Wie Wasserstoff „grün“ wird: Chancen und Herausforderungen

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Maria Glaser
Maria Glaser
  —  Lesedauer 5 min

Wasserstoff gilt als eine der Schlüsseltechnologien, um Energie zu speichern, und kann eine zentrale Rolle für die Energiewende und eine klimaneutrale Zukunft spielen. Doch wie wird Wasserstoff überhaupt gewonnen und was genau macht Wasserstoff grün? Hier gibt es einen Überblick zur Produktion, dem Transport und der Verwendung von Wasserstoff.

Gewinnung von grünem Wasserstoff

Eines vorweg: Nicht jede Art der Wasserstoff-Erzeugung ist umweltfreundlich. Im Gegenteil. Es gibt verschiedene Arten der Herstellung und entsprechend auch verschiedene Einstufungen von Wasserstoff, benannt nach Farben: grau, türkis, blau und grün.

Grauer Wasserstoff ist alles andere als klimaneutral, denn er entsteht beispielsweise aus der sogenannten Reformierung von Erdgas oder Kohle. Diese Stoffe werden dann umgewandelt in Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid, also CO2. Letzteres wird dann freigesetzt und gelangt in die Atmosphäre, wodurch es den Klimawandel eher beschleunigt als verlangsamt. Wenn das gasförmige CO2 jedoch nicht in die Luft gelangt, sondern aufgefangen und beispielsweise in Gesteinsschichten eingepresst wird, wird dieses Produktionsverfahren klimaneutral. Dann spricht man von blauem Wasserstoff.

Türkiser Wasserstoff wird in der sogenannten Methanpyrolyse aus Erdgas oder Methan hergestellt, wobei jedoch kein gasförmiges CO2 entsteht, sondern fester Kohlenstoff als Abfallprodukt, der in verschiedenen Bereichen weiterverarbeitet werden kann. Außerdem ist diese Methode vergleichsweise energiearm, jedoch ist sie noch nicht über den Versuchsbereich hinausgekommen. Es gibt auch noch weitere Arten der Wasserstoffherstellung, die erprobt werden, beispielsweise die von Biowasserstoff aus Abwasser.

Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfolgt vor allem durch Elektrolyse. Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Entscheidend ist, dass der eingesetzte Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft stammt und somit kein CO2 verursacht. Ein zentraler Vorteil der Elektrolyse ist, dass sie überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien nutzen und somit das Problem von Überkapazitäten im Netz lösen kann. Der Strom wird also genutzt, um Wasserstoff als Energiespeicher zu produzieren, der die Energie an späterer Stelle wieder beliebig in der Nutzung freigeben kann.

Transport von Wasserstoff

Wie aber kommt der Wasserstoff von der Produktion zur Verwendung? Der Transport von Wasserstoff ist eine Herausforderung, da das Gas extrem leicht, flüchtig und brennbar ist. Es gibt drei Hauptmethoden, um ihn zu transportieren: Wasserstoff kann gasförmig, flüssig oder gebunden in Form anderer Stoffe bewegt werden.

Wasserstoff als Gas

Gasförmig wird Wasserstoff in speziellen Behältern bei einem Druck von bis zu 700 bar gespeichert. Diese Methode ist besonders für kleinere Mengen geeignet, wie sie in Fahrzeugen mit Brennstoffzellen verwendet werden. Für das komprimierte Gas ist der Transport eher ineffizient, da nur geringe Mengen mit großem Aufwand, beispielsweise als Lkw-Ladung, bewegt werden können. Diese Transporte sind zudem aufgrund des Explosionspotenzials riskant.

Alternativ kann gasförmiger Wasserstoff in großen Mengen auch über Pipelines transportiert werden. Deren Aufbau ist jedoch enorm zeit- und investitionsaufwändig. In Europa gibt es Pläne von mehreren Gasunternehmen, ein internationales, 23.000 Kilometer langes Pipeline-System aufzubauen. Dabei können auch umgerüstete Erdgasleitungen genutzt werden.

