Warum dem reinen Elektroantrieb auch im Lkw-Fernverkehr die Zukunft gehört

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Matthias Gründler, Vorstandsvorsit­zender von Traton, und Andreas Kammel, der bei dem Lastwagen- und Bushersteller den Bereich für alternative Antriebe und autonomes Fahren verantwortet, haben in einem Gastbeitrag bei Eurotransport ausführlich dargestellt, warum und wie rein batterieelektrische E-Lkw in vielen Fällen die kosteneffizienteste Lösung für den Schwerlastverkehr sind, und warum sie mit entsprechender Ladeinfrastruktur auch auf der Langstrecke die erste Wahl sein dürften.

Sind die Schwerlaster nicht nur elektrifiziert, sondern zusätzlich auch noch mit autonomen Fahrfunktionen ausgestattet, werde der „Transport der Zukunft zugleich ökologischer und ökonomischer“, so die beiden Autoren, da sich die beiden Technologien „gegenseitig befruchten können“. Der Fortschritt autonom fahrender Lkw werde den batterieelektrischen Antrieb „in ganz besonderem Maße auf die Überholspur schicken“, so die beiden Lkw-Experten, da das autonome Fahren „einen der größten Nachteile des E-Lkw, die geringere Flexibilität“, neutralisiere.

Batterie-Lkw haben demnach selbst gegenüber Wasserstoff-Lkw, die gemeinhin als beste Lösung für den Warentransport auf Langstrecken gelten, kaum nennenswerte Nachteile. Zwar dauere der Ladevorgang eines typischen künftigen Lkw etwa dreimal so lange wie der Tankvorgang eines Brennstoffzellen-Lkw, also etwa 40 statt 15 Minuten. Ein E-Lkw allerdings könne „bei bis zu 20 Stunden Nutzung am Tag die Investition in die Batterie noch effektiver amortisieren und seine Energiekostenvorteile noch stärker ausspielen“, heißt es bei Eurotransport.

Gerade dieser Vorteil bei den Energiekosten sei „der entscheidende Grund, warum im Lkw-Verkehr, gerade auf der Langstrecke, reine E-Lkw in den allermeisten Fällen die umweltfreundlichere und für Spedi­tionen günstigere Lösung sein werden.“ Das liege vor allem an der deutlich schlechteren Energiebilanz von Wasserstoff, was den Treibstoff um einiges teurer macht, als den Strom in Batterien direkt zu nutzen.

Energiekosten größte Herausforderung bei Wasserstoff-Lkw

Selbst mit vier Euro je Kilo Wasserstoff an der Zapfsäule wäre er zwar eine lohnende Alternative zu einem fossilen Diesel-Lkw, aber in den meisten Fällen noch immer nicht wettbewerbsfähig mit einem E-Lkw“, schreiben die beiden Autoren, da Lastwagen „intensiv genutzte Investitionsgüter“ seien, „deren Treibstoffkosten den Anschaffungspreis weit übersteigen.“ Und da „am ­Ende in einem Sektor mit solch geringen Margen wie dem Speditionsgeschäft immer noch vor allem die Kosten“ entscheiden, welche Technologie genutzt wird, seien reine Elektroantriebe klar im Vorteil.

Die oft geäußerte Meinung, Wasserstoff-Lkw seien etwas für die Langstrecke und E-Lkw nur für die Kurzstrecke“, sei auch aus ökologischen Gründen „nicht zu halten“, da ein Wasserstoff-Lkw mit der gleichen Menge Strom aufgrund der Energieverluste bei der Elektrolyse, der Distribution und der Rückumwandlung nur gut ein Drittel so weit kommt, wie ein Batterie-Lkw.

Auch das Negativargument, dass ein E-Lkw weniger Nutzlast aufweise, entkräften die beiden Autoren: Ein rein elektrischer Langstreckenlaster sei mit einer gut 4 Tonnen schweren Batterie ausreichend bestückt. Zudem entfallen gut 2 Tonnen an Komponenten des Dieselantriebs, und in Europa seien „bei einem Nullemissionsfahrzeug oft zwei Tonnen Mehrgewicht zulässig“. Kurz: Ein E-Lkw verliere „bei passender Achskonfiguration entgegen einer weitverbreiteten Meinung auch auf der Langstrecke kaum oder gar keine Nutzlast.“

E-Lkw mit Gesamtkostenvorteil ab etwa 2025

Ein typischer, regelmäßig genutzter E-Lkw in Europa könne bei den Gesamtkosten „bereits 2025 besser als ein Diesel-Lkw abschneiden“, so die beiden Autoren. Bis 2030 könne der Kostenvorteil „bereits im zweistelligen Prozentbereich liegen, auch mitsamt Infrastrukturkosten“. Für den fossilen Diesel spreche dann „nur noch sehr wenig“.

