Züge mit Wasserstoffantrieb: Wird es sich durchsetzen?

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Alstom

Stefan Grundhoff
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  —  Lesedauer 4 min

Bei den Pkw hatte der Wasserstoffantrieb bisher abgesehen von Kleinserien keine echte Marktchance und die Elektromobilität hat ihn wohl endgültig in Rente geschickt. Anders sieht es das beim Bahnverkehr aus, denn dieser kommt langsam auf den Geschmack nach der sauberen Brennstoffzellentechnik.

Die Versuche verschiedensten Autohersteller, die Brennstoffzelle für Pkw in die bezahlbare Großserie zu bringen, hat bisher nicht geklappt. Über mehr als zwei Jahrzehnte gab es mal größere, mal kleinere Erfolge während Hersteller wie Toyota, BMW, Honda oder General Motors immer wieder Fahrzeuge mit entsprechendem Wasserstoffantrieb vorstellten. Doch der Durchbruch blieb aus und mittlerweile hat der Elektroantrieb der kostenintensiven Brennstoffzelle zumindest bei privaten Fahrzeugen wohl endgültig den Saft abgedreht.

Ganz anders sieht es nicht nur bei schweren Lastwagen, sondern insbesondere im Zugverkehr aus. Denn nachdem die aufwendige Wasserstofftechnik viele Jahre allein bei Fachmessen und technischen Symposien einer kleinen Öffentlichkeit vorgestellt wurde, sind mittlerweile erste Züge mit Brennstoffzelle auf der Schiene. Erst jüngst testeten Siemens und die Deutsche Bahn ihren ersten gemeinsamen Wasserstoffzug. Durch die neue Technologie sollen im regionalen Bahnnetz mittelfristig Dieselzüge ersetzt werden.

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Ähnlich wie bei Pkw oder Lastwagen mit Brennstoffzellen fahren diese Züge nicht nur geräuscharm, sondern auch lokal emissionsfrei, da sie allein Wasserdampf ausstoßen. Erstmals vorgestellt wurde das Bahnprojekt H2goesRail im November 2020. „Der neue Mireo Plus H Zug stößt keine Emissionen aus“, erläutert Roland Busch, Vorstandsvorsitzender bei Siemens, „er hat eine Reichweite von rund 1.000 Kilometer, ist bis 160 km/h schnell und kann zügig betankt werden. Ein einziger Zug spart über seine Lebensdauer von 30 Jahren bis zu 45.000 Tonnen CO 2 gegenüber Autofahrten ein.“

Das Projekt wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt 13,74 Millionen Euro durch das deutsche Verkehrsministerium gefördert. Der erstmals offiziell eingesetzte Mireo Plus H hat als zweiteiliger Zugwagen eine Reichweite von bis zu 800 Kilometern und ist durch seine variable Plattform ähnlich leistungsfähig wie elektrische Triebwagen. Für den entsprechenden Antrieb sorgt eine Leistung von 1,7 Megawatt. Die Deutsche Bahn hat ein Verfahren entwickelt, mit dem die Betankung eines ähnlich schnell verläuft, wie bei einem Dieseltriebwagen. Der Mireo Plus H soll ab kommendem Jahr in Baden-Württemberg erste Testfahrten aufnehmen. Ab 2024 ist er für das Projekt H2goesRail im regulären Fahrgasteinsatz zwischen den Städten Tübingen, Horb und Pforzheim, wo aktuell Dieseltriebwagen im Einsatz sind.

Auf der Strecke zwischen Tübingen und Pforzheim ergäben sich durch den Umstieg von Dieselkraftstoff auf Wasserstoff CO2-Einsparungen von rund 330 Tonnen pro Jahr. Generell kann der Mireo Plus H abhängig vom Streckenprofil – gerechnet auf eine jährliche Laufleistung von 200.000 Kilometern bis zu 520 Tonnen CO2 einsparen. „Wasserstoff gehört zur Mobilität der Zukunft. Daher freue ich mich sehr, dass wir heute den nächsten wichtigen Meilenstein im Projekt H2goesRail erreicht haben, sagt Dr. Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn. „Unser Ziel ist klar: Bis 2040 werden wir als Deutsche Bahn klimaneutral sein. Ein wichtiger Hebel dabei ist der Abschied vom Diesel. Mit unserer Entwicklung einer mobilen Wasserstofftankstelle und der dazugehörigen Instandhaltungsinfrastruktur zeigen wir als Deutsche Bahn einmal mehr, wie herausragende und innovative Antriebstechnologien aussehen und wie klimaneutrale Mobilität von Morgen geht.“

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Ganz neu ist die Wasserstofftechnologie auf der Schiene jedoch nicht. Auch in Frankreich und in England arbeiten die Bahnbetreiber daran, jene Strecken, die aktuell nicht mit Oberleitung versorgt sind und somit von Dieselzügen befahren werden, durch Triebwagen mit Brennstoffzellen zu ergänzen. In Bremervörde / Kreis Rotenburg ist im vergangenen Monat das weltweit erste Kleinnetz mit Wasserstoffzügen im Passagierbetrieb an den Start gegangen. Die insgesamt 14 Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb gehören der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen. Die Gesellschaft hatte sich bereits vor zehn Jahren auf die Suche nach Alternativen zu Dieselzügen gemacht.

