Einsatz von Festkörperbatterien verzögert sich womöglich

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BMW (Symbolbild)

Laura Horst
Laura Horst
  —  Lesedauer 3 min

Festkörperbatterien sollen den Elektroautomarkt gehörig umkrempeln und E-Autos deutlich attraktiver machen. Die Technologie, die auf festes statt flüssiges Elektrolyt setzt, verspricht unter anderem mehr Sicherheit, mehr Energiedichte und somit mehr Reichweite und kürzere Ladezeiten. Auch wenn die Technik gegenwärtig ausgereift scheint, sind viele Forscher der Meinung, dass Festkörperbatterien für Elektroautos erst in einigen Jahren reif für die Massenvermarktung sind.

„Die Technologie funktioniert in einem kleinen Rahmen, aber es ist eine Herausforderung, sie auf die für Autos erforderlichen großen Kapazitäten zu bringen“, äußert Andrew Colclasure, ein Batterieforscher am National Renewable Energy Laboratory in Colorado, USA.

An dem Rennen um die zukunftsträchtige Technologie sind viele Akteure beteiligt und einen klaren Vorreiter gibt es derzeit nicht. Als führend gelten die beiden japanischen Unternehmen Toyota und Idemitsu Kosan, die seit 2013 gemeinsam an der Entwicklung von Festkörperbatterien arbeiten. Ursprünglich sollte die erste Festkörperbatterie 2025 zum Einsatz kommen, mittlerweile strebt der Zusammenschluss eine Markteinführung einer Batterie in kommerzieller Qualität für 2027 bis 2028 an.

In Hinblick auf den Start der Massenproduktion erklärte Toyota gegenüber Automotive News, dass eine marktreife Technologie nicht gleichbedeutend mit einem massenhaften Marktstart sei. Erst wenn die Kooperation in der Lage sei, Festkörperbatterien in handelsüblicher Qualität zu produzieren, werde man eine Lieferkette sowie Anlagen für die Massenproduktion aufbauen.

Zahlreiche weitere Automobilhersteller arbeiten mit Partnern an der Entwicklung von Festkörperbatterien, darunter BMW, Ford, General Motors, Hyundai, Honda, Mercedes, Nissan, Stellantis und Volkswagen. Während Honda in 2030 seine erste marktreife Festkörperbatterie fertigstellen will, peilt Nissan für den Start der Massenproduktion bereits das Jahr 2028 an.

Es gilt noch ein paar Hürden zu nehmen

Gegenwärtig zeigt sich der Einsatz von Festkörperbatterien im kleinen Rahmen bereits erfolgreich, etwa bei Smartwatches oder medizinischen Geräten. In Hinblick auf Elektroautos gilt es jedoch noch einige Hürden zu meistern. Dazu gehören etwa die Überwindung der Degradation, was die Langlebigkeit der Batterie verbessert, die Verringerung der Fertigungskomplexität und der Aufbau einer stabilen Lieferkette. Genau wie herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien verwenden Festkörperbatterien dieselben chemischen Substanzen und sind dadurch in Hinblick auf Rohstoffe von denselben Einschränkungen betroffen.

Eine weitere Herausforderung, die generell Metallbatterien betrifft, sind die sogenannten Dendriten. Die Ansammlung von Metallablagerungen auf der Anode entsteht durch wiederholte Lade- und Entladezyklen. Die Konglomerate aus Kaliummetall können mit der Zeit immer länger werden und sich verzweigen, was dazu führen kann, dass sie schließlich die Membran durchbohren, die Anode und Kathode trennt. Dadurch kann es zu einem Kurzschluss innerhalb der Batteriezelle kommen.

Ein Schwachpunkt der Festkörperbatterien ist außerdem, dass das verwendete Elektrolytmaterial dazu neigt, mit zunehmender Anzahl von Ladezyklen zu reißen, zu quellen und auseinanderzubrechen. Um das Problem zu lösen, ist die Herstellung und Aufrechterhaltung des Elektrolyts unter hohem Druck notwendig. Dafür sind jedoch anspruchsvolle und teure Produktionsanlagen erforderlich.

Die Festkörperbatterie wird die wichtigste Batterietechnologie für Elektroautos werden

Trotz der Hürden ist eine Zukunft mit der Festkörperbatterie als wichtigster Batterietechnologie für Elektroautos laut Donald Siegel, Vorsitzender des Fachbereichs Maschinenbau an der Universität Texas, absehbar. „Jetzt ist es wirklich wichtig, dass die Entwickler ihre Daten einreichen, damit sie unter realistischen Bedingungen getestet werden können. Erst dann werden wir eine Vorstellung davon haben, wo die Ziellinie liegt“, erklärt der Energiespeicherforscher.