Eine wichtige Voraussetzung aber sei „eine flächendeckende Schnellladeinfrastruktur, mit der die verpflichtende 45-minütige Ruhezeit eines Fahrers nach viereinhalb Stunden Fahrzeit zum Nachladen genutzt werden kann“. Deren Aufbau entlang der ­wichtigsten europäischen Korridore werde zwar „einige Jahre Vorlauf benötigen und etliche Herausforderungen beinhalten“, könnte aber durch hohe Nutzungsraten und diverse Synergien „deutlich günstiger ausfallen als vielfach erwartet“.

Auch der ökologische Fußabdruck sei durch den Batterieantrieb deutlich besser als mit Wasserstoff: „Mit demselben Windrad in der Nordsee können dreimal mehr E-Lkw als Wasserstoff-Lkw betrieben werden“, so die beiden Autoren. „Entsprechend fallen dreimal geringere Energie- und Netzausbaubedarfe sowie CO2-Emissionen an“, argumentieren sie. Auch der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft für Batterien wirke sich positiv auf die Ökobilanz von E-Lkw aus.

„Am batterieelektrischen E-Lkw als Mainstream-Lösung führt kaum ein Weg vorbei“

Langfristig führe „kaum ein Weg am batterieelektrischen E-Lkw als Mainstream-Lösung vorbei“, so die beiden Lkw-Experten. Das bedeute aber explizit nicht, dass er „die einzige sinnvolle Lösung für alle Anwendungsfälle“ sein könne oder werde. In bestimmten Regionen oder Szenarien können auch Wasserstoff-Lkw oder weitere Alternativen wie etwa Biomethan „eine relevante Rolle spielen“. Auch für Fernbusse sei der Wasserstoff-Antrieb ein sinnvoller Einsatzbereich, da diese meist mit zwei Fahrern unterwegs sind und auf ihren Strecken nur sehr kurze Stopps einlegen.

Wasserstoff-Lkw, so sagen die beiden Autoren voraus, werden sich „in den nächsten zehn Jahren zwar in immer mehr Anwendungen am Markt etablieren, parallel aber zunehmend durch immer alltagstaugli­chere E-Lkw verdrängt werden, weil diese schlicht billiger im Unterhalt sind“, heißt es in dem Gastbeitrag. Damit können Wasserstoff-Lkw „eine komplementäre Rolle in einem E-Lkw-Portfolio einnehmen“. Für die Mehrheitslösung jedoch dürfte es „angesichts immer leichterer, günstigerer und langstreckentauglicherer E-Lkw nicht reichen.

Quelle: Eurotransport – Elektro-Lkw auch für den Fernverkehr

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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E-Föhn:

Ergänzung:
Die Feinstaubemission der Bahnstromversorgung kommt noch oben drauf. Beim Straßenverkehr ist sie schon in der Angabe enthalten.

E-Föhn:

nicht nur im Geradeauslauf, sondern auch…sollte es heißen

E-Föhn:

Hat auch niemand behauptet. Die Bahn benötigt wegen ihrer vergleichsweise geringen Steigfähigkeit jedoch noch mehr davon.

E-Föhn:

Ich schlage vor, dass du noch einmal liest, was da steht, auch in deinen Quellen.

  1. 400 t/a Feinstaub aus Fahrdrahtabrieb im Oberleitungsnetz der DB AG. Hinzu kommt der wesentlich größere Kohleschleifleistenabrieb.
  2. Allein durch Fahrdrahtabrieb emittiert die elektrische Bahn mehr Feinstaub als fiktiver Dieselbahnantrieb mit derzeitiger Emissionsstufe EUIIIb bei gleicher Radarbeit emittieren würde.
  3. Bahnfahrten über die alte Gotthardbergstrecke benötigten infolge der Bremsenergierückspeisung und geringeren Fahrgeschwindigkeit weniger Energie als über die Neubaustrecke durch den GB-Tunnel.
  4. Die spezifische Feinstaubemission des Bahnverkehr ist laut deiner Quelle eindeutig größer als die des Straßenverkehrs. Denn die Bahn leistet nicht einmal ein Drittel der Straßenverkehrsleistung.

Es ist unklug, andere mit Trump zu vergleichen, wenn man seine eigenen Quellen nicht versteht.
Trotzdem danke für deine Infos.

E-Föhn:

Danke für Ihre Erläuterung zu Mio Jahre währenden natürlichen Stoffkreisläufen. Daran hatte ich hierbei noch nicht gedacht. Danke auch für Ihren link zur kompostierbaren Batterie.
Zu H2 finde ich noch bemerkenswert: Forscher haben ein Elektrolyse-System entwickelt, das die Wasserspaltung auch mit ungereinigtem Meerwasser ermöglicht – und damit die Wasserstoff-Produktion aus dem Meer. Eine spezielle Beschichtung schützt dabei die Elektroden vor der Korrosion. Quelle Scinexx Wenn Sie den link dazu nicht finden, bitte melden.

