Mit welchen Maßnahmen der Verkehrssektor nachhaltiger werden kann

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Der Verkehrssektor ist das große Sorgenkind der deutschen Klimaziele: Im Verkehr konnten im Gegensatz zu den anderen Sektoren seit 1990 keine nennenswerten Einsparungen erzielt werden. Wie also könnte eine Reform von Steuern und Abgaben den Verkehrssektor endlich in eine nachhaltige Zukunft lenken? Höhere CO2-Preise in Kombination mit der Abschaffung der EEG-Umlage, eine angemessene Besteuerung von Dienstwagen, ein Bonus-Malus-System beim Pkw-Kauf sowie eine zusätzliche CO2-Komponente in der Lkw-Maut könnten dazu kurz- bis mittelfristig beitragen. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie vom Öko-Institut, dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft und Prof. Dr. Stefan Klinski im Auftrag des Umweltbundesamtes, welche hier als ausführliches PDF zu finden ist.

Die Besteuerung unserer Mobilität stammt aus dem fossilen Zeitalter mit Erdöl, Benzin & Co.“ fasst Dr. Wiebke Zimmer, stellvertretende Leiterin des Bereichs Ressourcen & Mobilität am Öko-Institut zusammen. „Sie passt nicht mehr zu den Anforderungen an eine nachhaltige, gerechte, individuelle Mobilität und muss deshalb neu ausgerichtet werden.“ Eine zukunftsfähige Verkehrspolitik müsse sich an Vorgaben des Klimaschutzes ebenso ausrichten wie an Kriterien der Sozialverträglichkeit und an weiteren Umweltschutzzielen wie der Vermeidung von Lärm und Schadstoffen oder einem geringeren Flächenverbrauch. Zudem müsse sie auch die Mittel zur Finanzierung der nachhaltigen Mobilität der Zukunft bereitstellen, so das Öko-Institut in einer aktuellen Mitteilung.

Das Reformpaket im Überblick

Dafür sollte etwa bis zum Jahr 2030 der CO2-Preis im Verkehr die wahren gesellschaftlichen Kosten des Klimaschutzes von mehr als 200 Euro pro Tonne CO2 widerspiegeln. Wenn so die Preise für fossile Pkw-Kilometer steigen, können Alternativen wie der öffentliche Verkehr sowie Fuß- und Radverkehr unterstützt und ausgebaut werden. Sozial verträglich für Menschen mit niedrigeren Einkommen werde diese Maßnahme, wenn gleichzeitig die EEG-Umlage abgeschafft wird und so der Strompreis sinkt.

Zusätzlich müsse der Pkw-Verkehr schnell auf Elektromobilität umgestellt werden. Dafür brauche es stärkere Anreize beim Fahrzeugkauf – wie beispielsweise ein Bonus-Malus-System. Durch Mehreinnahmen von CO2-intensiven Fahrzeugen (Malus) kann eine Kaufprämie für Elektroautos (Bonus) gegenfinanziert werden. Damit finanzieren nicht alle Steuerzahlenden den Kauf von E-Pkw, sondern nur diejenigen, die sich einen „schmutzigen“ Neuwagen leisten – ein Klimaschutzbeitrag, der gleichzeitig auch sozial gerechter ist, findet das Öko-Institut.

Als eine weitere Komponente sollte die private Nutzung von Dienstwagen höher besteuert werden, damit Dienstwagen privat wenig oder gar nicht genutzt werden. Weil der zu versteuernde Betrag von der Nutzung unabhängig ist und weil Unternehmen vielfach auch noch für die Betriebskosten aufkommen, ist der Anreiz zum Vielfahren heute sehr groß. Zudem profitieren davon meist Menschen mit einem ohnehin höheren Einkommen – die Dienstwagenpauschale ist deshalb sozial ungerecht und ökologisch kontraproduktiv, wie erst vor kurzem eine Studie aufgezeigt hat.

