Toyota Prius PHEV: Löst sich 2023 komplett von der Vergangenheit

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Joaquim Oliveira
Joaquim Oliveira
  —  Lesedauer 5 min

Toyota brauchte mehr als einen kurzen Kuss, um den müden Langweil-Hybriden Prius in ein Auto zu verwandeln, das echten Fahrspaß bereitet und dazu noch gut aussieht. Jetzt ist der Tag der Verwandlung gekommen. Die neue Generation ist dynamischer denn je und bleibt als Plug-in-Version sparsam wie bisher.

Seit 25 Jahren ist der Toyota Prius auf dem Markt und fraglos ist der Japaner weltweit der Pionier für das Hybridzeitalter. Gerade in den USA und Japan wurde er über die Zeit zu einer Sparlegende, doch sein Design und die Motor-Getriebe-Kombination brachten ihm gleichermaßen viel Kritik ein. Damit soll in der neuen, fünften Generation endgültig Schluss sein, denn der Prius soll gegen die Übermacht der aufkommenden Elektromobile nach wie vor eine wichtige Speerspitze im Toyota-Modellangebot sein und nicht nur ein sparsamer Traum aller Taxifahrer.

„Ich wurde gebeten, einen Prius zu bauen, der das Image eines Taxis aufhebt und dem die Leute nachweinen, wenn sie ihn auf der Straße sehen“, sagt Chefingenieur Satoki Oya mit einem diskreten Lächeln. Ob das klappen wird, lassen wir einmal dahingestellt, doch im Vergleich zu den Vorgängerversion ist das neue Modell ein wahrer Beau.

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Die Proportionen des 4,60 Meter langen Toyota Prius sind nicht nur Dank der um fünf Zentimeter flacheren Dachlinie gefälliger denn je. 4,5 Zentimeter kürzer und ein um fünf Zentimeter gestreckter Radstand tun dem sparsamen Japaner einfach gut. Gerade die Fondinsassen freuen sich über die gewonnene Beinfreiheit in der zweiten Reihe. Der Platz für den Kopf ist hingegen überschaubar und ab 1,80 Metern wird es durch die leicht nach oben versetzte Rückbank eng für die Frisur.

In Sachen Bedienung hat sich Toyota mit dem neuen Prius verbessert. Das zentrale 12,3-Zoll-Display ist deutlich aufgeräumter als bisher, während die Klimabedienung per Direkttaster gesteuert werden kann. Störend ist jedoch der Hartplastikcharme des Prius, der nicht in die heutige Zeit passen will und die digitalen Instrumente auf dem sieben Zoll kleinen Bildschirm, der mit seiner betagten Darstellung nicht in die heutige Zeit passen will. Bei der Bedienung gibt es Schwächen im Detail: Wenn man die Stärke der Bremsenergierückgewinnung der Funktion B ändern will – die in drei Stufen eingestellt werden kann – muss man das Auto anhalten, um dies zu tun. Schaltwippen am Lenkrad wären die rechte Lösung. Der Kofferraum wuchs durch die Verlagerung des Batteriepaketes vom Laderaum unter die Rückbank um 33 auf 284 Liter; bleibt aber unverändert zu klein. Wer mehr Platz braucht, klappt die Rücksitze um.

Die fünfte Generation des Hybridsystems vergrößert den Hubraum des bisherigen Benzinmotors von 1,8 auf 2,0 Liter, was eine Leistungssteigerung von 72 kW / 98 PS / 142 Nm auf 11 kW / 152 PS / 190 Nm ermöglicht; gleichzeitig wird der Elektromotor deutlich leistungsfähiger (163 PS gegenüber 71+ 31 PS vom Generator der vorherigen Generation), was erklärt, warum die Gesamtleistung des Systems von schmalen 90 kW / 122 auf stattliche 164 kW / 223 PS gestiegen ist. Eine weitere Änderung ist der Wegfall der Kupplung zwischen dem Elektromotor und dem Generator, die bisher dafür verwendet wurde, damit beide Motoren zur Bewegung des Fahrzeugs beitragen konnten. Das fällt weg, weil der neue Antrieb deutlich leistungsstärker ist der Vorgänger.

