Elektrotrucker: E-Lkw nach 16 Wochen CO2-positiv

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Tobias Wagner, bekannt als der Elektrotrucker, ist nicht nur Berufskraftfahrer, sondern auch ein akribischer Analyst. Während andere im Stau die Zeit absitzen, nutzt er sie für eine Rechenübung, die in der Debatte um klimafreundlichen Gütertransport kaum aktueller sein könnte: Wann ist ein batterieelektrischer Lkw im Fernverkehr ökologisch im Vorteil gegenüber einem Dieseltruck? Seine Antwort: „Nach dreieinhalb Monaten – dann ist der Truck CO₂-positiv.“

Die ursprüngliche Berechnung basiert auf einem CO₂e-Wert von 49 kg pro Kilowattstunde LFP-Akku-Kapazität – ein Wert, der sich auf eine Studie des KIT stützt. Wir haben diesen Wert nun auf Grundlage der aktuelleren Metastudie „Carbon footprint distributions of lithium-ion batteries and their materials“ (Nature Communications, 2024) aktualisiert. Dort liegt der Median für LFP-Zellen zwischen 54 und 69 kg CO₂e/kWh – abhängig von Produktionsort, Energiequelle und Fertigungstiefe.

Für den im Einsatz befindlichen 525-kWh-Akku ergibt sich damit ein CO₂e-Rucksack zwischen:

  • 28,35 Tonnen CO₂e (bei 54 kg/kWh)
  • 36,23 Tonnen CO₂e (bei 69 kg/kWh)

An der grundsätzlichen Betrachtungsweise von Wagner ändert das jedoch nichts – im Gegenteil: Selbst mit konservativen Werten bleibt die Aussagekraft der Berechnung bestehen. Denn dem gegenüber steht die CO₂e-Einsparung im täglichen Betrieb. Wagner verwendet folgende Vergleichswerte:

  • Diesel-Lkw: 25 Liter pro 100 Kilometer
  • E-Lkw: 1,1 kWh pro Kilometer

Ein Dieseltruck verursacht unter Berücksichtigung von Verbrennung (2,65 kg CO₂e/Liter, Umweltbundesamt) und Vorkette (0,52 kg CO₂e/Liter, Fraunhofer ISI) insgesamt 66,25 kg CO₂e pro 100 km. Mit rund 2.600 Kilometern pro Woche ergibt sich für den Diesel ein Ausstoß von rund 1,72 Tonnen CO₂e – eine Menge, die der E-Lkw laut Wagner dank effizienter Fahrweise, Solarladung und öffentlichem Netzstrom mit niedrigeren Emissionswerten größtenteils vermeidet. Der Break-even-Punkt liegt damit zwischen:

  • 28,35 t ÷ 1,72 t/Woche ≈ 16,5 Wochen
  • 36,23 t ÷ 1,72 t/Woche ≈ 21,0 Wochen

Selbst im ungünstigsten Fall ist der Truck nach gut fünf Monaten CO₂e-neutral unterwegs – und fährt dann viele Jahre weiter. „Das ist der große Unterschied zum Pkw“, sagt Wagner. „Ein Auto braucht dafür Jahre. Ein Lkw schafft das in einem Vierteljahr“, der sich damit auf seine ursprüngliche Rechnung bezieht.

Mit zertifiziertem Grünstrom oder Ladeinfrastruktur aus eigener PV-Erzeugung kann sich die Zeit weiter verkürzen. Die Kernaussage bleibt: Wer CO₂ im Fernverkehr wirklich reduzieren will, kommt an batterieelektrischen Lkw nicht vorbei. Wagner fasst es so zusammen: „Das ist kein Rechentrick – das ist Praxis. Und sie funktioniert besser, als viele glauben.“

Quelle: Elektrotrucker – Darüber redet niemand: Die Klimabilanz dieses Elektro-LKW ist absurd

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Talis:

Nicht nur Stückzahlen sind relevant, auch die stetig sinkenden Produktionskosten für die Akkus. Bei 5-10% jährlicher Kostenreduktion werden die eLKW-Akkus Jahr für Jahr ein paar Tausend Euro günstiger.

Philipp:

Wozu denn ein Batteriewechselsystem, die 95% nicht brauchen, weil sie nur einschichtig betrieben werden und problemlos mit einer <45min Zwischenladung die maximale Lenkzeit bereits ausnutzen können?

Und die Treibstoffkosten sind nur der zweitrelevanteste Kostenfaktor. Der Wichtigste sind die Mautgebühren in Deutschland!

Thomas Schmieder:

Ich verstehe Dich jetzt vermutlich nicht richtig.

Die typische Transaktionsbatterie einer Sattelzugmaschine hat z. Zt. z. B. 800kWh. Die ist fest verbaut.
Um sie an einem Netzanschluss zu laden (UHPC, 400kW), benötigt man also Minimum zwei Stunden, wenn der Lader konstant durchläuft. Das schaffen die Lader nicht immer.

Wenn im Bericht von 200kWh die Rede war, dann ist das die Energie, die gefehlt hat, um überhaupt das Ziel zu erreichen. Dort ist dann die Batterie (fast) leer. Sie muss also die volle Kapazität wieder aufladen, um den Rückweg antreten zu können.

Ob ein passender Charger in der Nähe frei ist, muss geprüft werden.

Der LKW könnte die Strecke an einem Tag zweimal fahren – hin und zurück. Das würde zwar einen Fahrerwechsel voraussetzen, wäre aber rechnerisch zu schaffen. Es obliegt der Spedition, wie sie das organisiert. Der parkende LKW verdient aber kein Geld. Wenn man nun zweimal zweieinhalb Stunden = fünf Stunden Ladezeiten abziehen muss, fehlen die in der möglichen Fahrzeitrechnung.
Hochrechnen, was da übers Jahr verloren geht, können die Speditionen selber und tun sie auch.

