Warum synthetische Kraftstoffe für Autos noch keine Alternative sind

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Zur Energiewende im Verkehrssektor können künftig auch E-Fuels beitragen – selbst wenn sie heute noch keine Rolle spielen. Vor allem in der Luftfahrt und in Schiffen werden synthetische Kraftstoffe benötigt, da hier batterieelektrische Antriebe sehr schnell an ihre Grenzen stoßen und auf absehbare Zeit nur für kleinere Flugzeuge und kleine Schiffe auf kurzen Strecken in Frage kommen dürften.

Fossile Kraftstoffe sollen und müssen angesichts der fortschreitenden Klimakrise in den kommenden Jahren Stück für Stück regenerativen Energiequellen weichen. Neben Batterien als Alternative zu Benzin, Diesel und Kerosin können langfristig auch synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, Motoren und Turbinen antreiben.

E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die aus erneuerbarem Strom, grünem Wasserstoff und CO2 hergestellt werden. Aus chemischer Sicht sind E-Fuels nahezu identisch mit herkömmlichen fossilen Kraftstoffen – und sogar sehr viel reiner. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass E-Fuels in der bestehenden Infrastruktur – beispielsweise an Tankstellen oder in Flugzeugen – direkt nutzbar sind. Beim Verbrennen von E-Fuels werden weiterhin CO2 und andere Abgase emittiert, zudem erzeugen ihre Motoren weiterhin Lärm. Wurden die Kraftstoffe allerdings nur mit regenerativer Energie und Kohlenstoff aus nachhaltigen Quellen hergestellt, gelten sie rein rechnerisch als klimaneutral.

Die weltweite Produktion von E-Fuels ist noch nicht angelaufen

Ob und in welchen Mengen E-Fuels künftig zur Verfügung stehen, ist unklar, denn noch ist die weltweite Produktion nicht wirklich angelaufen. Nur in einer Handvoll Anlagen werden derzeit E-Fuels hergestellt. Und die bislang zusätzlich angekündigten Projekte weltweit haben ebenfalls ein überschaubares Volumen, wie der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (IWD) in einer Grafik veranschaulicht.

Im Oktober 2023 waren demnach weltweit 86 E-Fuel-Projekte angekündigt – knapp 99 Prozent davon noch gar nicht gesichert. Angenommen, dass alle diese bis 2040 geplanten Anlagen tatsächlich gebaut würden, entsprächen die weltweit produzierten E-Fuels allerdings lediglich 13 Prozent des jährlichen Kraftstoffbedarfs im gesamten deutschen Verkehrssektor. Eine gewaltige Schieflage.

E-Fuels-Bedarf-Produktion
Globales E-Fuel-Angebot: Zu wenig selbst für den deutschen Bedarf / IWD

Dass die E-Fuels in jedem Fall an Relevanz gewinnen werden, liegt unter anderem an der Europäischen Union. Sie hat im Zuge des Green Deals Quoten zum Einsatz von E-Fuels festgelegt. Ziel ist, dass E-Fuels im Jahr 2030 einen Anteil von mindestens 1 Prozent am Energieverbrauch des Verkehrssektors ausmachen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der E-Fuel-Markt schrittweise entwickelt und so dazu beiträgt, die Emissionen im Verkehrssektor zu reduzieren.

Als besonders vielversprechendes und gefragtes Einsatzgebiet bieten sich der Luft- und Seeverkehr an. Dort erfüllen batterieelektrische Antriebe auf absehbare Zeit nicht die Anforderungen an Betankungsdauer, Gewicht und Reichweite. Die Bundesregierung hat aufgrund der EU-Vorgaben im Jahr 2021 selbst eine Quote für E-Kerosin festgelegt. Im Jahr 2026 sollen 0,5 Prozent des in Deutschland betankten Kerosins aus E-Fuels stammen. Bis 2030 soll der Anteil auf 2 Prozent steigen.

