e.GO: Kommt nach Börsengang das Aus?

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Next.e.GO Mobile

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 8 min

e.GO Mobile hat in den letzten Jahren ein stetiges Auf und Ab erlebt. Gegründet 2015 in Aachen, mit dem Ziel, ein bezahlbares Elektroauto für den städtischen Gebrauch zu entwickeln, hat das Unternehmen immer wieder zu kämpfen gehabt. Mit dem Börsengang an der Nasdaq Stock Market LLC (“Nasdaq”) unter dem Tickersymbol “EGOX” sollen die Probleme der Vergangenheit angehören.

Doch tun sie das wirklich?

Eigener Börsenpartner glaubt scheinbar nicht an Wert von e.GO

Der Handel der EGOX-Aktien erfolgt unter der Börsennotierung von TopCo. Hierbei handelt es sich um einen bereits im Juli 2022 angekündigten Unternehmenszusammenschlusses zwischen der Next.e.GO Mobile SE und Athena Consumer Acquisition Corp.. 

In der Niederschrift des Investoren Conference Call zur angedachten Unternehmenskombination vom 28.07.2022 hieß es: „Die Transaktion bewertet e.GO mit 913 Millionen Dollar, mit einer impliziten Pre-Money-Marktkapitalisierung von 800 Millionen Dollar, die eine erfolgsabhängige Gewinnbeteiligung von 30 Millionen Aktien für e.GO-Aktionäre beinhaltet. Bei Abschluss des Unternehmenszusammenschlusses wird das kombinierte Unternehmen voraussichtlich bis zu 235 Millionen Dollar aus dem Treuhandkonto von Athena Consumer erhalten, bevor mögliche Auswirkungen von Rücknahmen berücksichtigt werden. Alle derzeitigen Aktionäre von e.GO werden 100 % ihres Eigenkapitals in das kombinierte Unternehmen einbringen…“, so Isabelle Freidheim, Chairman, Athena Consumer Acquisition Corp., zum damaligen Zeitpunkt.

In der „Investor Presentation e.Go July 2022“ zeigte sich hierdurch folgendes Bild.

Auszug aus Investor Presentation e.Go July 2022 | Next.e.GO Mobile

Wäre der Börsengang im Juli 2022 zu diesen Bedingungen und unter Erfüllungen der Annahmen erfüllt worden, würde dies bedeuten, dass e.GO mit einem Wert von 806 Millionen US-Dollar (71,8 % Anteil) sich in das neue Unternehmen TopCo eingebracht hätte. Athena Consumer Acquisition Corp. seinerseits wollte 235 Millionen US-Dollar (20,9 % Anteil) einbringen, die 7,3 % verbleibende Anteile hätte man weiteren Investoren anbieten können.

In der „Investor Presentation e.Go April 2023“ zeigte sich jedoch bereits folgendes Bild.

Auszug aus Investor Presentation e.Go April 2023 | Next.e.GO Mobile

Unabhängig von der Tatsache, dass sich e.GO weiterhin mit einem Wert von 806 Millionen US-Dollar (71,8 % Anteil) in das neue Unternehmen TopCo eingebracht hätte, hat sich einiges verschoben. Es wird sehr deutlich ersichtlich, dass nach Aussage in der Investoren-Präsentation vom April 2023 bereits 91 % der SPAC-Investoren, die den Börsengang zum Erfolg machen sollen, aus der Aktie zurückziehen. Noch bevor diese offiziell am Start ist.

Der Anteil, den Athena Consumer Acquisition Corp. somit einbringen kann, ist auf 21 Millionen US-Dollar (2,2 % Anteil) geschrumpft. Somit bleiben 11,7 % verbleibende Anteile, die man weiteren Investoren hätte anbieten können, vor Handelsstart der EGOX-Aktien. Ebenso relevant: An neuem Kapital wäre somit „nur“ 55 Millionen US-Dollar in die Kassen geflossen, statt der noch im Juli 2022 angenommenen 260 Millionen US-Dollar. Ebenfalls davon ausgehend, dass die neue Fremdfinanzierung von 50 Millionen US-Dollar durchgeht. 

