Alpine A290_ß Showcar: Die Auferstehung des R5 Turbo

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Wolfgang Plank

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Wie das so ist mit einem Trend: Einmal gesetzt, kommt kaum noch jemand daran vorbei. Bei E-Autos heißt das immer öfter: Moderne Akku-Technik – aber bitte modelliert wie Ikonen der Verbrenner-Ära. So hat auch die vollelektrische Alpine A290_ β ein historisches Vorbild. Und was für eines.

Man schrieb das Jahr 1980, als Renaults Mittelmotor-Kracher R5 Turbo erstmals pausbackig über die Straßen donnerte. Zuvor war der sportliche Stadtflitzer – schmaler und mit Frontantrieb – schon als R5 Alpine unterwegs. An diese Historie will die 2012 wiederbelebte Marke nun anknüpfen.

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Mit dem A290_ß will Alpine zeigen, was in der Kleinwagen-Klasse gehen – oder besser: fahren – könnte. Das erste von drei Modellen der zukünftigen „Dream Garage“ soll die Zukunft der Marke zeigen: sportlich und kompromisslos. Offiziell trägt der Wagen noch den Titel „Showcar“. Allzuviel dürfte sich außen aber wohl nicht mehr ändern, darauf deutet schon das „β“ hin, mit dem bei Software gerne die letzte Testversion bezeichnet wird. Immerhin soll der gut vier Meter lange Elektro-Sportwagen schon im nächsten Jahr auf den Markt kommen.

Und er trägt eine Bürde. Die 1955 von Jean Rédélé im französischen Dieppe gegründete Marke Alpine hat früh mit kompromisslos leichten und wendigen Fahrzeugen wie A110 und A310 für Furore gesorgt. Im Jahr 2018 präsentierte Alpine die neue A110 ganz in diesem Sinne, 2022 folgte mit der A110 R eine neue Version – leichter und mit besserer Aerodynamik. „Die A290 knüpft an das reiche Erbe der Marke an“, verspricht Alpine-Boss Laurent Rossi. „Sie führt Alpine in die Zukunft, indem sie den Motorsportgeist, der die Marke seit ihren Anfängen inspiriert hat, im Alltag erlebbar macht.“

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Mit 4,05 Metern Länge, 1,85 Breite und 1,48 Höhe übertrifft der Enkel den Urahn in allen Dimensionen. Die großen Luftkanäle zeigen allerdings, dass man es mit der Aerodynamik schon sehr genau nimmt. Ein paar schicke Details allerdings haben sich die Designer gegönnt: Die X-förmigen Lichter nach dem Vorbild kreuzweise abgeklebter Rallye-Scheinwerfer etwa oder die senkrechten Rückleuchten in Anlehnung an den aktuellen Prototypen A470 aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft.

Ob der Innenraum den Showcar-Status überdauert, erscheint zumindest zweifelhaft. Der Fahrer nämlich sitzt – wenn er sich denn über den mächtigen Flankenschutz gehievt hat – wörtlich im Mittelpunkt eines pfeilförmigen Minimal-Cockpits, zwei weitere Carbon-Schalen finden sich schräg versetzt dahinter. Auch der besonders in bester Rallye-Manier steil aufragende Handbremshebel dürfte es wohl nicht in die Serie schaffen. Was schade wäre – lässt sich der Flitzer damit doch punktgenau um engste Ecken zirkeln – jedenfalls dann, wenn wie bei der Premiere Erfahrene in Sachen Fahrphysik am Steuer sitzen. Einem Volant, das dem eines Rennwagens nicht unähnlich ist.

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Über die technischen Daten ist wenig bekannt. Zwar steht das Fahrzeug auf der elektrischen B-Segment-Plattform der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi, über Leistung, Batteriegröße und Reichweite indes darf noch spekuliert werden. Fest steht bislang nur, dass zwei E-Motoren an der Vorderachse samt ausgeklügeltem Torque-Vectoring für ordentlich Vortrieb sorgen sollen.

Derlei Drehmoment-Management in Verbindung mit einer für diese Klasse ungewöhnlich aufwendigen Mehrlenker-Hinterachse lässt ein ausgesprochen agiles Handling erahnen. Definitiv kommen soll auch eine Overboost-Taste, mit der sich maximale Power abrufen lässt – für zehn Sekunden und nur auf trockener Straße. Die gewaltigen Brembo-Zangen inklusive der elf Einstellmöglichkeiten für das ABS bleiben aber vermutlich dem Showcar vorbehalten.

Hoffentlich gilt das nicht für die Lackierung – eine Art farbgewordene Tradition. Wie der Sieg beim Alpenpokal 1954 Firmengründer Jean Rédélé auf den Markennamen brachte, so ließ sich das Design-Team beim A290_ß von der Bergwelt inspirieren. Die pudrig weiße und im Licht leicht schimmernde Lackierung erinnert an frisch gefallenen Schnee, die aus Karbon bestehenden Schweller und Spoiler an felsige Brocken. So etwa wie Alpine pur.

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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