Wasserstoff als Flüssigkeit

Verflüssigt wird Wasserstoff bei einer Temperatur von weit unter minus 200 Grad Celsius. Dann benötigt er weniger Volumen und kann leichter transportiert werden, beispielsweise per Bahn, Schiff oder in Tanklastern mit einem Volumen von bis zu 50.000 Litern. Dieser Transport sei sicher möglich, so die Universität Augsburg, jedoch seien die Transportkosten von Flüssigwasserstoff per Schiff sehr hoch, auch der hohe Energieaufwand für die Kühlung ist ein Nachteil. Fast ein Drittel der transportierten Energie wird dafür aufgewendet, den Wasserstoff bei entsprechender Temperatur flüssig zu halten.

Wasserstoff in gebundener Form

Wasserstoff kann in Trägermaterialien wie Ammoniak oder Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC) umgewandelt und eingebunden werden. Beide Methoden sind effizient für den Transport über lange Strecken, haben aber auch einige Nachteile.

Ammoniak erfordert beispielsweise wegen seiner Giftigkeit Besonderheiten im Transport. Außerdem, wenn Ammoniak nicht als solcher benutzt werden kann, sondern der Wasserstoff vor der Verwendung erst wieder freigesetzt werden muss, wird dazu zusätzliche Energie benötigt. Für den Transport von LOHC ist es aufgrund der chemischen Zusammensetzung möglich, auf bestehende Infrastruktur vom Transport von fossilen Brennstoffen wie Erdgas zurückzugreifen.

Nutzung von grünem Wasserstoff

Wohin wird der Wasserstoff schließlich transportiert und welche Anwendungsgebiete gibt es? Wasserstoff hat ein breites Anwendungsspektrum und kann in vielen Sektoren als grüner Wasserstoff zur Dekarbonisierung beitragen. Einerseits wird Wasserstoff als chemisches Element eingesetzt, um beispielsweise Düngemittel herzustellen oder Mineralöl zu raffinieren. Außerdem können Kraftwerke mit Wasserstoff gekühlt werden und grüner Wasserstoff ist einsetzbar, um Gebäude klimaneutral zu heizen.

Als Energiespeicher kann Wasserstoff ebenfalls in vielen Bereichen eingesetzt werden. Die im Wasserstoff mit Strom gespeicherte, elektrische Energie kann durch Brennstoffzellen wieder freigesetzt werden. Damit werden dann Autos, Züge oder andere Verkehrsmittel, aber beispielsweise auch Turbinen angetrieben.

Autos mit Brennstoffzelle, die mit Wasserstoff betrieben werden, sind Elektroautos. Beim Fahren reagiert der Wasserstoff in der Brennstoffzelle mit Sauerstoff. Dabei wird Energie in Form von Strom frei, die dann den Elektromotor des Elektroautos antreibt.

Ausblick, Herausforderungen und Perspektiven

Wasserstoff ist ein zentraler Baustein für eine nachhaltige Zukunft der Energie, allerdings nur, wenn er aus erneuerbaren Energien gewonnen wird und nicht zum Treibhauseffekt beiträgt. Zentrale Probleme, die in Zukunft gelöst und optimiert werden müssen, sind die hohen Produktionskosten, die Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom sowie der Transport.

Mit technologischen Fortschritten und politischen Weichenstellungen könnte grüner Wasserstoff in den kommenden Jahrzehnten eine Schlüsselrolle in einer klimaneutralen Welt spielen und die ersten Schritte dazu wurden bereits unternommen. Regierungen und Unternehmen weltweit arbeiten intensiv daran, diese Hindernisse zu überwinden. Förderprogramme, Investitionen in Forschung und Pilotprojekte beschleunigen die Entwicklung. Ziel ist es, die Produktionskapazitäten zu steigern und die Kosten zu senken, um grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen und die fossile Ära auch wirtschaftlich zu beenden.

Quellen: TÜV Nord – Herstellung von Wasserstoff // Uni Augsburg – Transport von Wasserstoff // WVGW – Wasserstofftransport // EWE – Wasserstoff // EnBW – Wasserstoffautos

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Maria Glaser

Maria Glaser

Aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommend, verbindet Maria Glaser bei Elektroauto-News.net seit 2023 ihre Liebe zum Text mit fachlichen Inhalten. Seit ihrem Studium in Berlin und Wien arbeitet sie im Bereich Lektorat, Korrektorat und Content Writing, vor allem zu Mobilität.
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pionierska:

Auf die im verlinkten Artikel (s.u.) beschriebenen Modellierungen gehen die optimistischen Aussagen zurück.
Das sind keine gefundenen Vorkommen, von denen es einige bekannte natürlich gibt.
https://doi.org/10.1126/sciadv.ado0955

brainDotExe:

Da die Branchen sich nicht wirklich überschneiden sehe ich hier kein Problem das parallel voranzutreiben.

