimmt die Vorderachse das Kommando und die Batteriekapazität von 111 Kilowattstunden (107 kWh netto), soll für maximal 561 Kilometer reichen. Beim Laden erreicht der Polestar 3 aufgrund der 400-Volt-Technik nicht ganz eine Spitzenposition, füllt die Akkus aber dennoch mit maximal 250 kW, was durchaus beachtlich ist. So dauert es an einer DC-Säule 30 Minuten, bis die Energiespeicher von zehn auf 80 Prozent gefüllt sind. An einer Wallbox mit maximal 11 kW vergehen elf Stunden, um eine leere Batterie komplett vollzuladen.

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Der Polestar 3 teilt sich mit dem Volvo EX90 die weiterentwickelte SPA-Plattform (Scalable Product Architecture / SPA2). Dass die im Grunde nicht mehr ganz taufrisch ist, merkt man an Details wie der Sitzposition, die nicht zu dem sportlichen Anspruch passt. Man thront wie auf einem Kutschbock und jenseits einer Körpergröße von 1,85 Meter kommt der Kopf dem Querholm der Tür ziemlich nahe und die Sitze könnten mehr Seitenhalt bieten. Ansonsten kommt im Innenraum auch beim Polestar 3 Behaglichkeit auf. Das schlichte, geradlinige Ambiente gefällt, genauso wie die Materialien, die alle möglichst nachhaltig ausgewählt sind.

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In der Menüstruktur des Infotainments findet sich der Polestar-Volvo-Kenner schnell zurecht. Das System basiert auf Android Automotive und das merkt man der Bedienung auch an. Die Kacheln der Hauptfunktionen sind so groß, dass man auch während der Fahrt problemlos die gewünschte Aktion auslösen kann, ohne, dass man zu sehr abgelenkt wird. Dass sich die Seitenspiegel und das Lenkrad nur noch über den 14,5 Zoll (ca. 37 cm) großen hochkant stehenden Tablet-Touchscreen verstellen lassen, gehört zu den Polestar-Eigenheiten, nervt aber nur anfangs, da die Einstellungen im Profil des Fahrers hinterlegt werden. Das wird auf dem Smartphone gespeichert, das auch als Autoschlüssel dient. Natürlich kann das Handy neben Android Auto auch per Apple Car Play eingebunden werden.

Der Polestar 3 steht im Juli beim Händler und kostet mindestens 92.190 Euro. Zum Vergleich: Der Porsche Cayenne S E-Hybrid startet bei 124.600 Euro und das Mercedes-AMG EQE 43 SUV beginnt bei 124.920,25 Euro.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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Philipp:

Polestar ist wie Volvo im selben Konzern. Wenn Geely pleite geht, ist Volvo auch am Ende, ist der selbe Konzern und Volvo ist nur eine Tochter.

Wahrscheinlicher ist nur, dass das Volvo-Management jetzt seine Gewinnziele erfüllen kann und damit die Incentives wieder möglich sind.

Tandeky:

Polestar ist als Marke tot. Volvo hat den Klotz vom Bein genommen und an Geely verkauft.

Polestar stand kurz vor der Insolvenz.

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