Finn-CEO Maximilian Wühr über Wachstum und Herausforderungen

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 5 min

Im aktuellen OMR-Podcast mit Philipp Westermeyer, Gründer und Geschäftsführer von OMR, gibt Maximilian Wühr, CEO von Finn, Einblicke in die Gründung, das Geschäftsmodell und die Herausforderungen seines Unternehmens. Finn, ein Anbieter von Auto-Abonnements, hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem bedeutenden Player auf dem deutschen Mobilitätsmarkt entwickelt. Und blickt nun auch ins europäische Ausland.

Maximilian Wühr und sein Team gründeten Finn vor fünf Jahren, um eine neue Art der Auto-Mobilität zu schaffen. „Wir bieten ein Abo an, das zwischen sechs und 24 Monate dauert. Da kannst du dir online aus mehr als 150 verschiedenen Konfigurationen das perfekte Auto aussuchen, es in drei Minuten bestellen, und es wird vor die Haustür geliefert,“ erklärt Wühr. Das Geschäftsmodell von Finn zielt darauf ab, die Komplexität des Autobesitzes zu reduzieren, indem es sich um Wartung, Versicherung und Zulassung kümmert, sodass die Kunden sich nur aufs Fahren konzentrieren müssen.

Das Auto-Abonnement von Finn richte sich an Kunden, die Flexibilität und Komfort schätzen. Der durchschnittliche Kunde ist 42 Jahre alt und lebt oft in ländlichen Gebieten oder Vororten, wo individuelle Mobilität eine wichtige Rolle spielt. „Die Nutzererfahrung bei traditionellen Autokäufen oder Leasing ist immer noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Das war die Chance, die wir gesehen haben,“ so Wühr gegenüber Westermeyer.

Kundenzufriedenheit und Beschwerden

Trotz der hohen Kundenzufriedenheit gibt es auch Kritikpunkte, insbesondere bei der Rückgabe von Fahrzeugen und der Schadensregulierung. „Wir berechnen 80 Prozent unserer Kosten an den Nutzer, was im Vergleich zu Leasingfirmen, die bis zu 200 Prozent der Kosten berechnen, moderat ist,“ erläutert Wühr hierzu. Dennoch fühlen sich einige Kunden unfair behandelt, was sich in gemischten Bewertungen auf Plattformen wie Trustpilot zeige. Diese Kritikpunkte betreffen oft die Handhabung von Schäden bei der Rückgabe der Fahrzeuge, obwohl Finn hier im Vergleich zu anderen Anbietern eher kulant sei.

Das Marketing von Finn basiert stark auf Online-Kanälen wie Paid Search und Social Media. „Wir kommen super weit mit Onlinemarketing, weil es keine richtige Alternative gibt, wo du online wirklich eine Transaktion machen kannst,“ sagt Wühr. Der Fokus liegt derzeit auf dem deutschen Markt, wobei eine Expansion ins europäische Ausland für 2025 geplant ist. Das US-Geschäft wurde zwar gestartet, aber aufgrund der hohen Kosten und Herausforderungen vorerst zurückgestellt. „Wir haben diese Chance gesehen. Auf dem US-Markt gab es keinen Wettbewerb, aber wir haben schnell gemerkt, dass die Kosten und der Aufwand extrem hoch sind,“ so der CEO von Finn.

Ein zentrales Thema im Podcast-Gespräch war die Bedeutung von Automatisierung für das Unternehmenswachstum. „Wir haben von Anfang an wahnsinnig viel auf Automatisierung gesetzt. Das ist auch eine meiner persönlichen Überzeugungen, dass das einerseits für die Prozesse mega gut ist, aber auch für eine Kultur mega gut ist,“ betont Wühr. Dies ermögliche es Finn, effizienter zu arbeiten und mehr Transaktionen pro Mitarbeiter abzuwickeln. Die Automatisierung helfe dabei, robustere Prozesse zu schaffen und eine vorhersagbare Leistung sicherzustellen.

Elektroautos in der Finn-Flotte: „Wir sind die längste Probefahrt“

Im Gespräch zwischen dem Finn-CEO und Westermeyer wurde auch die Rolle der Elektromobilität bei Finn ausführlich besprochen. Wühr erläuterte, dass 35 Prozent der Fahrzeugflotte von Finn Elektroautos sind und 40 Prozent der Fahrzeuge insgesamt elektrifiziert sind, was einen starken Fokus auf nachhaltige Mobilität zeigt. „Wir sind der Einstieg in die Elektromobilität. Wir sind die längste Probefahrt,“ so Wühr.

Das Auto-Abonnement-Modell von Finn sei besonders gut für E-Autos geeignet, da es den Kund:innen ermöglicht, diese für einen längeren Zeitraum zu testen, ohne sich langfristig binden zu müssen. Die volatile Preisgestaltung für Elektroautos stellt jedoch eine Herausforderung dar, insbesondere wenn Hersteller wie Tesla ihre Preise ebenso häufig wie plötzlich ändern.