„Wir leisten hier echte Pionierarbeit. Ich bin sehr stolz, dass das niedersächsische Verkehrsministerium die Kosten für die Beschaffung von 14 Zügen in Höhe von über 85 Millionen Euro übernommen hat und dieses wegweisende Projekt gemeinsam mit der Landesnahverkehrsgesellschaft möglich macht“, so Dr. Bernd Althusmann, niedersächsischer Verkehrsminister, „dass sich der Bund mit zusätzlichen 8,4 Millionen Euro beteiligt, sorgt für Strahlkraft über unsere Landesgrenzen und über Deutschland hinaus.“ Der Zug selbst stammt vom Hersteller Alstom, die den Regionalzug mit Brennstoffzelle vom Typ Coradia iLint erstmals auf der Messe InnoTrans 2016 in Berlin zeigte. Der Alstom iLint wurde gemeinsam an den Alstom-Standorten in Salzgitter und Tarbes / Frankreich entwickelt.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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Captain Ahab:

So, so. Aber ich finde, dass das Alter des Zugführers leider nicht nur zuwenig, sondern überhaupt nicht berücksichtigt ist.

Läubli:

Genau, BEV ist das beste von allen, da bin ich felsenfest davon überzogen. Aber nur bei PKW ist das sicher, bei Zügen ist es außerhalb der CH wohl nicht ganz so einfach. Jedoch konnte die Schweiz das, warum sollte das in Deutschland nicht funktionieren? Aber da ich nicht für Züge zuständig bin, ist es schwierig, hier mit voller Überzeugung zu schreiben. Meine Einstellung ist für Züge jedoch nach wie vor, dass das nur unter Stromabnehmern funktionieren kann, nicht mit Akku.

Captain Ahab:

Du hast gestern FCEV mit Diesel verglichen, nicht ich.

Aber wir sind uns glaub einig, wenn man alle 3 als ausgereifte Techniken vergleicht:
BEV bezüglich Wartung vor FCEV und beide vor Diesel.

Läubli:

Ja, kann man so sehen, jedoch ist schon die Brennstoffzelle eine zusätzliche Quelle, die geprüft werden sollte/muss, Akku ist auch vorhanden für die Boostkapazitäten. Ein H2-System ohne Akku hat eine Brennstoffzelle, einen Wasserstofftank und alle benötigten Leitungen/Verbindungen dazu, die lecken können. Demnach ein aufwändigeres System als rein elektrisch… soweit klar was ich meine? Einen Diesel oder auch Benziner hat noch viel mehr anfällige Teile, das Stimmt, ist hier in meiner Definition aber irrelevant, da wir alle wissen, das Verbrenner keine Alternative sind. Das in der früheren Nachricht von mir mit dem Thema Diesel war ein Fehler… das passt dort natürlich nicht hinein, das ist mein Bock – sorry!

Captain Ahab:

Nee, du hast es nicht begriffen.
Ein moderner Chip hat Millionen von Transistoren und braucht trotzdem keine Wartung. Ein BEV-Akku hat Tausende von Batteriezellen und braucht auch kaum Wartung.
Was ist der Unterschied: Ein H2-System mit Brennstoffzelle hat kaum bewegliche Teile, ein Dieselmotor jede Menge.
Siehst du es jetzt?

Läubli:

Nemi zrog. :-) ich ha natürli ängsternig schwizerisch dänkt.
Ciao.

Läubli:

Ist doch logisch… je mehr Teile an einem FZ verbaut sind, umso anfälliger und serviceaufwändiger ist schlussendlich das FZ. Ist ja jedem klar, das braucht gar keine Erläuterungen.

Captain Ahab:

Wenn der Akku des Wasserstoff-Systems ‚gross‘ sein soll, dann ist der Akku des batterie-elektrischen Systems absurd gross. Auf jeden Fall ein Vielfaches des Ersteren.

Captain Ahab:

Blödi Bemerkig.
Die Frage, wie man nicht-elektrifizierte Strecken betreibt, ist logischerweise nur für die ein Problem, die solche Strecken haben. Weltweit sind das recht viele.
Es gibt inzwischen sicher bessere Lösungen, als Diesellocks.

Captain Ahab:

Wenn du glaubst, dass die Serviceaufwendungen bei einen FCEV grösser sind als bei einem Diesel, dann hast du wirklich überhaupt keine Ahnung.

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