Das Vertrauen des Athena Consumer Acquisition Corp.-SPAC war somit bereits im April 2023 gegenüber dem Juli 2022 deutlich geschwunden. Doch was sagt der Markt dazu?

e.GO verliert mit Börsengang massiv an Wert

Bisher steht die endgültige Bewertung aus. Aber die Börse nordet e.GO am ersten Handelstag bereits ein. Statt 806 Millionen US-Dollar, die das Unternehmen vermeintlich in die Gesamtbewertung von 1.123.000.000 Mio. US-Dollar im Juli 2022 eingebracht hat, steht das gesamte Unternehmen Stand 20.10.2023 – 17:30 Uhr bei einem Firmenwert von 155.890.000 Euro. Beruhend auf der Annahme, dass die zuletzt angedachten 91.700.000 Aktien ausgegeben wurden, bei einem Kurs von 1,70 US-Dollar/ Aktie.

Rein auf den Anteil der e.GO eigenen Bewertung, ohne Berücksichtigung durch den „Mehrwert“ des SPAC und die ausstehende Fremdfinanzierung von 50 Mio. US-Dollar würde dies bedeuten, dass dieser 134.300.000 Millionen US-Dollar beträgt. e.GO hat sich somit Faktor 6 zu hoch eingeschätzt. In Bezug auf den Gesamtunternehmenswert auf Basis 07/2022 um Faktor 7,20 und auf Basis 04/2023 um Faktor 5,85. Ob man da noch einmal herauskommt?

Besteht noch Hoffnung für e.GO?

Lässt man die fatale Fehleinschätzung – spätestens zum Zeitpunkt April 2023 – außen vor, schaut es dennoch nicht gut aus, um das Unternehmen. Bei der ersten Investoren Präsentation 2022 war die Rede von 1200 Fahrzeugen, die verkauft wurden. Im April ’23 dann die Ansage, dass 1350 Fahrzeuge mittlerweile verkauft seien. Viel mehr sind seitdem auch nicht mehr auf die Straße gekommen. Denn insgesamt wurden nur 1500 Exemplare davon gefertigt.

Seitdem heißt es warten. Denn der E.Wave X soll alles zum Guten wenden. Über 11.000 Reservierung sollen vorliegen. Ob die Serienproduktion bereits gestartet ist, ist fraglich. Scheint aber nicht der Fall zu sein. Der Hersteller selbst gibt auf seiner Webseite zu verstehen: „Das Fahrzeug befindet sich im EU-Homologationsverfahren und die Homologation wird voraussichtlich in diesem Jahr abgeschlossen sein. Die ersten Auslieferungen sind anschließend geplant. e.GO wird die offiziellen Werte veröffentlichen, sobald der Homologationsprozess abgeschlossen ist.“

Bestellt werden kann dennoch. Nur geliefert wird nicht. Aber zumindest räumt man Kund:in ein entsprechendes Rücktrittsrecht ein: „Sollte eine erforderliche Genehmigung bis zum Ablauf der unverbindlich genannten Lieferzeit nicht erteilt werden, hast Du ein kostenfreies Rücktrittsrecht von dieser Bestellung bzw. einem erfolgten Vertragsschluss.“

Auch die oft in Aussicht gestellten Mikrofabriken der Marke, unter anderem in Griechenland, Bulgarien, Mexico und Nordmazedonien, scheinen derzeit alles andere als greifbar.

Man darf gespannt bleiben, wie es mit e.GO weitergeht. Gerne würden wir deren Stromer auf der Straße sehen. Auch, mehr als die etwas über 1300, die derzeit dort unterwegs sind. Ganz so positiv stimmt die aktuelle Betrachtung allerdings nicht. Würden uns aber auch freuen, hier mit e.GO in den Austausch zu gehen. Entsprechende Anfragen sind bereits mehrfach erfolgt.

