Wie Nikola im emissionsfreien Transport eine weltweite Führungsrolle übernehmen will

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Nikola Motors

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 7 min

Das Elektrofahrzeug-Start-up Nikola scheint die Wogen angesichts des Abtritts seines Gründers Trevor Milton und den zuvor aufgekommenen Vorwürfen der Täuschung von Investoren und Anlegern glätten zu wollen und gab eine Erklärung ab, in der wichtige Elemente der Strategie und Vision des Unternehmens hervorgehoben werden. Das Ziel von Nikola sei weiterhin, im emissionsfreien Transport eine weltweite Führungsrolle zu übernehmen.

Nikola ist ein Technologie-Disruptor und -Integrator, der an der Entwicklung innovativer Energie- und Transportlösungen arbeitet, so die aktuelle Mitteilung. Nikola sieht sich als Vorreiter bei einem Geschäftsmodell, das es Unternehmenskunden ermöglicht, Lkw-Technologie der nächsten Generation, Wasserstoff-Infrastruktur und deren Wartung zu integrieren. Durch die Schaffung dieses Ökosystems können Nikola und seine strategischen Geschäftspartner und Lieferanten den Weg als ein weltweit führendes Unternehmen im emissionsfreien Verkehr ebnen – und gemeinsam die Welt als besseren Ort hinterlassen.

Bereitstellung innovativer Technologie-, Energie- und Transportlösungen

Nikola bezeichnet sich als Original Equipment Manufacturer (OEM), dessen Know-how in Design, Innovation, Software und Engineering liegt. Das Unternehmen montiert, integriert und nimmt seine Fahrzeuge in Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern und Lieferanten in Betrieb, die jahrzehntelange Erfahrung in der Fertigung mitbringen und bereits Milliarden von Dollar in die Industrialisierung und Skalierung der Produktion investiert haben. Nikola entwirft und konstruiert seine Fahrzeuge und arbeitet mit Geschäftspartnern und Lieferanten zusammen, um einen Großteil der Fahrzeugkomponenten herzustellen.

Nikola sieht sich als ein Innovator und ein Integrator. Das Nikola-Modell kombiniert sein eigenes geistiges Eigentum und seine eigene Technologie mit der seiner strategischen Geschäftspartner und Lieferanten, um innovative Energie- und Transportlösungen zu entwickeln und herzustellen.

Dieses Geschäftsmodell für Innovatoren / Integratoren ist im Technologiebereich der nächsten Generation keine Seltenheit. Nikola konzentriere sich auf den schnellsten und am wenigsten kapitalintensiven Weg zur Marktreife. Wenn Partner eine kostengünstigere und effizientere Lösung haben, die mit und in den Designs von Nikola funktioniert, soll diese auch verwirklicht werden. Dies liege im besten Interesse des Unternehmens und seiner Aktionäre – und sei einfach ausgedrückt eine kluge Geschäftsentscheidung. Im Einklang mit seiner Strategie will Nikola weiterhin mit etablierten Unternehmen zusammenarbeiten, um Milliarden von Dollar und Jahre in der Entwicklung einzusparen.

Nikolas drei Geschäftsbereiche: Trucks, Energie, Freizeit-Motorsport

Nikola wolle drei Geschäftsbereiche abdecken. Zum einen den mehrere hundert Milliarden Euro schweren Markt für schwere Lastwagen, mit der Entwicklung und Vermarktung von rein elektrischen sowie per Wasserstoff angetriebenen Lkw, die umweltfreundliche und kostengünstige Lösungen für die Bereiche Kurzstrecken-, Mittel- und Langstrecken-Transport bieten soll. Zweitens den Geschäftsbereich Energie, die Entwicklung und der Aufbau eines Netzwerks von Wasserstofftankstellen zur Deckung des Wasserstoffbedarfs für die eigenen Brennstoffzellen-Lkw sowie von anderen Herstellern. Auch die Entwicklung von Ladelösungen für seine batteriebetriebenen Lkw will Nikola vorantreiben. Drittens – und hier wird es spannend für Privatkunden – will Nikola den „Powersports“ genannten Geschäftsbereich mit spaßigen Freizeit-Elektrofahrzeugen bestücken.

