Polestar Absatzprobleme: Hoffnung durch neue Führung

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Polestar

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 4 min

Polestar ist eine der coolsten und auffälligsten Marken in der noch jungen Elektroszene. Und obschon die Fahrzeuge passen, Design und Markenimage nichts vorzuwerfen ist, läuft es nicht bei den chinesischen Schweden, die zum Geely Konzern gehören. Michael Lohscheller wird zum 1. Oktober neuer CEO bei Polestar. Ganz überraschend kam der Vorstandswechsel nicht, denn er läuft seit Längerem nicht bei dem einstigen Volvo-Tuner. Dies offenbart der Blick auf die jüngsten Quartalszahlen.

Nachdem sich Polestar als eigenständige Elektromarke aus dem Volvo-Paket befreit hatte und eigenständig am Markt agierte, war Thomas Ingenlath Vorstandsvorsitzender der Elektromarke. Ein langer Zeitraum für jemanden, der als Kreativkraft zuvor Chefdesigner bei Volvo war und somit einen eher ungewöhnlichen Hintergrund als CEO hatte. Doch Ingenlath gelang es, mit ebenso selbstbewusstem wie zurückhaltendem Auftreten eine Marke zu positionieren, die an sich keine Fahrzeuge hatte. Der Polestar 1 war an sich als Volvo Coupé geplant – ein sehenswerter Powerhybride in limitierter Stückzahl, der Dank Elektrounterstützung trotz Vierzylinder-Turbo stattliche 441 kW / 600 PS leistete und nicht zuletzt mit seinem Design auf sich aufmerksam machen konnte.

Nach dem guten Polestar 2 als erstem Elektromodell war es lange Zeit ruhig um die avisierten weiteren Modelle Polestar 3 / 4. Trotz guter Positionierung, sehenswertem Design und zeitgemäßer Geely-Technik blieben die Verkaufszahlen deutlich hinter dem zurück, was einmal geplant war. Im vergangenen Jahr verkaufte der kleine Elektrobruder von Volvo gerade einmal 55.000 Fahrzeuge – viel zu wenig für einen aufstrebenden Hersteller, der auf zahlreichen Märkten der Welt um Aufmerksamkeit trommelte. In diesem Jahr sieht es für Polestar noch düsterer aus. Deutliche Absatzrückgänge im ersten und zweiten Quartal erhöhten den Druck aus der Geely Konzernzentrale und wenig überraschend ging es nunmehr ans Personal.

Polestar will sich radikal von Volvo abheben

Obwohl das Design gut ankam, soll sich Polestar in den nächsten Jahren deutlicher als bisher von Volvo abheben und eigene Akzente setzen. Dafür wurde mit Philipp Römers, bisher verantwortlich für das Exterior Design bei Audi, einer der aktuell wohl renommiertesten Kreativkräfte in Europa gewonnen. Römers tritt die Nachfolge von Maximilian Missoni an, der das Unternehmen nach sechs Jahren verlässt. „Polestar ist das Vorbild für ein designorientiertes Automobilunternehmen und es ist eine große Ehre, die Verantwortung für die Designabteilung zu übernehmen“, so Philipp Römers, „ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Kreativteam, um die nächste Generation von Polestar-Fahrzeugen zu entwerfen.“

Dass Thomas Ingenlath als Vorstandschef von Michael Lohscheller ersetzt wird, ist für viele durchaus überraschend, denn der ehemalige Opel-CEO war in den vergangenen Jahren mit Vinfast und dem Lastwagenhersteller Nikola eher in der zweiten Reihe unterwegs. Zuletzt war Lohscheller Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VCIK). Jetzt wurde er von dem schwedisch-chinesischen Autohersteller zurück ins Licht geholt. Winfried Vahland, der neue Aufsichtsratsvorsitzende: „Polestar hat eine außergewöhnliche Aufbauphase erlebt, und mit einer breiteren Modellpalette ist Michael Lohscheller die ideale Führungspersönlichkeit, um Polestar in sein nächstes Kapitel zu führen. Seine tiefgreifenden Branchenkenntnisse, insbesondere bei der Förderung der operativen Exzellenz, der Entwicklung einer kohärenten Produktstrategie und der Stärkung der globalen Marktpräsenz, werden für das nächste Kapitel des Wachstums von Polestar von entscheidender Bedeutung sein. Geely engagiert sich weiterhin stark für den Erfolg von Polestar, und mit Michael an der Spitze, unterstützt von einem dynamischen Führungsteam, sind wir gut positioniert für weitere Innovationen und Wachstum.“

Michael Lohscheller soll das Ruder mit mehr Produktsubstanz nunmehr herumreißen. Denn lange kann sich Polestar die Absatzflaute nicht mehr leisten. Im zweiten Quartal lieferte der Elektrohersteller weltweit 13.150 Fahrzeuge aus. Macht unter dem Strich in den ersten sechs Monaten des Jahres kaum mehr als 20.300 Fahrzeuge und nochmals nennenswert weniger als im alles andere als erfolgreichen Jahr 2023. Ende August veröffentlichte der Automobilhersteller seine Ergebnisse für das 2. Quartal 2024, dies weißt ein operatives Minus von 219 Mio. Euro auf, das jedoch etwas geringer ausfiel als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz sank um 17 Prozent auf 519 Mio. Euro, aufgrund „niedrigerer globaler Volumina und höherer Rabatte“, so Polestar.

Viel Arbeit für das neue Führungsteam, das aktuell die neuen Modelle Polestar 3 und Polestar 4, produziert in China und den USA, einführt. Die kommenden Modelle klopfen bereits an die Tür, denn bis 2026 soll das Portfolio mit dem luxuriösen Fließheckmodell Polestar 5 und dem Elektrocabrio Polestar 6 dann erst einmal komplett sein.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
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Werner:

Sicher ist es deutlich innovativer, das 386ste Modell mit Heckfenster auf den Markt zu bringen…

Ich wünsche Polestar, dem gesamten Team und allen Mitarbeitern viel Erfolg und dem Kunden weiterhin klasse Produkte mit überzeugendem Design und klasse Technik. Ich habe sehr vel Freude an meinem Polestar!

Gastschreiber:

Eigenständiges Design scheint nicht ausreichend zu sein um gut vermarkten zu können. Es fehlen Innovationen, praktikable Lösungen und moderne Technik. Ein Auto ohne Heckscheibe mag gut im Marketing sein, im Alltag ist ein Heckfenster in den meisten Situationen besser und ein elektrischer Rückspiegel ist nicht für jedes Auge geeignet, ein normaler Spiegel schon eher.
Die Modelle 3 und 4 sind große, starke Autos, auf Reichweite getrimmt, dass da heute noch ein 400V System zum Einsatz kommt, dann auch noch mit einer zwar kurzzeitig hohen, aber ansonsten permanent abfallenden Ladekurve macht das Auto nicht attraktiver. Außerdem ist bspw. der 4er nur für eher kleine Füße geeignet, weder als Fahrer noch als Passagier auf der Rückbank bringt man seine Füße entspannt unter. Überzeugen tut man mit so wenig Praktikabilität am Ende kaum einen Kunden.

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