Webasto stattet Riesenbohrer mit 15 Tonnen Batterien aus

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Webasto / Dieseko

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Auf Großbaustellen weltweit sind Riesenbohrer im Einsatz. Bisher wurden sie von Diesel angetrieben – sowohl für die Fortbewegung auf der Baustelle als auch für die verschiedenen Werkzeuge, mit denen die Maschinen arbeiten. Doch der Wunsch nach Elektrifizierung von Baumaschinen macht auch vor diesen Schwergewichten nicht Halt. Einige Länder wie die Niederlande, Norwegen und der US-amerikanische Bundesstaat Kalifornien fordern emissionsfreie Baustellen bereits ab 2025 beziehungsweise 2030. Insbesondere der Ausstoß von Stickstoffen und Kohlendioxid soll schnell und umfangreich reduziert werden. Deshalb hat Webasto bereits Lösungen für die Elektrifizierung verschiedener Baumaschinen umgesetzt, nun auch für einen fast 40 Meter hohen Pfahlbohrer.

Im Woltman 90DRe des niederländischen Unternehmens Dieseko kommen 36 Standard-Batterie-Packs von Webasto zum Einsatz. Sechs davon sind fest auf der Maschine verbaut und liefern den Strom für einen kleinen Antriebs-Motor, der die Maschine kurze Distanzen auf der Baustelle fahren lässt. Die weiteren 30 Batteriepakete sorgen für immense Power beim Bohren oder Rammen. Diese Batteriepacks sind abnehmbar und so separat transportierbar. Das erleichtert den Maschinentransport von einer Baustelle zur nächsten und ermöglicht den Austausch leerer gegen geladene Akkus. Mit fast fünfzehn Tonnen bilden sie zudem das notwendige Gegengewicht zu den Werkzeugen.

Batteriekonzept mit Köpfchen

Die Anzahl der Batterien sei so konzipiert, dass der Strom für einen durchschnittlichen Arbeitstag auf der Baustelle von etwa acht bis zehn Stunden ausreiche, so Webasto. Über Nacht können sie mit bis zu 90 Kilowattstunden für den Einsatz am nächsten Tag wieder aufgeladen werden. Sie haben einen Energiegehalt von jeweils 35 Kilowattstunden – insgesamt liefern sie im vollgeladenen Zustand 1,2 MWh an Kapazität und mehr als 600 kW Leistung. Bis zu 32 Meter tiefe Löcher mit einem Durchmesser von bis zu 1,5 Meter kann das Berät bohren.

Häufig sind unsere Maschinen die ersten, die auf einer Baustelle eintreffen und arbeiten. Die Herausforderung ist dann, am Standort genügend Netzstrom zur Verfügung zu haben, um über Nacht laden zu können. Zurzeit gibt es nicht auf jeder Baustelle ausreichend Strom. Wir denken aber, dass die Verfügbarkeit von Netzstrom mit der Einführung dieser Art von elektrischen Maschinen verbessert wird“, erklärt Dirk Smulders, Geschäftsführer von Dieseko.

Die Batterien von Webasto sind laut dem Hersteller äußerst robust (Schüttel- und Stoßprüfung mit 100 Kilonewton) und durch eine extra Box geschützt. Ein zentrales Batteriemanagementsystem in Form von so genannten „Vehicle Interface Boxes“ (VIB) steuert sie zentral. Die Webasto VIB dienen auch als Schnittstelle für die Kommunikation zwischen Batteriesystem und Fahrzeug. Darüber hinaus können sie im System gekühlt werden, was die Leistung auch in heißer Umgebung und bei Dauerlast sicherstelle.

Ganzheitliches Thermomanagement

Damit die Batterien immer in ihrem optimalen Betriebstemperaturbereich zwischen 10 und 30 Grad Celsius arbeiten, hat Dieseko sich für das Plug & Play Thermomanagementsystem von Webasto entschieden. Zusätzlich wurde eine individuelle Applikation der modularen Plattform „eCabin“ zur elektrischen Klimatisierung des Führerhauses installiert. Dazu gehören ein Hochvoltkompressor für die Kühlung, ein Hochvoltheizer HVH 100, sowie die intelligente Steuerung über das Steuergerät Cronus.

Unsere Batterie-Thermomanagement Lösung sorgt für den bestmöglichen Energieerhalt im Alltag und für eine Langlebigkeit der Batteriepacks. Außerdem heizt und klimatisiert die eCabin das Führerhaus. Damit lösen wir alle Thermo-Aufgaben auf einmal“, erklärt Lena Beckmann, Director Product Management Battery and Thermo Management bei Webasto.