Weltweit versuchen Regulierungsbehörden, politische Entscheidungsträger und Unternehmen, Nachhaltigkeit als Priorität zu betrachten. Viele haben sich zu emissionsfreien Nettozielen verpflichtet, von denen Nikola mit seinen Fahrzeugen profitieren will.

Die Europäische Union etwa plant, die Wasserstoffwirtschaft massiv voranzutreiben. Gleichzeitig werden CO2-Emissionsstandards in zahlreichen Ländern, einschließlich den Vereinigten Staaten, immer strenger. Ende September etwa beschloss der US-Bundesstaat Kalifornien, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Pkw neu zugelassen werden dürfen. Für Lkw gilt das Verbrenner-Verbot ab 2045. Mit Blick auf die Zukunft sehe Nikola enorme Chancen, vom stetig steigenden Bedarf an umweltfreundlichen Transportlösungen zu profitieren.

Ein Netzwerk von Weltklasse-Unternehmen, die auf gemeinsame Ziele hinarbeiten

Nikola sei einzigartig positioniert, um strategische Geschäftspartner und Lieferanten zusammenzubringen, um das Ausführungsrisiko erheblich zu reduzieren, die Zeitpläne für die Vermarktung zu verbessern und langfristige Wettbewerbsvorteile zu erzielen, teilt das Unternehmen weiter mit. Eine Reihe von in ihrem Bereich zu den weltweit führenden Playern gehörenden Unternehmen, darunter zum Beispiel der Automobilzulieferer Bosch, der Lkw-und Nutzfahrzeug-Konzern CNH Industrial, die Hanwha-Gruppe und Nel Hydrogen, sind strategisch an Nikola beteiligt und haben Kapital investiert.

Der Verwaltungsrat von Nikola besteht aus einer Reihe von Personen von strategischen Geschäftspartnern und Lieferanten. Bosch, einer der Technologie-Lieferanten, war ein früher Investor in Nikola und leitete einige private Investitionsrunden. Nikola und Bosch haben gemeinsame Patentanmeldungen für Batterien und Brennstoffzellentechnologien eingereicht. Im Jahr 2019 brachte sich CNH Industrial als Hauptinvestor in einer Investitionsrunde ein und hat durch seine Geschäftsbereiche IVECO und FPT Industrial maßgeblich dazu beigetragen, das Risiko der Herstellung von Nutzfahrzeugen zu verringern und den Prozess bis zur Markteinführung eines emissionsfreien Sattelschleppers zu beschleunigen.

Mit der Unterstützung seiner Geschäftspartner und Lieferanten konzentriere sich Nikola nun darauf, seine strategischen Initiativen umzusetzen und die Grundlagen zu schaffen, um ein vertikal integrierter Anbieter emissionsfreier Transportlösungen zu werden. Nikola will weiterhin kontinuierlich Fortschritte machen, um einige als Meilensteine ​​bezeichnete Vorhaben verwirklichen zu können.

Nikola-Zeitschiene-Wasserstoff-Elektro-Lkw

Batterieelektrische Prototypen des Nikola Tre

Nikola geht davon aus, dass die ersten fünf Prototypen des Nikola Tre, eines 100 Prozent batterieelektrischen Lastwagens, in den nächsten Wochen im Joint Venture-Werk in Ulm fertiggestellt sein werden. Die Nikola Tre-Prototypen sollen anschließend sowohl auf dem Prüfstand als auch auf deutschen Straßen getestet werden. Nikola will sodann zeitnah mit der Serien-Produktion des Tre beginnen und den Elektro-Lkw ab dem vierten Quartal 2021 an die ersten Kunden ausliefern.