Jakob Sperling:

Um zu meinen Quellen zu kommen, genügt Interesse und Google. Locker.
Eine praktische ist z.B. fuelcellsworks_dot_com.
Eine weitere, die immer stärker wird, ist sogar deutsch: H2-news_dot_de.

Wurzelsepp:

Wie wäre es damit, erstmal die Erneuerbaren auszubauen das die Schwarte kracht und dann mit dem Überschuss an Energie an h2 zu denken und nicht das Dreirad schon fahren zu wollen, wenn es noch keinen lenker und keine Räder hat?

Daniel W.:

Wieder eine neue Hoffnung der FCEV-Fans.

—–
Natürlicher Wasserstoff

… auch weißer Wasserstoff oder goldener Wasserstoff …, ist in natürlichen Lagerstätten vorkommender molekularer Wasserstoff und damit ein Primärenergieträger. … Er kommt oft vergesellschaftet mit fossilen Kohlenwasserstoffen und Helium vor und kann mit verschiedenen Methoden wie z. B. Fracking gefördert werden.

Geologie und Extraktion

… Die Geologen Alain Prinzhofer und Eric Derville haben nachgewiesen, dass es in einem Dutzend Ländern, darunter Mali und die USA, große Reservoirs gibt. Ihr Potenzial ist jedoch nach wie vor schwer einzuschätzen.

Umweltbilanz

Natürlicher Wasserstoff kann potenziell umweltfreundlich sein und eine kostengünstigere Erzeugung im Vergleich zu industriellem Wasserstoff ermöglichen. Die Umweltbilanz ist aber noch unbekannt. … Insbesondere seien Umweltauswirkungen, Explorationsmethoden und das Produktionspotenzial noch unbekannt.
(Quelle: Wikipedia)
—–

Vermutlich wird es die gleichen Probleme wie schon beim Erdgas geben. Der natürliche Wasserstoff dürfte in größeren Mengen in Länder vorkommen, die mit Demokratie und Menschenrechten nicht viel am Hut haben, und er wird wahrscheinlich mit dreckigen Frackingmethoden gewonnen, damit der Profit stimmt.

Die Finanzierung von Diktaturen und die Umweltzerstörung wären ein hoher Preis, es wäre dann kein „goldener Wasserstoff“, sondern „blutroter Wasserstoff“.

Gregor:

Uff…Jakob, deine ganzen Links zu den Quellen kann ich leider nicht öffnen;)

Jakob Sperling:

Nicht alles, was du nicht wahrnimmst, findet nicht statt.
Im Moment prügeln sich die Investoren gerade um die Explorations- und Bohrrechte für H2-Quellen.
In einschlägigen Medien liest man im Tagesrhythmus, welche Firma gerade wieder welche Claims für die Suche erworben habe.

Peter:

„Nur die Exploration scheint nicht ganz einfach zu sein, aber machbar.“
Mit anderen Worten, andere verfügbare Technik ist viel günstiger und der Aufwand lohnt sich in keinster Weise, sonnst würden sich Investoren darum prügeln.

Josef:

Eine Variante von H2 fehlt noch…natürlicher H2…ja, sowas gibt es wie es Öl und Erdgas gibt. Scheinbar gibt es davon Reserven in Billionen Tonnen Bereich.
Nur damit wird H2 wichtig werden…alles andere ist Energieverschwendung.

Und das schöne ist, dieser H2 entsteht immer wieder durch Reduktion im Erdinneren an „geeigneten“ Eisenablagerungen unter Verwendung von Erdwärme (die eh da ist) und Tiefenwasser was aufgespalten wird.
Scheinbar haben US Geologen vorkommen gefunden, die alleine die nächsten 200 Jahre die ganze Welt versorgen könnten.
Es gibt auch Vorkommen im Elsass im Mio Tonnenbereich und in Albanien…

Nur die Exploration scheint nicht ganz einfach zu sein, aber machbar.

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