Nicht zuletzt spielt die Frage nach der Finanzierung des Verkehrssektors der Zukunft eine entscheidende Rolle. Die Energiesteuer, die derzeit den größten Anteil der Steuereinnahmen aus dem Verkehrssektor ausmacht, ist bis 2050 stark rückläufig und verliert damit ihre zentrale Finanzierungsrolle. Die Einnahmen der Stromsteuer und der CO2-Bepreisung können diesen Rückgang nicht vollständig ausgleichen. Deshalb müsse die Straßeninfrastruktur in Zukunft direkter von ihren Nutzerinnen und Nutzern gegenfinanziert werden. Eine Maut für alle Fahrzeuge – Lkw und Pkw, abhängig von den gefahrenen Kilometern – scheint dafür aus heutiger Sicht die beste Lösung.

Quelle: Öko-Institut – Pressemitteilung vom 22.11.2021

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Helmuth Meixner:

Die Belastung der Strassen hängt auch stark davon ab, wie viele Container bewegt werden müssen. Momentan scheint es in der See-Schifffahrt eine massive Ladehemmung zu geben. Zum Beispiel vor Taiwan. Ob das damit zu tun hat? https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_91227122/taiwan-chinesische-flugzeuge-fliegen-in-luftverteidigungszone.html

Helmuth Meixner:

Ja dieser Verkehrssektor hat es in sich. Wahrscheinlich verschwinden so viel Frachtschiffe vor China deshalb, weil die Chinesen ein Maut erheben. Für Container und Diesel-LKWs natürlich.

„https://www.n-tv.de/wirtschaft/Frachter-vor-China-verschwinden-vom-Radar-article22959599.html“

Nun wird es aber schwierig ein BEV zu bekommen. Fast der gesamte Krempel den man braucht kommt aus Asien. Will China nun alleine den E-Weltmarkt erobern oder nur Schweröl sparen.

Mein Gott, wie soll man da die Erde retten? Ohne den Container- Treibstoff und Rohstoffverkehr?

Mal schauen was vor China los ist: https://www.marinetraffic.com/en/ais/home/centerx:129.1/centery:19.0/zoom:4

Daniel W.:

Wenn es in Zukunft durch menschen- und fahrradfreundlichere Städte viele schmale Straßen und nur noch wenig Parkplätze gibt, dann wird es für die SUV-Fahrer(innen) immer stressiger beim Fahren und Parken, so dass sich weniger Leute diese in der Stadt dann unhandlichen Fahrzeuge kaufen.

adson:

Den Trent zum SUV zu stoppen oder umzukehren, halte ich für sehr schwierig. Die Autoindustrie hat 10 Jahre intensive Werbung gebraucht um den Kunden den Wunsch nach einem SUV einzureden. Jetzt wo es fast ein Selbstläufer ist (es wird ja auch kaum etwas anderes elektrisches angeboten, mit Ausnahme des Tesla M3 vielleicht), wird es sehr schwer den Kunden das wieder auszureden. Die Einsicht, dass ja eigentlich der Zweck eines Autos ist, jemanden von A nach B zu bringen, erkenne ich selbst in meinem nahen Umfeld kaum. Aber je länger wir mit der Änderung unseres Mobilitätsverhaltens warten, um so schmerzhafter werden die Konsequenzen / Einschnitte ausfallen (müssen).

Carsten:

„Als eine weitere Komponente sollte die private Nutzung von Dienstwagen höher besteuert werden, damit Dienstwagen privat wenig oder gar nicht genutzt werden.“

Damit also Dienstwagenfahrer sich noch zusätzlich einen privaten Wagen zulegen müssen? Und wenn der Dienstwagen ein BEV ist? Da sollte man sich vielleicht doch noch mal ein paar Gedanken drüber machen. Aus meiner Sicht ist dieser Ansatz nicht zielführend.