Das Joint Venture mit Iveco für den Nikola Tre zeige die Stärke seiner Geschäftspartnerschaft, seines Lieferantennetzwerks und seines Markteinführungsmodells, so Nikola. Nikola habe die Elektrifizierung des Tre in Zusammenarbeit mit seinen Geschäftspartnern und Lieferanten entwickelt. Während dieses Prozesses haben die Nikola-Ingenieure die Führung in Bezug auf die Mensch-Maschine-Schnittstelle, Infotainment, Batteriepack-Engineering und die Integration in die E-Antriebsarchitektur, das Fahrzeugwärmemanagement und die E-Achsen übernommen. Die Fahrzeugsteuerungsarchitektur wurde ausschließlich von Nikola entwickelt. Dabei nutze Nikola validierte und homologierte Iveco-Komponenten, um die Kosteneffizienz zu steigern.

Dank der Rotor-, Stator- und Wechselrichterteile und des damit verbundenen Fachwissens von Bosch sowie des Fachwissens und der Erfahrung von FPT Industrial im Bereich Industrialisierung konnte Nikola schnell einen ambitionierten Weg beschreiten, um seine E-Achsen für Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen.

Mit Wasserstoff-Brennstoffzellen betriebene Sattelschlepper

Nikola geht davon aus, dass die Produktion von Prototypen seiner mit Wasserstoff betriebenen Sattelzugmaschinen für den Sektor der Mittel- und Langstrecken-Lkw bis Ende 2021 beginnen wird. Die Beta-Prototypen werden voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 getestet, so Nikola. Mit 800 dieser Brennstoffzellen-Lkw für den Brauereikonzern Anheuser Busch liegt Nikola bereits ein erster Großauftrag vor.

Bosch war maßgeblich an der Integration der Brennstoffzellen-Leistungsmodule in Nikola-Lkw beteiligt. Nikola selbst definiert und konstruiert die Architektur des Lastwagens, die technischen Spezifikationen, Merkmale und Funktionen des Fahrzeugs sowie – anders als beim batteriebetriebenen Tre – auch das Design.

Wasserstoff als Wettbewerbsvorteil

Das von Nikola geplante Wasserstoff-Tankstellennetz ist von zentraler Bedeutung für das Geschäftsmodell und die Weiterentwicklung des Transports auf Basis von Brennstoffzellen-Lkw. Nikola arbeitet aktiv mit branchenführenden Unternehmen wie Nel Hydrogen und mit Organisationen zusammen, die sich für die Entwicklung gemeinsamer Kraftstoffstandards, einschließlich Standards für das Betanken von Schwerlastern einsetzen, um zuverlässige, sichere und offene Kraftstoffnetze für Wasserstofffahrzeuge zu ermöglichen. Vertreter von Nikola bekleiden zudem Führungspositionen in verschiedenen Branchenorganisationen, unter anderem als Vorsitzende der Arbeitsgruppe innerhalb der weltweiten Entwicklung von Standards für Wasserstoffbrennstoffe der International Standards Organization (ISO) und des Ausschusses für Brennstoffzellenstandards der Society of Automotive Engineers (SAE).

Nikola arbeitet außerdem aktiv am Aufbau eines Netzes von Wasserstofftankstellen mit. Das Unternehmen verfügt an seinem Hauptsitz auch selbst über eine Wasserstofftankstelle, an der bis zu 1000 kg Wasserstoff gespeichert und abgegeben werden können. Nikola sieht sich seinem Ziel verpflichtet, bis Ende dieses Jahres eine umfassende Zusammenarbeit für die Wasserstoffproduktion und Wasserstofftankstellen anzukündigen. Das Wasserstoff-Kraftstoffnetz von Nikola soll Kunden zuverlässige, sichere und kosteneffiziente Kraftstoffversorgung bieten und eine wichtige Rolle für das Wachstum von Wasserstoff als nachhaltige Energiequelle für die Transportbranche spielen.

