Lithium-Abbau: Was Sie über das Streitthema wissen sollten

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Volkswagen

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Elektroautos sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz – doch der Abbau von Lithium für die Batterien wird oft kritisiert. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Rohstoffgewinnung in südamerikanischen Salzwüsten. Volkswagen gibt Fragen und Antworten für eine gut informierte Debatte.

Wieviel Lithium braucht die Welt?

Der globale Markt für das Alkalimetall Lithium wächst rasant. Allein zwischen 2008 und 2018 stieg die Jahresproduktion der maßgeblichen Förderländer von 25.400 auf 85.000 Tonnen. Ein wichtiger Wachstums-Treiber ist die Nutzung in den Batterien von Elektroautos. Lithium wird jedoch auch für die Akkus von Notebooks und Handys oder in der Glas- und Keramikindustrie genutzt.

Wo gibt es Lithium?

Chile verfügt mit 8 Millionen Tonnen über die weltweit größten bekannten Lithium-Reserven. Damit liegt das südamerikanische Land vor Australien (2,7 Millionen Tonnen), Argentinien (2 Millionen Tonnen) und China (1 Million Tonnen). Innerhalb Europas besitzt Portugal kleinere Mengen des wertvollen Rohstoffs, auch im Erzgebirge wurden Lithium-Reserven entdeckt. Insgesamt werden die weltweiten Reserven mit 14 Millionen Tonnen beziffert. Das entspricht der 165-fachen Fördermenge des Jahres 2018.

Wo wird das meiste Lithium abgebaut?

Mit 51.000 Tonnen war Australien 2018 der mit Abstand wichtigste Lithium-Lieferant – vor Chile (16.000 Tonnen), China (8000 Tonnen) und Argentinien (6200 Tonnen). Das geht aus Zahlen der US-Behörde USGS (United States Geological Survey) hervor. Die vier genannten Staaten bestimmen seit langem das Bild, wobei sich Australien erst in den vergangenen Jahren einen klaren Vorsprung vor Chile erarbeitet hat.

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Wie unterscheiden sich die Abbaumethoden?

Vereinfacht kann man sagen: Lithium aus Australien stammt aus dem Erzbergbau, in Chile und Argentinien kommt das Lithium aus Salzwüsten, so genannten Salaren. Die Rohstoffgewinnung aus Salaren funktioniert so: Lithiumhaltiges Salzwasser aus unterirdischen Seen wird an die Oberfläche gebracht und in großen Becken verdunstet. Die verbleibende Salzlösung wird über mehrere Stufen weiterverarbeitet, bis das Lithium zum Einsatz in Batterien geeignet ist.

Warum steht der Lithiumabbau in der Kritik?

Zur Lithium-Gewinnung aus Salaren gibt es immer wieder kritische Berichte: In einigen Gegenden klagen Einheimische über zunehmende Trockenheit, die beispielsweise die Viehzucht gefährde oder zum Vertrocknen von Bäumen führe. Aus Sicht von Experten ist bislang unklar, inwieweit die Trockenheit tatsächlich mit dem Lithiumabbau zusammenhängt. Unstrittig ist: Für die Lithium-Gewinnung selbst wird kein Trinkwasser benötigt.

Umstritten ist dagegen, in welchem Ausmaß die Entnahme von Salzwasser zum Nachströmen von Süßwasser führt und damit den Grundwasserspiegel am Rand der Salare beeinflusst. Um das zu beurteilen, sind die unterirdischen Wasserflüsse etwa in der Atacama-Wüste in Chile noch nicht ausreichend erforscht. Als mögliche Einflussfaktoren gelten neben der Lithiumgewinnung beispielsweise der Kupferabbau, der Tourismus, die Landwirtschaft und der Klimawandel.

Wie versorgt sich Volkswagen mit Lithium?

Volkswagen arbeitet sehr eng mit den Batterielieferanten zusammen, um die Verwendung von nachhaltig abgebautem Lithium in der Lieferkette sicherzustellen. Im vergangenen Jahr hat Volkswagen dazu ein erstes Memorandum of Understanding mit dem chinesischen Lithium-Lieferanten Ganfeng abgeschlossen. Ganfeng bezieht den Rohstoff unter anderem aus mehreren Minen in Australien und beliefert auch BMW mit dem Rohstoff. Darüber hinaus kommt in Elektro-Modellen von Volkswagen auch Lithium aus Chile zum Einsatz.

Wie geht Volkswagen mit der Kritik am Lithiumabbau um?

Volkswagen sammelt derzeit Fakten, um sich mit Unterstützung von unabhängigen Fachleuten ein eigenes Bild von der Wasserversorgung in der Atacama-Wüste in Chile zu machen. Grundsätzlich gilt: Alle Zulieferer von Volkswagen sind vertraglich verpflichtet, sich an hohe Umwelt- und Sozialstandards zu halten. Da gilt auch für die Lieferanten von Lithium. Ziel ist es, eine nachhaltige Versorgung mit allen Rohstoffen sicherzustellen. Dazu engagiert sich Volkswagen auch in Initiativen wie der Responsible Minerals Initiative oder der Global Battery Alliance des Weltwirtschaftsforums.