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Wichtiger ist jedoch die Integration einer neuen Batterie mit größerer Kapazität, denn statt der 8,8 stehen nunmehr 13,6 kWh zur Verfügung, was entscheidend dazu beiträgt, die elektrische Reichweite von 45 auf immerhin 69 Kilometer zu drücken. Das neue Akkupaket verfügt bei höherer Energiedichte über 50 Prozent mehr Kapazität und 30 Prozent weniger Zellen, nimmt den gleichen Bauraum ein und wiegt ungefähr dasselbe wie der bisherige kleinere Akku. Bei der Ladeleistung geht es dagegen müde zu, denn diese wuchs von 3,3 gerade einmal auf 3,5 Kilowatt. Eine volle Ladung dauerte bisher mindestens zwei Stunden, jetzt werden es vier sein. Das ist lang – sehr lang, wenn der Prius Mitte des Jahres auf die europäischen Märkte rollt.

Die neuen Proportionen, die breitere Spur sowie der Zuwachs am Radstand machen sich auf der Straße schnell bemerkbar. Gab es früher schmale 15-Zöller, so ist der Testwagen mit großen 19-Zöllern unterwegs, was Optik und Dynamik deutlich stärkt, jedoch Nachteile im Komfortniveau mit sich bringt. Wer die Unebenheiten nicht spüren will, steigt auf 17 Zöller um. Die Lenkung ist leichtgängig und präzise – die Wankbewegungen deutlich weniger als einst. Mühte sich der bisherige Prius aus dem Stand in 11,1 Sekunden auf Tempo 100 und ist der Nachfolger mit 6,8 Sekunden gefühlt doppelt so schnell auch wenn 177 km/h Höchstgeschwindigkeit für die stattliche Motorleistung eine Enttäuschung sind. Doch was am meisten begeistert, ist die neue Fahrbarkeit, denn auch das sonst nervige Zwischenbeschleunigungen geschieht dank der neuen Parallelität zwischen Motorgeräusch und Beschleunigung trotz stufenlosem Getriebe viel flüssiger und leiser als bisher.

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Unter dem Strich löst sich der neue Toyota Prius mit einem Basispreis von rund 38.000 Euro nahezu komplett von seiner Vergangenheit und hat den Charme des müden Seniorenmodells optisch wie fahrdynamisch abgelegt. Dabei behält er seinen größten Kundenvorteil: den Realverbrauch. Toyota verspricht mit vollem Akkupaket gewohnt geneigte 0,8 Liter Super auf 100 Kilometer – bei der flotten Testfahrt und zahlreichen Tempiwechseln waren es letztlich 3,9 Liter. Jetzt muss der Kunde entscheiden, ob der neue, emotionalere Toyota Prius eine Chance gegen die mächtige Welle der Elektroautos hat.

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Joaquim Oliveira

Joaquim Oliveira

Der gebürtige Brasilianer arbeitet seit Jahren als internationaler Korrespondent für verschiedene Automagazine, wie das brasilianische "Quatro rodas", das englische "AutoExpress" oder den chinesischen "Car & Driver". Für Elektroauto-News.net verfasst er regelmäßig entsprechende Fahr- und Erfahrungsberichte aktueller Elektroauto-Modelle.

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Der_Tiroler:

Weit gefehlt. Wer nachts in der heimischen Garage aufladen kann, der ist mit einem Plug-in-Hybrid für die alltäglichen Besorgungen und das Pendeln zur Arbeit bestens bedient, noch dazu bei so einer üppigen elektrischen Reichweite. Andererseits muss man bei weiteren Fahrten keine Gedanken auf Ladestationen verschwenden, oder sich über undurchsichtige Ladetarife ärgern.

Ich fahre übrigens seit 7 Jahren PHEVs (Mitsubishi und Hyundai), und kann mit nichts Besseres vorstellen. Bravo Toyota! Sobald das Ding im Showroom ist, bin ich beim Händler.