Eine eigene Produktionsstätte in Arizona

Nikola macht – last but not least – weiterhin Fortschritte beim Bau seiner gut eine Million Quadratmeter großen Produktionsstätte in Coolidge, Arizona. Das Unternehmen plant, die erste Bauphase bis Ende 2021 abzuschließen. Die Bauarbeiten sollen bis Mitte 2023 vollständig abgeschlossen sein. In dem Werk sollen zunächst batterieelektrische Lastkraftwagen und anschließend Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge hergestellt werden. Die Anlage – ausgelegt auf gut 1800 Arbeitsplätze – soll ausreichend Kapazität bieten, um 35.000 Schwerlaster pro Jahr zu produzieren.

Quelle: Nikola – Pressemitteilung vom 30.09.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Allan Pedersen:

NIKOLA – gibts überhapt ein Nikola 2021 ? Aktuelles wissen über diese Fatamorgana und FRAUD sollten vielleicht ein par wörter platz in diesen artikel gehabt haben, entschuldigung fürs grammer fehler ;-)

Sebastian Henßler:

Danke Martin für deine Einwurf. Die von dir angesprochenen Punkte hatten wir bereits in vorangegangenen Artikel aufgegriffen und betrachten die Situation ebenfalls kritisch. Hätte man eventuell noch ein wenig klarer herausarbeiten müssen.

Martin Scheddin:

Von Elektroauto-News bin ich aber bessere Artikel gewohnt, als diesen unkommentierten verzweifelten Pressebericht von Nikola mit so vielen Konjunktiven. Kein Hinweis auf den Hindeburg Report, der erklärt, dass der Nikola One nur eine Anhöhe hinaufgezogen wurde um dann „in motion“ herunterzurollen. Was Nikola auch bestätigt hat. Ebenso hat der Report angezweifelt das Nikola überhaupt eine dieser Techniken entwickelt hat: bessere Brennstoffzelle, bessere Batterie, bessere Wasserstoff-Elektrolysegerät. Bis jetzt konnten sie nichts vorweisen. Kurz nach dem Report ging der Aktienkurs in den Keller und Trevor Milton trat zurück. Videos von YouTubern, die darüber ausführlich berichteten, wurden von YouTube gesperrt, bis sie kurz danach wieder freiggeben wurden. Denn hätten die YouTuber auf die Freigabe geklagt, wäre es noch schlimmer für Nikolas Reputation gekommen. Die Bauarbeiten der Fabrik schreiten übrigens auch nicht mehr voran.

Roma:

Die tolle H2 – Tankstelle am Hauptsitz, darf aber keine 1000kg speichern, da sie keine Genehmigung haben, geschweige eine eigene Produktion mit PV wie sie behauptet haben.
Viel Gerede, wenig dahinter. Ich sehe Nikola maximal als Koordinator, der verschiedene Unternehmen zusammen führt, die aber auch schon ohne Nikola teilweise Partner waren.
Ich frage mich weiterhin: warum sollten die ganzen Firmen Nikola brauchen? Sie haben absolut keine relevante Technologie, die es nicht schon vergleichbar am Markt geben würde.
Ohne BP wird es nun auch schwer mit einem Tankstellennetz, hier muss ein neuer vermögender Partner gefunden werden. Der angestrebte H2-Preis ist auch noch weit entfernt. AKKU-LKWS bieten andere Hersteller schon an

Daniel W.:

Schon die Erwähnung von Wasserstoff deutet darauf hin, dass auf subventionierten Strom mit Hilfe von Lobbyisten aus der Verbrennerbranche gesetzt wird.

Djebasch:

Nikola ist nichts anderes als ein Franchise Geber der viel Geld eingenommen hat und nichts vorweisen kann, die Lkw werden von Iveco gebaut und so wie es ausschaut auch mit deren Technik…
Bis überhaupt eine Produktion existiert die wirklich Fahrzeuge baut die bis dahin wahrscheinlich veraltet sind kann es noch zwei Jahre dauern und Mercedes ist schon fleißig dabei von Tesla Rede ich lieber erst gar nicht…

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