Mazda MX-30 PHEV: Strom fließt – Kolben kreist

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Wolfgang Plank

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Sonderwege mit technischer Finesse kennzeichnen seit jeher die Philosophie bei Mazda. Beim Hubkolben-Motor verdichten sie den Benziner extrem hoch, den Diesel dafür extrem niedrig, vereinen beim Skyactiv-X die Prinzipien beider Systeme, bauen einen „Rightsizing“-Stromer – und nun bescheren sie im neuen Doppelherz dem Kreiskolben die Auferstehung.

Technisch gesehen rollt der Mazda mit dem sperrigen Namen MX-30 e-Skyactiv R-EV rein elektrisch. Mit 125 kW an der Vorderachse. Unmittelbar daneben werkelt ein hochverdichtender Ein-Scheiben-Wankelmotor mit 830 Kubikzentimetern und 75 PS, der als Stromerzeuger mit meist konstanter Drehzahl arbeitet und die mit 17,8 kWh im Vergleich zur reinen E-Version nur halb so große Batterie speist. Nicht einmal unter hoher Last schließt sich eine mechanische Verbindung zu den Rädern.

Vorteil des exotischen Aluminium-Aggregats: Es ist konkurrenzlos leicht, vibrationsarm und braucht weder Nockenwelle noch Ventile. Drei-Wege-Kat und Partikelfilter sorgen obendrein für die Erfüllung der aktuell strengsten Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM. Allerdings gehört die Technologie des Rotationskolbens nicht zu den sparsamsten. Offiziell verbraucht der doppelherzige MX-30 auf 100 Kilometer einen Liter Sprit und 17,5 kWh Strom. In Kombination mit dem 50-Liter-Tank vor der Hinterachse sind dann Reichweiten jenseits von 600 Kilometern möglich, rein elektrisch kommt der Wagen auf 85 Kilometer, innerorts sind wegen der höheren Rekuperation 110 drin.

Sogar eine Strategie kann festgelegt werden: Im EV-Mode treibt ausschließlich der Akku. Sinkt der Ladestand auf Null, schaltet sich der Wankel zu und liefert Strom, im Normal-Mode liegt die Grenze zum Wiedereintritt des Verbrenners bei 40 Prozent. Mit Hilfe des Charge-Mode kann in Schritten von zehn Prozent ein bestimmter Akku-Stand festgelegt werden – etwa, wenn die letzten Kilometer in einer Umweltzone ausschließlich elektrisch zurückgelegt werden sollen. So oder so ist der Saft irgendwann alle. Dann bringen 25 Minuten an einem DC-Charger mit 36 kW den Akku auf 80 Prozent, an der Wallbox (11 kW) dauert die volle Ladung anderthalb Stunden.

Neben den Technologien aus zwei Welten vereint der MX-30 PHEV aber auch beider Übel: Im E-Modus schleppt man den obsoleten Verbrenner mit sich – rotiert der Verbrenner, wird wiederum der Akku zum Ballast. Nicht ohne Grund gibt’s dafür auch keine staatliche Förderung mehr. Ebenfalls ein Manko: Der Spurt zur dreistelligen Tachoanzeige dauert gute neun Sekunden – und mehr als Tempo 140 ist schlicht nicht drin. Zugegeben nur noch auf deutschen Straßen ein Problem, aber eine Freigabe bis 160 täte hierzulande sicher gut. Immerhin hat die zweifache Technik keinen höheren Einstiegspreis als die reine Akku-Version. Ab 35.990 Euro öffnen sich die in Reminiszenz an den RX-8 gegenläufigen Türen, inklusive allem Schnick und Schnack kann man aber auch an die 50.000 ausgeben.

Im Preis enthalten ist Aufmerksamkeit. Mit dem coupéartigen Dach, den starken Schultern, aber eben ohne B-Säule ist der 4,40 Meter lange MX-30 nach wie vor ein echter Hingucker. Und ein schicker Drinsitzer auch. Vorne thront man erhaben. Umgeben von gestepptem Leder, feinem Zierrat – und bestens gefeit gegen Wind- und Fahrgeräusche. Der Platz im Fond verlangt bei größeren Insassen etwas Demut vor dem Design, und man kann bei geschlossener Vordertür nicht aussteigen – ansonsten aber hat man auch hier auskömmlich Platz. Freunde der Fracht sind ebenfalls ordentlich bedient. Das Gepäckabteil steckt 366 Liter weg, ohne Hintersassen lassen sich knapp 1,2 Kubikmeter verladen.

So oder so fährt man behütet von diversen Assistenten. Der Wagen hält Tempo und Spur, sieht Verkehrszeichen, späht in Querverkehr und tote Winkel und bremst im Notfall. Das Cockpit irritiert ein wenig, weil man dort neben digitalen Instrumenten eigentlich keine analogen mehr vermutet – und das Display über dem Armaturenbrett auffällig flach geraten ist. Wie es schicker geht, zeigt Mazda mit der Mittelkonsole, die zum einen den großen Touchscreen der Klimasteuerung beherbergt und zum anderen den imposant wuchtigen Wählhebel. Nur die USB-Buchsen liegen ein wenig versteckt.