Quellen: e.GO – Investor Presentation July 2022 / e.GO – Investor Presentation April 2023 / Yahoo – Next.e.GO N.V. Ordinary Shares (EGOX) / e.GO – Diverse Pressemitteilungen
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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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thomas:

Man findet in Deutschland leider kaum Informationen zum aktuellen Geschehen.

Anfang Januar hat Ego (Next.e.GO N.V.) nach meinem Verständnis einen Pre-Paid Advance in Höhe von $4.000.000 von Yorkville (YA II PN, Ltd.) erhalten, der durch Wandelschuldverschreibungen abgesichert ist. Darüber hinaus hat Yorkville scheinbar die Verpflichtung übernommen, bis zu $150 Millionen für den Erwerb von Stammaktien von Ego zur Verfügung zu stellen.

Für finanziell angeschlagene Unternehmen wie Ego sehe ich hier ein Risiko: Die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen kann zu einer zusätzlichen Belastung der Bilanz führen, da Zinszahlungen geleistet werden müssen, und im Falle der Wandlung der Schuldverschreibungen in Aktien die Verwässerung des Eigenkapitals droht.

Die Pressemitteilungen stehen hier:
https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-aktien/next-e-go-nv.htm

thomas:

Vielen Dank für den interessanten Beitrag.

Ein Update wäre spannend, da der E.Wave X weiterhin nicht ausgeliefert wird.
Inzwischen steht der Aktienkurs von EGOX bei unter 0,30 USD und NASDAQ hat vor einem Delisting gewarnt.

Silverbeard:

Bei unserem Finanzminister stört sich da sich da doch auch niemand dran.

Ferdinand Martinez:

Wer sagt, dass es kein Service- oder Händlernetz gibt?
Die Bosch Car Service Organisation übernimmt genau diesen Teil..

brainDotExe:

Im Gegensatz zu einem E-Up! steht hinter e.Go kein traditionsreicher etablierter Hersteller.

Fast niemand ist bereit so viel Geld für eine unbekannte Marke ohne Service- und Händlernetz auszugeben.

Der hätte maximal die Hälfte kosten dürfen.

Marc:

Zumal es in diesem Fall jemand ist, der schon ein Elektroauto-Unternehmen gegen die Wand gefahren hat.

D.R:

…und je gehabt hat. Das war schon von Beginn an klar aber es gibt immer wieder welche die meinen Autos bauen zu können und dann von der Realität eingeholt werden.

Wolfbrecht Gösebert:

… die Frage ist doch, warum sich vorher, als der e-up voll lieferbar war und der e.Go auch voll lieferbar war, sich praktisch niemand für den e.Go entschieden hat.

Jaja, nur war genau da der Preis des e-up! auch deutlich niedriger und zielte damit voll auf den e.GO.

Marc:

Ja, aber die Frage ist doch, warum sich vorher als der e-up voll lieferbar war und der e.Go auch voll lieferbar war, sich praktisch niemand für den e.Go entschieden hat. Die Gründe liegen genau so, wie ich sie genannt habe. Dazu kommt, man traut dem etablierten Großserienhersteller auch im Elektrozeitalter eher.

Silverbeard:

Ich finde diese Kritik stark überzogen.
Ja, der Verbrauch ist viel zu hoch, das kommt aber wahrscheinlich auch durch die 225/40R18 Allwetterreifen. Ich denke mit den 205/50R17 und verbrauchsarmen Sommerreifen läßt sich da einiges einsparen.
Beim Preis muß sich e.Go mit diesem 4-sitzigen Kleinwagen nicht vor dem (in Grundausstattung) 30.000€ teuren E-Up! verstecken – der nicht mehr gebaut wird…
Ansonsten gibt und gab es keinen elektrischen Kleinwagen dieser Größe von einem bekannten deutschen Hersteller.
Die einzigen Konkurenten sind eigentlich nur der Dacia Spring und ab nächstem Jahr der Citroen C3e. Wobei letzterer wirklich ein starkes Angebot wird. Könnte mir durchaus vorstellen, das einige Mini oder Smart Interessenten wegen deren überzogenen Preisen umschwenken.

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