Will die Politik dieses Ziel erreichen, braucht es allerdings jede Menge erneuerbarer Energie, um damit E-Fuels herzustellen. Mit den eigenen Kapazitäten kann Deutschland das – selbst, wenn diese massiv ausgebaut werden – nicht leisten und ist daher auf Importe angewiesen. Mögliche Partner sind Länder und Regionen, die über ein großes Potenzial verfügen, kostengünstig erneuerbare Energie zu erzeugen. Dazu zählen etwa Marokko, Australien und Chile.

Dennoch gilt: Auf absehbare Zeit wird die Herstellung von E-Fuels sehr energie- und kostenintensiv bleiben. Das liegt vor allem daran, dass während des aufwendigen Umwandlungsprozesses sehr viel Energie verloren geht. Von 10.000 Megawattstunden erneuerbarem Strom bleiben nach Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende am Ende E-Fuels mit einem Energiegehalt von 4700 Megawattstunden übrig. Aufgrund der schlechten Wirkungsgrade von Verbrennungsmotoren dient im PKW davon nur gut ein Drittel dem gewünschtem Zweck: dem Vortrieb. Zum Vergleich: Im E-Auto kommen mehr als 90 Prozent des eingesetzten Stroms an.

Für Pkw dürfte nicht viel übrig bleiben

Die Herstellungskosten von E-Fuels sind nicht zuletzt deshalb noch hoch: Für einen Liter E-Fuel betragen sie Schätzungen zufolge aktuell etwa 3,85 Euro und sind damit zwischen fünf- und zehnmal so hoch wie für konventionelle fossile Kraftstoffe.

Werden mehr E-Fuels produziert, könnten die Preise künftig sinken. Helfen dürften dabei große garantierte Abnahmemengen von Fluggesellschaften oder Reedereien, die sich so den größten Teil des begehrten Treibstoffs sichern und den Produzenten Planungssicherheit geben. Wie stark die Kosten aber wirklich sinken werden, und wie viel E-Fuels für Pkw übrig bleiben könnten, ist noch nicht exakt abzuschätzen.

Quelle: IWD – Pressemitteilung vom 08.08.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Manfred:

Es währe ja auch ein Witz mit E-Fuels PKWs mit Verbrennungsmotoren anzutreiben.

1. Ineffizient in der Herstellung.
2. Teuer und ineffizient im Transport zu den Tankstellen.
3. Ineffizient beim Antrieb der Verbrenner. Mehr als 60% geht als Abwärme verloren.
4. Emission von Stickoxiden und anderen Abgasen, die die Gesundheit von Menschen und Tieren beeinträchtigen.
5. Belastung durch Lärm.
6. Preistreiberei durch hohe Nachfrage. Darunter leiden Sparten, die noch auf E-Fuels angewiesen sind.

Egal wie man es dreht und wendet. Es bleibt Schwachsinn der von der (A)FDP angezettelt wurde und in der EU als Kompromiss abgetrotzt würde .

KaiGo:

Schön wäre, wenn man jemand im Bundestag diese Grafik zücken würde, die selbst eine Christian Lindner verstehen müsste. Es ist einfach ein großer Unsinn die Leute mit E-Fuel im PKW anzulügen. Selbst die Besserverdienenden, denen die Kosten egal sind, dürfen Ihre Autos schieben weil es schlicht keine E-Fuel auf dem Markt geben wird.
Irgendwie sehe ich schon das Gejammer kommen, wenn das dann doch mal in 10 Jahren oder so nicht mehr wegzulügen ist….

KaiGo:

Ist ja ein Grund für die Kosten. CO2 soll aus der Luft kommen. Auch wenn wir alles dafür tun, dass sich der Anteil in den letzten Hundert Jahre erhöht hat, sind es trotzdem weiterhin „nur“ 0.04%.

casimir374:

Wo soll denn das ganze CO2 herkommen? Und die riesigen Entsalzungsanlagen für reinstes H20 und Unmengen an Elektrolysöre? Das ist eine extrem teure Angelegenheit mit ziemlich vielen technischen Hürden.

