MG4: Zwei neue Varianten, doppelter Fahrspaß

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Wolfgang Plank

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So ganz jung darf eher nicht sein, wer mit dem Namen MG ohne Nachdenken große Geschichte mit Benzingeruch verbindet. Die ehemals britische Marke (1923 als „Morris Garages“ gegründet) gehört seit 2007 zum chinesischen Autoriesen SAIC – und soll nun verstärkt auf dem europäischen Markt und auch in Deutschland Elektro-Emotionen wecken. Bislang mit ansehnlichem Erfolg. Knapp 16.000 E-Autos hat MG 2022 hierzulande abgesetzt, in diesem Jahr sollen es mehr als 20.000 werden.

Gut die Hälfte davon entfallen auf den 4,29 Meter langen MG4, der bislang in zwei Akku-Größen (51 kWh und 64 kWh brutto) und drei Versionen zwischen 125 und 150 kW Leistung zu haben war. Diesem Trio stellt MG nun zwei weitere Modelle zur Seite: Der Trophy Extended Range befriedigt den Wunsch nach maximaler Reichweite, der XPower den nach Leistung und Fahrspaß. So viel vorneweg: Beide machen ihre Sache ausgezeichnet.

Gespeist aus einem stolze 77 kWh fassenden Nickel-Mangan-Kobalt-Akku bringt es der Trophy Extended Range auf offizielle 520 Kilometer, im reinen Stadtbetrieb sollen gar 710 Kilometer möglich sein. Eine zweistündige Testfahrt mit zügigem Autobahn-Anteil und auch dem maximal möglichen Tempo von 180 lässt auf einen realistischen Wert jenseits der 400 Kilometer schließen. Am Schnelllader vergehen für die Füllung von 10 auf 80 Prozent bei 140 kW keine 40 Minuten. Eine Wärmepumpe ist wie bei allen MG4 Serie.

Besonders angenehm: Die große Distanz erkauft man sich kein bisschen mit dauerhaftem Verzicht. Im Gegenteil: Mit 180 kW an der Hinterachse steht auch genügend Kraft für die kleine Kurvenhatz zwischendurch parat. Die begünstigt der MG4 Extended Range durch ein sehr ausgewogenes Fahrwerk und eine Lenkung mit guter Rückmeldung. Dafür nimmt man sogar das mit zwei Abflachungen etwas arg unrund geratene Lenkrad in Kauf.

Nicht so sehr für weite Wege, sondern eher für flottes Flitzen und gepflegte Drehungen um die Hochachse rollt hingegen der MG4 XPower an den Start. Mit einer Antriebs-Kombi aus 170 kW hinten und 150 kW vorne – austariert über eine intelligente Motorsteuerung und ein elektronisches Sperrdifferenzial. Zehn Mal in der Zeit eines Wimpernschlages berechnen Prozessoren aus allerlei Fahrdaten die sinnreichste Kraftverteilung zwischen allen vier 18-Zöllern. Das ist schon ganz feine Technik.

Und so erschöpft sich der Unterschied zu den Basismodellen eben nicht nur in schwarzem Dach, Alcantara und Alu-Pedalerie – die gesamte Abstimmung ist entsprechend straffer, die Lenkung direkter, der Vortrieb spontaner. Auf Wunsch geht es in 3,8 Sekunden zu dreistelligem Tempo und rauf bis 200 (im Test waren es sogar 206) – und dank nicht bloß optisch bissiger Bremsen auch schnell wieder runter. Und weil der MG4 XPower dank der 64-kWh-Batterie auf gerade mal 1,8 Tonnen kommt, darf man sich in Sachen Handling richtig gut fühlen. Ein klein wenig Kenntnis in Flottfahrt bei reduzierter Assistenz kann allerdings nicht schaden.

Den offiziellen 18,7 kWh je 100 Kilometer kann man sich übrigens durchaus nähern, weil der MG4 XPower uneingeschränkt alltagstauglich ist und im Eco-Mode auch bloß die Hinterachse treibt. Allerdings würde man da beinahe schon seine Bestimmung missachten. Dieses Auto ist vorrangig für Sport und Spaß. Sparfüchse und Reichweitenjäger sollten dann doch besser zum Trophy Extended Range greifen. Immerhin: Die Ladezeit (10 bis 80 Prozent) dauert bei ebenfalls 140 kW nur 26 Minuten.