Kulturelle Entwicklung und Governance

Wühr betont die Wichtigkeit einer starken Unternehmenskultur und transparenter Governance-Strukturen. Finn habe intensiv an Themen wie Whistleblowing und psychologischem Support für Mitarbeiter:innen gearbeitet. „Es war uns super wichtig, den betroffenen Frauen zu helfen und sicherzustellen, dass es da psychologische Unterstützung gibt,“ so Wühr über die Maßnahmen nach internen Vorfällen. Diese Maßnahmen wurden nach einem Vorfall auf einer Firmenfeier eingeführt, bei dem ein Gründer Fehlverhalten eingestand und daraufhin das Unternehmen verließ.

Die Kulturentwicklung bei Finn umfasst mehrere Ebenen. Zunächst wurden umfassende Schulungen und Workshops durchgeführt, um das Bewusstsein für ethisches Verhalten und die Bedeutung von Transparenz im Unternehmen zu schärfen. „Wir haben eine Whistleblower-Hotline eingerichtet, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter anonym Feedback geben können. Es war uns wichtig, dass jeder im Unternehmen weiß, dass wir ihre Sorgen ernst nehmen,“ erklärt Wühr.

In Bezug auf die Governance-Strukturen hat Finn mehrere Initiativen gestartet, um sicherzustellen, dass das Unternehmen auf soliden und transparenten Grundlagen steht. Dazu gehören regelmäßige Überprüfungen und Audits der internen Prozesse sowie die Implementierung klarer Richtlinien für das Verhalten am Arbeitsplatz. „Wir haben uns vorgenommen, nicht nur auf Vorfälle zu reagieren, sondern proaktiv eine Unternehmenskultur zu schaffen, die auf Integrität und Respekt basiert,“ betont Wühr.

Zukunftsaussichten und Herausforderungen

Trotz des schnellen Wachstums und der positiven Entwicklungen bleibt Wühr im Gespräch mit OMR-Podcast-Host Westermeyer bescheiden und weist darauf hin, dass es immer Risiken gibt, die das Unternehmen gefährden könnten. „Du hast eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Dinge nicht so laufen, wie man sie sich vorstellt. Es ist super wichtig, bescheiden zu bleiben und kontinuierlich an der Verbesserung zu arbeiten,“ schließt Wühr. Besonders die Schwankungen in den Restwerten der Fahrzeuge und die Dynamik des Marktes stellen kontinuierliche Herausforderungen dar.

Ein weiterer Schwerpunkt für die Zukunft ist die geplante Expansion ins europäische Ausland und die Verbesserung der internen Prozesse durch weitere Automatisierung. „Unser Ziel ist es, in den nächsten zwölf Monaten profitabel zu werden. Wir wollen aus eigenen Kräften wachsen und dabei weiterhin eine hohe Kundenzufriedenheit sicherstellen,“ betont der CEO des Unternehmens abschließend. Der Fokus liegt dabei auf der Effizienzsteigerung und der Nutzung vorhandener Ressourcen, um das Wachstum voranzutreiben, ohne die Qualität der Dienstleistungen zu beeinträchtigen.

Quelle: OMR – Finn-Auto-Gründer Maximilian Wühr (#714) – OMR Podcast

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Gastschreiber:

Zwei interessante Themen werden hier angesprochen. Hinweisgeberschutzgesetz, m.E. ist Finn bei seiner Unternehmensgröße sowieso verpflichtet so etwas einzuführen. Bin aber kein Jurist. Dass es angesprochen wird und auch auf Vorfälle hingewiesen wird spricht für Transparenz aber auch nicht gerade für ein Umfeld, das man sich wünscht als Arbeitnehmer.
Dann die Rücknahmemodalitäten. Ich kenne es eigentlich so, dass überlicher Verschleiß/Gebrauch zu keinen Kosten für den Nutzer bei Rückgabe führt und es dazu von vielen Leasingfirmen auch entsprechende Guidlines mit Beispielen gibt. Ich würde als Nutzer nicht wollen, dass ich für etwas zahlen soll, das darüberhinaus geht. So liest es sich.
Wenn man das Problem schon erkennt, dann wird Finn doch eine Art „Versicherung“ für diese Fälle im Angebot haben, ähnlich, wie man bei Ferienwohnungen schon im Vorfeld eine pauschale Endreinigung bezahlen kann um dann keinen Stress bei der Abgabe zu haben.
Auch kann man im Vorfeld eine Vorbesichtung durchführen, dann kann der Kunde überlegen ob er in Eigenleistung bspw. durch Smartrepair etwas ausbessern lässt.
Nebenbei, ich bin hier in der Großstadt noch keinen elektrischen Finn begegnet, eher, mehr oder weniger benutzte Fahrzeuge.
Nebenbei 2, auf der Homepage sind aktuell 19% der Fahrzeuge Elektrofahrzeuge, schwer vorstellbar, dass der Anteil 35/40% ist, wie im Artikel beschrieben.
So entsteht bei mir als Leser kein vertrauenserweckendes Gefühl.
Marketing, ja, wenn Finn elektrisch einen Fuß in die Tür bringen will, dann sollte man versuchen auf Augenhöhe mit der Firma zu kommen, die vielen in den Kopf kommt, wenn es um Mieten von Elektrofahrzeugen geht. NextMove.

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