Hiker:

Wer als Automobilhersteller jetzt noch immer nicht begriffen hat welch ungeheurer Wandel gerade im Gang ist, wird über kurz oder lang nicht auf dem Weltmarkt überleben. Wenn Toyota jetzt immer noch in die Hybridfahrzeuge investiert ist das alles andere als klug. Dann haben Sie nichts begriffen.

Knut Stalz:

Ich fahre seit 2008 Prius(e).
Das nervige Zwischenbeschleunigen ist mir deshalb natürlich sehr wohl bekannt.
Gemeint sind die ansteigenden Motordrehzahlen/Geräuschkulisse und das dann erst quasi am „Gummiband“ folgende Beschleunigen des Fahrzeugs.
Ist aber beim Prius IV schon abgemildert gegenüber Vorgängern. Beim Auffahren auf die Autobahn z. B. und an Steigungsstrecken aber immer noch gegenwärtig – da lärmt der Prius.

Volker Behn:

Toyota ist auf dem Weltmarkt aktiv und erfolgreich. Der sieht etwas anders aus als z. B. der Norwegische;)

Hiker:

Was ist bloss aus Toyota geworden? Der einstige Pionier des sparsamen Antriebs bringt doch tatsächlich im 2023 eines der gefühlt tausendsten Updates heraus.

Für einen Hybrid! Ein Antriebskonzept das derart überholt ist, dass sogar die deutsche Regierung begriffen hat dass das nicht mehr Zeitgemässe Technik darstellt.

Der Verkauf ist seit der Reduktion der Förderung drastisch zusammengebrochen. Es braucht diese sog. „Übergangslösung“ schlicht nicht mehr.

Wenn Toyota nicht schleunigst den Wandel vollzieht sind die sowas von weg vom Fenster. Schade für diese einst so innovative Firma.

Eddie:

In dem Artikel sind ein paar fachliche Fehler. Toyota Prius hatte nie eine Kupplung, sondern ein Planetenradgetriebe, welches die beiden Antriebe (Verbrenner/Elektro) intelligent verbindet – siehe Hybrid Synergy Drive. Die Bremsenergierückgewinnung wird simpel durch die Nutzung die Dosierung der Bremse gesteuert. Der Fahrmodus B nutzt die Motorbremse und erhöht nicht die Bremsenergierückgewinnung.
zudem kann zwischen D und B während der Fahrt gewechselt werden.
Was meint der Autor mit „nervigem Zwischenbeschleunigen“?
Die HSD Fahrzeuge von Toyota beschleunigen aufgrund des Getriebes vom Start der Beschleunigung bis zum Erreichen der durch die maximale Drehzahl des Elektromotors limitierten Höchstgeschwindigkeit unterbrechungsfrei.
Ein Realverbrauch von 3,9l bleibt für die meisten Konkurrenten in der 200PS Klasse wohl eher ein unerreichbarer Traum. Chapeau Toyota!

Werner Bauer:

„Glaube und Hoffnung“ reichen oft allein nicht.

Wolf Oberhaff:

Ein „müdes Seniorenmodell“ war auch der bisherige Prius nicht. Vielleicht einige der früheren Modelle aus den 1990ern und 2000ern. Den aktuellen, seit 2016/17 verfügbaren Prius schaue ich immer noch gerne an und meine Umwelt tut’s ebenso: chic.

Wolf Aberhaff:

Ein „müdes Seniorenmodell“ war auch der bisherige Prius nicht. Vielleicht einige der früheren Modelle aus den 1990ern und 2000ern. Den aktuellen, seit 2016/17 verfügbaren Prius schaue ich immer noch gerne an und meine Umwelt tut’s ebenso: chic.

Wolf Aberhaff:

Ein „müdes Seniorenmodell“ war auch der bisherige Prius nicht. Vielleicht einige der früheren Modelle aus den 1990ern und 2000ern. Den aktuellen, seit 2016/17 verfügbaren Prius schaue ich immer noch gerne an und meine Umwelt tut’s ebenso: chic.

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