Wie sind die langfristigen Aussichten für den Lithium-Bedarf?

Der Rohstoff bleibt auch auf lange Sicht wichtig – meint beispielsweise Chemie-Nobelpreisträger M. Stanley Wittingham, der einst die wissenschaftlichen Grundlagen für die heute üblichen Batterien legte. „Es wird für die nächsten 10 bis 20 Jahre Lithium sein“, so Wittingham. Gleichzeitig ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Elektroautos kräftig steigt – im Interesse des Klimaschutzes. Allein der Volkswagen Konzern plant, bis 2029 rund 26 Millionen reine E-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen.

Langfristig soll ein Großteil der eingesetzten Rohstoffe recycelt werden – dies würde den Bedarf an „neuem“ Lithium senken. Allerdings dürfte sich dies erst ab 2030 bemerkbar machen, wenn in größerem Umfang gebrauchte Batterien zurückkommen.

Quelle: Volkswagen — Pressemitteilung vom 11.03.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Strauss:

Tja, die Batterie bleibt offenbar noch eine lange Zeit das Sorgenkind in der sonst einzigen Alternative zu den Verbrennern. Reichweite, Haltbarkeit und die nicht ganz unproblematische Beschaffung vo LI und Kobalt. Folglich ist unverständlich, dass immer noch ganze Heerscharen von Gelehrten und Wissenschaftlern da forschen wo es keinen Sinn macht. Leichtbaugipfler und H2 Professoren bündelt eure Kräfte zu dem Wesentlichen und helft mit bessere Akkus zu bauen.

ULRICH SANCKEN:

Nein, nein, es wird im Artikel klar differenziert. Wo gibt es Lithium? und Wo wird Lithium abgebaut? Und ich beziehe mich ganz klar auf den ersten Unterpunkt. Würde ich mich auf den zweiten beziehen, gäbe ich Ihnen Recht.

Rudolf:

Vielen Dank Norbert . Es ist nur ein Abfallprodukt… ( Nebenprodukt) nun können die Fördergesellschaften einen Gewinn damit erzielen. Früher wurde das Nebenprodukt „verworfen“ .

Wännä:

„Ob wir ungebremst weiterheizen, oder nicht, ist vollkommen irrelevant.“

HALLO ??? Da hat schon wieder jemand den Schuss nicht gehört. Sorry, aber bei solchen Aussagen braucht man höchstens noch einen „Ohrenarzt“!

Markus Wolter:

@ U Sancken Nach diesem Artikel https://www.heise.de/tp/features/Was-wird-aus-Boliviens-Lithiumtraeumen-4599717.html
gibt es heute aus verschiedenen Gründen keine nennenswerte Lithium-Produktion in Bolivien. Die Statistik von VW zur Produktion ist wohl korrekt. Dass Bolivien nicht als Lagerstätte aufgeführt wird, ist zwar etwas missverständlich, aber Deutschland und viele andere Länder sind ja auch nicht aufgeführt. Wer kein Kilogramm fördert, gehört eben nicht zum Club und ist nicht in der Statistik.

Markus Wolter:

Danke für den interessanten Artikel! Den hätte ich mir von verschiedenen Zeitungen gewünscht, statt der unkritischen Verbreitung von „Skandalmeldungen“.

Ulrich Sancken:

Wo gibt es Lithium? In Bolivien offenbar nicht?? Na, wenn die PR-Abteilung von VW da mal nicht ein wenig daneben gegriffen hat. Die bolivianischen Lagerstätten gehören zu den größten der Welt, wenn sie nicht sogar die größten sind, jedenfalls etwa vergleichbar mit denen in Chile. Da ist es dann keine so gute Idee, Bolivien in der Aufzählung einfach zu ignorieren. Gute Recherche erhöht die Glaubwürdigkeit – und umgekehrt.

Norbert:

Es sollte erwähnt werden, dass in Chile mit der Gewinnung aus Salzseen das Lithium bisher nur ein Nebenprodukt war. Hauptprodukt ist Kalium. Daher wird es diese Form des Abbau auch geben, wenn kein Lithium gewonnen würde!

Oliver Probst:

Bei der Lithiumförderung wird ja zumindest schon das Augenmerk auf die Umweltverträglichkeit gesetzt. Bei der Erdölförderung werden die Umweltprobleme immer größer, je nachdem, wie aufwendig die Erschließung ist. Jetzt nutzbare Alternativen sehe ich leider nicht!

Antonín Nekvapil:

Und Das Lithium bleibt zurück und das Öl wird verbrannt

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