Pfiffig: Auf Wunsch gibt es eine im Stand nutzbare 230 Volt Steckdose mit bis zu 1500 Watt im Laderaum sowie eine in der Mittelkonsole, die während der Fahrt bis zu 150 Watt liefert und etwa das Notebook lädt. Ebenfalls eine Hommage an die eigene Geschichte: Neben Recycling-Kunststoff finden sich im Innenraum diverse Flächen aus Kork. Exakt zur Verarbeitung dieses Materials wurde Mazda vor mehr als 100 Jahren gegründet.

Überzeugen kann Mazdas Jüngster in Sachen Handling. Das wegen des kleinen Akkus akzeptable Gewicht von 1,85 Tonnen trägt dazu ebenso bei wie straffe Abstimmung und kluge Elektronik. Letztere sorgt für eine Art künstliches Anbremsen, durch das am Kurveneingang mehr Gewicht auf der Vorderachse lastet. Nach dem Scheitelpunkt kommt durch minimale Beschleunigung Druck nach hinten. Zusammen sorgt das für Grip, Traktion – und Freude. Die Ähnlichkeit des Namens mit der Roadster-Ikone MX-5 ist durchaus kein Zufall.

Dass der MX-30 PHEV mit Verspätung auf den Markt kommt und damit eher gegen den Trend fährt, wissen sie in Hiroshima natürlich auch. Immerhin wollen sie kommendes Jahr in Deutschland 2500 der Doppelherzen absetzen, dazu 1500 rein elektrische Modelle. Ein paar neugierige Blicke dürften Käufern also durchaus sicher sein.

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Wolfgang Plank

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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Georg:

Genau, sie entwickeln für den Planeten und seine sehr unterschiedlichen Märkte, nicht für Grün-Deutschland. Ach, der könnte auch Wasserstoff?

Gerd:

Ich finde den Mut von Mazda bemerkenswert, es hat aber schon gewisse Anteile von Mitleid. Und es ändert auch nichts an der Tatsache, dass sie den historischen MX5-Erfolg mit den aktuellen, „individuellen Entwicklungen“, wie den neuen, großen Diesel oder diese Wankel-REX-Lachnummer, garantiert nicht wiederholen können.
Irgendwie scheinen die ganzen japanischen OEMs für einen anderen Planeten zu entwickeln. Oder sie werden von Volker Wissing beraten.

Christian:

Martin verbreitet wohl gerne Märchen Geschichten.
warum sollte Mazda versuchen wenig Autos auf den Markt zu bringen ?
martin du bist kein Hofstetter sondern
ein Hochstapler der gerne Fake News
verbreitet.

Melvin:

Mag sein, das Konzept wirkt dennoch ziemlich aus der Zeit gefallen, hier nochmal eine Hybrid-Lösung anzubieten.
Statt Ressourcen in einen neuen Wankelmotor als REX / PHEV zu stecken hätte man sich seitens Mazda auch Gedanken um ein zeitgemäßes Batteriekonzept für den MX-30 machen können.
Das scheint mir ein verzweifelter Versuch zu sein, doch noch ein paar mehr Verkaufszahlen aus der alten Fahrzeugplattform zu erwirken, weil das Modell sich so wie bisher scheinbar echt schlecht verkauft.

So bleibt er entweder ein zu teures, längst nicht mehr zeitgemäßes BEV bezogen auf Akku und Ladeleistung (30 kWh nutzbar, 6,6 kW AC / 39 kW DC – das können e-Up und Co. schon besser) mit bescheidener Raumausnutzung – oder eben ein REX, ein Konzept das schon lange begraben schien und nun mit Mazdas Wankel-REX und mehr oder weniger auch Nissans e-Power nochmal ausgepackt wird – ohne wirkliche schlagende Vorteile ggü. einem anständigen BEV für den Preis (siehe Volvo EX30 Single Motor Standard Range) oder eben leider auch einem normalen Verbrenner, wobei man hier immerhin ein paar km elektrisch fahren kann, wenn man denn regelmäßig ansteckt.

Jakob Sperling:

Bin auch kein Fan dieser Lösung, aber das Gewicht als Nachteil anzugeben, scheint mir dann doch seltsam.

„Im E-Modus schleppt man den obsoleten Verbrenner mit sich.“

Wenn jemand mit einem BEV mit 60 kWh-Akku nur 100 km fährt, schleppt er auch ‚obsolete‘ 45 kWh Akku mit sich. Offenbar ist der mitgeschleppte Verbrenner deutlich leichter als die zusätzliche 45 kWh.

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