Raphael:

Bzgl. den 600 Jahren wollte ich einfach aufzeigen, wie ein Downcycling auch bei kleinen Verlusten über lange Zeiträume nicht vernachlässigbar ist. Die Natur konnte sich auch nur dank verlustfreien Stoffkreisläufen auf Basis von hauptsächlich C, H, N, Ca und Salzen auf Basis von Spurenelementen über Jahrmillionen aufrecht erhalten. Bei Verdünnungseffekten von seltenen Elementen wäre in geologischer Zeit das Ende rasch da gewesen. Gewisse Elemente wie Lithium sind zu selten, dass sie in nennenswerten Konzentrationen vorkommen, deshalb spielen sie in der Natur kaum eine Rolle. Bei Lithium ist der energetische Aufwand und damit auch die Kosten enorm, es aus dem Meer (Endstation lösbarer Stoffe) herauszugewinnen. Deshalb macht es heute schon Sinn, nach Alternativen zu suchen.

Hier noch eine sehr wichtige Entwicklung, die genau in die Richtung geht, die ich angedeutet habe:
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/batterie-revolution-aus-dem-3d-drucker-mini-speicher-laesst-sich-kompostieren/

Vielen Dank für Ihren Link. Solche Entwicklungen sind enorm wichtig, da ja nicht nur für den Verkehr, sondern auch für andere Anwendungen Ersatzquellen für fossile Substanzen gefunden werden müssen.

Bzgl. Likes ist es überraschend, wie jemand mit einer unwissenschaftlichen Behauptung aus einem zweifelhaften Artikel zu Wasserstoff Zustimmung erhält, da diese Foristen Wasserstoff prinzipiell ablehnen (Prinzip Trump).
Bei kurzer Suche findet man rasch fundierte Erklärungen, die genau das Gegenteil aufzeigen:
https://www.chemie.de/lexikon/Wasserstoff.html

E-Föhn:

Danke auch für die nette Rückmeldung und meine Zustimmung zu Ihrer Sicht bezüglich Dislikes. Ich finde dazu Sätze von Gandhi oder Biermann lehrreich.
Ihre Kommentare und den Austausch mit Ihnen in ecomento habe ich stets als Bereicherung wahrgenommen. Erfreulichlicherweise geht die Redaktion in diesem Forum hier toleranter mit kritischen Kommentaren um.

Ihr Einwand zur Recyclingquote von Batterierohstoffen ist interessant, doch halte ich den Betrachtungszeitraum 600 Jahre faktisch für nicht relevant, da innerhalb dieses Zeitraums sicher ganz andere Energiespeicher entwickelt werden. Natürliche Prozesse recyclen „natürlich“ viel besser als technische. Daher könnte man annehmen, dass sich entgegen der derzeitigen energietechnologischen und energieeffizienzorientierten Präferenzen (= stromlastige Energiewende) in Zukunft weniger energieeffiziente Bioenergie-Technologien als mindestens ebenso nachhaltig und klimaschutzwirksam herausstellen werden.
Ein Beispiel dazu könnte die Entwicklung von Biokohle des Unternehmens Nextfuel sein.
Diese Biokohle kann aus Miscanthus auf landwirtschaftlich nicht mehr nutzbaren Brachflächen THG-negativ produziert und laut Unternehmensangaben z.B. in der Stahlerzeugung eingesetzt werden. Dagegen scheint die strombasierte H2-Erzeugung (Beispiel Stahlerzeugung Salzgitter) aufwendiger und kann schwerlich THG-negativ sein.
https://www.cleanthinking.de/biokohle-aus-miscanthus-als-saubere-alternative-fuer-kohle/

Raphael:

Danke für die nette Begrüssung!
Es gibt tatsächlich gewisse Personen in ecomento, die seit einer gewissen Zeit in keinen Kommentaren mehr aufgetreten sind. Ich habe eine Vermutung, wer hinter Ihnen stecken könnte … wenn diese stimmt, hätten wir dort auch schon sehr anständige und bereichernde Diskussionen geführt.
Ich finde hier sehr positiv, dass es immer wieder Gastbeiträge mit unterschiedlichen Sichtweisen gibt (obwohl dies nicht allen passt). Schlussendlich ist das Einholen der Pro- und Kontra-Argumente die beste Basis für die Meinungsbildung. Die like/dislike-Möglichkeit ist für diverse Leute ein Blitzableiter für ihre momentane Gefühlslage. Mich stört es nicht, wenn die Dislikes bei meinen Kommentaren überwiegen. Am wichtigsten ist es, die Leute zum Denken anzuregen, auch wenn ihnen gewisse Aspekte missfallen.

Daniel W.:

@E-Föhn: An welcher Uni haben Sie Ihr Troll-Studium absoviert?

Mittlerweise ist es eindeutig, dass Sie „alternative Fakten“ verbreiten, ob nun bewusst oder unbewusst, das wissen nur Sie selber – Trump sucht Leute wie Sie.

Daniel W.:

Nachtrag:

„Hinzu kommt ein gewaltiger CO2-Fußabdruck aus dem Beton- und Stahlbedarf der Tunnel und Viadukte.“

Als ob für Strassen- und Brückenbau über die Berge kein Beton und Stahl gebraucht würde.

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