Neues Gesetz zwingt öffentliche Fuhrparks zu mehr Klimaschutz

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Mit den Stimmen der großen Koalition hat der Bundestag vor wenigen Tagen einen Gesetzentwurf verabschiedet, der Mindestziele bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für die Beschaffung von Straßenfahrzeugen, leichten und schweren Nutzfahrzeugen einschließlich Bussen vorschreibt, welche emissionsarm oder komplett emissionsfrei angetrieben werden müssen. Mit dem Gesetz soll die Clean Vehicles-Richtlinie in den öffentlichen Fuhrparks des Bundes, der Länder, von Kommunen und Gemeinden umgesetzt werden.

Mit dem Gesetz werden bei der öffentlichen Auftragsvergabe erstmals verbindliche Mindestziele für emissionsarme und -freie Pkw sowie leichte und schwere Nutzfahrzeuge, insbesondere für Busse im ÖPNV, für die Beschaffung vorgegeben. Die neuen Vorgaben gelten ab dem 2. August 2021 und verpflichten die öffentliche Hand sowie eine Auswahl bestimmter privatrechtlich organisierter Akteure (z.B. Post- und Paketdienste, Müllabfuhr) dazu, dass ein Teil der angeschafften Fahrzeuge zukünftig emissionsarm oder -frei sein muss.

Für wen gelten die Mindestziele?

Die Richtlinie gilt für folgende Aufträge (u.a. durch Ausschreibungen oder Vergabeverfahren) nach dem 2. August 2021: für Verträge über Kauf, Leasing oder Anmietung von Straßenfahrzeugen
für öffentliche Dienstleistungsaufträge (z.B. ÖPNV-Busse); für Dienstleistungsaufträge über Verkehrsdienste (z.B. Paket- und Postdienste, Abholung von Siedlungsabfällen); Ausgenommen sind u.a. Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr, Katastrophenschutz, Baustellen, Steinbrüche, Häfen, Flughäfen, land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge sowie Reisebusse ohne Stehplätze.

Unter sauberen Straßen- und leichten Nutzfahrzeugen sind laut der Richtlinie solche zu verstehen, die bis 2025 maximal 50 g/km CO2 emittieren. Bis 2030 sinkt der CO2-Wert auf 0 g/km. Für die anderen Klassen gelten Kfz dann als emissionsarm, wenn sie mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden. Darunter fallen Strom, Wasserstoff, Biokraftstoffe, synthetische und paraffinhaltige Kraftstoffe sowie Erd- und Flüssiggas.

Was sind die Mindestziele?

Es gibt für zwei Referenzzeiträume (2.8.2021 bis 31.12.2025; 1.1.2026 bis 31.12.2030) feste Quoten für die Beschaffung sauberer Pkw sowie leichter und schwerer Nutzfahrzeuge durch die öffentliche Auftragsvergabe. Zu den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen gehören v.a. der öffentliche Verkehr (Straße), die Personensonderbeförderung (Straße), die Bedarfspersonenbeförderung sowie bestimmte Post- und Paketdienste und die Abholung von Siedlungsabfällen.

Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, die die Grenzwerte zu CO2- und Luftschadstoffemissionen gemäß der Clean Vehicles Directive (CVD) einhalten, können den CVD-Mindestzielen von 38,5 Prozent an den Neubeschaffungen ab August 2021 angerechnet werden. Die Mindestziele für emissionsarme und -freie Busse im ÖPNV liegen für den ersten Referenzzeitraum bis Ende 2025 bei 45 Prozent und für den zweiten Zeitraum bis Ende 2030 bei 65 Prozent. Mindestens die Hälfte der Mindestziele für Busse im ÖPNV muss durch emissionsfreie Fahrzeuge erfüllt werden.

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BMVI

Pkw und leichte Nutzfahrzeuge werden über Grenzwerte zu CO2- und Luftschadstoffemissionen als „saubere Fahrzeuge“ definiert, während schwere Nutzfahrzeuge und Busse aufgrund der Nutzung alternativer Kraftstoffe (Strom, Wasserstoff, Erdgas, Biokraftstoffe, synthetische und paraffinhaltige Kraftstoffe, sofern diese nicht mit fossilen Brennstoffen vermischt werden) unter diese Definition fallen. Plug-In Hybridbusse können ebenfalls den Beschaffungsquoten für saubere Fahrzeuge angerechnet werden.

Für die Verwaltung des Bundes schätzt die Regierung die jährlichen Aufwände Heise zufolge auf rund 1,3 Millionen Euro jährlich. Dazu sollen 2,4 Millionen einmalige Kosten innerhalb der ersten zehn Jahre kommen, bis die Quote erreicht ist. Deutlich mehr müssen Länder und Kommunen aufbringen: Sie sollen jährlich 370 bis 540 Millionen Euro Mehraufwand stemmen. Die einmaligen Kosten sollen hier bei 1,62 Milliarden Euro liegen. Der Bundesrat drängte daher unter anderem darauf, dass der Bund den Ländern die Zusatzkosten weitgehend erstattet. Die Bundesregierung hält sich hierzu bedeckt und verweist Heise zufolge darauf, dass der Bund über das Klimaschutzpaket allein 2021 den Ländern bereits unter anderem „Regionalisierungsmittel“ in Höhe von rund 9,3 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, welche etwa für die Beschaffung emissionsarmer Busse für den ÖPNV eingesetzt werden können.

Quelle: Heise – Bundestag: Öffentlicher Fuhrpark muss klimafreundlicher werden / BMVI – Pressemitteilung

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Björn:

Sie sollten in dieser Beziehung vordergründig einmal den Dienstwagenfuhrpark unserer Politiker kontrollieren

Niko:

Das geht ja mal in die richtige Richtung

Peter Bigge von Berlin:

Langsam kommt Schwung in die abgaslastigen verkrusteten Strukturen der Mobilität.
Es ist nicht einzusehen, warum Fahrzeuge abgaslastig bewegt werden dürfen, wenn es bereits auch anders möglich ist.
Dieses Gesetz/Verordnung/Richtlinie sollte es auch für die Privatwirtschaft geben.
Viele Firmenwagen müssen heutzutage nicht mehr mit Abgasen bewegt werden. Und schon gar nicht durch PHEVs ersetzt werden.

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