Ex-Daimler-Vorstand Daum fordert CO2-basierte Lkw-Maut

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Daimler Truck

Maria Glaser
Maria Glaser
  —  Lesedauer 4 min

Inzwischen im Ruhestand hat Martin Daum in der Automobilindustrie einiges erlebt, nicht zuletzt als Vorstandschef für Daimler Truck von 2021 bis 2024. Fast 40 Jahre lang war er für den Bereich Nutzfahrzeuge von Mercedes-Benz beschäftigt, wobei er die Daimler Truck Holding AG an die Börse gebracht hatte. In einem Interview mit Edison sprach er ausführlich über die Transformation zu Elektroantrieben.

Immer wieder hat sich Daum in den vergangenen Jahren für die Förderung von Elektroautos ausgesprochen. So stellte er beispielsweise im vergangenen Jahr fest, dass fossiler Treibstoff jährlich teurer werden müsse. Seine Haltung, dass Elektroautos unverzichtbar seien, um CO2-Grenzwerte zu erreichen, hat er auch in dem jüngsten Gespräch mit Edison wiederholt.

“Wir haben bis 2030 45 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 einzusparen. Jetzt bin ich mal Optimist und sage: 15 Prozent maximal kann man mit herkömmlichen Maßnahmen beim Diesel erreichen. Über die Reduzierung des Luftwiderstands, weitere Optimierungen am Motor und ähnliche Maßnahmen. […] Aber auch so fehlen uns dann noch 30 Prozent, um die CO2-Ziele zu erreichen.” – Martin Daum, ehemaliger Vorstandschef bei Daimler Truck

Diese restlichen 30 Prozent, die ein sinnvolles Ziel gegen den Klimawandel seien, könne man jedoch nur durch den Einsatz von emissionsfreien Fahrzeugen erreichen. Das allerdings halte Daum für schwierig in der Umsetzung, solange CO2 nicht teurer werde, und mit dieser Feststellung sinkt in der Regel die allgemeine Zustimmung: “Die Position der Mehrheit ist dann: Es darf weder eine Verhaltensänderung bedeuten noch darf es mehr kosten. Das ist meiner Meinung nach das Grundproblem bei diesem Thema”, so Daum.

Änderungen bei Diesel-Nutzfahrzeugen

Um eine nachhaltige Mobilitätswende voranzutreiben, müsse man laut Daum einen Aufpreis bei Autos mit Dieselantrieb erreichen und dies betrifft vor allem Nutzfahrzeuge. Laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) waren im Bestand im Jahr 2024 fast zwei Drittel aller Personenkraftwagen in Deutschland mit Benzin betrieben, während nur 28,8 Prozent auf Diesel entfielen.

Anders sieht dies bei Nutzfahrzeugen aus, denn dort ist weiterhin Diesel in der EU die bevorzugte Antriebsart. In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 stiegen deren Verkäufe um 10,6 Prozent auf einen Marktanteil von 84,6 Prozent. Benzinantrieb kam im Vergleich auf lediglich 6,1 Prozent des Marktes, während die Nachfrage nach elektrischen Transportern sogar um 12,8 Prozent zurückging auf einen Marktanteil von 5,7 Prozent. Auch Hybridfahrzeuge als Transporter verzeichneten ein Minus auf 2 Prozent des Gesamtmarktes.

Eine CO2-basierte Maut für Lkw könne laut Daum so die Entwicklung in Deutschland lenken und sei auch ein europaweit denkbarer Mechanismus, um die Elektrifizierung voranzutreiben. “Darüber fahren im Langstrecken-Verkehr elektrisch betriebene Lkw günstiger als Diesel-Laster. Die Möglichkeit dazu ist gegeben, die Politik muss es nur entscheiden”, so Daum gegenüber Edison. Zwar würden diese Mehrkosten zunächst weitergegeben werden, sodass die Preise für alle Endkund:innen steigen, aber es sei ein notwendiger Schritt, um Elektro-Lkw wettbewerbsfähig zu machen.

Monatlich 600 neue Ladesäulen bis 2030

Um die Ladeinfrastruktur für Elektro-Nutzfahrzeuge ausreichend auszubauen, könnten laut Daum die zusätzlichen Einnahmen der Lkw-Diesel-Maut genutzt werden. Seinen Berechnungen zufolge benötige man innerhalb der EU monatlich etwa 600 neue Ladesäulen für die nächsten 5 Jahre. Die Ladeinfrastruktur ist dabei zentral, denn wenn diese nicht ausreicht, könne weder das Angebot der Hersteller noch die Nachfrage der Kundschaft etwas grundlegend an der Lage der Elektrifizierung ändern. Produkt, Kosten und Infrastruktur seien ein Dreiklang, der gemeinsam funktionieren muss, so Daum.

Das deutsche Unternehmen Daimler Truck, dem Martin Daum bis 2024 als Vorstandschef angehörte und das neben anderen Marken auch Nutzfahrzeuge unter dem Markennamen Mercedes-Benz verkauft, setzt bereits seit einiger Zeit auf die Entwicklung von Lkw mit alternativen Antrieben. Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) im vergangenen Jahr stellte das Unternehmen dazu seine Nachhaltigkeitsstrategie vor. Außerdem erhielt Daimler Truck letzten November eine Millionenförderung für die Entwicklung eines Brennstoffzellen-Lkw.

Daum zufolge sei das Produkt als Teil des Dreiklangs insbesondere bei Daimler Truck kein Problem, da man viele Fortschritte gemacht habe in der Entwicklung: “Bis 2027/2028 werden wir noch bessere Produkte haben als heute – sowohl mit Wasserstoff- als auch mit Batterieantrieb”, so Daum.

Was den Wasserstoff grundsätzlich angeht – als Treibstoff für Brennstoffzellen und Zukunft der nachhaltigen Mobilität – sei Daum inzwischen etwas pessimistischer. Nach wie vor sehe er die Technologie zwar als Schlüssel zur Verkehrswende, da Elektroantriebe allein nicht ausreichten, jedoch ist der Ausbau der Wasserstofftankstellen weiterhin stark verzögert. Außerdem sei die Herstellung von grünem Wasserstoff teuer und Daum zufolge wirtschaftlich gerade noch vertretbar.

Quelle: Edison – “E allein schafft es nicht” / KBA – Jahresbilanz 2024 

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Maria Glaser

Maria Glaser

Aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommend, verbindet Maria Glaser bei Elektroauto-News.net seit 2023 ihre Liebe zum Text mit fachlichen Inhalten. Seit ihrem Studium in Berlin und Wien arbeitet sie im Bereich Lektorat, Korrektorat und Content Writing, vor allem zu Mobilität.
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DarkestMage:

Schon lustig wie Herr Daum hier darüber philosophiert, was Politik und Nutzer denn so alles tun sollten. Ejnige Punkte davon sind immerhin zumindest mal grundsätzlich diskutabel.

Aber den Elefanten im Raum ignoriert er konsequent:
Liebe Hersteller, kriegt endlich euren Allerwertesten hoch und baut vernünftige e-LKW und e-Autos in Massen zu vernünftigen Preisen.

Die werden dann auch gekauft, versprochen.

Aber kein vernünftiges Produkt anzubieten und dann zu sagen, alle anderen mögen sich doch bitte mal bewegen funktioniert nicht.

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