Audi-Chef: „Statt Technologieoffenheit brauchen wir Technologieklarheit“

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Audi AG

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Seit gut einem Jahr leitet Markus Duesmann die Audi AG. In einem Interview mit dem Handelsblatt sprach er darüber, wie er die Ingolstädter VW-Tochter ins Zeitalter der Elektromobilität führen will, welche Rolle Audi bei der E-Auto-Entwicklung innerhalb des Volkswagen-Konzerns ausfüllen soll und warum er den Weg der Technologieoffenheit bei Pkw-Antrieben für nicht sinnvoll erachtet.

Duesmann fahre privat bereits ein Elektroauto, sagt er zu Beginn des Interviews, und freue sich „jeden Tag über das Auto, den lautlosen Antrieb und die einmalige Beschleunigung.“ Reichweitenangst habe er zwar nicht, da er sowohl zu Hause als auch am Arbeitsplatz eine Lademöglichkeit habe. Die öffentliche Ladeinfrastruktur ist dem Manager allerdings trotzdem noch zu lückenhaft. „In ein paar Jahren sollte jeder Parkplatz eine Lademöglichkeit bieten“, findet Duesmann.

Es gebe bereits viele Initiativen, um den Ausbau zu beschleunigen, etwa in Städten, wo sich der Audi-Chef mehr Schnellladesäulen als Ergänzung zur gängigen 22-kW-Infrastruktur wünscht. Hierbei fände er „mehr Förderung durch die Politik hilfreich“. Audi prüfe sogar, „eine eigene Premium-Ladeinfrastruktur in großen Städten“ aufzubauen. Der Grund dafür klingt ziemlich naheliegend: „Wir wollen nicht, dass der Verkauf unserer Fahrzeuge durch den Mangel an Ladestationen gebremst wird.

Für schätzungsweise „irgendwann in den 30er-Jahren“ rechnet Duesmann damit, dass der letzte Verbrenner bei Audi vom Band läuft. Aktuell seien noch zu 95 Prozent Verbrennungsmotoren im Angebot, aber ab sofort soll jedes Jahr „mindestens ein neues Elektromodell“ ins Portfolio wandern. „Mitte des Jahrzehnts werden wir in Europa ungefähr ein Drittel der Autos mit Elektroantrieb ausliefern, Ende des Jahrzehnts rund die Hälfte“, gibt Duesmann die Marschrichtung vor. Hybridautos seien dabei lediglich als „eine Brückentechnologie“ zu betrachten. Elektroautos seien mittlerweile „sehr attraktiv“ geworden und es sei sinnvoll, „sich auf die reinen Batteriefahrzeuge zu konzentrieren“.

Eine größere Technologieoffenheit, wie sie einige Vertreter verschiedener Branchen fordern, findet Duesmann „problematisch“. Die Autoindustrie müsse „neben Wasserstoff und Strom auch noch den Verbrenner kontinuierlich weiterentwickeln“, gibt er zu bedenken. Grüner Wasserstoff sei jedoch weltweit „auf absehbare Zeit kaum verfügbar. Jedenfalls nicht so viel, dass es sinnvoll wäre, damit Autos zu betanken“, findet er. Außerdem seien andere Branchen „viel dringender auf Wasserstoff angewiesen: die Luftfahrt oder die Stahlindustrie zum Beispiel. Statt Technologieoffenheit brauchen wir Technologieklarheit“, so der Audi-Chef.

Audi will „in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzen“

Diese technologische Klarheit zu schaffen sei eine Aufgabe der Politik: „Berlin sollte abschätzen in welchen Feldern welche Energiemengen benötigt werden, wie viel grüner Wasserstoff in den nächsten Jahren verfügbar sein wird und wo er eingesetzt werden soll“, sagt Duesmann. Für die Elektromobilität gehe Audi massiv in Vorleistung, allein bis 2025 sollen bei Audi 15 Milliarden Euro in E-Mobility-Projekte investiert werden. Gleichzeitig müsse der Hersteller auch die Verbrennertechnologie weiterentwickeln, da sie bis Ende des Jahrzehnts „immer noch die Hälfte der Verkäufe ausmachen dürften“, so der Audi-Chef. Dies sei „insgesamt ein enormer Kraftakt“.

Die Antwort auf die in mehreren technologischen Teilbereichen führenden Elektroautos von Branchenprimus Tesla sei bei Audi das Projekt Artemis. Unter diesem Schlagwort entwickelt Audi für den gesamten VW-Konzern eine E-Auto-Plattform, mit der Tesla überholt werden soll, so Duesmann: „Das Projekt soll in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzen. Mit Blick auf Elektromobilität, aber auch auf das automatisierte Fahren“. Audi sei mit Artemis, gestartet bereits im vergangenen Jahr, „auf jeden Fall im Zeitplan“. Das erste Artemis-Auto soll in diesem Herbst auf der IAA als Studie vorgestellt werden und im Jahr 2024 auf den Markt kommen.

Quelle: Handelsblatt – Audi-Chef Markus Duesmann: „Wir wollen Tesla überholen“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Joa Falken:

„Und das wird sich nicht in zwei drei Jahren erledigen.“ Bis 2030 sind es aber noch 8 Jahre.

Joa Falken:

Ich bin sehr für Technologieoffenheit, und die würde auch zu Technologieklarheit in Sinne der Elektroantriebe führen.