Egal, wie man sich entscheidet, hier wie dort warten gut konturierte Sitze, saubere Verarbeitung und ausreichend Platz. Auch in zweiter Reihe hat’s noch genügend Raum für Kopf und Knie. Und wer lieber Last als Leute transportiert: Hinter voller Bestuhlung warten 363 Liter Stauraum, 1165 sind es mit flachgelegter Rückenlehne. Kleines Manko – zumindest für den Trophy Extended Range: Während vergleichbare Konkurrenten mit bis zu 1,5 Tonnen Anhängelast aufwarten, darf der MG-Stromer lediglich 500 Kilo an den Haken nehmen.

In Sachen Sicherheit ist MG auf der Höhe der Zeit. Auch die neuen Modelle wahren Tempo, Spur und Abstand, spähen in tote Winkel; und zur Not bremsen sie auch. Nur die Erkennung des aktuellen Tempolimits funktionierte nicht immer einwandfrei. Dafür gibt’s – als Reaktion auf Kundenwünsche – ab sofort One-Pedal-Driving, Heckwischer und eine Kopfstütze für den mittleren Rücksitz.

Zur Beruhigung all jener, die Autos chinesischer Provenienz nicht so recht trauen: Die Garantie liegt bei sieben Jahren (oder 150.000 Kilometern) für Auto und Batterie. Das ist schon eine Ansage. Noch immer im Aufbau befindet sich das Händlernetz, was so kurz nach dem offiziellen Deutschland-Start nicht verwundert. Immerhin: Aktuell gibt es um die 150 Standorte in Deutschland, allerdings auch noch Regionen mit weißen Flecken und entsprechend weiten Wegen.

Ganz nah allerdings ist MG der noch aus britischer Zeit stammenden Philosophie vom fairen Preis. 45.990 Euro kostet der Trophy Extended Range (38.812 Euro nach Abzug der Förderung), für den XPower rufen die Chinesen nur 1000 Euro mehr auf. Das ist jede Menge Auto fürs Geld – und man kann unabhängig vom Budget entscheiden, ob man lieber dem Marathon zuneigt oder doch dem Sprint.

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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Gastschreiber:

Nö, kein Angstgegner würde ich sagen. Ähnliches Konzept, andere Umsetzung, Service, zu hinterfragen.
Assistenzsysteme sind eher auf einfachen Niveau, mich wollte der Laneassist mehrfach lieber in den Graben schicken als in der Spur halten. Displays eher zäh, schwer abzulesen und mit Mikrokacheln in der Fahrt kaum bedienbar, VW zeigt, wie es geht, Technik kostet imd da muss man entscheiden, darf es das Billigbrötchen sein oder das Leckere.
Fahrwerk war ähnlich gut, wie bei VW, Materialmix unentschieden, Ladeleistung m.E. beim ID.3 besser. Was stört, großer Akku nur als 4 Sitzer im VW. Also bei beiden bekommt man etwas für sein Geld.

Robert:

das glaubt doch der Herr Sperling nie im Leben

Sledge:

Schon mitbekommen? Toyota verschiebt jetzt den Focus weg von FCEV hinzu größeren gewerblichen Fahrzeugen.
Wasserstoff in PKW ist damit offiziell tot und begraben.

Jakob Sperling:

„Zur Beruhigung all jener, die Autos chinesischer Provenienz nicht so recht trauen:“

Was, haben die sich jetzt neu zu einem Rechtsstaat mit freiheitlicher Demokratie bekannt?
Oder mindestens verlauten lassen, dass sie solche freiheitlichen Demokratien respektieren?

Andi mit E:

Das ist doch schon ein alter Hut. Das war schon vor Monaten bekannt.

Sledge:

Das ist der Angstgegner des VW ID.3, weil er einfach besser billiger und sportlicher ist.

https://www.notebookcheck.com/MG-Motor-auf-der-UEberholspur-Zulassungszahlen-in-H1-2023-verdoppelt-elektrischer-MG4-der-Verkaufsschlager.734825.0.html
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