Während viele Forscher damit rechnen, dass die Festkörperbatterien erst in einigen Jahren bereit für die Massenproduktion sind, rechnet Siegel mit etwa einem Jahrzehnt: „Wir verstehen Festkörperbatterien viel besser als noch vor zehn Jahren, aber es gibt noch viel zu tun.“

Quelle: Automotive News Europe – Solid-state EV batteries just over the horizon for mass market

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pani:

Quod erat expectandum.

Pedro G.:

Also müßte Europa jetzt in eine Produktion investieren denn es wären genug Autofirmen vorhanden !

Michael Neißendorfer:

Hallo Helmut,

danke für den Kommentar. Vielleicht beziehen Sie sich auf einen Einzelaspekt mit „verwurstelt“? Generell aber stimmt die Aussage, dass die Dendritenbildung bei Festkörperzellen ein Problem darstellt. Siehe auch:

https://de.wikipedia.org/wiki/Festk%C3%B6rperakkumulator

https://www.mpg.de/19994081/feststoffbatterie-festkoerperakku-lebensdauer

https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/kleinere-leichtere-batterien-ingenieure-loesen-ein-langjaehriges-problem/

https://www.fkp.uni-hannover.de/de/arbeitsgruppen/ag-zhang/news/news-details/news/lithium-metall-batterien-spannende-neue-forschung

Schöne Grüße

Michael

Helmut L.:

Zitat aus dem Artikel:
„Eine weitere Herausforderung, die generell Metallbatterien betrifft, sind die sogenannten Dendriten. Die Ansammlung von Metallablagerungen auf der Anode entsteht durch wiederholte Lade- und Entladezyklen. Die Konglomerate aus Kaliummetall können mit der Zeit immer länger werden und sich verzweigen, was dazu führen kann, dass sie schließlich die Membran durchbohren, die Anode und Kathode trennt. Dadurch kann es zu einem Kurzschluss innerhalb der Batteriezelle kommen.“ ….
Das ist aber ein Problem von Zellen mit flüssigem Elektrolyt. Zellen mit Festkörper als Elektrolyt verhindern die Dendritenbildung.
Die Autorin hat Aspekte der Festkörper- und Flüssigchemie miteinander verwurstelt.

Marco:

Das verspricht Toyota schon seit Jahren

Gerd:

Alles Amateure, außer Toyota. Die hatten die Festkörperbatterie schon zu den olympischen Spielen 2020.
(Angekündigt)

spoity:

Also dann erstmal für Smartphones oder E-Bikes, da müssen Sie nicht so groß einwäre mir persönlich eh lieber

Holger:

Ich halte die Aussage aus Texas für ein Manöver. Wir werden spätestens 2028 mit dieser Technologie tatsächlich fahren. Flüssige Elektrolyte werden bis 2035 sicherlich ausgestorben sein. Schon allein aus Image-Gründen werden Fahrzeuge mit der dann veralteten und „ brandgefählichen“ Technik unverkäuflich.

BEV:

war doch klar, dass es bei der ganzen „bald haben wir viel bessere Festkörperbatterien“ nur um Verzögerungstaktik geht um weiterhin Verbrenner verkaufen zu können
in China sieht man aktuell ganz deutlich wie gut LFP Zellen sind und warum sollte man auf irgend eine andere Technologie warten, die erst mal noch sehr große Probleme mit sich bringt, die erst noch gelöst werden müssen, falls das überhaupt möglich ist und wir hier nicht eher von Semi-Solid-State Sprechen, was dann möglicherweise gar nicht mehr so toll ist wie man es sich ausgemalt hatte.

Gregor:

Ok, nochmal allen Interessierten. Es gibt den „Geladen -Batterie Podcast“ auf Youtube. Dort labern nicht irgendwelche CEOs von Versprechungen, sondern dort kommen Wissenschaftlerinnen zu Wort. Und die Wissenschaft und Forschung sieht Festkörper Akkus für KFZ in evtl 10 Jahren in Serie, aber nicht in 2027 oder 2030.
Es gibt derzeit Festkörperbatterien im Einsatz, zB Herzschrittmacher, aber im Kfz Bereich sind die Hürden derzeit noch sehr hoch.

Zuletzt genannt sollte noch der Preis genannt werden. Sollten in 2027/2030 oder (realistischer) 2035 Festkörperakkus wirklich in Serie für KFZ auf dem Markt sein…dann müssen diese im Preis mit LFP/NaIon/NMC Akkus konkurrieren. Diese „herkömmlichen“ Akkus haben in diesen Zeiträumen eine Massenproduktion erreicht, welche den Preis pro kWh extrem niedrig sein lassen wird.
Also muss am Ende jemand bereit sein, den hohen „frischlings“ Preis für SSD Akkus zu zahlen, und der SSD Vorteil muss so geil sein, das man keine LFP Akkus einsetzen will. Und genau hier wird SSD es in 2030 bzw. 2035 extrem schwer haben in Bezug auf Vorteil in Relation zum Preis (zur Konkurrenz).

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