Elektrische Baumaschinen sind die Zukunft

Die Elektro-Varianten der Bohrmaschinen sind in der Anschaffung zunächst zwar kostenintensiver, über die Jahre des Einsatzes gerechnet seien sie finanziell dennoch interessant, wie der Dieseko-Geschäftsführer erklärt. „Zum einen wird Diesel noch teurer werden, zum anderen gibt es Ausschreibungen, die man schon heute nur gewinnen kann, wenn man mit Geräten punktet, die vor Ort keine Emissionen produzieren“, sagt Smulders. Ein weiterer Vorteil des elektrischen Antriebs ist, dass der Motor nur dann Energie verbraucht, wenn er genutzt wird. Diesel-Motoren laufen fast den ganzen Tag durch, auch wenn sie nur im „Standby“ sind. Die Elektro-Baumaschine spart laut Dieseko bis zu 80 Tonnen CO2 pro Jahr.

Das Woltman Gerät in der Gewichtsklasse 90 Tonnen ist der erste Tiefbohrer, den Dieseko und Webasto elektrifiziert haben. Lösungen für weitere Maschinen seien bereits in Planung.

Quelle: Webasto – Pressemitteilung vom 06.07.2023

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Frank:

Bei Radladern gebe ich Dir recht, aber der Bohrer wird abends nicht seinen Bohrer aus den Loch ziehen und zur Ladestation fahren. Die großen Krananlagen und Bagger legen ihr Zuleitungskabel selbst ab und wickeln es wieder auf (ich arbeite öfters in den Bereich), mit Leistung von 4500kW im 10Minuten mittel.

Daniel W.:

Mein Bruder hat für Arbeiten auf dem Gartengrundstück am Ortsrand neben dem üblichen Akkuschrauber auch Trennschleifer, Kappsäge und Staubsauger als Akkugeräte. Das ist eine Wohltat gegenüber früher als jedes mal der Stromgenerator in Gang gesetzt wurde.

Daniel W.:

Bei einem Kran, der dauerhaft an seinem Platz bleibt, wenn er mal aufgestellt ist, stellt ein Kabel sicherlich kein Problem dar, aber bei einem Riesenbohrer, der dauernd zum nächsten Bohrloch fahren muss, wäre ein Kabel mehr als hinderlich, deshalb auch die Akkus.

Das Gleiche bei Baggern und Radladern, hier wäre ein Kabel mehr als hinderlich.

Michael Neißendorfer:

Klar würde das reichen. Aber was wohl der Kranführer sagt, wenn er regelmäßig blockiert ist, sobald der Bohrer hämmert?

Frank:

Die 1200 kWh Akku reicht 8 Std. also 150kW im schnitt (125A Steckverbindung), statt den 90kW beim laden ist etwas größer und die maximalle Leistung von 600kW kurzzeitig sind vom Netz (Drehstrom 690VAC) auch kein Problem. Eine Ladestation am Rastplatz mit 350kW Gleichstrom braucht schon einen größeren Trafo, größere Leitungsquerschnitte und auch Gleichrichter und Ladegerät.

Frank:

Elektrogeräte im Hobbybereich sind gut, aber nicht mit Akku, die werden viel zu wenig genutzt und die Leistung fehlt. Ich habe mir eine Kettensäge mit Akkus gekauft, kostet das doppelte von einer normalen Kettensäge, hat aber nur halb soviel Leistung und ist immer sofort leer, das Kabel stört natürlich nicht im Baum.

Michael Neißendorfer:

Wäre eine Option, scheitert aber vermutlich am Leistungsbedarf. Knapp mehr als 600 kW sind es in der Spitze, da bräuchte der Bohrer wohl einen Trafo nur für sich allein.

Frank:

Warum kann man nicht auf den Akku verzichten und den Bohrer direkt mit Strom versorgen, mit den ganzen vorheizen, kühlen, Ladeverluste, Ladegeräte, viel Technik was man gar nicht braucht und auch nicht kaputt geht. Die Einsatzzeit des Bohrers wird nur unnötig begrenzt wegen des kleinen Akkus.

Daniel W.:

Ein schönes Beispiel, dass sich auch große Baumaschinen sehr gut batterie-elektrisch betreiben lassen und dass hier das Batteriegewicht kein Nachteil ist, sondern als Ausgleichsgewicht dringend gebraucht wird, so wie auch bei Baggern und Radladern.

Und wenn in der Zukunft die Windenergie und die Stromtrassen kräftig ausgebaut werden, dann gibt es nachts häufig reichlich günstigen Windstrom, mit dem sich die Akkus laden lassen.

Für mich ist die Zukunft weitgehend batterie-elektrisch, vor allem im Straßenverkehr, aber auch im Hobbybereich. Da braucht es keine lärmenden Rasenmäher, Motorsensen oder Kettensägen mit Benzinmotor, mit denen die Nachbarn am frühen Morgen oder spätem Abend genervt werden.

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