Der Bericht mit den 200kWh zielte doch mMn vorrangig darauf ab, dass batterieelektrischer LKW-Betrieb überhaupt darstellbar ist, und die CO₂-Produktionn vermindert und hat noch in keiner Weise alle möglichen Einsparpotentiale berücksichtigt.

Einsparmöglichkeiten stecken zum großen Teil in selbst generierter Elektroenergie. Dafür haben viele Speditionen ungenutzte Ressourcen (Hallendächer). Diesel können die Speditionen hingegen nicht selber herstellen.

Durch Entkopplung von Ladezeiten und LKW-Nutzung (Decoupling) können die Speditionen bei Zusammenarbeit Zeit und Geld (Strompreis) sparen.

Gregor:

Erkläre mir mal, wie deine 800kWh nachlade Orgie aussehen soll? Im letzten Video von Tobias nennt er 200kWh, die er in einer Schicht irgendwann irgendwo nachladen muss. Damit der mit vollem Akku Start am Ende ankommen kann (700 bis 730km max am Tag). 15min Tanken sind auch 15 min Arbeitszeit und dann kommen 45min Pausenzeit dazu. 45min Laden (200 bis 300kWh) sind 45min Pausenzeit. Der eLkw spart sogar Arbeitszeit.

Thomas Schmieder:

Die (größeren) Speditionen denken da bereits weiter.

Ein Diesel-LKW schluckt im Jahr ca. 50.000€ und mehr an Treibstoffkosten weg.
Eine eigene PV-Anlage (>500kWp) auf dem Werksgelände mit lokalen Speichern kostet zwar auch Geld, aber die „Treibstoffkosten“ inklusive AfA für PV lassen sich damit auf unter 50% redurzieren.

Gäbe es ein einheitliches Batteriewechselsystem für alle eLKWs, dann könnten die Speditionen im Verbund weitere 20% Einsparungen realisieren, alleine durch Verminderung der Standzeiten. Eine 800kWh-LKW-Transaktionsbatterie lädt man nämlich nicht in 15 Minuten wieder auf. Langsamer ist ohnehin besser für die Batterien. Netzstrom ist (wird) teuer auf die Dauer. PV-Strom aus der eigenen Anlage fließt den ganzen Tag in die Wechselbatterien.

Profit durch „Decoupling“ ist da das Zauberwort. Ladezeiten und Betriebszeiten voneinander trennen.

Man benötigt auch keine teuren Swap-Stationen für die Wechselbatterien. Es gibt bereits andere günstigere Konzepte. (Youtube hat schon diverse Filmchen).
Speditionen haben i. d. R. Gabelstapler auf ihren Betriebshöfen, anders als die PKW-Nutzer:innen. Es wird nicht die gesamte Batterie mit 800kWh auf einmal gewechselt, sondern z. B. vier Pakete mit 200kWh. Das macht das Wechselsystem variabel. Kleine eLKWs haben zwei, mittlere vier und große eben acht Pakete an Bord, nur so als Denkspiel.

Die Hersteller müssten sich dafür nur endlich mir den Speditionen einigen.

Josef:

3fach? Die KI sagt mir ab 150k für einen Diesel Actros und 280k jeweils Netto für den eActros 600.
Das ist Faktor 1,866 und weit weg von Faktor 3…und wird sich mit der Stückzahl sicher ständig senken und annähern.
Aber bei Speditionen zählt eh nur das Geld und die Betriebskosten über den Abschreibungszeitraum…und genau deswegen setzt sich der eLKW sehr schnell durch…das private lamentieren über Pseudonachteile wie bei eAutos interessiert hier überhaupt nicht.

Philipp:

Frag mal meinen Bruder, der seinen eigenen eLKW bald fährt.
Sein eLKW rechnet sich schon nach 1 Jahr. Erstens sind die Preise längst nicht mehr 3 mal so hoch und zweitens muss man immer das Depotladen mit einrechnen.

Solange die LKW-Mautgebühr nicht vorhanden ist, ist jeder, der in Deutschland mit Diesel fährt, ökonomisch im Nachteil. Aber das sehen die Dieselheads nicht, weil die glauben alle noch, die Kosten wären 3-mal so hoch und fragen nicht nach.
Hinweis: Der Faktor 3 kam aus der Förderung, die es jetzt nicht mehr gibt. Diesen Preisaufschlag gab es bekannterweise auch bei eAutos. Man ist bei eLKW nun relevant unter 2.

Langstrecke außerhalb Deutschlands, wo die Mautgebühren nicht für eLKW erloschen sind, ist eine andere Geschichte. Für deutsche Speditionen sind aber die Strecken in Deutschland der Kernteil der Kosten.

Philipp:

Da er nur Ökostrom lädt (sowohl im Depot vom eigenen Dach, als auch alle geförderten HPC Säulen haben zwingend Ökostrom – zusätzlich erzwingt das die THG-Quotenförderung), stimmt seine Aussage insoweit schon.

Es ist nicht korrekt, wenn sich diejenigen, die den billigsten Stromanbieter nehmen, sich den Ökoanteil zurechnen lassen.

Peter:

Frag mal Nanno Jannsen warum 65 BEV LKW eingeflottet werden, wenn diese sich nicht rechnen.

DarkestMage:

Drei bis fünf Jahre.

Siehe hier: https://wp.elektroauto-news.net/news/man-ceo-elektro-lkw-kosten

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