Lademarkt 2024: EnBW bleibt vorn, doch der Wettbewerb wächst

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 5 min

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland schreitet voran, doch die Marktdynamik zeigt deutliche Verschiebungen, wie der aktuelle Lademarkt-Report von Elvah aufzeigt. Während einige Betreiber ihre Marktposition festigen können, geraten andere zunehmend unter Druck. Der Wettbewerb an den Ladesäulen nimmt zu, vor allem im DC-Segment fürs schnelle Laden von E-Autos. In mehreren Bundesländern kommt es zu einem Umbruch. Die Entwicklungen im zweiten Halbjahr 2024 zeigen, wie stark sich der Markt verändert hat.

DC-Lademarkt 2024 (Gleichstrom, Schnellladen)

Im öffentlichen Ladenetz wurden in der zweiten Jahreshälfte über 25 Millionen Ladevorgänge registriert. Das entspricht mehr als 590 GWh geladener Energie und einem Anstieg von über 100 GWh im Vergleich zur ersten Jahreshälfte. Trotz dieser positiven Entwicklung ist der Markt noch nicht stabil. Die Betreiber kämpfen weiterhin um Auslastung, Effizienz und Kundenbindung.

Ein zentraler Trend ist die wachsende Marktmacht einzelner Unternehmen. Besonders EnBW dominiert weiterhin das DC-Ladenetz, wenn auch nicht mehr in allen Bundesländern. Mit einem Marktanteil von mehr als 30 Prozent hält EnBW den Spitzenplatz, gefolgt von Aral Pulse, Ionity und Shell Recharge. Regionale Anbieter wie Pfalzwerke oder Allego sichern sich kleinere Anteile. Der Rückgang einzelner Anbieter zeigt, dass Wettbewerb und Effizienz zunehmend entscheidend werden.

  • Deutschland: Marktführer – EnBW | 25,3 Mio. Ladevorgänge | 590 GWh geladen
  • Hamburg: Marktführer – Hamburger Energiewerke | Marktanteil über 26 Prozent
  • Thüringen: Marktführer – TEAG Mobil | Marktanteil fast 30 Prozent
  • Gesamtmarktführer DC: EnBW | Marktanteil 30,5 Prozent
  • Wichtige Wettbewerber im DC-Markt:
    • Aral Pulse | Marktanteil 10,2 Prozent
    • Ionity | Marktanteil 9,3 Prozent
    • EWE Go | Marktanteil 6,5 Prozent
    • Allego | Marktanteil 4,3 Prozent

Der Wettbewerb nimmt regional unterschiedliche Formen an. In Berlin bleibt EnBW Marktführer beim DC-Laden, während die Berliner Stadtwerke den AC-Markt dominieren. In Bayern und Baden-Württemberg zeigt sich eine ähnliche Struktur, wobei EnBW hier deutlich präsenter ist als in der Hauptstadt. In Brandenburg hat EnBW die Führungsrolle von Ionity übernommen, was auf eine gezielte Standortstrategie und aggressive Expansion zurückzuführen ist. Regionale Anbieter wie Stadtwerke oder kleinere Energiekonzerne behaupten sich vor allem im AC-Segment, haben jedoch Schwierigkeiten, im Schnellladebereich mit den großen Playern mitzuhalten.

AC-Lademarkt 2024 (Wechselstrom)

Auf dem AC-Markt ist die Situation wie erwähnt anders. Hier prägen lokale Energieversorger das Bild. Stadtwerke und regionale Anbieter sichern sich hohe Marktanteile. In Hamburg führt etwa die Hamburger Energiewerke mit über 90 Prozent den AC-Markt an. Auch in Thüringen sind Stadtwerke stark vertreten, TEAG Mobil erreicht hier einen zweistelligen Marktanteil. In Bayern hat sich Ladeverbund+ an die Spitze gesetzt.

  • Deutschland: Regionale Energieversorger & Stadtwerke | 25,3 Mio. Ladevorgänge | 590 GWh geladen
  • Hamburg: Marktführer – Hamburger Energiewerke | Marktanteil über 90 Prozent
  • Bayern: Marktführer – Ladeverbund+ | Marktanteil ca. 18 Prozent
  • Berlin: Marktführer – Berliner Stadtwerke | Marktanteil ca. 55 Prozent
  • Hessen: Marktführer – Mainova | Marktanteil ca. 11 Prozent
  • Niedersachsen: Marktführer – Enercity | Marktanteil über 17 Prozent
  • Rheinland-Pfalz: Marktführer – Vaylens | Marktanteil ca. 28 Prozent
  • Saarland: Marktführer – Vaylens (33 Prozent) und LichtBlick (26 Prozent)
  • Thüringen: Marktführer – TEAG Mobil | Marktanteil ca. 30 Prozent

Neben den klassischen Ladeanbietern drängen zunehmend auch Einzelhändler in den Markt. Kaufland, Lidl und Aldi Süd haben sich als ernstzunehmende Ladeanbieter etabliert, da das Laden beim Einkaufen für viele Kunden mit Elektroauto zur Routine geworden ist. Diese Märkte bieten meist AC-Ladestationen, die während eines Einkaufs von 30 bis 60 Minuten eine ausreichende Reichweitensteigerung ermöglichen. Besonders Aldi Süd geht noch einen Schritt weiter und investiert verstärkt in DC-Schnellladestationen, um auch Kunden mit kurzen Einkaufszeiten eine attraktive Ladeoption zu bieten. Durch diese Strategie gelingt es, die Kundenfrequenz zu steigern und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen aus der Ladeinfrastruktur zu generieren.