Nick8888:

Sagt jemand mit genug Kaufkraft, um auch weiterhin jeden Meter mit dem Auto fahren zu können.

aber in der Sache gebe ich ihnen recht

Peter:

Grüße an den Elfenbeinturm. Die Pendlerpauschale ist für mich ein Ergebnis des Glaubens (und der Forderung), der Arbeitsnhemer müsse alles mit sich machen lassen, Flexibilität bis zum Ebrechen und jeden Job auch in Hinterposemuckel annehmen, egal, ob er dort wohnt, oder nicht. Ungünstig organisiert ist es auch, wenn in Innenstädten zwar Jobs sind, aber keine Sau die Innenstadtwohnungen bezahlen kann und der ÖPNV einen kostenoptimierten Zeitraub sondersgleichen darstellt. Ich denke nicht, dass Menschen übermäßig gerne pendeln. Alleine die verschwendete Lebenszeit, die das Pendeln bedeutet rechtfertigen eine Pendlerpauschale.

Wolfbrecht Gösebert:

Die Belastung der Straßen hängt stark vom Gewicht ab, deshalb muss [neben den km] auch das Gewicht berücksichtigt werden, damit es eine halbwegs gerechte Verteilung gibt.
+1 [Zitat-Ergänzung von mir]

Daniel W.:

Nicht zuletzt spielt die Frage nach der Finanzierung des Verkehrssektors der Zukunft eine entscheidende Rolle. Die Energiesteuer, die derzeit den größten Anteil der Steuereinnahmen aus dem Verkehrssektor ausmacht, ist bis 2050 stark rückläufig und verliert damit ihre zentrale Finanzierungsrolle. Die Einnahmen der Stromsteuer und der CO2-Bepreisung können diesen Rückgang nicht vollständig ausgleichen. Deshalb müsse die Straßeninfrastruktur in Zukunft direkter von ihren Nutzerinnen und Nutzern gegenfinanziert werden. Eine Maut für alle Fahrzeuge – Lkw und Pkw, abhängig von den gefahrenen Kilometern – scheint dafür aus heutiger Sicht die beste Lösung.

Die Belastung der Straßen hängt stark vom Gewicht ab, deshalb muss auch das Gewicht berücksichtig werden, damit es eine halbwegs gerechte Verteilung gibt.

Fahrzeuge bis z.B. 1.000 kg (Zul. Gesamtgewicht 1.400 kg) könnte man ganz davon ausnehmen, da sie nicht nur die Straßen kaum belasten, sondern auch weniger Resourcen bei der Herstellung verbrauchen.

Auf der anderen Seite müssten schwere Lkws massiv mit einer Abgabe belastet werden, da sie neben massiven Straßenschäden auch noch massiv Feinstaub durch Reifenabrieb produzieren.

Ein wichtiger Punkt ist der Bau von separaten Fahrradwegen, mautfinanziert, damit ein Großteil des Kurzstreckenverkehrs (Personen und Lieferdienste) gut per (Elektro-) Fahrrad bewältigt werden kann.

David:

Du übersiehst, dass die Realpolitik durch Gerichte gemacht wird. Was übrigens auch ihre Aufgabe ist, nämlich Gesetze zu überprüfen. Und überprüfen meint in einer sich schnell ändernden Zeit, Bestimmungen an Lebenswirklichkeit anzupassen.

Bisher sind in schützenswerten Gegenden ja nicht Abgase und Lärm einfach so hingenommen worden. Es wird schon immer der Nutzen, also das Transportbedürfnis und die persönliche Mobilität, gegen die Beeinträchtigung abgewogen. Das Pendel schlug bisher zugunsten von Transport und Mobilität mit Verbrennern aus, weil es nicht Lebenswirklichkeit war, dieses Bedürfnis lokal emissionsfrei zu erfüllen. Es gab ein geringes Angebot an lokal emissionsfreien Autos, die waren teuer und hatten starke Einschränkungen gegenüber Verbrennern.

Mit jedem Monat, wo die Elektroautoquote an den Zulassungen wächst, wackelt diese Abwägung. Und es gibt genug Organisationen, die sich tatsächlich oder vorgeblich um die Umwelt sorgen und entsprechend klagen. Zudem gibt es eine steigende Zahl von Großstädten, die sich dem Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet fühlen. Die müssen von sich aus härter durchgreifen. Das wird für Verbrennerfahrer mittelfristig extrem unlustig. Was auch gut so ist.

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