Zur Definition von Technologieoffenheit würde es gehören, auf jegliche Förderung zu verzichten, die auf spezielle Antriebstechnologien ausgerichtet ist. Weil Wasserstoff die beschriebenen Nachteile hat, würde kein Privatunternehmen ohne Förderung in Waserstofftankstellen oder in die Entwicklung von Wasserstoffantrieben investieren, die bei PKW Nischenanwendungen bleiben werden. Die Umstellung würde dann vorzugsweise mit einheitlich höheren CO2-Preisen (und damit Spritpreisen) und ggf. Unterstützung durch Flottenemissionsgrenzen erfolgen. Wasserstoffautos und Batterie-Elektroautos würden dabei gleichgestellt werden. Auch bei der Umweltprämie, die aber kein sinnvolles Programm darstellt, da indirekt Verbrenner gefördert werden, gäbe es eine technologieneutrale Förderung.

Wenn der Staat für alle möglichen Antriebsmöglichkeiten und entsprechende Programme der Hersteller Subventionen verteilt, und dabei jeder Richtung ihren Etat zuweist, ist das keine Technologieoffenheit, sondern eine breit angelegte Technologieförderung.

Wenn sich VW gegen Technologieoffenheit ausspricht, dann bedeutet das in „leichter Sprache“:
VW möchte technologiespezifische Subventionen für seine Elektroautos und die zugehörige Stromversorgung. Und zwar zugleich firmenspezifische Förderung, bewilligt auf Antrag und nach VW genehmen, „technologieklaren“ Kriterien. Subventionen für Wasserstoffentwicklungen der Konkurrenz wollen sie nicht.

VestersNico:

Aldi for Audi – bitte nicht. Stellen Sie sich vor, Sie müßen sich in der Warteschleife auch noch mit einem dieser Prol-Piloten unterhalten. Ach zum Glück gibts noch die Maske… und die 4 Ringe unter’m Einkaufswagen.

Wolfbrecht Gösebert:

[…] die [Händler hätten] eigentlich große Chancen: wie schnell ist aus [‚]nem Autohaus eine Elektrotankstelle gemacht[ ]… Kaffe[e]automaten haben die meisten schon[ ]…

Wenn man aber erstmal die „Verbrenner-Tankstellen-Brilleabgesetzt hat, merkt der real praktizierende eAuto-Fahrer doch recht schnell, dass solche „Plätze im Irgendwonicht wirklich attraktiv sind!

Über die völlig abstruse Idee, ein Ladepark könnte den Umsatz/Ertrag/Beschäftigungseffekt eines Autohauses auch nur annähernd erreichen, mal kopfschüttelnd und komplett hinweggesehen …

Tim Wolf:

VW (somit auch Audi) sind technologisch so weit, dass Ihnen bereits die Händler das Geschäft sabottieren. Obwohl die eigentlich große Chancen hätten: wie schnell ist aus nem Autohaus eine Elektrotankstelle gemacht…. Kaffeautomaten haben die meisten schon…
Mittlerweile sind auch die Motoren von Audi und VW so schlecht, dass natürlich die Werkstätten goldenen Zeiten entgegen blickten: Steuerketten halten heute bei VW kürzer als Zahnriehmen. Man könnte fast von hineinkonstruiertem Verschleiß sprechen.
Das fällt alles weg.

Tom62:

+1
+ Beschaffung der Rohstoffe
+ Eigenproduktion der Hardware (GF) und der Software
+ Herstellung der Batterie
+ Raumfahrt Technologie im Autobau
+ Autonomes Fahren
+ robotaxis
+ Steuerung des og.. via Starlink
+ Versicherungen (in absehbarer Zukunft)
… geschweige über SpaceX, Boring company, hyperloop, Neuralink..
……
…….
Wie beim Schachspiel: Figuren in Position bringen…

Leser:

Und gibt es irgendwo wenigstens Steckdosen, um das Auto zur Not über Nacht zu laden?

Bernhard:

Ist das jetzt nicht Träumerei in die Zukunft hinein? Schau mal das Ladenetz von Going Electric an. Alleine in Berlin gibt es mehr Ladesäulen als in ganz Polen zusammen. Von der Ukraine oder Belarus wollen wir gar nicht reden. Ladenetz nur rudimentär vorhanden.Jede deutsche Stadt mit 100.000 Einwohner hat mehr Säulen als diese beiden Länder. Balkan? Griechenland? Mit BEV praktisch nicht erreichbar. Selbst in Südtirol wird es schon eng. Ich bin regelmäßig nach Wolkenstein zum Skilaufen gefahren. Jetzt da ich nur noch BEV´s habe ist die Region vorerst gestrichen. Natürlich gibt es in den Tiefgaragen der Fünf-Sterne-Hotels Destination-Charger von Tesla. Aber zu welchen exorbitanten Übernachtungspreisen? In ganz Wölkenstein eine einzige öffentliche Ladestation mit 50 kWh. Das ist der Status Quo vor dem Lockdown vom Frühjahr. Natürlich passiert da was, irgendwann. Aber auch bei uns ist nicht Ende der Fahnenstange. Da werden immer mehr Ladepunkte aufploppen. Zum Glück.

Yoyo:

Da haste recht, die bauen was die Kunden (noch) mehrheitlich wollen.
Aber mich hat bei den etablierten Premium-Herstellern immer gestört, dass sie in der Vergangenheit z.B TESLA ausgelacht und immer betont hatten, dass nur Verbrenner und höchstens noch Wasserstoff eine Zukunft hätten.
Ein ehrliches Bekenntnis, dass man sich zu lange auf den Lorbeeren ausgeruht hat, wäre ein erster Schritt nach vorne.

Franz Bauer:

Glauben sie, dass es eine Rolle spielt wie sich die Politik des Nieschenmarktes Deutschland positioniert? Oder der EU? Nein, diese Entscheidung der Politik ist hier irrelevant. Aber deren Subventionen wollen abgegriffen werden.
Wo die Reise hingeht ist allen klar (das behaupte ich mal ganz kühn), das will man sich jetzt nur noch vergolden.
Aber tote Pferde reiten hat Tradition, ich sage nur Holzmann oder Karstadt …

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