Ebenso auffällig wie auch nachvollziehbar ist, dass gerade in wirtschaftsstarken Regionen die Ladeinfrastruktur besser ausgebaut ist, während strukturschwächere Gebiete hinterherhinken. In Bundesländern mit hoher Kaufkraft und starker Automobilindustrie, wie Baden-Württemberg oder Bayern, gibt es ein dichteres Netz an Ladestationen. In Ostdeutschland hingegen bleibt das Wachstum der Ladeinfrastruktur hinter dem Bundesdurchschnitt zurück. Das zeigt sich unter anderem an der deutlich niedrigeren Anzahl an Ladevorgängen pro Kopf in Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt. Hier fehlen nicht nur Investitionen in Schnellladeinfrastruktur, sondern auch wirtschaftliche Anreize für Betreiber, sich in weniger stark frequentierten Regionen zu etablieren.

Niederlande hat doppelt so hohe Ladevorgänge pro Kopf wie Deutschland

Auf internationaler Ebene zeigt sich, dass Deutschland im Vergleich zu seinen Nachbarländern noch Nachholbedarf hat. In den Niederlanden ist die Zahl der Ladevorgänge pro Kopf fast doppelt so hoch. Dort sorgt eine konsequente Förderung und eine gezielte Standortplanung für eine hohe Nutzungsfrequenz der Ladepunkte. Belgien und Luxemburg zeigen eine ähnliche Entwicklung. Besonders Luxemburg fällt auf: Dort sind die Ladevorgänge pro Kopf mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. Ein wichtiger Faktor ist hier die Preisgestaltung. Während in Deutschland oft starre Preisstrukturen gelten, setzen Nachbarländer zunehmend auf dynamische Tarife, die sich nach Tageszeit oder Netzauslastung richten. Besonders in den Niederlanden werden flexible Preismodelle erprobt, bei denen die Kosten für das Laden in verkehrsarmen Zeiten sinken, um eine gleichmäßigere Nutzung der Ladepunkte zu gewährleisten.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die aktuellen Marktführer behaupten können. Insbesondere im DC-Segment ist mit weiterer Konsolidierung zu rechnen. Große Anbieter sichern sich zunehmend exklusive Standorte, während kleinere Betreiber Schwierigkeiten haben, sich am Markt zu behaupten. Neue Wettbewerber haben es schwer, sich zu etablieren, da hohe Anfangsinvestitionen in Infrastruktur und Netzwerkanbindungen erforderlich sind.

Wer sich langfristig durchsetzen will, muss nicht nur eine gute Standortwahl treffen, sondern auch durch Service und Preisgestaltung überzeugen. Dabei spielen neben Ladegeschwindigkeit und Kosten auch Themen wie Kundenservice, App-Integration und Abrechnungsmodelle eine immer wichtigere Rolle.

Quelle: Elvah – Per Mail

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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egon_meier:

die Aussagekraft ist eingeschränkt – immerhin dürfte klar sein, dass die Tesla mit nix irgendwo marktrelevant ist.

HoW:

Witzige Übersicht, aber ohne das Supercharger-Netz von Tesla wenig aussagekräftig!

B.L.:

„In den Niederlanden ist die Zahl der Ladevorgänge pro Kopf fast doppelt so hoch.“
Das sagt ohne einen Kontext nichts aus. Könnte z.B. bedeuten, dass in Deutschland die BEV-Besitzer überwiegend eine Lademöglichkeit zuhause oder beim AG haben – und diese vor allem aus Kostengründen vorziehen. Denn der Elvah-Report wertet lediglich öffentliche Ladevorgänge aus. Und das „Preischaos“ an deutschen Ladestationen trägt seinen Teil bei der Zurückhaltung sicher bei.
Wenn die Elektromobilität in D auch mal deutlich vorwärts kommen soll, muss man da endlich ansetzen.

Floofman:

„Wer sich langfristig durchsetzen will, muss nicht nur eine gute Standortwahl treffen, sondern auch durch Service und Preisgestaltung überzeugen“

Ja, oder einfach den Kunden knebeln und hoffen, dass man erfolgreicher knebelt als die Konkurrenz. Zumindest läuft es in Deutschland gerade so ab. Service? Ist nicht.

Gerade erst in Finnland wieder gesehen, wie es besser geht: Ad-hoc fast überall genauso günstig wie mit Account beim Betreiber der Säule und komplett unkompliziert per Kreditkarte am Lesegerät. Wie in der Verbrennerwelt an der Automatentanke. So muss das.

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