Um wertvolle Rohstoffe für neue Batterien wiederzugewinnen, können Altbatterien aus Elektrofahrzeugen recycelt werden. Alternativ können die Batterien aber auch als stationäre Energiespeicher weitergenutzt werden und dazu beitragen, erneuerbare Energien in das Stromnetz zu integrieren, Lastspitzen aufzufangen und so die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Sowohl Recycling als auch die Verlängerung des Lebenszyklus durch Zweitnutzung sind wichtige Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Doch was ist besser – sollte man ausgediente Elektrofahrzeug-Batterien sofort recyceln oder zuvor noch ein zweites Mal nutzen?
Ein Forschungsteam der Universität Münster, der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) und des Lawrence Berkeley National Laboratory (USA) hat diese Frage am Beispiel des US-Bundesstaates Kalifornien untersucht und die Ergebnisse nun veröffentlicht. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass der Einsatz der alten Batterien als stationäre Energiespeicher langfristig wirkungsvoller zur Einsparung von Treibhausgasemissionen beiträgt als unmittelbares Recycling. Sie empfehlen daher für Länder mit einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien, Altbatterien aus Elektroautos und Plug-in-Hybriden zunächst als stationäre Energiespeicher wiederzuverwenden.
Die Modellrechnungen zeigen: In Kalifornien können bis 2050 rund 61 Prozent des Bedarfs an Batterien für Elektroautos gedeckt werden, wenn alle Altbatterien aus Elektrofahrzeugen recycelt werden und keine Zweitnutzung stattfindet. Mit dieser Strategie lassen sich etwa 48 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid einsparen. Umgekehrt aber – wenn das Second-Life priorisiert wird – lassen sich sogar 56 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Ausstoß vermeiden.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Menge an verfügbaren Altbatterien aus Elektrofahrzeugen den Bedarf an stationären Energiespeichern in Kalifornien bis 2050 deutlich übersteigt. Allein die Nutzung aller Lithium-Eisenphosphat-Batterien, die für den Einsatz in stationären Energiespeichern gut geeignet sind, könne den Bedarf an stationären Energiespeichern bis 2050 decken. Daher empfehlen die Autoren, auch bei einer Priorisierung des Second-Life frühzeitig mit dem Aufbau einer Recycling-Infrastruktur zu beginnen.
Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer systemischen Planung der Batterielieferketten, einschließlich Produktion, Recycling und Zweitnutzung. Länder, die es schaffen, frühzeitig das gesamte System regional aufzubauen und langfristig die Infrastruktur am zukünftigen Bedarf an Batteriematerialien ausrichten, sind besser positioniert, um die Vorteile der Kreislaufwirtschaft für Elektrofahrzeugbatterien zu realisieren.
Vorherige Untersuchungen hatten gezeigt, dass die Nutzung von recycelten Materialien in der Herstellung von Batterien für Elektroautos weniger Treibhausgasemissionen verursacht als die Verwendung von primären, in Minen abgebauten Rohstoffen. Es war auch bekannt, dass die Zweitnutzung von ausgedienten Elektrofahrzeugbatterien in stationären Energiespeichern deutlich weniger Treibhausgasemissionen verursacht als der Einsatz von Batterien, die aus primären Materialien hergestellt wurden. Bisher hatte allerdings keine Studie diese beiden Optionen systematisch verglichen.
Zur Methode: Die Forscher modellierten auf der Basis von verschiedenen Parametern (beispielsweise Emissionen, Effizienz von Recyclingprozessen, Verkaufszahlen und Lebensdauer von Batterien) drei Szenarien und verglichen sie. Im „Basisszenario“ gingen sie von den tatsächlichen, aktuellen Zahlen aus: 2,5 Prozent der Altbatterien aus Elektrofahrzeugen werden zunächst als stationäre Energiespeicher weitergenutzt, alle anderen werden sofort recycelt. Im „Recycling-Szenario“ werden alle Altbatterien aus Elektrofahrzeugen recycelt, eine Zweitnutzung findet nicht statt. Im „Zweitnutzungs-Szenario“ werden Altbatterien aus Elektrofahrzeugen für das Second-Life priorisiert, bis der Bedarf an stationären Energiespeichern vollständig über ausgediente Altbatterien gedeckt ist. Die verbleibenden Altbatterien werden recycelt.
Quelle: Uni Münster – Pressemitteilung vom 29.07.2025