Andreas.d:

Warum sollte man eine Energieform wählen, die immer mindestens doppelt (H2) oder nochmehrfach (Synfuel) so teuer ist als die Elektrizität?
Egal, wann auch immer genug elektrische Energie zur Verfügung stehen wird, der Umwandlungswirkungsgrad wird sich immer im Preis abbilden. Immer.

Pedro G.:

Ich Frage mich warum die arabischen Länder nicht massiv in E-Fuels investieren (die Sonne für Strom wäre vorhanden) ?

Daniel W.:

Wenn die bisher nur geplante weltweite E-Produktion bis 2040 nur einen Bruchteil des PKW-Bedarfs der kleinen Bundesrepublik Deutschland decken kann, dann zeigt es doch ganz deutlich, dass es eine Geisterdebatte der Verbrenner-Lobby und damit der großen Mineralölkonzerne ist, um das E-Auto zu verhindern.

Bis 2040 dürfte es soviel grünen Strom geben, falls die zukünftige Regierung die Energiewende nicht mit Gesetzen und Bürokratie erstickt, so dass E-Fahrzeuge „fast umsonst“ mit Ökostromüberschuss geladen werden können bzw. über eigene PV- oder Windkraftanlagen im privaten und im Firmenbereich.

Um die teueren E-Fuels dürfen sich dann Industrie, Fluggesellschaften, Reedereien und krachmachende Verbrenner-Fahrer schlagen, die genug Geld haben.

Es hängt alles an der Politik und der Käuflichkeit der Politiker, ob die Energie- und Verkehrswende hin zu mehr Klimaschutz gelingt oder nicht.

>> FDP und ihre Anbiederung an CDU und Verbrenner-Lobby <<

Bis Ende des Jahrzehnts rechne ich eher mit einem Stillstand bei der Energie- und Verkehrswende, da sich die FDP mit einem "mehr Autos in Innenstädten"-Vorschlag bereits den konservativen Parteien CDU/CSU anbiedert (die CDU Berlin strich einen lange geplanten Radweg zugunsten der Autos) und vermutlich auf Wählerstimmen der Besserverdiener mit dicken SUVs in den Innenstädten hofft sowie der Verbrenner-Lobby mit E-Fuels und HVO100 in den Hintern kriecht.

Jakob Sperling:

Die Prioritäten-Ordnung im Bereich Mobilität ist relativ klar.
Die nächsthöhere Priorität kommt nur zum Zug, wenn sich die Anwendung mit der tieferen gar nicht oder nicht sinnvoll realisieren lässt.

Prio 1: E-Motor mit Strom ab Kabel (Eisenbahn, Trolleybus)
Prio 2: E-Motor mit Strom aus Batterie (div. BEV; alles < 3-4 Std. am Stück)
Prio 3: E-Motor mit Strom aus H2* (div. FCEV bis hin zu Kurzstrecken-Flugzeug)
Prio 4: Verbrenner mit H2*
Prio 5: Verbrenner mit E-Fuels

Interessant sind zudem noch gewisse Hybride,
wie z.B. BEV mit E-Fuel- oder H2 Range-Extendern.

E-Fuels sind immer die letzte Wahl, weil der Wirkungsgrad der kleinste ist und sie zudem noch Schadstoffe produzieren.

* Wasserstoff kann nebst gasförmig oder flüssig ggf. auch als Derivat, wie Ammoniak oder Methanol mitgeführt werden; z.B. bei Schiffen. Wobei die Grenze zu den E-Fuels dann fliessend wird.

Gregor:

Es kann doch jeder E-Fules kaufen und verbrennen wie er will. Es sollte nur zur Pflicht werden und nicht in Ballungsräumen erlaubt sein. Dann löst sich dieser Gehirnfasching ganz von selbst auf.

Martin Hofstetter:

… und nie werden!

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